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Veröffentlicht am 27.09.2025

Amüsante Einblicke in den Alltag als Bootsbesitzerin

Bordgeflüster
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Steffi von Wolff schreibt in Bordgeflüster authentisch und stets mit einem Augenzwinkern über den Alltag am Hafen, beim Segeln und als Bootsbesitzer*in. Egal ob die Stegordnung, Ersatzteile oder Beziehungszwist ...

Steffi von Wolff schreibt in Bordgeflüster authentisch und stets mit einem Augenzwinkern über den Alltag am Hafen, beim Segeln und als Bootsbesitzer*in. Egal ob die Stegordnung, Ersatzteile oder Beziehungszwist um die Frage wem die größere Liebe gilt - dem Boot oder der Partnerin, die Autorin weiß aus zahlreichen Alltagssituationen lustige Anekdoten zu berichten.

Besonders gefallen hat mir die persönliche Note in der Sammlung und den Geschichten, denn so erfährt die Leserin beispielsweise, dass die Autorin selbst mehrere Anläufe brauchte, um das Segeln für sich zu entdecken und diesem lange mit größter Skepsis bis hin zur Abneigung begegnet ist.

Die Anekdoten sind kurz und knackig, mit nur wenigen Seiten, kurzweilig, perfekt auch zur Erholung und Erheiterung zwischendurch, ohne dass das ganze Buch am Stück gelesen werden müsste. Der Schreibstil ist leicht, locker und einladend.

Grundsätzlich fand ich die Geschichten amüsant, muss aber gestehen, dass der Humor nicht ganz meinen Geschmack trifft. Die Erzählungen sind eher plakativ, mit einer fordernden Pointe. Oft werden Stereotype in Paarbeziehungen bedient. Insgesamt wirken Humor und Geschichten auf mich eher auf ein Publikum 55+ zugeschnitten.

Gerade für diese Zielgruppe funktioniert das Buch und der Humor sicher wunderbar und auch jede Bootsbesitzerin kann das Büchlein als kurzweilige Bootslektüre sicher gut gebrauchen. Für mich daher eine bedingte Empfehlung für die genannten Zielgruppen.

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Veröffentlicht am 22.09.2025

Über den Mut und die Kraft einer unerwarteten Freundschaft zwischen Mensch und Hund

Der Große Gary
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Benjamin ist achtzehn Jahre alt und sein Leben primär von einem bestimmt: Angst. Angst vor Viren, Krankheiten, Unglücken, anderen Menschen, Natur, der Zukunft etc. Deshalb führt er ein eher isoliertes ...

Benjamin ist achtzehn Jahre alt und sein Leben primär von einem bestimmt: Angst. Angst vor Viren, Krankheiten, Unglücken, anderen Menschen, Natur, der Zukunft etc. Deshalb führt er ein eher isoliertes Leben in dem nur seine Großmutter und seine rührige Kollegin Camille wirklich zu ihm durchdringen. Als seine geliebte Oma unerwartete ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist der sozial unbeholfene Benjamin plötzlich auf sich allein gestellt und kommt mehr schlecht als recht durch den Tag. Während eines Spaziergangs am Strand zu dem Camille ihn ermutigt hat, läuft ihm ein seltsam anmutender Hund zu und soll ihm von da an nicht mehr von der Seite weichen und sein Leben grundlegend auf den Kopf, sowie seine Überzeugungen in Frage stellen. Schnell stellt sich heraus, dass Gary, so der Name des klugen, anhänglichen Windhundes, ein berühmter Rennhund ist. Während seine Besitzer ihn nur für seine Erfolge schätzen, spürt Benjamin eine ungewohnte Verbindung zu dem Hund und lernt, was es bedeutet alles für seine Freunde zu tun, um Gary zu retten und bei sich behalten zu können.

Benjamin ist ein unglaublich liebenswerter Charakter, klug, mit vielen Eigenheiten, sozial unbeholfen und doch immer bestrebt, das Richtige zu tun. Im Zusammenspiel mit Gary, und der Unterstützung von Camille und Leo, lernt er sich selbst besser kennen und entdeckt Stück für Stück, was echte Freundschaft bedeutet. Liebevoll und nie anklagend, sind auch die anderen Charaktere gezeichnet, egal ob das Klinikpersonal bei den Besuchen seiner Großmutter oder der eher zweifelhaft wirkende Leonard, der chronisch Pleite und mit vielen eigenen Problemen Benjamin und Gary zu helfen versucht. Der Autor beweist hier ein zartes Gespür für gesellschaftliche und zwischenmenschliche Zwischentöne und zeichnet mit Benjamins Emanzipation gleichzeitig eine rührende Coming of Age Geschichte und Freundschaft zwischen Mensch und Hund nach.

Der Große Gary hat mich mit Blick auf die Tiefe, die der Autor beim Schreiben in Konstruktion und Reflexion entwickelt sehr überrascht. Hier etabliert sich der Roman als weit mehr als eine Coming of Age Geschichte und thematisiert neben Freundschaft auch die Themen Tod und Trauer und nicht weniger als warum wir auf der Welt sind und sich dieses Leben lohnt. Ganz klare Empfehlung!

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Veröffentlicht am 22.09.2025

Spannend, informativ, unterhaltsam

Teufel, tanz mit mir!
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Hexen sind tief in der (Kultur-)Geschichte Südtirols verankert, erkennbar nicht zuletzt an den bis heute erhaltenen Bezeichnungen, u.a. am Ritten (Hexenbödele) oder dem Puflatsch (Hexenstühle). So ist ...

Hexen sind tief in der (Kultur-)Geschichte Südtirols verankert, erkennbar nicht zuletzt an den bis heute erhaltenen Bezeichnungen, u.a. am Ritten (Hexenbödele) oder dem Puflatsch (Hexenstühle). So ist nur konsequent, dass Simone Dark im neuen Südtirol Krimi diese Tradition aufgreift und einen spannenden wie unterhaltsamen lokalen Kriminalroman daraus entwickelt.

Im Mittelpunkt auf der Ermittlerseite wieder Magnabosco und Pasqualina, jetzt sogar als Eheleute und Ermittlerteam. Die Hochzeit wird jedoch jäh gestört, als eine Leiche am Ritten gefunden wird, aufgebahrt und gefoltert wie zu Zeiten der Hexenverfolgung. Das Opfer war ein Mitglied der Bozner Gruppe von Hexern und soll nicht die einzige Leiche bleiben, die den Ermittlern Rätsel aufgibt.

Als Verdächtige wird ein bunter Kreis von Persönlichkeiten eingeführt, von einer jungen Frau, die dem Hexenkult anhängt, einem reichen Urenkel Sigmund Freuds bis hin zu Dominikaner Mönchen.

Besonders macht diesen Roman auch der Perspektivwechsel. Neben den Ermittlungen sind immer wieder Passagen einer mysteriösen Ich-Erzählerin eingefügt, deren Mutter vermeintlich eine 400 Jahre alte Hexe ist. Die Identität bleibt lange unklar, sodass diese Passagen zusätzlich zum Spannungsaufbau beitragen.

Aber dieser Krimi unterhält nicht nur, sondern vermittelt auch kurzweilig geschrieben historisches Wissen zur Hexenverfolgung in der Region, das die Autorin sorgfältig recherchiert hat.

Auch sprachlich kann der Krimi überzeugen, ich hatte das Gefühl, dass die Autorin ihre Ermittler nun noch besser kennt und sie dadurch noch nahbarer wirken in ihrem Agieren und Sprechen. Besonders der Humor in der Kommunikation ist mir hier aufgefallen und hat mich mehrfach während der Lektüre laut auflachen lassen.

Ich habe den vorherigen Fall gelesen, und bin in diesen ohne Vorkenntnisse gut reingekommen, sodass ich denke, auch dieser Teil ist gut für sich zu lesen ohne Vorkenntnisse der Reihe.

Ich mochte schon den vorherigen Fall sehr und muss sagen, dass mir dieser sogar noch besser gefallen hat. Toll, wie Simone Dark historisches Wissen erlebbar macht und in einen spannenden Krimi einbaut. Alle Figuren sind liebevoll mit ihren Eigenheiten gezeichnet und es macht einfach Spaß dem Team um Pasqualina, Magnabosco und auch dem Pathologen Gruber bei ihrer Arbeit im schönen Südtirol über die Schulter zu schauen. Etwas gestört haben mich nur kleine Logikfehler, die jedoch nicht die Kriminalhandlung betreffen. Insgesamt fällt dies für mich bei der sehr guten Gesamtqualität jedoch nicht ins Gewicht.

Im Genre Lokalkrimi sticht die Autorin für mich sehr positiv heraus, sie schreibt sehr eingängig und unterhaltsam, die Fälle sind gut recherchiert und konstruiert und binden die lokalen Eigenheiten und Gegebenheiten stets authentisch ein und das alles trotz der lockeren Unterhaltung stets mit einem gewissen Anspruch und klugen Gedanken.

Gerne noch viel mehr von diesem Ermittlerduo aus Südtirol und Simone Dark!

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Veröffentlicht am 22.09.2025

Die Moral von der Geschicht: ehrlich und ehrbar sein, lohnt im Kapitalismus nicht!

Hustle
5

Leonie Hendricks, beinahe 30 Jahre alt, studierte Biologin, Pflanzenexpertin, Hobby: Schimmelpilzexperimente. Schon die Hauptprotagonistin in diesem Roman ist so liebevoll, klug und skurril gezeichnet, ...

Leonie Hendricks, beinahe 30 Jahre alt, studierte Biologin, Pflanzenexpertin, Hobby: Schimmelpilzexperimente. Schon die Hauptprotagonistin in diesem Roman ist so liebevoll, klug und skurril gezeichnet, dass es Lust macht, ihren Lebensweg für ein paar Stunden zu verfolgen. Nachdem Leonie mit einer Sabotageaktion ihren letzten Arbeitsplatz bei einem ethisch umstrittenen Saatguthersteller aufgegeben hat, ist sie zunächst in ihrem Kinderzimmer in Bocholt bei ihren stets streitenden Eltern gestrandet. Da dies nun überhaupt nicht der Ort ist, den man mit fast 30 im Leben erreichen möchte, kommt Leonie das Jobangebot im Münchner Staatsarchiv gerade gelegen. Hauptsache raus, Hauptsache Arbeit, auch wenn es in Bayern ist und der Job nicht viel Spannung verspricht.

Der Neustart in München gestaltet sich jedoch nicht nur kulturell für Leonie herausfordernd. Anschluss zu finden fällt ihr schwer, sie wird von ungewohnter Einsamkeit begleitet, der sie mit One Night Stands für ein paar Stunden zu entfliehen versucht. Schnell wird ihr schmerzlich bewusst, dass das Leben in München teuer ist und sie mit ihrem Gehalt nicht einmal eine 1,5 Zimmer Wohnung anmieten kann. Wie machen das all die anderen Menschen in München, die dazu auch noch immer adrett in Kaschmir gekleidet und perfekt gestyled in teueren Restaurants sitzen?

Als sie zufällig auf die eindrucksvolle Genevieve trifft, meint sie eine Verbundenheit zu spüren, und von Genevieve und deren Freundinnen Yasmin und Kim, soll sie schließlich auch erfahren, wie man in München gut leben und sein Dasein genießen kann. Doch auch dies kommt nicht ohne Preis. Ist Leonie bereit diesen zu zahlen?

Gelungen umgesetzt sind für mich die Themen Schwesternschaft und Freundschaft im Roman. Leonie, Yasmin, Genevieve und Kim bilden ein imposantes und inspirierendes Freundinnengespann, das sich erfolgreich durch patriarchal-kapitalistische Strukturen navigiert und gegenseitig unterstützt.

Für mich nicht ganz konsequent und schlüssig umgesetzt ist der vermeintlich kapitalismuskritische Aspekt im Roman. Letztlich bedient Leonie, ebenso wie ihre Freundinnen die gleichen kapitalistischen Mechanismen und ist von bestimmten Ausdrucksformen kapitalistischen Wohlstands, wie Kleidung und Aussehen, fasziniert, eifert dem sogar nach. Hier habe ich die an anderen Stellen durchaus berechtigte Kritik an kapitalistischer Funktionslogik, wie unbezahlbar hohen Mieten oder Feinkostläden für kleine Hunde, als nicht konsequent erlebt. Ich denke mir fehlt an der Stelle ein revolutionäres Element im Plot, denn bei allen clandestinen Aktivitäten der Freundinnen, sind diese nicht geeignet ein System zu stürzen, sondern eher sich selbst eine Nische darin zu suchen, es damit zu stabilisieren und sich ein gutes Leben zu machen. Die grundlegende Funktionslogik des Kapitalismus wird so nicht wirklich in Frage gestellt, ebenso wenig wie die Rolle der einzelnen Person darin. Leonie und ihre Freundinnen reflektieren nur ansatzweise sowie eher oberflächlich und plakativ, wie sie selbst kapitalistisch-patriarchale Anerkennungsformen internalisiert haben und mit ihrer Lebensweise reproduzieren.

Unterhaltsam ist diese Geschichte jedoch allemal! Und so bleibt die Moral von der Geschicht: ehrlich und ehrbar sein, lohnt im Kapitalismus nicht!

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Veröffentlicht am 20.09.2025

Was 20.000 Elefanten in Berlin mit der Selbstgefälligkeit westlicher Industrienationen zu tun haben

Das Geschenk
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Das Geschenk war und ist für mich ein Geschenk in Form, Stil und Inhalt! Pointiert, klug, bissig, humorvoll und gesellschaftskritisch stellt Gaea Schoeters den Berliner Politikbetrieb einmal auf den Kopf, ...

Das Geschenk war und ist für mich ein Geschenk in Form, Stil und Inhalt! Pointiert, klug, bissig, humorvoll und gesellschaftskritisch stellt Gaea Schoeters den Berliner Politikbetrieb einmal auf den Kopf, schüttelt kräftig und schaut dann was und wer dabei herausfällt.

Eindrücklich und vielsagend beginnt Schoeters ihre Reise mit dem Blick auf Berliner Obdachlose, eine Realität in unserer privilegierten Gesellschaft, in der Menschen fernab der Gesellschaft in einer Parallelwelt leben, weitgehend ignoriert von der Mehrheitsgesellschaft und auch den politisch Verantwortlichen. Eine Form und Ausdruck der Arroganz, Ignoranz und Selbstgefälligkeit westlicher Gesellschaften, die sich nicht nur innerstaatlich sondern auch im Umgang mit Ländern des globalen Südens zeigt. Im Gegensatz zu den Obdachlosen Berlins, entdeckt jedoch der Präsident Botswanas eine Möglichkeit, dass seine Anliegen nicht mehr ignoriert werden können: 20.000 Elefanten als Reaktion auf das Elfenbeinabkommen zum Schutz der Elefanten, ein Geschenk an die Bundesrepublik.

435 Tage beobachtet der Roman was die 20.000 Wildtiere, die über Nacht in Deutschland gestrandet sind, innenpolitisch und international auslösen. Neben praktischen Probleme, wie der Kotbeseitigung und Gefahren durch Konfrontationen zwischen Mensch und Tier, stehen insbesondere die politischen Implikationen und Abläufe hinter den Kulissen der Öffentlichkeit im Mittelpunkt Schoeters Erzählung. Dabei gibt sie tiefe Einblicke in die (Dys-)Funktionsweise der etablierten Parteienpolitik und ihrer Ränke- und Machtspiele.

Nicht zufällig tauchen dabei immer wieder Parallelen im Umgang mit den Elefanten und Geflüchteten auf. Schoeters arbeitet so typische Handlungsmuster heraus, wie das von ihr dargestellte System mit externen Schocks umgeht: Externalisierung (Outsourcing in Drittstaaten), Vermarktlichung, Gewalt, Ingnoranz, Instrumentalisierung und zeigt auf wie dysfunktional mittel- und langfristig diese systemimmanenten Strategien zur Problembewältigung vor dem Hintergrund immer komplexer werdender Problemlagen und globaler Verflechtungen dieser, inklusive der daraus entstehenden Abhängigkeiten, geworden sind.

Das Geschenk ist eine Satire, bei der angesichts der tiefliegenden Problemlagen auf die sie verweist, das Lachen all zu oft im Halse stecken bleibt. Was bleibt ist der Appell zu mehr Demut, Verantwortung, persönlicher Integrität und innerer Haltung statt parteipolitischer Machtspiele. Eindringlicher und humorvoll zugleich kann man kaum eine fundierte Gesellschaftskritik verfassen: ein wahres Geschenk ist dieser Roman!

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