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Veröffentlicht am 20.07.2025

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Bruch: Am Abgrund
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„Nichts stimmte hier. Nichts war normal. So viel schräges Zeug hatte sie in den letzten sechs Monaten bei der Dresdner Kripo erlebt. Hier ging etwas vor. Etwas, das schon Jahrzehnte alt war, etwas, das ...

„Nichts stimmte hier. Nichts war normal. So viel schräges Zeug hatte sie in den letzten sechs Monaten bei der Dresdner Kripo erlebt. Hier ging etwas vor. Etwas, das schon Jahrzehnte alt war, etwas, das schon begonnen hatte, bevor Bruch überhaupt geboren worden war. Vielleicht sogar noch irgendein alter DDR-Irrsinn. Irgendetwas auf jeden Fall, das von ganz oben gedeckt und vertuscht wurde.“ (S. 12)
Seit dem letzten Fall, der sie in die Prepper-Szene geführt und den sie geradeso überlebt haben, sind erst zwei Wochen vergangen. Felix Bruch liegt schwerverletzt im KKH und Nicole Schauer hat die physischen und psychischen Belastungen noch nicht verarbeitet. Da muss sie mit ansehen, wie in der Nähe des Reviers ein Auto in eine Menschenmenge rast. Obwohl es unzählige Zeugen gibt, kann der Täter entkommen, wird später als mittelgroßer Araber, Mitte 40, mit dunklen Haaren und Vollbart beschrieben. Für ihre Kollegen, das BKA und die sozialen Medien steht sofort fest, dass es ein islamistischer Anschlag war. Nur Nicole hat Bedenken.
Und dann ist auch noch Bruch verschwunden, als sie ihn in der Klinik besuchen will. Das Personal kann es sich nicht erklären, alleine gehen kann er mit seinen Verletzungen eigentlich nicht können, es war aber auch niemand Fremdes auf der Station.

Schon seit dem ersten Band bringt mich Frank Goldammer mit den Protagonisten und Geschehnissen an meine Grenzen. Es steht zwar Krimi drauf, aber für mich sind es Thriller. Nicole und Bruch (der Name passt immer besser zu der Figur) sind gescheiterte Existenzen, die gegen ihre Ängste und Traumata kämpfen müssen.
„Nichts denken, nichts fühlen, nichts hoffen, jeglicher Impulse beraubt.“ (S. 15). Bruch konnte sich bisher kaum an seine Vergangenheit erinnern. Er spricht nur das Nötigste und zieht sich ansonsten in sich selbst zurück. Doch jetzt macht es immer öfter KLICK und ein verschüttetes Erlebnis oder Gefühl ist wieder da, wie bei einem Puzzle. Er kann die Teile nur noch nicht richtig zusammensetzen.
„Keinem konnte sie mehr trauen. Keinem. Alles fasste ineinander, aber nicht wie Zahnrädchen, sondern wie auf eine verworrene Art und Weise, als hätte man eine Spinnwebe zusammengeknüllt.“ (S. 194) Nicole scheint diesmal ganz auf sich auf sich allein gestellt zu sein, traut Niemanden, fühlt sich verfolgt, redet kaum noch mit anderen und vermutet hinter allem etwas Böses. Es gibt einfach zu viele Ungereimtheiten. Ihre Kollegin Schmidtke versucht sich plötzlich mit ihr anzufreunden und zusammenzuarbeiten – warum?! Nicole merkt, dass sie langsam wie Bruch wird und nichts dagegen tun kann.

Der Fall ist extrem verzwickt und zieht immer weitere Kreise. Nicole entdeckt, dass der Amokfahrer nur die Spitze des Eisberges ist und alle Fälle, die sie bisher mit Bruch gelöst hat, irgendwie zusammenhängen müssen, und dass das – was immer es ist – schon sehr viel länger geht und von ganz, ganz oben gedeckt wird.

Frank Goldammer lässt Nicole in eine grausame, dystopischen Welt gleiten, die allmählich Bruchs Vergangenheit und Gegenwart enthüllt. Er spielt mit ihren und den Erwartungen des Lesers, ändert immer wieder den Blickwinkel und die daraus resultierenden Ergebnisse. Oft glaubt man, endlich die Lösung zu wissen, aber dann ist wieder alles ganz anders. Es ist unglaublich, wie viele Wendungen ein Buch auf knapp 370 Seiten nehmen kann.

Fesselnd bis zur allerletzten Zeile. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es ausgeht. Ein sehr rasanter, gelungener Abschluss der Reihe.

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Veröffentlicht am 17.07.2025

Das West-Traumschiff unter Ost-Flagge

Ein grenzenloser Sommer
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„Auf den Messern, Gabeln und Löffeln der Arkona prangte immer noch der Schriftzug Astor – so hatte das Schiff geheißen, als es noch unter Westflagge gefahren war.“ (S. 23)
Für Ronni geht ein Traum in ...

„Auf den Messern, Gabeln und Löffeln der Arkona prangte immer noch der Schriftzug Astor – so hatte das Schiff geheißen, als es noch unter Westflagge gefahren war.“ (S. 23)
Für Ronni geht ein Traum in Erfüllung, als er 1988 als Restaurantstewart auf der MS Arkona anheuert, dem Kreuzfahrtschiff der DDR. Obwohl er aus Dresden stammt, hat er immer von der Seefahrt geträumt. Dank harter Arbeit und Beziehungen (sein Onkel Alex ist ein hohes Tier in der Partei) wird dieser Traum Realität.
Bereits auf seiner dritte Fahrt geht es nach Skandinavien. Die DDR verchartert das Schiff samt Besatzung regelmäßig an die TUI, um dringend benötigte Devisen zu erwirtschaften. Die Arkona ist im Westen äußerst beliebt, da sie früher unter dem Namen Astor als Originalschauplatz für die beliebte ZDF-Serie „Das Traumschiff“ diente.
An Bord lernt Ronni die Frankfurter Jurastudentin Sabine kennen. „Sie fiel auf durch ihre Bescheidenheit und Unangepasstheit, dass imponierte ihm.“ (S. 33) – und weil sie im Gegensatz zu den anderen Gästen fast ausschließlich Schwarz trägt. Sie reist in Begleitung ihrer Tante Hilde, die schnell erkennt, dass sich zwischen den beiden jungen Menschen etwas entwickelt. Doch eine Beziehung zwischen Ost und West ist offiziell verboten – und die Stasi hat auch auf See ihre Spitzel.

Ralf Günther hat den Titel für seinen Roman perfekt gewählt, denn grenzenlos erscheinen Ronni und Sabine die 10 Sommertage auf See wirklich. Sie sind jung und verliebt, aber ihnen ist auch klar, dass sie nie mehr als diese eine gemeinsame Fahrt haben werden. Also nutzen sie jede kostbare Minute. „Es gibt nicht viele Orte auf diesem Schiff, wo man einigermaßen unbeobachtet sein kann.“ „Dann teilen wir eine Vorliebe. Ich bin auch gern allein. Und unbeobachtet.“ (S. 50) Doch das bleibt nicht unbemerkt. Ronnis Brigadeleiter meldet die sich anbahnende Beziehung dem Politoffizier. Trotz seines Schutzes durch Onkel Alex gerät Ronni unter Druck: Er soll Sabine, und vor allem Tante Hilde, aushorchen, deren Vergangenheit für die DDR von besonderem Interesse ist.

Bis zu dieser Begegnung hat Ronni die DDR nie infrage gestellt. Doch die Begegnung mit Sabine eröffnet ihm einen neuen Blick auf die Realität, und ihre vorsichtige, stille Annäherung verändert seine Perspektive. Im Bordkino zeigt er ihr heimlich „Die Legende von Paul und Paula“, damit sie ein Gefühl für seine Welt bekommt. Zwischen ihnen entspinnt sich eine zarte, glaubwürdige Liebesgeschichte, gefördert von der lebenserfahrenen Hilde. Sie fungiert als Vermittlerin zwischen den beiden Welten und macht Sabine deutlich, wie gefährlich die Situation für Ronni werden kann. Aber sie will auch, dass diese Liebe eine echte Chance hat – trotz der wachsamen Augen der Stasi.

Sabine und Ronni machen in der kurzen Zeit eine spürbare Entwicklung durch, aber mein heimlicher Star ist Hilde mit ihren bunten Flattergewändern, ihrer forschen Art und ihrer Lebenderfahrung. Auch Ronnis Onkel ist eine faszinierende Figur. Erst spät habe ich erkannt, wen Ralf Günther mit ihm meint – dabei waren die Hinweise für ein Kind der DDR eigentlich unübersehbar.
Die historischen Hintergründe, von der Devisenbeschaffung über politische Strukturen bis hin zur subtilen Überwachung durch die Stasi, sind klug in die Handlung verwoben und geben dem Roman Tiefe und Authentizität.

Fazit: Eine berührende Liebesgeschichte vor dem eindrucksvoll geschilderten Hintergrund eines geteilten Landes. Sie verbindet persönliche Schicksale mit politischer Realität – sensibel, spannend und voller Atmosphäre.

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Veröffentlicht am 15.07.2025

Eine zweite Chance für die Liebe?

Sommernächte unter dem Eiffelturm
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„Ich habe mich in den letzten Jahren ganz gut damit eingerichtet, allein zu sein.“ (S. 140) sagt Aurélie, wenn man sie nach der Liebe fragt. Auch mit dem Schreiben läuft es in letzter Zeit nicht richtig, ...

„Ich habe mich in den letzten Jahren ganz gut damit eingerichtet, allein zu sein.“ (S. 140) sagt Aurélie, wenn man sie nach der Liebe fragt. Auch mit dem Schreiben läuft es in letzter Zeit nicht richtig, dabei erwartet ihr Verlag ausgerechnet eine sommerliche Liebesgeschichte. Wie soll das gehen, wenn sie seit Jahren keine Verabredung mehr hatte? Der Versuch mit einer Dating App erweist sich als Fehlschlag, aber dann schenkt ihr der Buchhändler Mathieu das alte Tagebuch einer Widerstandskämpferin aus Nizza, welches er im Antiquariat entdeckt hat. Aurélie hatte mal erwähnt, dass ihr ein historisches Thema vorgeschwebt. Die Geschichte der Unbekannten und ihres Partners lässt sie nicht mehr los. Soll sie den Wunsch des Verlages ignorieren?

Aurélie hat sich in ihrem Leben eingerichtet. Sie wohnt in einer winzigen, dringend sanierungsbedürftigen Dachgeschosswohnung im Quartier Montmartre, unterrichtet Ausländer in Französisch und schreibt Romane – wenn sie denn endlich eine neue Idee hat. Der große Durchbruch ist ihr zwar noch nicht gelungen, aber sie hat eine kleine, treue Fangemeinde, zu der auch Mathieu gehört. Mit ihm gab es vor Jahren einen Moment, in dem es kurz so aussah, als würde aus ihnen ein Paar, doch dann verliebte er sich in eine andere. Inzwischen ist er leider schon Witwer, trauert aber immer noch um seine Frau.

„Sommernächte unter dem Eiffelturm“ ist der dritte Band der Paris-Reihe von Lily Martin, dem Pseudonym der Autorin Anne Stern. Er dreht sich um die Autorin Aurélie, die längst mit der Liebe angeschlossen zu haben scheint. Doch wenn sie ehrlich ist, hofft sie insgeheim auf Mathieu, in dessen Laden sie regelmäßig einkauft. Auch er hat Gefühle für sie, verbietet sich diese aber, weil er seiner vor zwei Jahren verstorbenen Frau nicht untreu werden oder sie zu schnell zu ersetzen will. Lieber joggt er stundenlang durch Paris, um seinem Gedankenkarussell wenigstens kurz zu entkommen. „Von Aurélie ging ein Leuchten aus, das ihn an eine Mondnacht am Meer denken ließ, wenn der Himmel sternenklar war ...“ (S. 149/150)

Der Roman versprüht einen ganz bezaubernden Charme, lässt Erinnerungen und Sehnsüchte wach werden. Ich habe mich beim Lesen nach Paris versetzt gefühlt, wo wir vor vielen Jahren eine ähnlich winzige Wohnung für den Urlaub gemietet hatten.

Ich habe mich über das Wiederlesen mit den Protagonisten aus den ersten Bänden gefreut: Lola und Fabien, Pierre Leco, Liliane und Nadim und Jacobine Simenon. Neu waren Aurélies beste Freundin Marwa und deren Mann Farid – ich bin gespannt, ob sich der nächste Band um sie dreht, denn „Paris, das ist für immer.“ (S. 318)

Eine zarte, hinreißende Liebesgeschichte mit viel Pariser Flair.

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Veröffentlicht am 10.07.2025

Mit Schirm, Charme und Häkelnadel

Miss Vergnügen
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„Früher hat man Porzellan mit Knochenmehl gebrannt, damit es härter wurde.“ (S. 42)
Als die britische Hausfrau Miss Brooks in Wien „strandet“, ist sie ihrem Schwager Bertie dankbar, dass er sie in einer ...

„Früher hat man Porzellan mit Knochenmehl gebrannt, damit es härter wurde.“ (S. 42)
Als die britische Hausfrau Miss Brooks in Wien „strandet“, ist sie ihrem Schwager Bertie dankbar, dass er sie in einer uralten Ferienhütte und als Make-up Artist bei der Luxus-Kosmetikfirma Très Loué unterbringt, zu deren Führungsriege er gehört. Sie kann nicht nur Tee trinken, eine merkwürdige Katze adoptieren und Sorgenpüppchen häkeln, sondern muss nach vorne sehen.
Dabei hat Bertie gerade eigene Sorgen. Im Brennofen der berühmten Wiener Porzellanmanufaktur Augarten wurden Zähne und Knochenreste gefunden, die wahrscheinlich zu seinem Chef gehören, der seit einem Ball in der Manufaktur verschwunden ist.

Miss Brooks startet bei Très Loué richtig durch und wird die persönliche Visagistin und Freundin von Stanzi, der Moderatorin des Duft Oscars. Bei der Veranstaltung gibt es ein Attentat auf den nächsten Très Loué Chef und Miss Brooks stellt sich die Frage, ob es jemand auf Très Loué im Besonderen oder Luxus-Kosmetik-Firmen im Allgemeinen abgesehen hat. Zusammen mit ihren neuen Freundinnen Stanzi und Katja, einer sehr engagierten Journalistin, stellen sie eigene Ermittlungen, denn der Polizei trauen sie es nicht zu, den Fall zu lösen.

Miss Brooks ist eine sympathische, leicht verschrobene Britin mit Ehemann und zwei längst erwachsenen Kindern. Warum sie allein in Wien und wie ihr Vornamen ist, verrät sie nicht mal Stanzi und Katja.
Die drei Freundinnen nutzen eine kleine Kneipe als Kommandozentrale, deren Kellner, der schöne Edi, Miss Brooks nicht kalt lässt – und sie ihn auch nicht. Aber da ist ja noch ihr Ehemann …
Wie man sich jetzt vielleicht schon denken kann, lebt das Buch eher von den skurrilen Charakteren und Atmosphäre Wiens, sowie einem umfassenden Einblick in die Welt der Luxus-Kosmetik- und Parfümbranche. Der Krimi kommt da manchmal etwas kurz, gerät aber nie ganz in Vergessenheit.

Cosy Crime wird ja oft mit Häkelkrimi übersetzt und ich mich sehr amüsiert, dass in „Miss Vergnügen“ die Ermittlerin auch tatsächlich häkelt und die dabei entstehenden Sorgenpüppchen an alle Menschen in ihrer Umgebung verteilt, die es ihrer Meinung nach notwendig haben – ob sie nun wollen, oder nicht.

Ein gelungener Auftakt der neuen Reihe, ich bin auf die nächsten Fälle gespannt.

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Veröffentlicht am 07.07.2025

Wissenschaft vs. Kommerz

Das Gefühl von Unendlichkeit
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„Für Zoe war Wissenschaft ein Jungensport. Wie Fußball. Alle Wissenschaftler, die ihr Vater mit nach Hause brachte, waren Männer, und so war die Arbeit untrennbar mit Männlichkeit verbunden.“ (S. 42)
Zoes ...

„Für Zoe war Wissenschaft ein Jungensport. Wie Fußball. Alle Wissenschaftler, die ihr Vater mit nach Hause brachte, waren Männer, und so war die Arbeit untrennbar mit Männlichkeit verbunden.“ (S. 42)
Zoes Vater ist ein berühmter Physikprofessor und stolz auf ihren älteren Bruder Alex, der in Stanford studiert. Dass Zoe als eine der wenigen Frauen in Harvard einen Studienplatz in Chemie ergattert hat und sich für Neurochemie interessiert, nimmt er gerade so zur Kenntnis. Hauptsache, sie hilft ihrer Mutter weiter im Haushalt.
Ganz anders ihr Mitstudent Jack, den sie im ersten Semester kennenlernt. Er bringt Zoe im Anti-Aging Projekt eines Professors unter, weil sie gut dazu passt. Doch sie entwickeln schnell eigene Ideen, diskutieren über DNA, die Seele und ewiges Leben. „Ich will nicht ewig leben. Ich will nur nicht sterben.“ (S. 90) Zoe will alle Zellen im menschlichen Körper resetten, um sie zu verjüngen (und damit auch den Menschen), und Jack macht mit. Als sie erste Erfolge erzielen, gründen sie ein Startup, damit eventuelle Patente nicht der Uni gehören. Sie suchen sich immer neue Geldgeber, Zoe wird die Geschäftsführerin und das Gesicht der Firma und Jack der wissenschaftliche Leiter des Labors. An dem Tag, an dem sie eigentlich das College abgeschlossen hätten, haben sie bereits 150 Mitarbeiter, entwickeln ein Medikament gegens Altern und jonglieren mit Millionen. Doch dann werden erste Gerüchte laut, dass die Jacks Testreihen nicht stimmen. Zoe kann und will das nicht glauben, sie vertraut ihm, obwohl sie schon lange nicht mehr in die Forschung involviert ist.

Zoe und Jack sind keine einfachen Charaktere. Jack gibt nichts über sich, seine Familie oder Herkunft preis. Dazu arbeitet im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Umfallen. Er ignoriert seine Diabetes, fällt mehrfach ins Koma, aus dem Zoe ihn kaum wieder wach bekommt, ist dann aber nach einem Apfelsaft wieder fit. Da habe ich mich schon gefragt, ob das wirklich so funktioniert.
Zoe ist ehrgeizig, strukturiert und zielorientiert, aber bei ihren Eltern hat man das Gefühl, wieder in die 50er Jahre zurückversetzt worden zu sein. Ihre Mutter ist Hausfrau und sieht ihren Lebenssinn darin, ihren Mann und dessen Studenten zu bekochen und ihnen das Essen bis an die Uni hinterher zu tragen. Kein Wunder, dass sie das auch von ihrer Tochter erwartet und ihr Vater Zoe als Wissenschaftlerin nicht ernst nimmt. „Sie spürte die Angst ihrer Mutter vor ihrer Selbstständigkeit und die Selbstsicherheit ihres Vaters, der entweder nicht bemerkte, dass seine Tochter ihn ignorierte, oder es war ihm egal.“ (S. 50)

Austin Taylor hat es mit mir dem Buch nicht leicht gemacht. Obwohl sie einen wirklich spannenden Schreibstil hat, habe ich es nach dem ersten Drittel weglegt und überlegt, ob ich wirklich weiterlesen will. Neben den Unstimmigkeiten in Zoes und Jacks Charakteren wird es im letzte Drittel auch noch etwas wirr, plötzlich kommen Rückblicke in verschiedene Zeitebenen und ich verstehe ehrlich gesagt auch das Ende nicht.
Außerdem ist mir der Roman viel zu wissenschaftlich. Taylor gibt detaillierte Einblicke in Biochemie, Genetik und Philosophie und die Gründung und Finanzierung von Startups. Man muss wahrscheinlich von Fach sein, um alles zu verstehen.

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