Profilbild von darkola77

darkola77

Lesejury Profi
offline

darkola77 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit darkola77 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.03.2023

Wie eine Lieblingsmelodie, die Dir im Kopf bleibt

Melody
0

Ein neuer Suter! Meine Erwartungen waren hoch, und ungeduldig war ich dazu. Beides zu Recht. Denn der Roman ist all das, was ich mir so erhofft habe: ein Pageturner – intelligent, amüsant und wunderbar ...

Ein neuer Suter! Meine Erwartungen waren hoch, und ungeduldig war ich dazu. Beides zu Recht. Denn der Roman ist all das, was ich mir so erhofft habe: ein Pageturner – intelligent, amüsant und wunderbar raffiniert konstruiert. Eine Überraschungsbox an Wendungen, Wirrungen und Enthüllungen. Ein Buch zum Gernhaben und immer wieder Lesen.
Der Kern der Geschichte: ein Geheimnis. Ein ungelöstes Rätsel. Eine große Liebe. Und all das will der ehemalige Unternehmer und Nationalrat Peter Stotz nicht mit ins Grab nehmen, aus welchem Grunde er den jungen Juristen Tom Elmer engagiert hat – als seinen Nachlassverwalter, Zuhörer, Hüter all des Ungesagten. Und als denjenigen, der die Fäden ordnet und den einen oder anderen Strang des Lebens für die Nachwelt auch aussortiert.
Ebenso wie die schöne Melody über Jahrzehnte von Dr. Stotz gedanklich Besitz ergriffen hat, ist auch Tom schon bald von der Geschichte über die Verschwundene, die schöne Verlobte fasziniert und in ihren Bann gezogen. All das Erfahrene, all das in der Vergangenheit Geschehene will sich nicht zu einem Ganzen zusammensetzen, das Bild bleibt mehr als unscharf und rätselhaft. Ebenso wie die zahlreichen Portraits der jungen Frau, die bei seinem Auftraggeber reliquiengleich die Wände zieren.
Nicht nur Tom lassen die Fragen keine Ruhe, was mit Melody geschehen, ob sie möglicherweise noch am Leben ist – mir als Leserin geht es genauso. In meinem Kopf sind ebensoviele Varianten des Möglichen wie es Hinweise zu geben scheint. Oder eben auch keine. Und auch ich möchte mich an ihre Spur heften, möchte endlich Klarheit haben und muss aus diesem Grunde immer weiterlesen. Möglichst ohne Pausen. Ungestört. In einem Guss. Dass ich so belohnt werden würde – aber ich will ja nichts verraten! Mich nur freuen über diese wunderbaren Lesestunden. Diesen fesselnden Roman. Den neuen Suter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.03.2023

Der Körper, der dort liegt, ist nicht tot

Mary & Claire
0

Frankenstein – das berühmte Monster, die Kreatur, die sich gegen ihren Schöpfer wendet! Doch was steckt eigentlich hinter dem Text? Wer ist die Schöpferin dieser Geschichte, genreprägend und unvergessen ...

Frankenstein – das berühmte Monster, die Kreatur, die sich gegen ihren Schöpfer wendet! Doch was steckt eigentlich hinter dem Text? Wer ist die Schöpferin dieser Geschichte, genreprägend und unvergessen über die Jahrhunderte?
Markus Orths hat sich der bekannten Schriftstellerin angenommen, hat Mary Shelley in seinem Roman von frühester Jugend an begleitet, das Leben vor und während ihres Schaffens betrachtet. Doch nicht nur das, denn Mary ist es nicht allein, die im Mittelpunkt seines Romans steht! Ihre Halbschwester Claire Clairmont, nicht weniger talentiert und ebenso schillernd in ihrer Persönlichkeit, ist eine ihrer wichtigsten Bezugspersonen ihr Leben lang, so wie ihr späterer Ehemann Percy Shelley, Aristokrat, Schriftsteller, der Liebhaber beider Frauen.
Und da sind sie auch schon, die gesellschaftlichen Konventionen, die der Roman immer wieder in Frage stellt, die Grenzen und Fesseln, welche das Trio, die Ménage-à-trois, nicht zu akzeptieren bereit ist, der Freiheitsdrang und der Wunsch nach Selbstverwirklichung, die Mary, Claire und Percy leiten und in ihrem Leben und Schaffen antreiben. Dieser Bruch mit dem Bekannten, der Aufbau ihrer eigenen Welt machen aus, was letztlich ihre künstlerischen Entwicklungen vorantreibt, was Werke so ungewöhnlich wie revolutionär – gerade für Frauen ihrer Zeit – in ihrer Entstehung erst ermöglicht.
Ihr Umfeld aus Freigeistern und Egozentrikern weist ihnen hierbei oftmals Wege, spornt an, öffnet geistige Türen und wirft diese auch wieder zu. Ganz vorne und für sich, das Dreiergespann und die damalige Literaturszene von besonderer Bedeutung ist hierbei Lord Byron – ein großer Dichter, ein Mensch aus Abgründen und Scheußlichkeiten. Und mit schaffendem und zugleich zerstörerischem Charakter auf Mary, Percy und insbesondere Claire. Ohne ihn wäre wohl nie der Funke entzündet worden, der Frankenstein ins Leben bringt, doch bringt er auch Verderben und Tod.
Fiktion und Fakten, Dichtung und Wahrheit – Orths hat ein raffiniertes Geflecht aus Recherche und Ideenreichtum geschaffen, einen wunderbaren Roman, ein Stück Zeitgeschichte in poetischer Sprache. Und er hat Frauen eine Bühne gegeben, die ihnen zu ihrer Zeit verwehrt blieb, hat sie aus dem Schatten der Gesellschaft geholt – sie in die Herzen der Leser geschrieben. „Der Körper, der dort liegt, ist nicht tot.“ Markus Orths hat ihn wieder mit Leben gefüllt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.03.2023

Frech und leicht, scharf und brutal – ein großer Roman unserer Zeit

Liebewesen
0

Das Leben ein Kampf, der eigene Körper ein Schlachtfeld – diese Erfahrung musste Lio bereits von frühester Kindheit an machen. Psychisch und körperlich gequält und misshandelt, haben sich die Scherben ...

Das Leben ein Kampf, der eigene Körper ein Schlachtfeld – diese Erfahrung musste Lio bereits von frühester Kindheit an machen. Psychisch und körperlich gequält und misshandelt, haben sich die Scherben und Trümmer des verlorenen Vertrauens, der fehlenden Liebe und Zuneigung, der Zurückweisung wie auch gewaltsamen Aneignung als Narben in ihre Haut gegraben – und tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen.
Max scheint die Fähigkeit und notwendige Leichtigkeit zu besitzen, Lios Verunsicherung zu umgehen und ihre harte Schale aus Abschottung und innerem Rückzug zu durchbrechen. Mit ihm wird für Lio zum ersten Mal eine Beziehung überhaupt denkbar, wenn auch nicht wünschenswert. Doch Max bleibt hartnäckig und an Lio dran. Und damit in ihrem Leben.
Das Ergebnis ist eine Beziehung, die Lio emotional fordert, aber auch überfordert, ihr trotz der eigenen Verletzungen, Hemmnisse und Selbstzweifel immer wieder Momente und Zeiten der Freude – wenn auch nicht der Leichtigkeit – beschert. Doch auch Max hat sein Päckchen zu tragen, seine Vergangenheit, die in seinem Hier und Jetzt mit all seinen Wünschen, Träumen und Begierden sichtbar wird. Und die bei zunehmender Dauer der Partnerschaft immer mehr Raum in dieser einnehmen.
Und dann, gerade dann als es am Dunkelsten ist und die Beziehung sich im freien Fall befindet, muss Lio erfahren, dass sie schwanger ist.
Caroline Schmitt erzählt mit Witz und Leichtigkeit, zugleich aber auch mit Schärfe und Brutalität in ihren Beschreibungen vom Leben zweier Verwundeter, von ihrem Versuch des Heilens miteinander, von dem Blutvergießen als alte Narben aufplatzen und Wunden sich nicht schließen wollen.
Frech, unkonventionell und im lakonischen Ton gehalten, ist der Roman so wunderbar unterhaltsam wie zutiefst erschütternd, eine Liebes- wie eine Leidensgeschichte, ein Zeugnis unserer Zeit. Und für mich ist er ein Herzensroman. Eine Entdeckung. Ein großes Glück und tiefe Traurigkeit.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.02.2023

Eine Geschichte über Geschichten

Wir hätten uns alles gesagt
0

Was ist der Kern der Geschichte? Was ist ihr Ursprung, das Samenkorn, aus dem sie entsteht und gedeiht?
Judith Hermann geht diesen Fragen für sich nach, richtet den Blick nach innen, spürt analytisch dem ...

Was ist der Kern der Geschichte? Was ist ihr Ursprung, das Samenkorn, aus dem sie entsteht und gedeiht?
Judith Hermann geht diesen Fragen für sich nach, richtet den Blick nach innen, spürt analytisch dem roten Faden nach, der die Geschichten miteinander und mit ihr selbst verbindet. Der Weg führt sie dabei weit zurück: in ihre Kindheit, zu ihrer Familie – sowohl im biologischen Sinne zu verstehen als auch bezüglich ihrer sozialen Wahlfamilie –, zu den Jahren der Auseinandersetzung mit sich und ihrem Denken. Unter professioneller Anleitung.
Das Ergebnis ist erstaunlich offen. Schonungslos. Privat mag es mir sogar erscheinen, als ein Eindringen in ihren Kopf und ein Blick auf bisher gut Behütetes – auch, so betont Hermann, wenn das Eigentliche, Wesentliche von ihr weiterhin verborgen würde. Und doch erlaubt sie vieles den Lesern zu sehen: die psychische Erkrankung ihres Vaters, welche die Ehe ihrer Eltern ebenso bestimmte wie ihre eigene Kindheit, die Nazivergangenheit ihres Großvaters, den Tod eines Freundes, den Verlust von weiteren.
All dies fließt für Hermann in ihr eigenes Schreiben ein, das sich an ihrem eigenen Leben entlanghangele. Ein anderes Schreiben kenne sie für sich nicht, betont Hermann, könne sie sich selbst nicht vorstellen. Damit sind ihre Texte immer auch Erzählungen über sie selbst, „verfremdet und entstellt, bis nichts mehr richtig ist und dennoch alles wahr“.
Das Ergebnis der Spurensuche ist eine offenbarende, fesselnde und hoch interessante Collage und eine Geschichte über Geschichten, welche die deutsche Gegenwartsliteratur geprägt haben – und die mir nun teils im neuen Licht und mit verändertem Zugang erscheinen, jetzt, wo ich all dies wissen und erfahren durfte. Das lädt zum erneuten Lesen und vor allem zur Hochachtung vor einer Autorin ein, die sich selbst nicht nur mit detektivischem Scharfsinn zu Leibe rückt sondern uns bei der Öffnung und Sektion einen Platz in der ersten Reihe einräumt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.02.2023

Der Kampf zwischen Licht und Finsternis – für junge Leser

Die Chroniken von Lunis – Wächterin des Lichts (Die Chroniken von Lunis 1)
0

Wünschst Du Dir auch manchmal ein magisches Wesen, das Dich beschützt? Dann folge Mia in die Welt von Lunis und finde Deinen ganz persönlichen Umbra. Denn diese Schattenwesen sind stark und mächtig, und ...

Wünschst Du Dir auch manchmal ein magisches Wesen, das Dich beschützt? Dann folge Mia in die Welt von Lunis und finde Deinen ganz persönlichen Umbra. Denn diese Schattenwesen sind stark und mächtig, und nur wenige Jungen und Mädchen sind dazu in der Lage, sie zu zähmen. Doch sollte dies Dir erst einmal gelungen sein, so ist Dein Umbra ein Leben lang an Dich gebunden, und gemeinsam werdet Ihr zahlreiche Abenteuer erleben.
So geht es auch Mia – abgesehen von einer Sache: Mia hat gleich zwei Umbra, wie Yin und Yang, wie Licht und Dunkelheit unterschiedlich und doch erst zusammen so richtig furchteinflößend und voller Kraft. Und dieser beiden Beschützer bedarf sie auch ganz dringend, denn ihre Welt wird bedroht und ihre Familie gefangengehalten.
Gemeinsam mit ihrem kleinen Bruder und ihren Freunden macht Mia sich aus diesem Grunde auf den Weg zu ihren Großeltern nach Stella, in die einzige Stadt des Königsreichs, die bisher nicht der Finsternis zum Opfer gefallen ist. Doch der Weg nach Stella ist lang und voller Gefahren, führt er doch über die Albtraumebene mit ihren unzähligen Hindernissen, Monstern und den Feinden direkt im Nacken. Und dann sind da noch die unbekannten Kräfte tief in Mia selbst, die sich nach und nach ihren Weg suchen…
„Die Chroniken von Lunis“ ist ein Roman so kreativ und fantasievoll wie die Umbras selbst es sind. Auf der einen Seite kommt er harmlos und flauschig daher, auf der nächsten wachsen ihm große, gefährliche Hörner, und das Blut stockt Dir in den Adern. Das ist wunderbar unterhaltsam, allerdings geht auch das eine oder andere Mal etwas durcheinander: Nicht jeder Erzählstrang wird weitergeführt, und hier und da leiden auch schon mal Logik und Verstehen. Und dabei ist die Sprache teils recht einfach und kindlich gehalten, womit sich der Roman von vielen Jugendbüchern noch mal unterscheidet.
Doch hast Du Lunis erst einmal betreten, wirst Du hierüber schnell hinwegsehen und nur noch Augen für Dein Umbra haben. Und für die Abenteuer, die Dich erwarten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere