Profilbild von eulenmatz

eulenmatz

Lesejury Star
offline

eulenmatz ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit eulenmatz über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.10.2016

Richtig tolle Neuinterpretation von Shakespeares "Wintermärchen" für Fans und Neulinge

Der weite Raum der Zeit
0

INHALT:
Der Londoner Investmentbanker Leo verdächtigt seine schwangere Frau MiMi, ihn mit seinem Jugendfreund Xeno zu betrügen. In rasender Eifersucht und blind gegenüber allen gegenteiligen Beweisen ...

INHALT:
Der Londoner Investmentbanker Leo verdächtigt seine schwangere Frau MiMi, ihn mit seinem Jugendfreund Xeno zu betrügen. In rasender Eifersucht und blind gegenüber allen gegenteiligen Beweisen verstößt er MiMi und seine neugeborene Tochter Perdita. Durch einen glücklichen Zufall findet der Barpianist Shep das Baby und nimmt es mit nach Hause. Jahre später verliebt sich das Mädchen in einen jungen Mann – Xenos einzigen Sohn. Zusammen machen sie sich auf, das Rätsel ihrer Herkunft zu lösen und alte Wunden zu heilen, damit der Bann der Vergangenheit endlich gebrochen wird.

Jeanette Winterson spielt souverän mit Figuren und Handlung aus Shakespeares "Das Wintermärchen" und erzählt eine verblüffend moderne Geschichte über rasende Eifersucht, blinden Selbsthass und die tiefe Sehnsucht in uns, die Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen.

COVER:
Man könnte fast meinen, dass sowohl Titel als auch Cover des Buches recht unscheinbar sind. Was sich hinter dem Titel und der abgebildeten Feder verbirgt, erschließt sich erst im Laufe des Lesens. Die Autorin hat hier, wie viele andere bereits vor ihr, das Engelsmotiv in ihrem Roman verarbeitet. Das Buch und damit gleichzeitig auch das Hogarth Shakespeare Projekt würde sicher noch ein wenig mehr Aufmerksamkeit bekommen, wenn ein kleiner Aufkleber auf der Folie angebracht werden würde. Der Zusammenhang zu Shakespeare wird erst ersichtlich, wenn man sich den Klappentext durchliest.

MEINUNG:
Der weite Raum der Zeit ist der zweite Roman, der im Rahmen des Hogarth Shakespeare Projekt im Knaus Verlag (Teil der Randomhouse Verlagsgruppe) erschienen ist. Das Projekt umfasst acht Neu-Interpretationen von Shakespeares berühmtes Werken geschrieben von acht internationalen Top-Autoren. In diesem Jahr sind bereits drei Romane erschienen: Howard Jacobson – Shylock (basierend auf Der Kaufmann von Venedig), Anne Tyler – Die störrische Braut (basierend auf Die widerspenstige Zähmung) und Jeanette Winterson – Der weite Raum der Zeit (basierend auf Das Wintermärchen).
Außer Romeo und Julia habe ich leider kein weiteres Werk von Shakespeare gelesen und das ist schon lange her. Ich habe Der weite Raum der Zeit durch Zufall mal im Buchladen entdeckt und es hat mich gleich angesprochen. Vom Knaus Verlag haben ich dieses Exemplar freundlicherweise als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen. Ehrlich gesagt habe ich vom Wintermärchen noch nie etwas gehört, aber keine Bange, falls es euch auch so gehen sollte. Zu Beginn des Romans wird die ganze Geschichte, die aus drei Akten besteht, noch zusammengefasst. Dieser Aspekt hat mir sehr gut gefallen und ohne es gelesen zu haben, war ich im Bilde.
Natürlich ist von Anfang klar wie die Geschichte beginnt und wie sie endet, aber das Dazwischen ist in dem Fall das Interessante. Jeanette Winterson hat alle Namen der Protagonisten an das Original angelehnt, aber quasi „modernisiert“. Shakespeare Stück spielt eigentlich in Sizilien. In Jeanette Wintersons Adaption spielt die Geschichte in London bzw. in den USA, in New Bohemia (Lousiana) und ist ebenfalls in dreie Teile geteilt, wie das Original.
Selten habe ich ein Buch gelesen, was nachdenklich, poetisch, aber gleichzeitig auch vulgär und einfach in der Sprache ist. Das Buch vereint Themen wie Eifersucht, Rache, Vergebung, Sehnsucht, Trauer, Hoffnung, Liebe so harmonisch miteinander, so dass hier keine Seite überflüssig ist und am Ende auch alles gesagt worden ist. Die Geschichte lässt sich leicht und flüssig lesen und klingt trotzdem noch lange nach. Vor allem regt sie zum Nachdenken an und liefert eine interessante Sicht auf die eigene Vergangenheit und mit deren Umgang in der Gegenwart, die ich wirklich „open minded“ fand. Bei Shakespeare steht das Stück auch im unter dem Stern, des Vergebens und des Verzeihens. Der Roman zeigt auf, dass die Fehler, die Menschen begehen und seien sie noch so groß und eigentlich unverzeihlich, trotzdem eines Tages ein gutes Ende nehmen können.
Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und bieten eine bunter Mischung an Hautfarben, sozialen Stand und Sexualität. Dieser Aspekt hat mir sehr zugesagt und spricht auch für die Autorin. Die Geschichte kommt hier ohne Stereotypen aus. Die verschiedenen Erzählstränge, die in den ersten beiden Teilen aufgebaut werden, werden im dritten und letzten Teil zusammen geführt. Die Autorin greift auch innerhalb des Romans viele Anspielungen zu Klassikern, wie z.B. Ödipus auf. Man bekommt also nicht nur eine stimmige Geschichte, sondern kann sich mit diesem Roman auch gleichzeitig noch bilden.

FAZIT:
Der Roman von Jeanette Winterson als Teil des Hogarth Shakespeare Projekts bietet allen interessierten Lesern einen Einblick in die bekanntesten Werke von Shakespeare, ohne sich dabei mit der doch sehr anspruchsvollen Sprach- und Schreibweise des bekannten Dramatikers im Detail auseinandersetzen zu müssen. Mir hat der Roman außerordentlich gut gefallen. Ganz besonders die Schreib- und Sprachweise von der Autorin, die sich durch ihre Heterogenität auszeichnet und trotzdem harmonisch und in sich stimmig ist. Ich freue mich auf die weiteren Romane und werde mir auch die beiden bereits erschienen noch besorgen.

Ich vergebe 5 von 5 Sternen.


Veröffentlicht am 24.10.2016

Geniale Idee, aber nur durschnittliche Umsetzung

Letztendlich sind wir dem Universum egal
0

INHALT:
Jeden Morgen wacht A in einem anderen Körper auf, in einem anderen Leben. Nie weiß er vorher, wer er heute ist. A hat sich an dieses Leben gewöhnt und er hat Regeln aufgestellt: Lass dich niemals ...

INHALT:
Jeden Morgen wacht A in einem anderen Körper auf, in einem anderen Leben. Nie weiß er vorher, wer er heute ist. A hat sich an dieses Leben gewöhnt und er hat Regeln aufgestellt: Lass dich niemals zu sehr darauf ein. Falle nicht auf. Hinterlasse keine Spuren.
Doch dann verliebt A sich unsterblich in Rhiannon. Mit ihr will er sein Leben verbringen, für sie ist er bereit, alles zu riskieren – aber kann sie jemanden lieben, dessen Schicksal es ist, jeden Tag ein anderer zu sein?
Wie wäre das, nur man selbst zu sein, ohne einem bestimmten Geschlecht oder einer bestimmten Familie anzugehören, ohne sich an irgendetwas orientieren zu können? Und wäre es möglich, sich in einen Menschen zu verlieben, der jeden Tag ein anderer ist? Könnte man tatsächlich jemanden lieben, der körperlich so gestaltlos, in seinem Innersten aber zugleich so beständig ist?
MEINUNG (Achtung! Spoiler):
Das Buch ist 2014 erschienen und wurde wie nichts gehypt. Auch ich habe es mir 2014 gekauft, aber dann ist es irgendwie auf dem SuB verschwunden… ihr kennt das. ;) Dieses Jahr ist nun der zweite Teil bzw. die Geschichte noch einmal aus Rhiannons Sicht Letzendlich geht es nur um dich erschienen. Das war für mich nun endlich der Anlass den ersten Teil zu lesen. In meiner Leseliste für den Urlaub schon geplant und dann auch endlich in die Tat umgesetzt.
Um es mal vorne weg zu nehmen: Ja, es ist eine gute Geschichte mit einer großartigen Idee, aber man muss schon etwas genauer hinschauen. Bei dieser detaillierten Betrachtung ist mir leider klar geworden, dass der Hype für mich nicht ganz nachvollziehbar ist. Der Autor hat die Idee nur mäßig umgesetzt. Ich habe mir besonders viel davon versprochen über die Personen und deren Leben, bei denen A jeden Tag von neuem zu „Gast“ ist zu erfahren. Während des Verlaufs der Geschichte schlüpft A in ganze 40 Personen. Das ist schlichtweg überdimensioniert. Außerdem bleibt das Kennenlernen der Charaktere spätestens nach den ersten 100 Seiten mehr oder weniger auf Strecke.
Schuld daran ist A Liebe zu Rhiannon, die fast schon an Besessenheit grenzt, Natürlich kann hier die Liebe auf den ersten Blick anführen, aber ich gehöre nicht wirklich zu den Menschen, die daran glauben. Für mich war jedenfalls nicht unbedingt ersichtlich und erklärbar, was A so wahnsinnig nach Rhiannon gemacht hat. Mit der Entdeckung der Liebe zu Rhiannon fällt das Buch auch stark ab, denn A versucht jeden Tag Rhiannon irgendwie sehen zu können und bringt damit die Person, in dessen Körper er den Tag verbringt, häufig in große Schwierigkeiten. Man erfährt immer weniger über dje Person und ihr Leben, sondern wir begleiten A jeden Tag aufs Neue dabei, wie er versucht Rhiannon nahe zu sein und später auch sie davon zu überzeugen versucht, dass A der Richtige für sie ist und nicht ihr Freund Justin. A wird auch nicht müde deutlich zu machen, was er von Justin hält. Ich fand das ziemlich respektlos und arrogant, dass er sich hier für etwas so viel Besseres hält und Rhiannons Entscheidung nicht wirklich respektiert. Trotzdem war A mir nicht völlig unsympathisch. Ich habe auch mit ihm gelitten und mitgefühlt, was seine Lage betrifft, die übrigens nicht so richtig aufgeklärt wird.
Rhiannon konnte ich schwer einschätzen, da die Geschichte nur aus As Sicht erzählt wird. Sie deutet einige Dinge an, die mich schon tiefer interessiert hätten. Rhiannons Sicht erfährt man allerdings in Letzendlich geht es nur um dich und das würde mich wirklich noch interessieren, wie sie denkt und wie sie die Begegnung mit A empfunden hat. Ansonsten finde ich, dass sie sich sehr nachvollziehbar und realistisch verhalten hat. Natürlich ist sie skeptisch und kann As Geschichte erst einmal nicht so ganz glauben als er sie damit konfrontiert. Das gilt auch für die überbordenden Gefühle, die A ihr entgegen bringt. Dennoch lässt sie sich darauf ein. Hier wird eine wichtige Botschaft geliefert. Es ist eben doch nicht so leicht nur jemanden auf Grund seiner inneren Werte zu lieben und das Äußere dabei völlig außen vor zu lassen. Auch das konnte ich gut nachvollziehen. Man spürt den Wunsch des Autors sich davon zu lösen. Nur ist das leider noch langer Weg.

FAZIT:
Der Ansatz der Geschichte ist wirklich einzigartig, aber die Umsetzung fand ich nur mittelmäßig. Sie tritt zu Gunsten der Liebesgeschichte zwischen A und Rhiannon zu großen Teilen in den Hintergrund, was ich wirklich schade fand. Das Ende ist dann aber doch gut gelungen, weil es realistisch gewesen ist, mich aber trotzdem traurig zurück gelassen hat.

Ich vergebe 3 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 24.10.2016

Regt zum Nachdenken an...unbedingt lesen!

Terror
0



INHALT:

Ein Terrorist kapert eine Maschine der Lufthansa und zwingt die Piloten, Kurs auf die voll besetzte Allianz-Arena in München zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot ...



INHALT:

Ein Terrorist kapert eine Maschine der Lufthansa und zwingt die Piloten, Kurs auf die voll besetzte Allianz-Arena in München zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug ab, alle Passagiere sterben. Der Mann muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Seine Richter sind die Zuschauer und Leser, sie müssen über Schuld und Unschuld urteilen.


MEINUNG:

Seit Verbrechen und Schuld bin ich bekennender Fan von Ferdinand von Schirach und habe innerhalb kürzester Zeit alles, was er je geschrieben hat, förmlich in mich aufgesaugt. Zum damaligen Zeitpunkt waren neben den beiden genannten Werken auch schon seine beiden Romane Tabu und Der Fall Collini erschienen. Glück für mich! Doch seitdem warte ich immer sehnsüchtig auf etwas Neues. Die Würde ist unantastbar hat mir zum ersten Mal nicht ganz so gut gefallen, aber Terror konnte mich jetzt wieder absolut begeistern.

Das Theaterstück beschäftigt sich mit einer Fragestellung, die sich für mich zunächst recht eindeutig und schnell beantworten lässt, aber im Verlauf des Lesens war ich mir damit nicht mehr so sicher. Sowohl der Angeklagte als auch Verteidiger und Staatsanwältin bringen sehr viele, fundierte Argumente hervor, die mich haben nachdenken lassen. Das Ganze macht es unheimlich schwierig hier zu einer Antwort zu kommen, die definitiv richtig und die andere im Umkehrschluss definitiv falsch ist. Hier kann man auch nicht wirklich damit argumentieren, dass das, wie es immer so schön heißt, Ansichtssache ist, denn das ist es nicht. Jedes Urteil zieht enorme Konsequenzen für unsere Rechtsstaatlichkeit und unserer Verfassung mit sich, die die Basis für unser Zusammenleben darstellt. In meinen Augen besonders dann, wenn man sich für „nicht schuldig“ entscheidet. Doch jeder Leser soll hier angeregt werden sich dazu eine eigene Meinung zu bilden. Es werden allerdings auch die Konsequenzen des Ganzen aufgezeigt und das halte ich hier für essentiell. Viele werden hier aus dem Bauch heraus entscheiden, dabei schließe ich mich selbst mit ein, doch so einfach ist eben nicht.

Am 17.10. wurde auf ARD auch der gleichnamige Film mit u.a. Martina Gedeck und Florian Fitz David dazu ausgestrahlt. Die Zuschauer durften dann per Anruf entscheiden, ob der Angeklagte Koch schuldig oder nicht schuldig ist. Wie entschieden wurde, ging danach auch durch die einschlägigen Quellen, wie u.a. Spiegel Online, Stern, Tagesschau. In der ARD Mediathek sind alle Beiträge dazu noch verfügbar.

Die Rede bezieht sich auf die Verleihung des M100- Sanssouci Medien Preises an Chrlie Hebdo. Sie macht sehr eindringlich darauf aufmerksam, dass wir Terror(-anschläge) nicht (versuchen) dürfen mit zusätzlichen Sicherheitsmechanismen zu bekämpfen, die vermeintlich nach mehr Schutz aussehen. Von Schirach bezieht sich hier sehr intelligent Benjamin Franklins bekanntes Zitat: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ In der Rede führt er auch Beispiele aus der aktuellen Gegenwart an, wo genau eben das nicht gemacht wird. Das Zitat wird allerdings unterschiedlich aus dem Englischen Original übersetzt (hier könnt ihr mehr dazu lesen) Ich möchte hier gar nicht mehr zu sagen. Jeder sollte diese Rede selbst einmal gelesen haben. Sie regt definitiv zum Nachdenken und führt dem Leser so einige Kausalitäten und Beispiele vor Augen, die wir so vielleicht noch betrachtet haben.

FAZIT:

Ferdinand von Schirach hat hier ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen. Trotz relativ kurzem Lesevergnügen, haben mich sowohl das Theaterstück als auch die Rede schwer zum Nachdenken gebracht. Beide haben mich dazu angeregt meine eigene Meinung und Ansichten zu den angesprochenen Themen zu hinterfragen. Wenn das Literatur im großen Sinne gesehen schafft, dann hat sie damit einen wesentlichen Fakt erreicht, weswegen ich gerne lese.

Ich vergebe 5 von 5 Sternen.


Veröffentlicht am 24.10.2016

So sollte ein Jugendbuch sein!

Für dich soll's tausend Tode regnen
0

Cover:
Das quietsch-bunte Cover ist auf jeden Fall ein absoluter Hingucker. In Kombination mit dem Totenkopf und den schwarz umrandeten Seiten, wie bei einer Todesanzeige, aber gleichzeitig auch ein Stilbruch. ...

Cover:
Das quietsch-bunte Cover ist auf jeden Fall ein absoluter Hingucker. In Kombination mit dem Totenkopf und den schwarz umrandeten Seiten, wie bei einer Todesanzeige, aber gleichzeitig auch ein Stilbruch. Man kommt irgendwie auch nicht umhin öfters mal über den Buchdeckel zu streichen, denn der Text darauf ist auch noch hervor gehoben. Schon alleine wegen dem Cover hätte ich das Buch gekauft.

Meinung:
Hinter Anna Pfeffer verbergen sich die beiden Autorinnen Carmen und Ulrike. Der Roman ist komplett aus der Ich-Perspektive von Emi geschrieben. An keiner einzigen Stelle hat man gemerkt, dass der Roman von zwei Personen geschrieben worden ist. Das finde ich sehr beachtlich, weil ich mir das nicht ganz so einfach vorstelle.
„Für dich solls tausend Tode regnen“ ist kein 08-15-Jugendroman, der nach Schema F verläuft und alle gängigen Klischees erfüllt, aber es ein waschechter Jugendroman. Selten fand ich, dass ein Jugendroman so gut die Eigenschaften, Probleme, Wünsche und Träume, die für Jugendliche in diesem Alter so typisch sind, eingefangen hat. Ich habe mich kein einziges Mal beim Lesen bei dem Gedanken erwischt, dass ich irgendwas nicht authentisch fand. Ich gehöre mit 28 Jahren nicht mehr unbedingt zur Zielgruppe des Romans, aber ich konnte vor allem das Verhalten von Emi sehr gut nachvollziehen, auch wenn sie natürlich oft über die Stränge schlägt und wirklich manchmal verdammt ätzend sein kann. Die Kontinuität, mit der sie das aber macht, hat mich immer wieder staunen lassen. Das macht sie als Person auch authentisch.
So oft musste ich lachen über ihre Sprüche und ihre Schlagfertigkeit. Natürlich ist sie speziell, aber es steckt zum ersten Mal nicht irgendein schwerer Schicksalsschlag dahinter. Es ist nicht nur eine Tarnung, die dazu dient das schwache Mädchen dahinter zu verstecken, sondern sie ist wirklich so. Mir hat gut gefallen, dass sie aber trotz allem auch lernfähig ist und erkennt, dass ihr Verhalten vielleicht nicht immer ganz richtig ist und dass sie ihre Mitmenschen auch verletzten kann mit ihren Worten. Trotz ihrer aufkeimenden Gefühle für Erik, bleibt sie sich selbst aber treu und verfällt in kein übertriebenes, schmachtendes Mädchen, dessen Gedanken sich nur noch um den Kerl drehen. Zwischen beiden entwickelt sich eine gegenseitige Zuneigung in genau dem richtigen Tempo ohne unglaubwürdig zu werden.
Erik ist genauso ein spezieller Charakter und dadurch hat Emi in ihm auch den perfekten Sparring-Partner gefunden. Die Challenges der beiden waren schon nicht ohne und äußerst kreativ und spannend. Dadurch, dass man die Geschichte aber nur aus Emis Sicht liest, konnte ich Eriks Persönlichkeit aber nicht in Gänze greifen. Sympathisch war er mir trotzdem. 
Die Geschichte kommt nicht völlig ohne Stereotypen aus. Vor allem im Bereich der Mitschüler von Emi und Erik sind diese zu finden. Emis Vater und Emis Bruder fand ich auch recht anstrengend in ihrer Art, aber ich fand es auch bewundernswert, wie gut sie mit Emi umgehen konnten. Sie haben sich da wenig aus der Ruhe bringen lassen.
Zwischen Emi und Erik kommt es im letzten Drittel noch mal zu einem typischen Zerwürfnis, das ihre ganzen Gefühle füreinander in Frage stellt. Das Ende der Geschichte und die Auflösung des Konfliktes kamen mir ein bisschen zu schnell und dann war das Buch auch schon zu Ende. Ich hätte gerne noch ein paar Seiten gehabt.


Fazit:
Der Roman ist ein Paradebeispiel, wie ein Jugendroman sein sollte. Die beiden Autorinnen haben die Belange, Wünsche und Sorgen von Teenagern sehr authentisch und nachvollziehbar eingefangen und vermittelt. Mit Emi bekommt der Leser eine außergewöhnliche, unvergleichliche und vor allem schlagfertige Protagonistin, die man einfach ins Herz schließen muss.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.


Veröffentlicht am 24.10.2016

Von Elefanten, einer Suche und der Kunst des Loslassens

Die Spuren meiner Mutter
0

INHALT:
Die dreizehnjährige Jenna sucht ihre Mutter. Alice Metcalf verschwand zehn Jahre zuvor spurlos nach einem tragischen Vorfall im Elefantenreservat von New Hampshire, bei dem eine Tierpflegerin ums ...

INHALT:
Die dreizehnjährige Jenna sucht ihre Mutter. Alice Metcalf verschwand zehn Jahre zuvor spurlos nach einem tragischen Vorfall im Elefantenreservat von New Hampshire, bei dem eine Tierpflegerin ums Leben kam. Nachdem Jenna schon alle Vermisstenportale im Internet durchsucht hat, wendet sie sich in ihrer Verzweiflung an die Wahrsagerin Serenity. Diese hat als Medium der Polizei beim Aufspüren von vermissten Personen geholfen, bis sie glaubte, ihre Gabe verloren zu haben. Zusammen machen sie den abgehalfterten Privatdetektiv Virgil ausfindig, der damals als Ermittler mit dem Fall der verschwundenen Elefantenforscherin Alice befasst war. Mit Hilfe von Alices Tagebuch, den damaligen Polizeiakten und Serenitys übersinnlichen Fähigkeiten begibt sich das kuriose Trio auf eine spannende und tief bewegende Spurensuche – mit verblüffender Auflösung.

COVER:
Das Cover ist wunderschön. Die abgebildeten Elefanten und die Farben verleihen dem Ganzen eine gewisse Exotik, die im Kontext zu den Elefanten auch gut passt. Leider passt das Cover so überhaupt nicht so den bereits erschienen Büchern von Jodi Picoult, die bereits zahlreich mein Regal bevölkern, aber das liegt mit Sicherheit auch am Wechsel des Verlags. Trotzdem werde ich nicht müde das Cover zu betrachten und mich daran zu erfreuen.

MEINUNG:
Jodi Picoult hat schon zahlreiche Romane veröffentlicht, von denen ich, bis auf einige wenige Ausnahmen, alle gelesen habe. Trotzdem schafft sie es sich immer wieder neu zu erfinden, wie auch in diesem Roman. Keine Geschichte gleicht der anderen, aber sie zeichnen sich immer durch sehr gut ausgearbeitete Charaktere, deren Beziehung zueinander aus und einem Ereignis, welches alle verändert hat und für miteinander verbindet.
Der Roman enthält viele ausführliche Stellen, in denen es um die Elefanten geht, besonders um deren Trauerverhalten. An diesen Stellen liest es sich wie ein Fachbuch über Elefanten. Ich empfand die Stellen manchmal etwas zu langatmig, aber wirklich gelangweilt habe ich mich nicht. Es war außerordentlich interessant und wie immer großartig geschrieben. Man spürt mit jeder Seite die Liebe zu den Tieren und wie besonders sie sind. Jodi Picoult beweist einmal mehr, dass sie Königin der Recherche ist. In den Passagen, in denen der Leser mehr über die Elefanten erfährt, werden von Alice, Jennas Mutter, erzählt. Wir erfahren in einer Rückblende, wie sie Thomas kennen gelernt hat, wie sie angefangen hat im Elefantenschutzreservat zu arbeiten, das Thomas betrieben hat, zu arbeiten und wie es zu dem benannten tragischen Vorfall gekommen ist bis sich der Erzählstrang irgendwann mit den Geschehnissen der Gegenwart vereint.
Weiterhin wird die Geschichte aus der Sicht von Jenna, Virgil und Serenity erzählt, wobei ich das Gefühl hatte, dass es vor allem Alices Geschichte ist. Mir erschien ihr Teil am größten. Für meinen Geschmack hätte der Teil etwas kürzer sein können mit größeren Fokus auf die anderen drei. Jenna ist für eine 13-jährigen schon ungewöhnlich klug, reif und vor allem hartnäckig und schlagfertig. Ich konnte mir manchmal kaum vorstellen, dass sie erst 13 ist. Serenity ist ein Medium mit übersinnlichen Fähigkeiten, welche sie aber scheinbar verloren hat. Virgil ist ein Privatdetektiv, der damals mit dem Fall von Alices Verschwinden und dem tragischen Vorfall betraut war, als er noch bei der Polizei gewesen ist. Alle drei zusammen sind ein wirklich skurriles Trio, die sich gegenseitig in diversen Wortgefechten nichts schenken. Dennoch haben sie alle das gleiche Ziel, wenn auch unterschiedlichen Motivationsgründen, nämlich Alice zu finden, ob tot oder lebendig.
Der Schluss des Romans war für mich absolut nicht abseh- und vorhersehbar und ist wie der Klappentext bereits verrät, wirklich verblüffend. Er erinnert mich an einen sehr bekannten Film, den ich hier aber nicht nennen möchte, um die Überraschungseffekt nicht vorweg zu nehmen. Das Ende hat mich aber auch unfassbar traurig zurück gelassen.

FAZIT:
Es war wieder ein außergewöhnliches Lesevergnügen und ich kann den Roman nicht nur für Fans von Elefanten und Jodi Picoult empfehlen. Ich hätte mir noch etwas mehr Spannung gewünscht, aber letzten Endes ist es ein Roman und kein Thriller. Hier geht es vor allem um den Umgang mit der Trauer, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat und das Loslassen. Die Teile über die Elefanten hätte für meinen Geschmack auch etwas kürzer sein können, aber ich werde sie bei nächsten Besuch in einem Zoo/ Tierpark mit anderen Augen sehen. Das Buch liest sich eher wie Alices Geschichte und weniger als die Geschichte von Jenna. Wenn man den Schluss dann kennt, macht es allerdings auch wieder Sinn.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.