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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2018

Frei nach Bob Dylan ... The times they are a-changing ...

Lunapark
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Nach Genuss von Volker Kutschers Lektüre habe ich stets das Gefühl, lange Internetrecherchen durchführen zu wollen. Mit viel Talent verwebt der Autor, der mit „Lunapark“ bereits den sechsten Teil der hochinteressanten ...

Nach Genuss von Volker Kutschers Lektüre habe ich stets das Gefühl, lange Internetrecherchen durchführen zu wollen. Mit viel Talent verwebt der Autor, der mit „Lunapark“ bereits den sechsten Teil der hochinteressanten Reihe um Kommissar Gereon Rath veröffentlicht hat, viel Wahres mit der fiktiven Geschichte um Kommissar Gereon und seine Frau Charlotte Rath. Kein anderer mir bekannter Autor tut dies mit so viel Liebe zum Detail wie Volker Kutscher. Er schafft es, die angespannte Stimmung, die 1934 in Deutschland herrscht, absolut authentisch zu vermitteln. Die Veränderung, die der gesamte Polizeiapparat erlebt, ist erschreckend. Immer tiefer untergraben die nazitreuen braunen Truppen seine Autorität. Gereon fühlt sich hin und her gerissen zwischen der politischen Abteilung und seiner eigenen Mordkommission was dazu führt, dass er anfängt auf eigene Faust zu ermitteln. Eine Tatsache, die nicht nur für ihn allein lebensgefährlich wird.
Das Privatleben des Ehepaar Raths kommt mir in diesem Band leider ein wenig zu kurz und die Ermittlungen weisen zwischendurch immer mal wieder ein paar Längen auf, deshalb hat es für mich nicht ganz zur Bestnote gereicht. Meiner Vorfreude auf den Nachfolgerband tut dies jedoch keinen Abbruch. Wie schon bei den Vorgängern, nimmt Volker Kutscher immer wieder Bezug auf vorangegangene Ereignisse, die das Leben der beiden Protagonisten geprägt haben. Deshalb würde ich empfehlen, diese hochinteressante Reihe mit Teil eins zu beginnen um sich dann genüsslich bis Teil sechs durchzulesen.

Veröffentlicht am 15.01.2018

Wenn aus losen Fäden eine runde Geschichte wird ...

Die Oleanderfrauen
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Ich muss ganz ehrlich gestehen, beim Anblick des Covers hatte ich leichte Kost erwartet. Einen schönen historischen Frauenroman ohne viel Tiefgang. Ich muss euch jedoch sagen, ich hätte falscher nicht ...

Ich muss ganz ehrlich gestehen, beim Anblick des Covers hatte ich leichte Kost erwartet. Einen schönen historischen Frauenroman ohne viel Tiefgang. Ich muss euch jedoch sagen, ich hätte falscher nicht liegen können! Schon die ersten Zeilen des Prologs nahmen mich gefangen und hätte ich nicht immer wieder arbeitsbedingt Pausen einlegen müssen, ich hätte das Buch wohl in einem Rutsch verschlungen, so sehr hat mich die Geschichte gefesselt.
Die mir bis dato unbekannte Autorin hat ihren wunderbaren Roman in zwei Zeitstränge verpackt. Beide spielen in Hamburg, der eine jedoch in den 30er/40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, der andere in der Gegenwart. Während die Protagonistin Jule im Jetzt mit ihrer finanziellen Zukunft und ihrer Einsamkeit kämpft, geht es bei der jungen Sophie im Damals schlichtweg um Leben und Tod. Sie findet sich nach ihrer Jugend gefangen in den Kriegswirren des Zweiten Weltkriegs und verloren in einer Liebe, die so nie hätte stattfinden dürfen.
Wer hier jedoch eine tragisch-kitschige Lovestory erwartet, den muss ich enttäuschen. Geschickt verwebt Teresa Simon die Gegenwart mit der Vergangenheit. Ein Geheimnis nach dem anderen lüftet sie und hält so einen Spannungsbogen aufrecht, den man in manchem Thriller vergebens sucht. Sie schafft es dem Leser wichtige Themen zu übermitteln, wie z. B. Homosexualität im Dritten Reich, Posttraumatische Belastungs-störung nach Kriegseinsätzen und, und, und … Ich fragte mich beim Lesen oft, warum Geschichtsunterricht nie so interessant war. Zudem hat Teresa mit ihrem Buch meine Neugier geweckt, weitere Themen näher zu beleuchten wie den Spanischen Bürgerkrieg und natürlich alles rund um die Wunderwaffe Kaffee.
Der Schreibstil ist flüssig und sehr anschaulich. Alle Charaktere kommen real beim Leser an, und wirken lebendig und zum Anfassen nah. Ich bin begeistert und vergebe die volle, sehr verdiente, Punktzahl.
„Solange ich atme, hoffe ich. “ Dum spiro, spero. Dieses kluge Statement, einst von Cicero niedergeschrieben, wurde zum Credo der Familie Terhoven und wird auch mir noch lange im Gedächtnis bleiben.

Veröffentlicht am 15.01.2018

Gefährliches Pflaster ...

Todestanz
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Ich fand es war mal wieder an der Zeit eine Reise nach Südafrika zu unternehmen und habe mir den dritten Teil der Reihe um Riedwaan Faizal und Clare Hart vorgenommen. Nachdem mich die beiden ersten Bände ...

Ich fand es war mal wieder an der Zeit eine Reise nach Südafrika zu unternehmen und habe mir den dritten Teil der Reihe um Riedwaan Faizal und Clare Hart vorgenommen. Nachdem mich die beiden ersten Bände gefesselt hatten, bin ich diesmal leider ein bisschen enttäuscht. Es mag keine richtige Spannung aufkommen und viel Empathie konnte ich beim Lesen weder dem Täter noch den Opfern entgegenbringen. Die Suche nach der kleinen Yasmin ging meiner Meinung nach ziemlich chaotisch zu. Ein System konnte ich darin nicht entdecken. Zudem hatte ich das Gefühl, dass die Autorin diesmal wirklich nur das absolut schlechteste an Südafrika, insbesondere Kapstadt, hervorhebt. An jeder Ecke wird gemordet, gefixt, gefoltert und verprügelt. Das Buch macht eine regelrechte Angst vor der Gegend. Somit hat inzwischen sogar Frau Orford bei mir an Sympathie verloren. Der vierte Band der Reihe scheint – wenn man den Rezensionen Glauben schenkt – wieder besser zu sein, deshalb gibt’s von mir noch eine Chance.

Veröffentlicht am 04.01.2018

Wie man sich bettet, so liegt man ... leider!

Mudbound – Die Tränen von Mississippi
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So hat Laura sich das sicher nicht vorgestellt, als sie den schmucken Henry McAllan kennenlernt zu einem Zeitpunkt in ihrem Leben als ihre Familie dachte, sie würde wohl als alte Jungfer enden. Doch Henry, ...

So hat Laura sich das sicher nicht vorgestellt, als sie den schmucken Henry McAllan kennenlernt zu einem Zeitpunkt in ihrem Leben als ihre Familie dachte, sie würde wohl als alte Jungfer enden. Doch Henry, derzeit als Ingenieur beim Army Corps of Engineers beschäftigt, hält um ihre Hand an. Er möchte im Süden, genauer gesagt im Staat Mississippi, ein gemeinsames Leben für sich und Laura aufbauen und eine Familie gründen. Während es mit dem Kindersegen nicht lange auf sich warten lässt, klappt es mit den Lebensbedingungen und vor allem mit dem sturen alten Vater unter einem Dach immer weniger. Schließlich bricht hervor, was schon immer schwelend an der Oberfläche lauerte, der schwarz-weiße Rassenkonflikt. Die beiden Kriegsheimkehrer Ronsel und Jamie – beide noch hochgradig traumatisiert - verlieren langsam aber sicher ihren Verstand und den Glauben an die Menschlichkeit …

Während ich zu Anfang noch dachte: „Gut, das hätte sich ähnlich auch z. B. auf der Schwäbischen Alp in den 40er Jahren zutragen können.“ merkte ich doch bald, dass hier noch die gefährliche Komponente „Weißer Mensch, schwarzer Nigger“ dazu kam. Ich weiß natürlich, dass dieses Wort heute politisch unkorrekt ist und würde es auch selbst nie in den Mund nehmen, doch im Mississippi Delta in den 40er Jahren glaubte man sich als weißer Mann noch im Recht. Wunderbar einfühlsam schaffen es die verschiedenen Sprecher der Geschichte Leben einzuhauchen und den Hörer ins Mississippi Delta gleich nach dem Zweiten Weltkrieg zu versetzen. Ich ertappte mich beim Hören dabei mit den Charakteren mitzuleiden und mitzufühlen. Ein tragisches Event im letzten Drittel verhindert zwar ein komplettes Happy End, dennoch bleibt man als Hörer nicht traurig zurück. Man hat wieder was dazu gelernt und kann hoffen, dass es in der heutigen Zeit für alle ein bisschen leichter geworden ist.

Veröffentlicht am 04.01.2018

Wieder etliche Tote bei Unruhen im Nahen Osten ...

Während die Welt schlief
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Aufgrund einer Leserunde habe ich endlich dieses faszinierende Buch aus den Tiefen meines SUBs gezogen und wünsche mir, ich hätte es schon eher getan. Dieses Buch hat mir die Augen geöffnet und mich über ...

Aufgrund einer Leserunde habe ich endlich dieses faszinierende Buch aus den Tiefen meines SUBs gezogen und wünsche mir, ich hätte es schon eher getan. Dieses Buch hat mir die Augen geöffnet und mich über den Kampf zweier Völkergruppen untereinander informiert, wie es kein Nachrichtenjournal hätte fertigbringen können. Sicher, die Charaktere sind fiktiv, doch die Konflikte zwischen Israel und Palästina sind real und finden bis zum heutigen Tage statt.
Ein bisschen erzählt die palästinensisch-US-amerikanische Autorin und Menschenrechtsaktivistin Susan Abulhawa wohl auch ihre eigene Geschichte, denn auch ihr Leben ist wie das der Protagonistin Amal von immer neuen Aufbrüchen, Auslands- und Waisenhausaufenthalten geprägt.
Im Roman reisen wir mit Amal und ihrer Familie durch die Geschichte der Palästinenser, die 1948 mit dem Einfall der Juden, welche wie durch ein Wunder den zweiten Weltkrieg überlebt hatten, beginnt. Fast scheint es als wollten sich diese Juden rächen für all die Gräueltaten, die ihnen und ihren Familien unter Hitlers Diktatur angetan wurden. Sie wollten leben, sie wollten Häuser und Land und nahmen sich diese, koste es was es wolle. Auf grausame Weise mussten die Palästinenser, die seither friedlich in Jerusalem und anderen Teilen des Landes gelebt hatten, weichen. Doch auch sie wollen sich nicht alles gefallen lassen und schlagen irgendwann zurück. Die Frage, wer hier gut und wer böse ist, stellt sich nicht, denn Gewalt kann nie die Antwort sein. Dennoch kommt es mir vor als kommen – zumindest für mich ganz persönlich – zum ersten Mal auch die Palästinenser zu Wort und erzählen ihre Geschichte. Es liegt mir fern, die eine oder andere Seite ergreifen zu wollen aber das Buch hat mich aufgerüttelt und zum Nachdenken angeregt. Schon jetzt merke ich, dass ich zuhöre, wenn im Fernsehen über Konflikte im Nahen Osten geredet wird.
Einen ganz kleinen Abzug gebe ich für den ständigen Perspektivenwechsel, bei dem man sich oft erst wieder einlesen muss, ansonsten gibt es volle Punktzahl.