Cover-Bild Goldstrand
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 160
  • Ersterscheinung: 27.08.2025
  • ISBN: 9783103971767
Katerina Poladjan

Goldstrand

Roman

Eine baufällige Villa in Rom, eine rätselhafte Dottoressa, ein Mann auf der Couch erzählt um sein Leben: In ihrem neuen Roman »Goldstrand« fügt Katerina Poladjan Splitter des alten Europas zu einem heiter-melancholischen Bild der Gegenwart

An der bulgarischen Schwarzmeerküste entsteht in den 1950er Jahren ein Ferienort: Goldstrand, geplant als Platz an der Sonne für alle. Auf der Baustelle wird Eli gezeugt. Sechzig Jahre später hat er seine größten Erfolge als Filmregisseur längst gefeiert und liegt auf der Couch seiner Dottoressa in Rom. Er mutmaßt und fabuliert seine Familiengeschichte, die durch ein ganzes Jahrhundert und quer über den europäischen Kontinent führt, von Odessa über Konstantinopel und Warna in Bulgarien bis nach Rom. 

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2025

Der Film, den Eli niemals drehte

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"Ich stellte das Drehbuch fertig, fand eine Produktionsfirma, und Berlusconi wurde als Steuerbetrüger verurteilt. Das Leben war voller Hoffnung" (S. 119)

Eli ist ein egozentrischer, schrulliger Kerl, ...

"Ich stellte das Drehbuch fertig, fand eine Produktionsfirma, und Berlusconi wurde als Steuerbetrüger verurteilt. Das Leben war voller Hoffnung" (S. 119)

Eli ist ein egozentrischer, schrulliger Kerl, knapp über 60, mutmaßlicher Erfolgsregisseur und sein Lebensmittelpunkt scheinen seine Besuche bei der "Dottoressa" zu sein. Ihr erzählt er in fantastischen Bildern und nicht immer ganz glaubhaft seine Lebensgeschichte und seine persönlichen Qualen . Dabei nimmt er uns mit in eine bewegte Familiengeschichte: über seinen Großvater Lew, der mit seinen beiden Kindern Vera und Felix aus Moskau flieht, Vera geht dabei verloren und am bulgarischen, zukünftigen Goldstrand gelandet, will er die Hoffnung immer noch nicht aufgeben, seine Tochter doch noch zu finden. Während der Vater Lew ein karges Leben führt, verwirklicht Felix - Elis künftiger Vater - seinen Traum und wird Architekt, kehrt an den Goldstrand zurück, um ihm architektonisch zu Glanzzeiten zu verhelfen. Dort trifft er auf die Italienerin Francesca, die schließlich Elis Mutter wird. Doch da ein uneheliches Kind für deren Eltern eine Schande ist, muss Eli bei den Großeltern aufwachsen. So nimmt die erzählte Geschichte ihren Lauf und wird zu dem großen Film, den Eli niemals drehte.

Katerina Poladjan ist mit "Goldstrand" ein großartiger, sehr humoriger Roman gelungen, der einen absolut unzuverlässigen Erzähler vorweist und man so schließlich niemals weiß, was an Elis Erzählung Fantastik oder erzählerische Wirklichkeit ist. In nur knappen 160 Seiten packt die Autorin nicht nur eine bildgewaltige Szenerie, die sich tief im Gedächtnis absetzt, sondern unterschwellig auch eine zeitgeschichtliche Abhandlung vom östlichen Teil Europas bis Italien. Eli ist ein gnadenloser Blender, der sich selbst und seine Familiengeschichte groß macht. Zuerst habe ich ihm (oder vielmehr der Autorin), alles abgekauft, doch langsam und unauffällig, spitzt sich die Fantastik zu und man beginnt sich zu wundern. Höhepunkt in dieser Trügerei war für mich, als in den Therapiesitzungen mit der Dottoressa plötzlich Paolo auftaucht - und durch seine bloße Anwesenheit in den Verlauf der Therapiesitzungen eingreift. Eli wird plötzlich klein und zurückhalten und beginnt vielleicht, sich selbst zu reflektieren. So genau weiß man es aber nicht, genauso wenig, ob nun Halluzinationen, Vergesslichkeit oder bloß eine Verwunderung auftritt. Jedenfalls besinnt er sich nun mehr auf die Gegenwart, als die Vergangenheit und beginnt, sich mit seiner eigenen, gescheiterten Familie auseinanderzusetzen. Was aber niemals fehlen darf, ist der Glauben an den Film.

Die Autorin zeichnet den Charakter Elis so eindrücklich mit ihrer bildhaften Sprachkunst, dass man ihn trotz - oder vielleicht gerade aufgrund - etlicher Unzulänglichkeit einfach mögen muss. Generell ist ihr Schreibstil beeindruckend, denn er protzt nicht mit Schnörkeleien, sondern ist eingänglich und zugleich charakterstark. Die humorige Note, die im ganzen Roman an den Tag gelegt wird, wenn Eli von sich selbst spricht, ist wirklich witzig und trotzdem nimmt sie dem Protagonisten nichts an Ernsthaftigkeit, stellt ihn nicht bloß. Die Themen sind zeitgeschichtlich und politisch äußerst geschickt in die Geschichte verwoben, ohne dass sie zu sehr in den Vordergrund treten, was dem Buch eine zusätzliche Tiefe verleiht.

Mein Fazit: Goldstrand ist für mich definitiv eines meiner Lesehighlights im Jahr 2025. Wer ein humoriges, tiefgründiges und bildhaftes Buch, mit unterschwelligem zeitgeschichtlichen und politischen Kolorit mag, das zudem noch sehr eingänglich zu lesen ist, muss unbedingt zu diesem großartigen Roman greifen!

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Veröffentlicht am 12.10.2025

Eine Sinnsuche eingebettet in die Hintergründe eines sozialistischen Traums

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Eli lebt in Rom, ist ein alternder, ehemals erfolgreicher Regisseur, der sich in regelmäßigen Besuchen bei seiner Dottoressa versucht die Paradoxien seiner Existenz und Herkunft zu erschließen. Seinen ...

Eli lebt in Rom, ist ein alternder, ehemals erfolgreicher Regisseur, der sich in regelmäßigen Besuchen bei seiner Dottoressa versucht die Paradoxien seiner Existenz und Herkunft zu erschließen. Seinen Vater Felix hat er nie kennengelernt und so ranken sich Mythen und Vermutungen um dessen Lebensgeschichte als Flucht vor der Russischen Revolution im Kindesalter und die Zeit als erfolgreicher Architekt in Bulgarien, in der er auch Elis italienische Mutter, die selbst auf einer Reise war, kennengelernt hat. Mutter Francesca stammt im krassen Klassen- und Systemgegensatz zu Felix aus einer wohlhabenden römischen Familie, in der Mussolini verehrt wird.

Vor diesem Hintergrund entwickelt Katerina Poladjan in Goldstrand eine kluge, tiefsinnige Erzählung über Herkunft, Selbstbestimmung und den Traum eines sozialistischen Urlaubsparadieses, die von zahlreichen literarischen und philosophischen Referenzen und Verweisen bereichert wird. So finden sich wundervolle Sätze wie dieser gleich zu Beginn des Romans und setzen einen gelungenen Rahmen: „Der Mensch werde aber diese Paradoxie niemals auflösen können und bleibe schlussendlich staunend darüber zurück, dass nur in der Absurdität das Sein zu erklären sei.“ (S. 13)

Ich habe die Lektüre sehr genossen. Sowohl die zarte Aufarbeitung von Elis Familiengeschichte, als auch den zuweilen skurrilen Ton in der Kommunikation mit seiner Mutter, der Dottoressa und auch Tochter Vera.

Was der Goldstrand war und sein sollte und für wen, wird fast nebenbei vermittelt, und bleibt doch im Gedächtnis. Die Verbindung zu architektonischen Normen und Traditionen und wie sich Bauweise und gesellschaftlicher Anspruch im sozialistischen Bulgarien und in Felix Anspruch an seine Architektur vermengen, habe ich als sehr erhellend erlebt. Auch wie die Autorin die Idee des neuen Menschen im Sozialismus einfließen lässt, fand ich gelungen. Den Gegensatz dazu bildet das Porträt des aktuellen Goldstrands und seiner Bebauung, die kapitalistischen Mustern von Fassade statt Substanz und Kurzlebigkeit folgt, statt neuer Mensch werden die Touristen zu „Schweinen“. Nichts von dem, was Felix sich erträumte und wofür er als Architekt stand, ist übrig geblieben an diesem neuen Goldstrand.

In Elis Leben und Geschichte vereinen sich die politischen Gegensätze seiner Zeit. Die faschistische Prägung des italienischen Großvaters mütterlicherseits auf der einen und des sozialistischen „Vaters“ auf der anderen Seite. Ein Systemkonflikt und Widerspruch vereint in einem Leben. So begleitet das eingangs aufgeführte Zitat die komplette Handlung. Widersprüche und Paradoxien, die das Leben schreibt und der Schlüssel bleibt die Akzeptanz, wie auch die ziellos beendete Behandlung bei der Dottoressa vor Augen führt.

Rückblickend bin ich ziemlich beeindruckt, wie leicht und fast unbemerkt die Autorin die Geschichte von der russischen Revolution bis heute in Elis Leben in Verbindung mit Veras und Felix Geschichte nachzeichnet, mit allen Widersprüchen.

Für mich ein echtes Highlight in diesem Lesejahr, das unbedingt Lust auf weitere Bücher der Autorin macht!

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Veröffentlicht am 27.08.2025

Melancholische und faselnde Geschichte

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Klappentext:
An der bulgarischen Schwarzmeerküste entsteht in den 1950er Jahren ein Ferienort: Goldstrand, geplant als Platz an der Sonne für alle. Auf der Baustelle wird Eli gezeugt. Sechzig Jahre später ...

Klappentext:
An der bulgarischen Schwarzmeerküste entsteht in den 1950er Jahren ein Ferienort: Goldstrand, geplant als Platz an der Sonne für alle. Auf der Baustelle wird Eli gezeugt. Sechzig Jahre später hat er seine größten Erfolge als Filmregisseur längst gefeiert und liegt auf der Couch seiner Dottoressa in Rom. Er mutmaßt und fabuliert seine Familiengeschichte, die durch ein ganzes Jahrhundert und quer über den europäischen Kontinent führt, von Odessa über Konstantinopel und Warna in Bulgarien bis nach Rom.

„Goldstand“ ist ein etwas melancholischer Roman von Katerina Poladjan.

Eli hatte einmal Erfolge als Filmregisseur. Jetzt scheint er mit seinem Leben nicht mehr viel anfangen zu können. Regelmäßig liegt er auch der Couch bei seiner Dottoressa. Er erzählt aus seinem Leben. Seinen Vater hat er nie kennengelernt. Er wurde auf einer Baustelle am Goldstrand gezeugt. Sein Vater hatte die ersten Pläne für das Bauvorhaben entworfen.

Katerina Poladjan erzählt in ihrer Geschichte über das Leben ihres Protagonisten Eli und über die Entstehung des Ferienorts Goldstand an der bulgarischen Küste.

Eli fand ich einen interessanten Charakter. Seinen Sitzungen bei der Dottoressa zu folgen war interessant. Man bekommt seine Lebensgeschichte häppchenweiße vorgetragen. Das Verschwinden seiner Tante von Bord eines Schiffes, die Entstehung des Goldstrands und die Filme, die Eli nicht drehen wird.

Katerina Poladjan beschreibt die Handlungsorte sehr genau, man kann sich alles gut vorstellen. Der Schreibstil, der Autorin ist flüssig, gut verständlich und fesselnd.

„Goldstand“ mutet etwas melancholisch an. Der Roman erzählt von einer Flucht, einem Verschwinden und von der Entstehung des Goldstands. Er erzählt aber auch von einem Leben, das nicht viele Lichtblicke erfahren durfte.

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Veröffentlicht am 07.12.2025

Ein Buch für den zweiten Blick

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Dieses Buch ist eher eine Geschichte für den zweiten Blick. Lange nach dem Lesen habe ich noch da gesessen und über dieses Buch nachgedacht, aber je mehr Zeit vergeht, desto besser finde ich die Geschichte. ...

Dieses Buch ist eher eine Geschichte für den zweiten Blick. Lange nach dem Lesen habe ich noch da gesessen und über dieses Buch nachgedacht, aber je mehr Zeit vergeht, desto besser finde ich die Geschichte. Beim lesen selber fiel es mir manchmal schwer, die Schönheit dieser Geschichte zu erkennen.

Es geht um den Filmregisseur Eli, aufgewachsen bei seinen Großeltern, seine Mutter sah er nur hin und wieder. Er selber hat eine gescheiterte Ehe hinter sich, seine Tochter hat sich von ihm distanziert. Nun ist er in seinem 60igern und resümiert sein Leben, auf der Couch seiner Therapeutin. Er erinnert in diesen Sitzungen an Stationen seines Lebens und seiner Vorfahren. Aber als Leser ist man unsicher, was wirklich passiert ist und was nur seiner Fantasie entsprungen ist.

Sein Leben begann am Goldstrand und dies ist auch immer wieder Thema in dem Buch. Die Autorin hat das wirklich schön beschrieben, ich selber war ebenfalls vor vielen Jahren einmal dort und es war schön, meiner positiven Erinnerungen anzurufen. Ich fand die Geschichte sehr gut erzählt, es ist auf jeden Fall interessant und für literaturbegeisterte Leser sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 29.09.2025

Unter der scheinbaren Leichtigkeit liegen viele Schichten

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Katerina Poladjan hat für ihr Werk schon unzählige Literaturpreise erhalten. Oft spricht das für tiefgründige, anspruchsvolle, oft gar nicht so leicht auf den ersten Blick zu entschlüsselnde Bücher mit ...

Katerina Poladjan hat für ihr Werk schon unzählige Literaturpreise erhalten. Oft spricht das für tiefgründige, anspruchsvolle, oft gar nicht so leicht auf den ersten Blick zu entschlüsselnde Bücher mit Niveau. „Goldstrand“ ist da keine Ausnahme.

Im Zentrum des Buches steht Eli, vielleicht Sohn einer italienischen Mutter und eines ukrainisch-bulgarischen Vaters, der bei den faschistischen Großeltern aufgewachsen ist, wochenends von der ledigen Mutter besucht wurde, später Filmregisseur wurde und nun auf der Couch einer Psychoanalytikerin, der „dottoressa“, liegt und sein Leben analysiert. Wenn das nun alles überhaupt wahr sein sollte, denn es handelt sich um einen unzuverlässigen Erzähler und es gibt im Buch viele sonderbare Begebenheiten, die hinterfragen lassen, was real und was erfunden ist.

Vordergründig kommt „Goldstrand“ leichtfüßig daher und geschrieben ist das Buch äußerst szenisch, wie eine Aneinanderreihung von bildlich beschriebenen Filmszenen, wie sich zum Beispiel hier zeigt, als der junge Eli auf den wöchentlichen Besuch seiner Mama wartet: „Jeden Samstag putzte ich mir die Ohren, zog ein sauberes Hemd an und erwartete sie am Tor. Endlich kam sie, meistens im Laufschritt auf hohen Absätzen und außer Atem, das lockige Haar hochgesteckt zu einem Vogelnest, aus dem es lebhaft zwitscherte: Da steht mein Junge und wartet! Heute wird es großartig, das wird ein vollkommener Tag!“ (S. 56/57)

Die Geschichte begleitet uns fast ein Jahrhundert bis in die Gegenwart. Das Buch liest sich leicht und schnell und doch hat es im Hintergrund eine enorme Tiefe: an vielen Stellen gibt es Verweise auf hochkarätige Werke der Literatur sowie Referenzen auf Philosophie und Mythologie, die man nur mit einer umfassenden humanistischen Bildung vollständig erkennt und zu schätzen weiß, z.B. „Dunkle Wolken hängen über den Symplegaden, es zieht ein Sturm auf, und wieder wird es Nacht. Als endlich die Morgendämmerung heraufzieht, erreiche ich nach vierzig Tagen und Nächten Goldstrand.“ (S. 141)

Doch auch ohne eine solche lässt sich das Buch problemlos lesen. Es ist, wie so viele anspruchsvolle Werke, ein Kaleidoskop, in das jeder Betrachter und jede Betrachterin je nach momentanem Blickwinkel und Perspektive etwas anderes hineininterpretieren und herauslesen kann.

Dabei informiert es wie nebenbei über die Idee des sozialistischen Goldstrandes an der bulgarischen Schwarzmeerküste und darüber, was nach dem Untergang des Kommunismus daraus geworden ist, genauso wie darüber, wie verschiedene politische und soziale Systeme die Menschen prägen: wie beifällig sind viele passende Referenzen in das Buch eingewoben und informieren uns fast nebenbei über den zeitgeschichtlichen Bezug, z.B. „Zu Beginn der dritten Amtszeit von Silvio Berlusconi besuchte mich Vera zum ersten Mal allein.“ (S. 113)

Insgesamt ist es somit gerade ein in seiner Kürze und Prägnanz vielschichtiges und tiefgründiges Werk, das auf Leserinnen und Leser wartet, die ein solches zu schätzen wissen.

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