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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2020

Wunderschön, aber....

Vielleicht - Eine Geschichte über die unendlich vielen Begabungen in jedem von uns
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Zu Beginn des Buches sieht man ein Mädchen, das die Hände aneinander gelegt hat, so dass sie eine Mulde bilden und ein Miniaturgebirge mit Wildvögeln darin betrachtet. Die Frage wird aufgeworfen, ob man ...

Zu Beginn des Buches sieht man ein Mädchen, das die Hände aneinander gelegt hat, so dass sie eine Mulde bilden und ein Miniaturgebirge mit Wildvögeln darin betrachtet. Die Frage wird aufgeworfen, ob man sich schon mal gefragt hat, warum man hier sei? Dabei wird die Leserschaft direkt in der Du-Form angesprochen und angeregt, sich eigene Gedanken auf diese Frage zu machen. Es folgen auf den nächsten rund 40 Seiten Gedanken und Anregungen zu dieser elementaren Frage.
Ich finde die Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Seins für Kinder bisweilen zu abstrakt und für mich klingen sie auch sehr nach ehrgeizigen Zielen. Ich hätte mich sehr über Aussagen wie „weil Du mit Deinem Lächeln, die Welt ein wenig schöner machen kannst“ oder so gefreut. Die Begabungen sind ja sehr unterschiedlich verteilt. Einige Menschen können die Welt einfach mit einer besonders freundlichen Art und ihrem liebevollen Wesen bereichern, andere machen große Entdeckungen. So ausgedrückt können auch kleine Kinder es verstehen. Wenn hier „Vielleicht bist du hier, um Licht an Orte zu bringen, die viel zu lange dunkel waren“ steht, ist dies für die offizielle Zielgruppe ab 5 Jahren, nicht klar. Anders jedoch bei der Aussage „Oder vielleicht wirst du Menschen mit deiner Begeisterung mitreißen?“. Wobei ich nicht weiß, ob 5 Jährige unbedingt den Begriff Begeisterung immer kennen. Es empfiehlt sich auf jeden Fall dieses Buch gemeinsam mit Kindern zu lesen und genau auf diese zu achten und vielleicht auch mal nachzufragen ob alle Begriffe verständlich sind. Am ärgerlichsten finde ich allerdings bei einem hinreißenden Bild die meiner Meinung nach fehlerhafte Übersetzung „Vielleicht wirst du einmal etwas erfinden, das noch niemand zuvor gesehen hat?“. Dieser Satz müsste meines Erachtens entweder „Vielleicht wirst du einmal etwas finden, das noch niemand zuvor gesehen hat?“ oder „Vielleicht wirst du einmal etwas erfinden, das noch niemand zuvor erfunden hat“ heißen, aber so ist der Satz sprachlich unlogisch. Es sind viele schöne Gedanken, aber genau dieses Beispiel zeigt auch, dass es sich an eine sehr spezielle Zielgruppe richtet: Gebildete Eltern mit hohen Erwartungen an die Besonderheit ihrer Kinder, die diese fördern und erwarten, dass etwas ganz Besonderes dabei zu Tage treten wird. Es warnt auch davor, dass man manchmal das Gefühl hat zu scheitern (auch ein Begriff, der für kleine Kinder zu abstrakt ist) und man dann aufstehen und weiter machen muss. Eigentlich ein wertvoller Gedanke, dennoch habe ich stets das Gefühl von elterlichem Erwartungsdruck nicht abschütteln können. Das ist aber einfach ein subjektives Gefühl meinerseits beim Lesen, unbestimmt, vielleicht, weil einige recht anspruchsvolle Begrifflichkeiten, in dieser für Kinder wirklich zauberhaften und magischen Illustration mit eingebunden sind.
Die Illustrationen von Gabriella Barouch sind zauberhaft und laden zum Verweilen und Betrachten ein. Viele liebevolle kleine Details gibt es zu entdecken. Besonders liebte meine Tochter das kleine Schweinchen, das als treuer Begleiter des Kindes auf fast jedem Bild zu sehen ist und wie das Kind vor riesigen Fliegenpilzen steht und die weißen Flecken entfernt. Da musste sie kichern über die Idee, diese derart zu entgiften. Allerdings wunderte sie sich ebenso wie ich über die seltsame Kopfbedeckung aus Blättern und mit Vogelschnabel. Diese Frage beschäftigte sie sehr intensiv und lenkte sie wie mich, sehr vom eigentlichen Thema des Buches ab: „Mama, ich glaube die Zeichnerin kann keine Menschenhaare zeichnen, sondern nur Tierfelle und hat dem Kind deshalb die Kappe aufgesetzt“. So ganz hat es mich nicht überzeugt und beschäftigt mich noch immer. Ich finde es schade, das solch eine unerklärliche Frage den Fokus verschiebt und den Zauber des Buches herabdimmt. Einige der Illustrationen haben etwas magisches an sich, wie z.B. das Mädchen durch eine Treppe mit seinem Schwein im Inneren eines Buches verschwindet.
Eine kindgerechtere Sprache hätte ich mir für diese wirklich unglaublichen Bilder und kurzen Texte gewünscht, dann hätten nicht nur die Farben und Illustrationen mein Kind verzaubert, sondern auch der Text. Dabei ist meine Tochter immerhin schon 10 Jahre alt und kennt Begriffe wie „scheitern“ „bedeutsam“ und „Begabung“. Es ist wirklich sehr schön, richtet sich für mich aber nicht an jedes Kind, sondern an Kinder des Bildungsbürgertums. Wobei ich hier das Gefühl habe, dass vermittelt wird, Du bist begabt, zeig uns was Du kannst, - scheitern gilt nicht, mach weiter. Ich spüre Erwartungsdruck und eben nicht nur die Ermutigung, man selbst zu sein.
Ein wunderschönes Buch, auf das meine Tochter sich sofort gestürzt hat und sofort auch gelesen hat. Dessen Aussagen sie jedoch auch etwas zwiegespalten zurückließen.

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Zwei wie Wasser und Öl

Bullenbrüder
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Holger Brinks ist Anfang/Mitte 40 und Kriminalhauptkommissar bei der Mordkommission. Ihm wurde mittlerweile eine jüngere Chefin vor die Nase gesetzt, nicht weil sie so gut ist, sondern weil Frauen im Staatsdienst ...

Holger Brinks ist Anfang/Mitte 40 und Kriminalhauptkommissar bei der Mordkommission. Ihm wurde mittlerweile eine jüngere Chefin vor die Nase gesetzt, nicht weil sie so gut ist, sondern weil Frauen im Staatsdienst gefördert werden müssen. Seine Ehe mit Journalistin Sandra (42) durchläuft gerade eine schwierige Phase. Sohn Lukas (gerade 15) ist kaum zu Hause und nicht sehr gesprächig, Tochter Ellen macht gerade ein Auslandsjahr. Da taucht plötzlich sein Bruder Charlie auf, der als Privatdetektiv nach Amerika gegangen war, nachdem er mal kurz was mit Sandra hatte, vor und nach deren Heirat mit Holger. Charlie hat es nicht so mit Bindungen und genießt lieber das Leben, weshalb ihm Holger 20 Jahre lang monatlich 600,- € für seinen Anteil am Elternhaus überwies. Pardon, Sandra sieht dies etwas anders, denn wenn sie Holger nicht den Rücken freigehalten hätte, hätte er auch nicht die monatliche Rate für ihr Haus, nicht sein Haus, zahlen können... Nun denn, Charlie ist schon länger wieder in der Stadt, aber gerade von seiner letzten Flamme vor die Tür gesetzt worden und braucht nun dringend ein Dach über dem Kopf. Auf gar keinen Fall meint Holger, doch irgendwie landet Charlie im Gartenhaus auf einer Luftmatratze und zu dem aktuellen Mordfall im Berliner Rotlicht-/Drogen-/Bordellmilieu hat er so seine ganz eigenen Ideen. Im Fahrstuhl der exklusiven Privatetage eines heruntergekommenen Luxushotels liegt der engste Vertraute des greisen Berliner Unterwelt-Ex-Bosses, neben ihm ein Aktenkoffer voller Koks. Charlie kennt die Kreise besser, als Holger ahnt.

Ein humorvoller Krimi, der seine Pointen zumeist der angespannten Lage der ungleichen Brüder verdankt, die sich aber ermittlungstechnisch erstaunlich gut ergänzen. Oh Mann, ich kann den biederen Beamten verstehen! Solch ein Bruder würde mich auch wahnsinnig machen! Es muss ihn aber auch noch dazu wurmen, dass dieser verantwortungslose Chaot dann auch noch solch einen Schlag bei den Frauen hat. Wie macht er das bloß? Doch diesmal trifft Charlie auf eine Frau, die ihm den Verstand und den Atem raubt. Dummerweise ist sie nicht ganz ohne, denn sie ist eine Edelprostituierte und Kunststudentin. Ausgerechnet der Sohn des invaliden Gangsterbosses engagiert Charlie, die schöne Nikita nicht aus den Augen zu lassen, als ob er das freiwillig tun würde? Holgers Gedanken an die Frauen in seinem Leben sind da nicht ganz so rosig, aber immerhin hat er ein Dach über dem Kopf, ein Badezimmer ohne Zuschauer und einen wohl sortierten Weinkeller, auch wenn dieser im Lauf der Ermittlungen deutlich zusammenschrumpfen wird. Ja, hier wird getrunken, gekokst und geh... das gibt dieser Geschichte einen gewissen 70er-Jahre Touch, gepaart mit Charlies Autovorlieben. Das mag auch an der Einrichtung der Etablissements liegen, die schon bessere Zeiten gesehen haben, doch Sandras Vor- und Einwürfe sind absolut zeitgemäß. Irgendwie gefallen mir diese Zeitparadoxen. Eigentlich ist es ja so gar nicht meine Welt, aber irgendwann mochte auch ich Charlie, der hervorragend zu Starsky and Hutch gepasst hätte. Mit seinem nervtötend sonnigen Gemüt schafft er es aber, seinem im alltäglichen Trott gefangenen Bruder Beine zu machen und über sich und sein Leben nachzudenken. Eine Tätigkeit die Charlie selbst zumeist erfolgreich ignoriert. Die beiden Brüder sind wie Feuer und Wasser und geben somit der Story ihren Esprit, ihren Schwung und auch ihren Titel. Wobei ich sagen muss, dass ich diesen Fall für einen humorvollen Krimi erstaunlich kniffelig und spannend finde. Bisweilen geht die Tätersuche in den Querelen etwas unter, wird jedoch nie ganz vergessen. Der Fall ist in sich abgeschlossen und wird auch in sich schlüssig gelöst, wobei es mich auch wirklich überrascht hat, es ist nicht so eine 08/15 Lösung. Die privaten Zwistigkeiten schwelen weiter, ein Garant für Fortsetzungen (zwei gibt es ja auch schon).

Christoph Maria Herbst als Sprecher ist wieder unnachahmlich. Wie Sandra und Holger bei jedem Wort des anderen sich an die Gurgel zu gehen scheinen oder sich böse anschweigen, da hat man das Gefühl, er kennt das, hat es alles schon mal selbst gehört...aber so geht es einem ja auch mit dem Brüderzwist, dem senilen Unterweltkönig, seinem leicht debilen Kronprinzen, dem servilen Jungkommissar, der lustgeneigten Nachwuchskommissarin... Das kann er doch noch nicht alles selbst erlebt haben?! Na ja, vielleicht in seiner Fantasie, wobei ich ihm selbst dort einige der Telefonate gerne ersparen würde ;) Völlig bravourös und knurztrocken bringt er selbst die peinlichsten Situationen zu Gehör. Da kann man dann auch als Zuhörer nicht ernst bleiben. Er ist einfach ein Garant für Hörvergnügen.

Auf jeden Fall werde ich die Reihe weiter hören!

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Veröffentlicht am 05.01.2020

Sehr cool, auch für Mütter, Töchter und Lehrer

TheDadLab - Mit Papa coole Sachen machen - 40 einfache und witzige Experimente
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Tja, um cool zu sein, muss man kein Superstar sein, man kann sich als Eltern auch einfach was einfallen lassen, oder auf die Fragen seiner Kinder achten und sie fantasievoll beantworten, so wie der Wirtschaftswissenschaftler ...

Tja, um cool zu sein, muss man kein Superstar sein, man kann sich als Eltern auch einfach was einfallen lassen, oder auf die Fragen seiner Kinder achten und sie fantasievoll beantworten, so wie der Wirtschaftswissenschaftler Sergei Urban, als Vollzeitvater zweier Söhne. Wie sie die Welt betrachten und in Frage stellen, gibt ihm Anlass die Mechanismen hinter den Phänomenen zu hinterfragen, zu recherchieren und wenn möglich, mit einfachen Mitteln aus dem Küchenschrank zu reproduzieren und erklären. Er lebt mit seiner Familie in London und betreibt sehr erfolgreich auf YouTube, Twitter, Instagram und Facebook @TheDadLab, wo er mit seinen Söhnen stetig Neues ausprobiert. Das Buch ist ursprünglich auf Englisch erschienen und es ist so erfolgreich, dass dort sogar bereits ein Nachfolgeband mit 50 Experimenten (10 davon sind neu) erschienen ist, allerdings wohl mit Illustrationen statt der wirklich hochwertigen Fotografien.

Auch wenn Sergei Urban betont, dass er weder Lehrer noch Forscher ist, ist dieses Buch super anregend nicht nur für Eltern, sondern auch für Lehrer. Viele dieser kleinen Experimente ab 4 Jahren lassen sich auch gut in den Schulalltag integrieren. So z.B. der Kohlenstoffdioxid- Feuerlöscher im Sachunterricht beim Thema Feuerwehr. Da werden nicht nur Jungsaugen strahlen, sondern alle Kinder der Klasse, werden diese Unterrichtsstunde ganz sicher nicht vergessen. Es ist einfach beeindruckend, wenn man Kerzen durch ein Gas, also optisch durch nichts, löscht. Mein Mann als Oberlehrer (also Ausbilder u.a. für inklusiven Unterricht auch für Sachunterricht) war von diesen Experimenten ebenso angetan, wie meine Grundschullehrerfreundin. Ich hatte vor allem geplant, mal interessante gemeinsame Abwechslung für die Ferien zu finden, für meine forschungsfreudige Jüngste. Diese Experimente sind zwar bereits ab 4 Jahren, es heißt aber nicht, dass sie nicht auch ältere Kinder zum Staunen bringen können. Bei Älteren könnten nur einige der Vorschläge bereits bekannt sein, wie in unserem Fall der Grasigel, den wir als Kresseigel bauten, oder die eingefrorenen Dinos, die für den besten Kindergeburtstag bei meiner Freundin sorgten. Die Experimente funktionieren also tatsächlich. Oft gibt es auch Alternativen, so haben wir auch schon riesige Seifenblasen mit Eimer und Wollschnüren geschaffen, ohne, dass es eines Plantschbeckens und eines Hulahoop-Reifens bedarf. Es ist aber für kleine Kinder in der Tat sehr beeindruckend, wenn ein Kind im Pool stehend in eine riesige Seifenblase gehüllt wird. Allerdings eher ein Effekt für die Sommerferien, im Winter sind dann die eingefrorenen Dinoeier praktischer, oder mit Wollschnüren kann man die gesamt Geburtstagsgesellschaft gleichzeitig riesigen Seifenblasen testen lassen.. Richtig schnell einfach und für Kinder ein riesiger Spaß ist der auch der Glibberschleim mit Wasser und Speisestärke. Ja, es gibt ausgebufftere Rezepte für Ältere, aber dieses ist schneller und gerade darin liegt der Reiz für die Kleinen. Auch finde ich es sympathischer als tubenweise Kleber und Kontaktlinsenmittel zu „verschwenden“ und deutlich günstiger. Bis auf Lebensmittelfarbe und durchsichtiger Einwegbechern hat man eigentlich alles schon zu Hause, was man benötigt. Ach ja, statt Glycerin kann man auch Tapetenkleister für die Superseifenblasen benutzen. Den haben wir genau zu diesem Zweck tatsächlich immer im Haus.

Sehr schön finde ich, dass für die Experimente nur Alltagsgegenstände benötigt werden und sie nicht aufwendig oder zeitintensiv sind. Dadurch funktionieren sie auch bei kleineren Kindern mit kürzerer Konzentrationsspanne und sie lassen sich eben gut in den Schulalltag integrieren.

Die Erklärungen sind gut verständlich und die Fotos machen neugierig. Man nimmt das Buch in die Hand und hat sofort Lust es nachzumachen. Die Fotos und Erklärungen sind sehr ansprechend gestaltet. Außerdem werden immer wieder Anregungen gegeben in welche Richtung weitere, aufbauende Experimente geführt werden könnten.

Dieses Buch soll vor allem eins: zeigen, dass man auch mit kleinen Kindern schon richtig erstaunliche Phänomene aus dem Küchenschrank hervor kitzeln kann und die Neugier für Wissen und Wissenschaft wecken! Es ist sind aber auch viele Ideen dabei, mit denen man bei Kindergeburtstagen richtig Eindruck schinden kann. Kinder lieben solche Aktionen! Wenig Aufwand, großer Effekt und bleibt länger im Gedächtnis als noch ein Tag im Indoorspielplatz....

Von erfahrenen Eltern, Lehrern und Kindern geprüft und empfohlen.

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Veröffentlicht am 02.01.2020

Sehr vielschichtig

Schneetänzer
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Jacob ist 18 und steht mitten im Abitur. Danach möchte er Musik und Englisch studieren. Er lebt mit seiner Mutter und seinem jüngeren Halbbruder beim Stiefvater einem Schweinemäster. Mit diesem versteht ...

Jacob ist 18 und steht mitten im Abitur. Danach möchte er Musik und Englisch studieren. Er lebt mit seiner Mutter und seinem jüngeren Halbbruder beim Stiefvater einem Schweinemäster. Mit diesem versteht Jacob überhaupt nicht. Er lehnt ihn und seine Methoden so sehr ab, dass er Vegetarier wurde. Im Streit wirft dieser ihm an den Kopf, dass sein Vater ein versoffener Indianer sei, der ihn fast umgebracht habe. Von der einst besten Freundin seiner Mutter erfährt er mehr und bricht in den Osterferien Hals über Kopf von seinen letzten Ersparnissen in den Norden Kanadas auf, um seinen Vater und seine Wurzeln kennen zu lernen. Doch sein Vater ist nicht in seinem Haus, sondern in einem einsamen Camp für Jugendliche, die auf die schiefe Bahn gerieten. Die Fahrt dorthin verläuft nicht wie geplant und so irrt er alleine durch die verschneite Einsamkeit, bis er auf einen Eisbären trifft, der ihn schwer verletzt. Zum Glück hat ein Wolfshund die Gefahr gewittert und ein alter Einsiedler rettet ihn und nimmt ihn auf.

Autorin Antje Babendererde liegt das Schicksal der amerikanischen Ureinwohner sehr am Herzen und thematisiert es daher nach eingehenden Recherchereisen in ihren Liebesromanen für Jugendliche. Ich schreibe Ureinwohner, da ich persönlich sonst immer an den Wilden Westen denke, doch spielen ihre Romane mal an der mexikanischen Grenze, mal ihm hohen Norden. Die Entwurzelung und das Fehlende Verständnis für ihre alte Kultur durch die Siedler verbindet alle diese naturnahen Stämme, die von der Jagd und somit von Fleisch leben. Es ist aber gerade keine Massentierhaltung, keine Tierquälerei, sondern eine wichtige Energie und Nahrungsquelle in bisweilen sehr unwirtlichen Gegenden. Mit diesen Gedanken wird Jacob sehr interessant konfrontiert. Mit dem respektvollen Umgang mit Tieren, mit der nachhaltigen Jagd, im Gegensatz zur qualvollen Massentierhaltung. Der Gedanke, dass Luxus sein könnte, auf Fleisch zu verzichten, ist Jacob völlig fremd. Ebenso wie der Gedanke Eichhörnchen oder Bisamratteneintopf zu essen. Diesen respektvollen Einblick in diese wenig bekannte Kultur und ihre Probleme in den an den Rand gedrängten Reservaten fand ich sehr interessant. Natürlich werden auch die bekannten Probleme wie Alkohol und Drogen, die Herablassung der Weißen thematisiert, sonst wäre das Portrait auch nicht gründlich.

Erzählt wird dieser Überlebenskampf in der Wildnis und Kampf mit der eigenen Identität meistens aus Jacobs Sicht, der hier hoch im Norden Dinge über sich und seine Familie erfährt, die ihm aufgrund eines unfallbedingten Gedächtnisverlusts, entfallen waren. Er staunt und wundert sich, was seine Mutter ihm noch alles verschwiegen hat und sein leiblicher Vater wird ein immer größeres Rätsel. Ganz wie diese ihm völlig fremde Kultur, von deren Regeln und Glauben er keine Ahnung hat. Aleksandar Radenkovic liest ihn mit viel Gefühl mit einer jungen Stimme, die so viel Verletzlichkeit und Unsicherheit auszudrücken vermag, dass es den Hörer in seinen Bann zieht. Carla Swiderski übernimmt die Gedanken von Kimi, dem Mädchen, dass ihn in der Wildnis gesund pflegt und seine Wunden mit Zahnseide näht und dabei Jacobs Gefühlswelt völlig auf den Kopf stellt. Sowohl Jacob, als auch Kimi sind schwer traumatisiert. Es verbindet sie aber auch mehr, als ihr Cree-Aussehen. Beide haben schwer unter der neuen Partnerwahl ihrer Mütter gelitten und einen schwere Unfälle hinter sich, die sie für das Leben zeichneten. Kimi durch schwere Brandnarben und Jacob hat die Erinnerung an seine vier ersten Lebensjahre und somit an seine Herkunft vergessen. Hinzu kommen unerklärliche Krampfanfälle, die an Epilepsie erinnern, aber wohl seelischen Ursprungs sind. Das Mädchen, das sich in der Wildnis verkrochen hat, um den Einklang mit sich und der Natur zu finden und die Dämonen der Vergangenheit hinter sich zu lassen, zieht ihn unwiderstehlich an. Doch sie spottet über ihn. Ist es ein Schutzmechanismus, um nicht wieder verletzt zu werden? Sehr behutsam und nachvollziehbar wird auch die Liebesgeschichte, die scheinbar keine Zukunft hat, erzählt. Die Anziehung besteht seit dem ersten Blick, aber die Gefühle wachsen, mit dem Kennenlernen, mit Zögern und Zweifeln und Hindernissen. Welcher 18 Jährige ist denn auch schon so gefestigt, dass er über jeden Zweifel erhaben ist?
Bei allem Respekt für das Leben in der Natur und die alten Fertigkeiten, bin ich der Autorin sehr dankbar, daß sie Jacob nicht alles hinwerfen lässt, sondern ihn sein Abi im Auge behalten lässt. Natürlich ist das Abi kein Garant für irgendwas, wenn sich die Pläne jedoch erneut ändern, kann es nützlich sein, einen guten Schulabschluss zu haben und daran zweifelt Jacob auch nie. Hinwerfen ist für ihn kein Thema, auch wenn die Träume sich ändern, die Albträume, so wie seine Wünsche. Das empfinde ich als ganz starkes Signal: beendet, was ihr angefangen habt, sofern es in Euren Möglichkeiten liegt.

Eine schöne und ausgewogene Kombination aus Wünschen, Träumen, Plänen, Gefühlen und dem Wandeln zwischen Vergangenheit und Zukunft. Denn jede Zukunft ist auch von der Vergangenheit geprägt. Dabei liegt es in der Hand des Einzelnen das Beste daraus zu machen.

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Veröffentlicht am 02.01.2020

Zum Immerwiederhören

Royals
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Die 17 jährige Daisy wächst in einem unbedeutenden, aber einst schillernden Städtchen in Florida auf. Ihr Vater ist Engländer und war mal 11 Monate lang ein Popstar, der das Wembley-Stadion füllte, dann ...

Die 17 jährige Daisy wächst in einem unbedeutenden, aber einst schillernden Städtchen in Florida auf. Ihr Vater ist Engländer und war mal 11 Monate lang ein Popstar, der das Wembley-Stadion füllte, dann kam der Absturz, Drogen, Entzug, bis er ihre Mutter kennen lernte, eine Journalistin. Diese schreibt nun in Florida Krimis. Neben der High School arbeitet Daisy an der Supermarktkasse mit ihrer besten Freundin Isabelle. Seit einem Jahr planen die zwei einen Trip nach Key West zu einer Bücherconvention. Doch aus diesem Traum wird für die leicht nerdige Daisy nichts. Denn ihre ältere Schwester Ellie ist mit Alex, dem Thronprinzen von Schottland liiert. Überraschend sind die zwei angereist um der Familie ihre Verlobung bekannt zu geben. Damit Daisy sich schon mal an ihre neue Rolle im Dunstkreis der Royals gewöhnt, soll sie den Sommer in Schottland verbringen. Irgendwie scheinen alle zu erwarten, dass Daisy und der ebenfalls 17 jährige Prinz Sebastian anbandeln. Doch der gutaussehende Prinz, ist nicht nur charmant und wild, er hat auch immer gleich eine Horde ebenso lauter Freunde um sich herum, die sogenannten königlichen Chaoten. Der ärmste und unbedeutendste von ihnen, Miles, wird ihr als Berater zur Seite gestellt, damit sie nicht von einem Fettnäpfchen ins andere tritt. Doch wenn man stets die Presse auf den Fersen hat, lässt sich das bei Daisy kaum vermeiden.

Zugegeben, anfangs war ich etwas irritiert, als die Geschichte an der Supermarktkasse begann. Von der Supermarktkasse in die königliche Familie, das schlägt noch die Fernsehmoderatorin, die Volleyballerin, Schauspielerin oder die persönliche Einkäuferin... Aber es stellt sich ja auch alles, etwas anders da. Die Tochter des Ex-Popstars, soll auch arbeiten und nicht verwöhnt aufwachsen.

Was ich sehr mag, ist dass Daisy zwar immer wieder irgendwelche Pleiten, Pech und Pannen unterlaufen, aber nicht aus Dusseligkeit. Es liegt nicht immer an ihr, es liegt oft an der Entourage, den ewig nervenden Kameras, dem Versuch ihnen zu entkommen oder die Fakten werden einfach von der Hofberaterin verdreht. Besser Daisy steht als Sündenbock da, als ein Mitglied der königlichen Familie!

Man bekommt herrliche Einblicke in die Maschinerie hinter königlichen Familien. Dem Ausmaß an Organisation dahinter, was wirklich geschieht und was die Presse, auch mit Hilfe der Hofberichterstatter, daraus machen. Denn zwischendrin gibt es immer wieder Auszüge aus der Klatschpresse und royalen Blogs, deutlich gekennzeichnet durch den Wechsel von Daisy's Ich-Perspektive in die vermeintlich allwissende dritte Person und dem Stimmwechsel bei Fanny Bechert, der dann gleich beifallheischend und reißerisch klingt. Das ist sehr amüsant.

Daisy bekommt Zeit für persönliche Entwicklung und nicht nur sie, sondern auch die übrigen Personen um sie herum. So versteht man nicht nur den Gesellschaftsapparat sehr gut, sondern auch die Motivation hinter einigen Strategien und die Reaktionen der Protagonisten. Die Liebesgeschichte hat viel Zeit sich glaubhaft zu entwickeln. Ich mag es überhaupt nicht, wenn zwei Protagonisten sich ansehen und sofort entflammt sind. Hier ist es nicht so. Daisy ist anfangs völlig überfordert von der Vielzahl an neuen Menschen die sie trifft, den Erwartungen die an sie gestellt werden und den Aufgaben, die auf sie zukommen. Immerhin hat sie sich ein Leben im royalen Dunstkreis nicht ausgesucht. Dies ist ein Jugendroman ab 14 Jahren. Es geht um zarte Gefühle und Gefühlswirren, nicht um lodernde Leidenschaft. Was ich absolut altersangemessen finde. Ich bin auch sehr froh, dass bei den Exzessen der königlichen Chaoten, diese sich lediglich betrinken und knutschen, aber keine Drogen konsumiert werden. Da wird deutlich auf das Alter der Leserschaft Rücksicht genommen.

Es ist eine wirklich süße Liebesgeschichte, die auch wegen der komplizierten Umstände, in denen sich die zwei kennenlernen, Zeit braucht. Aber ganz besonders hier gilt für mich: der Weg ist das Ziel. Es macht einfach Spaß Daisy durch diesen turbolenten königlichen Sommer zu begleiten, von einem gesellschaftlichen Highlight, das sich als Albtraum entpuppt, zum nächsten. Es gibt so viel, was schief gehen kann und Daisy stellt irritiert fest, dass sie immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Man erhält sowohl Einblick darin, was es bedeutet als Bürgerliche in eine königliche Dynastie herein zu heiraten, aber auch die Veränderungen, die dies für die Familie der Braut bedeuten. Mir tun Meghan, Pippa und Co. Nun noch mehr leid... aber auch die englischen Jungs, die ihre Schulzeit in den Eliteinternaten verbringen. Man baut Freundschaften fürs Leben und Seilschaften auf, aber zu welchem Preis?

Die Geschichte ist locker, flockig mit Liebe zu seinen Figuren erzählt. Auch wenn einige deutlich zu viel trinken, könnte man die CD bereits mit 12 Jahren hören, sofern man mit 12 schon Liebesgeschichten mag. Wobei diese hier keine expliziten Szenen aufweist, es gibt keinen Sex, lediglich Küsse, Händchenhalten, Umarmungen und Gefühle. Da es Daisy ins Land der zurückhaltenden Briten verschlägt, sind es oft Zuckungen der Gesichtsmimik, die die Gefühle verraten, statt großer Gesten oder Worte, was ich aber sehr viel süßer finde. Obwohl die Autorin Amerikanerin ist, zeugt diese Geschichte immer wieder von feinem, trocken britischen Humor. Auch die Liebesbeweise sind zurückhaltender, als ich es zuletzt gehört habe, hier riskiert niemand sein Leben, für eine Angebetete, die man erst wenige Stunden kennt. Wenn, geht es hier um die Ehre, das gesellschaftliche Leben.

Fanny Bechert war mir als Stimme kein Begriff und konnte mich angenehm überraschen. Sie klingt jung, frisch, manchmal verunsichert, irritiert, überfordert.... Daisys Vater gelingt ihr jetzt nicht ganz so überzeugend, aber er spielt ja nur eine Nebenrolle. Insgesamt finde ich sie absolut überzeugend, insbesondere den Wechsel zwischen Daisys Geschichte und den fantasievollen Berichten der Presse und Blogs. Sie schafft es auch, die Gefühle wachsen zu lassen, die aus den kleinen Gesten und Blicken entspringen und nicht aus großem Tamtam.

Es wird im Frühjahr eine Fortsetzung geben, aber nicht aus Daisys Sicht, sondern aus der, von Millie die im Internat das Zimmer mit der königlichen Zwillingsschwester (von Sebastian) Flora teilen muss.

Mich haben Rachel Hawkins und Fanny Bechert über 371 Minuten bestens unterhalten und ich habe jede Minuten davon genossen und gespannt gelauscht. Am Ende war ich einfach glücklich und gutgelaunt.

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