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Veröffentlicht am 21.03.2022

Vollbepackt mit Themen, die nicht bis zum Ende erzählt werden.

Die Feuer
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Margot Pierce, Anfang siebzig, Literaturprofessorin... Sie hadert mit ihrem Leben. Ihr Mann ist demenzkrank, ihr Sohn hält sich von ihr fern und sie selbst sollte eigentlich schon längst pensioniert sein.

Summer, ...

Margot Pierce, Anfang siebzig, Literaturprofessorin... Sie hadert mit ihrem Leben. Ihr Mann ist demenzkrank, ihr Sohn hält sich von ihr fern und sie selbst sollte eigentlich schon längst pensioniert sein.

Summer, Anfang zwanzig, Schauspielstudentin und arbeitet als Platzanweiserin im Theater... Sie ist auf der Identitätssuche, kennt ihren Vater nicht, weiß nicht, woher ihre dunkle Hautfarbe kommt und leidet nicht nur unter Rassismus, sondern auch unter Angststörung.

Ivy Parker, Anfang vierzig, Kunstmäzenin und Margots ehemalige Studentin. Sie schwenkt zwischen ihrer Vergangenheit und die Gegenwart. Sie hat viele Leute in ihrem Leben verloren und lebt sie in einer Blase aus voller Sorgen, mit viel Geld.

Es ist ein heißer Freitagabend in Melbourne. Während in den Bergen das Buschfeuer sich weiterverbreitet, sehen die drei völlig verschiedene Frauen den Theaterstück „Glückliche Tage“ von Samuel Beckett an. Und genauso wie Becketts Protagonistin Winnie, trotzt geschehen viele Unglücks, fühlen sich die drei Frauen beim jeden Satz persönlich angesprochen. In der Pause treffen die Drei aufeinander und am Ende des Stückes, gehen die Frauen auf eigener Art und Weise verändert auseinander.

Eine interessante Grundidee, sehr außergewöhnlicher Aufbau und klare Sprache sind Merkmale dieses Buches, welche mir auch gefallen hatten, aber das wärs dann auch. Denn für mich reichen dieses Kompetente nicht, um ein Buch mit fünf Sterne zu bewerten. Das Buch hat gerade mal 250 Seiten und die sind vollgeladen mit vielen Themen, wie: Gewalt in der Ehe, Rassismus, psychische Krankheiten, Klimawandel, Trauer, sexueller Missbrauch usw... An sich berührende Themen, mich aber keinesfalls mit genommen haben. Irgendwie war alles zu gewollt zusammengesetzt. Dazu kommen immer wieder dazwischen die Szenen aus der Theater-Vorstellung und brachen die eigentlichen Erzählungen mittendrin, sodass die Angelegenheiten nicht bis zum Ende erzählt wurden. Wer hier tiefe hofft, muss lange suchen! Denn bevor man in einer der Probleme eintauchen kann, kommt der nächste Kapitel, schleppt eine der drei Frauen und dazu gehörende Komplikationen mit. Ich kann das Buch leider nur mit Einschränkungen weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 19.03.2022

Beste Unterhaltung!

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Der Journalist Alexander Landmann stößt kurz vor dem 30. Mauerfall in alten Stasi-Akten eine der spektakulärsten Massenflucht aus der DDR auf: In der Nacht von 12. Juli 1983, durch das Freischalten einer ...

Der Journalist Alexander Landmann stößt kurz vor dem 30. Mauerfall in alten Stasi-Akten eine der spektakulärsten Massenflucht aus der DDR auf: In der Nacht von 12. Juli 1983, durch das Freischalten einer Weiche, konnten 127 Menschen mit einer S-Bahn in den Westen gelangen. Landmann, der auf eine große Story hofft, macht sich auf den Weg aus Hamburg nach Berlin, um den damaligen Stellwerksmeister Michael Hartung zu suchen. Hartung, mittlerweile Besitzer von einer alten Videothek, lebt mehr schlecht als Recht in Ostberlin. Sein Leben plätschert vor sich hin. Er hat kein Kontakt mehr mit seiner Tochter, seine einzige Dauerkundin ist die Nachbarin Beate, die ständig Liebesfilme ausleiht und fürs kurze Austausch muss er einfach rüber zur Bernds Laden laufen und paar Bierflaschen kaufen. Seinetwegen kann er tagtäglich so leben, natürlich, wenn da keinen Mietschulden wäre. Hartung, der eigentlich ein schusseliger Bahnmitarbeiter war, versucht Landmann zu erklären, dass es alles nicht so war, wie in den Stasi-Akten stehen, aber Landmann lässt nicht locker und lockt Hartung mit Honorar aus seinen Komfortzonen heraus. Doch beide ahnen nicht, was für eine Lawine ein einziges Interview ins Rollen bringen kann...

„Vielleicht sollten wir damit aufhören, von den Ostdeutschen und von den Westdeutschen zu sprechen. Ich meine, was hat ein Hamburger mit einem Oberbayern zu tun? Und ein Mecklenburger mit einem Sachsen? Wir sollten aufhören, uns gegenseitig zu beschuldigen und zu belehren."

„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ ist ein Unterhaltungsroman vom feinsten, welcher sein Leser*innen lauthals zum Lachen bringt, aber auch nachdenklich stimmt. War das Leben damals in der DDR wirklich so schlimm oder übertreiben wir etwas damit? Darf man heutzutage überhaupt glauben, was in den Nachrichten stehen? Warum sind wir nach 33 Jahren immer noch Ossis und Wessis? Maxim Leo, der selbst in der DDR aufgewachsen und nicht nur Autor, sondern preisgekrönter Journalist ist, greift auf diese Themen. Mit feinem Humor und scharf gespritzter Betrachtungsweise erzählt Leo über den damaligen DDR-Bürger, wie sie vor und nach dem Mauerfall leben. Er erzählt über, wie der Geld die Menschen sehr schnell manipulieren kann und kritisiert dabei die Regierung, damals aber auch heute, die nicht die ganze Wahrheiten preisgeben.

Ein Roman, der mit seiner leichten, humorvollen Sprache mich aus meinem Alltag abgeholt hat, um mir köstliche Lesestunden schenken. Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 07.03.2022

Skurrile Anekdoten aus dem Familienalltag.

Meine kleine Welt
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66 Kurzgeschichten aus dem Familienalltag, die Ewald Arenz sie liebevoll als „Vignetten“ bezeichnet hat und aus der Sicht von seinem Alten Ego Heinrich erzählt. Mit viel Witz und Ironie berichtet Arenz ...

66 Kurzgeschichten aus dem Familienalltag, die Ewald Arenz sie liebevoll als „Vignetten“ bezeichnet hat und aus der Sicht von seinem Alten Ego Heinrich erzählt. Mit viel Witz und Ironie berichtet Arenz über (s)eine fünfköpfige, Katzenbesitzende, beinahe normale Familie. Der dreijährige Otto ist der kleinste in der Bande, der fast immer gutgelaunt ist, aber wenn es ihm nicht passt, einfach seine Spielzeugfiguren ins Klo wirft. Die dreizehnjährige, gern Feministin, Philly steckt mitten in der Pubertät und nörgelt, wo es geht. Der siebzehnjährige wahlweise Monarchist und Traditionalist Theo ist großer Fan von Bismarck und Bier. Die ewige dreißigjährige Juliane ist Vollzeitmama, die neben ihrem Aufräumdrang ein Hobby hat, nämlich stundenlang telefonieren. Zwischen all den Alltagschaos lebt gefühlt hundert-zwölfjährige Halbzeit-Geschichtslehrer, Autor und 3,5-fache, die Katze bitte nicht vergessen, Heinrich.

Diese Kurzgeschichten sind dieselben Storys Ewald Arenz in seiner Kolumne „Meine kleine Welt“ zwischen 2007/2010 für die Nürnberger Nachrichten geschrieben hat. Allerdings wer von Arenz was gelesen hat, wird hier enttäuscht sein. Die Geschichten sind ziemlich kurz und enthält viele witzige Dialoge, von Tiefgang also gibt es keine Spur. Das Buch liest sich eher wie eine Familienkomödie. Einige Szenen sind wirklich lustig, die andere wirkten mir wiederum sehr künstlich und unrealistisch.

Es ist ein amüsantes, leicht lesbares, kurzes Buch und geeignet für die LeserInnen, die lustig, lockere Kurzgeschichten mögen.

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Veröffentlicht am 04.03.2022

Ein dünnes, dafür aber sehr intensives Büchlein. Wortgewaltig, poetisch, melancholisch

Blinder Spiegel
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Ohh Lui... wo soll ich mit dir anfangen hmm? Wusstest du, dass man bei einigen Glauben denkt, bevor ein Baby geboren wird, sein Schicksal auf seiner Stirn geschrieben bekommt? Und man so leben wird, wie ...

Ohh Lui... wo soll ich mit dir anfangen hmm? Wusstest du, dass man bei einigen Glauben denkt, bevor ein Baby geboren wird, sein Schicksal auf seiner Stirn geschrieben bekommt? Und man so leben wird, wie es einem schon ab dem ersten Herzschlag vorgeschrieben wurde? Dein Schicksal, lieber Lui, hat es mit dir nicht immer gut gemeint und von dir, ein mit Liebe erzeugtes Kind, einen ruhelosen Mann gemacht. Deine Rastlosigkeit ist wie die Grüne Punkte auf deinem Lotsen-Monitor, blinkende Flugzeuge, die immer weiter fliegen, um am Ende landen zu können. Auf welchem Hafen bist du denn gelandet, Lui?

Du hast mir über deinen letzten Lebensorten erzählt und ich weiß, dass du nirgendwo Halt findest. Umso mehr war ich glücklich, als du mir aus deiner Pariser Wohnung aus über in einem gelben Regenmantel gehüllter, Rotgestiefelter Jungen Frau berichtest hast. Doch deine Erzählungen waren düster sogar manchmal dunkel Grau und mir wurde klar, dass diese Farbtupfern auch was Verlorenes in sich haben. Ja Lui, ich habe Elle genauso ans Herz geschlossen wie dich. Mir war am Anfang schleierhaft wie eine verheiratete Frau so einfach auf eine Affäre stürzten konnte, aber je weiter ich deine Zeilen gelesen und fast all deine Sätze mit Gelb markiert hab, kann ich deine Gefühle nur mit deinen Worten zurückgeben: "Alle Gegenwart ohne die Gewichte der Vergangenheit ist so leicht und betörend wie ein Gas. Und doch ist sie ohne das Gestern zerbrechlich wie Glas."

Lieber Lui, glaub mir, ich habe mit dir und mit Elle geliebt, geweint, gelitten... Ich wünschte, ich wäre wie der Taxifahrer Boubou an Ort und Stelle, um euch zu helfen. Aber ich bin trotzdem mit euch zwischen den Grabsteinen geschlendert, hab buttrige frisch gebackene Crousountsduft geatmet und französischen Wein getrunken. Es war eine sehr kurze, dafür sehr intensive Reise. Danke für deine Zeile, lieber Lui. Au Revoir mein Freund...

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Veröffentlicht am 01.03.2022

Genussvoll und einzigartig.

Butter
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Manako Kajii liebt gutes, vor allem buttriges Essen, aber leider kam sie in letzter Zeit nicht zum Genuss von Butter. Nicht, weil die Butter in Japan momentan knapp und mittlerweile ein Luxusgut ist, sondern ...

Manako Kajii liebt gutes, vor allem buttriges Essen, aber leider kam sie in letzter Zeit nicht zum Genuss von Butter. Nicht, weil die Butter in Japan momentan knapp und mittlerweile ein Luxusgut ist, sondern weil sie wegen dreifachem Mordes im Gefängnis sitzt. Manako soll eine Heiratsschwindlerin sei und die Männer mit ihrer Kochkünste verführt und ermordet haben. Allerdings bestreitet sie es und sorgt mit ihrem pummeligen Körper mehr Schlagzeilen als ihre angeblichen Taten. Die Journalisten Rika, die über Manako viel gelesen und sie mehrfach kontaktiert hat, bekam, dank eines Tipps von ihrer Freundin Reiko, eine Zusage von Manako für ein Besuch, unter eine Bedienung: Sie sollen nur über Essen reden. Rika, die unbedingt auf ein exklusives Interview über sie veröffentlichen möchte, willigt sich ein. Doch die ganze hat keinen süßen buttrigen Geschmack...

„Butter“ ist wie eine genussvolle, kulinarische Japan Reise, die beim Lesen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt und Heißhungerattacken verursacht! Viele Kochkünste und Rezepte ziehen ganzes Buch entlang. Doch es geht hier nicht nur um die Kulinarik, vielmehr um Kultur, Gesellschaft und besonders um uns Frauen. Denn die japanische Autorin hält einen Spiegel vor unsere Nasen und fragt: Wer schreibt die Regeln über uns Frauen? Wer entscheidet, wie viel wir wiegen, was wir anziehen, wann wir lachen und worüber wir reden sollen? Sehr gut gelungene Gesellschaftskritik, wie ich es fand! Außerdem hat der Roman hat einen hauch Krimi-Anteil, sodass man nicht nur über Essen liest, sondern mit Neugier die Protagonistin Rika begleitet. Sehr geschickt, leicht verständlich und wegen vieler hautnahen Beschreibungen über Essgenuss irgendwie auch sinnlich verbindet Asako Yuzuki drei völlig verschiedene Themen zusammen. Allerdings für meinen Geschmack ist die Geschichte bis zur Mitte etwas zu wenig buttrig, denn bis mich die Story an sich ziehen konnte, ist die ganze geschmolzene Butter sehr langsam über jedes Reiskorn gelaufen. Ich habe es gern gelesen und bin hinterher sehr dankbar in einer Gesellschaft zu leben, die Frauen mit Respekt verhandeln wird und mit reden dürfen!

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