Anwältin ermittelt in eigener Sache
Winter's GameIhr Beruf als Rechtsanwältin und Strafverteidigerin scheint der Frankfurter Juristin Carla Winter irgendwie vernachlässigenswert zu sein. In "Winter´s Game" von Lukas Erler ist Aktenstudium weniger gefragt ...
Ihr Beruf als Rechtsanwältin und Strafverteidigerin scheint der Frankfurter Juristin Carla Winter irgendwie vernachlässigenswert zu sein. In "Winter´s Game" von Lukas Erler ist Aktenstudium weniger gefragt als Action und eine gewisse Haudrauf-Mentalität mehr als juristische Analyse. Dass sie an einem Tag gleich zwei Angriffen entgeht - gut, das löst vermutlich bei jedem ein paar fight or flight-Reflexe aus.
In Erlers Buch ist Winter aber jederzeit gerne dabei, Mandantentermine verschieben zu lassen, auch die Arbeit an einem Plädoyer scheint sie eher zu langweilen - beim Lesen fragte ich mich wiederholt, warum der Autor seine Protagonistin zur Anwältin machte. Denn ihren Verstand schaltet sie bei manchen Konfrontationen auch mal aus, beziehungsweise geht Risiken ein, über die sie nicht gerade rational nachgedacht hat. Kennt man von Berufsjuristen normalerweise anders, auch und gerade, wenn Strafprozesse ihr Alltag sind.
Jedenfalls empfinde ich die Protagonistin eher als leichtsinnig und unüberlegt als tough, während sie sich mal mit tschetschenischen Gangs anlegt, mal mit einem Kinderhändlerring. Vieles in "Winter´s Game" ist einfach zu plakativ, zu unglaubwürdig. Klar, ein Kriminalroman ist Fiktion und ein Autor hat dichterische Freiheit. Aber wenn die Figuren eines Buches eher an Actionfilm erinnern als an Menschen aus dem richtigen Leben, trübt das zumindest für mich das Lesevergnügen. Schade, denn das Buch spricht durchaus einige Themen an, die eine etwas subtilere Herangehensweise vertragen hätten.