Platzhalter für Profilbild

heinoko

Lesejury Star
offline

heinoko ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit heinoko über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.11.2019

Liebenswert zauberhaft

Der kleine Rabe Socke: Alles verknallt! oder Ein kleiner Rabe trifft auf große Liebe
0

Als über 70-Jährige zähle ich nicht direkt zur Zielgruppe der Geschichten rund um den kleinen Raben Socke, aber ich liebe ihn seit vielen Jahren. Schlimmer noch, ich gestehe es: Eine plüschige Variante ...

Als über 70-Jährige zähle ich nicht direkt zur Zielgruppe der Geschichten rund um den kleinen Raben Socke, aber ich liebe ihn seit vielen Jahren. Schlimmer noch, ich gestehe es: Eine plüschige Variante sitzt in meiner Wohnung, krächzt sich manchmal durch meine Gedanken und ist sicher schuld an meiner Sammlung verwaister Einzelsocken.
In seinem 10. Buchabenteuer hat es Socke ganz schön schwer, denn die kleine Ente Fusselbirne klebt schon seit Stunden an ihm wie Kaugummi und schnattert und schnattert, nicht auszuhalten! Mit einem Trick will Socke die Ente loswerden, aber er treibt sie dadurch direkt in die starken, helfenden Arme von Eddi-Bär, der ab sofort nur noch Augen und Ohren für die Ente hat. Socke bleibt allein und traurig zurück. So hatte er sich das nicht gedacht! Also fängt er an zu grübeln, wie er seinen Freund Eddi-Bär zurückgewinnen könnte, wobei ihn Stulle, Löffel und Frau Dachs mit ganz vielen guten Ratschlägen unterstützen, mit verwirrend vielen Ratschlägen. Socke macht sich mit den besten Absichten auf den Weg zu Eddi-Bär, aber, wie könnte es anders sein, es geht schief! Ob nun alles verloren ist?
Eine eindrückliche Geschichte rund um das Thema Freundschaft erzählt hier die Autorin Nele Moost. Es geht auch um Verlieben und Eifersucht, um Allein-Sein, um Missverständnisse und darum, dass nicht nur immer die anderen schuld sind. Wie wichtig Freunde sind. Und dass man es ihnen auch manchmal sagen muss, wie sehr man sie mag. Auf wahre Freunde kann man sich verlassen, aber Freundschaft ist nicht selbstverständlich. Das Buch lässt sich wunderbar vorlesen, denn die Autorin gibt Socke, Fusselbirne und all den anderen liebenswerten Tieren ganz individuelle Ausdrucksweisen. Von traurig bis lustig, von nervig bis rührend ist die ganze Bandbreite von Gefühlen in der Geschichte enthalten und für die Kleinen aus ihrer eigenen Erlebniswelt heraus nachvollziehbar ausgedrückt. Wie wichtig es für jeden ist, auch mal gelobt zu werden, etwas Liebes gesagt zu bekommen, lassen uns Socke, Eddi-Bär und Fusselbirne sehr nachdrücklich erleben. Großartig wie immer hat Annet Rudolph mit ihren hinreißenden Illustrationen zu der gelungenen Geschichte beigetragen. Es gibt auf jeder Seite eine Fülle von „Nebengeschichten“ zu entdecken, die witzig-liebevoll und kindgerecht in Szene gesetzt sind.
Kurzum: Ein rundum zauberhaftes, kluges und liebevolles Bilderbuch zum Vorlesen, großartig illustriert.

Veröffentlicht am 18.11.2019

800 Seiten Lesegenuss pur

Der Lehrmeister (Faustus-Serie 2)
0

Der mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnete Autor legt mit „Der Lehrmeister“ den zweiten Band rund um den berühmten Magier Johann Georg Faustus vor. 800 Seiten prall gefüllt mit lebendig-farbiger ...

Der mit dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnete Autor legt mit „Der Lehrmeister“ den zweiten Band rund um den berühmten Magier Johann Georg Faustus vor. 800 Seiten prall gefüllt mit lebendig-farbiger Erzählfreude. Da ich den ersten Band nicht kenne und historische Romane nicht mein bevorzugtes Genre sind, fürchtete ich mich etwas vor dem schwergewichtigen Werk. Andererseits war ich neugierig darauf, mehr über Faustus zu erfahren, denn ich wohne in unmittelbarer Nähe einer Faust-Stadt, in der Dr. Faustus durch sein Wirken bis heute allerlei Spuren hinterlassen hat.
Band 2 beginnt ca. 6 Jahre nach der Flucht aus Nürnberg. Dr. Faustus zieht durch die Lande und verdient sich seinen Unterhalt mit Quacksalberei und Zauberei. Doch er hat viele Feinde, die alles daran setzen, ihn in ihre Gewalt zu bringen. Sowohl Papst Leo als auch König Franz I. von Frankreich glauben wie viele andere, dass Dr. Faustus Gold machen könne, und nichts wollen die Mächtigen mehr, als zu Reichtum zu kommen. Und so befindet sich der Leser mit Dr. Faustus und seinen Lieben unentwegt auf der Flucht von Bamberg über die Pfalz und das Elsass bis nach Rom. Neben einer Fülle von gefährlichen Situationen und schaurig-grausamen Begebenheiten erleben wir auch eindrücklich die Begegnungen mit historisch bekannten Persönlichkeiten des frühen 16. Jahrhunderts, wie zum Beispiel mit dem Genie Leonardo da Vinci.
Es ist schon eine große Autorenleistung, dass über das gesamte umfangreiche Buch hinweg keine Langeweile aufkommt. Lebendig und fesselnd im Schreibstil lassen die spannenden Schilderungen die Welt rund um Dr. Faustus und seine Erlebnisse sowie das Denken und Handeln der Menschen in der damaligen Zeit zum farbig-lebendigen Kopfkino werden. Man spürt, dass der Autor sehr sorgfältig und umfassend recherchiert hat, zwar sich gelegentlich der Fantasie bedient, um die Erzählung voranzubringen, aber dennoch sehr nah an den tatsächlich überlieferten historischen Begebenheiten bleibt. Fließende Grenzen zwischen Alchemie, Esoterik, Glauben und recherchierten politischen Hintergründen, die drastisch-schaurig geschilderten Grausamkeiten des Ritters Gilles de Rais und ein Buchschluss mit dem Überlebenskünstler Faustus, der auf eine Fortsetzung hoffen lässt – das Buch ist ein Füllhorn an rasant erzählten Geschichten und Lesegenuss pur!

Veröffentlicht am 17.11.2019

Sanfte Träume im Baumhimmel

Baumhäuser
0


Kinder aller Welt lieben Baumhäuser. Als Rückzugsort. Als Abenteuerspielplatz. Als Ort der unbegrenzten Fantasie. Als Schutz. Als ihr persönliches Eigentum, zu dem die Erwachsenen keinen Zutritt haben. ...


Kinder aller Welt lieben Baumhäuser. Als Rückzugsort. Als Abenteuerspielplatz. Als Ort der unbegrenzten Fantasie. Als Schutz. Als ihr persönliches Eigentum, zu dem die Erwachsenen keinen Zutritt haben. Und es gibt Erwachsene in aller Welt, die sich diesen Kindheitstraum des individuellen Refugiums in lichter Höhe bewahrt haben.
Die Architektin und Journalistin Eva Herrmann hat sich in aller Welt auf die Suche gemacht nach solcherart gestalteten Kindheitsträumen, von edel bis ursprünglich, von angepasst bis verrückt, immer jedoch als Ausdruck der Verbindung von Individualität und der durch die Natur gesetzten Grenzen. Nicht nur seit dem Roman von Italo Calvino „Der Baron auf den Bäumen“ ranken sich Träume vom Wohnen im Baumhimmel, beschützt vom Blätterdach, durch die Gedanken mancher Menschen. Denn das Wohnen in der Höhe hat die Idee von Schutz gleichermaßen wie die Befreiung von Alltagspflichten, das Verschwimmen der Grenzen von fester Verwurzelung und freiheitlichen Höhenflügen. Spannende Fragen praktischer und metaphysischer Überlegungen lassen sich mit dem Thema Baumhaus verbinden. Und Eva Herrmann hat sie gefunden, die fantastischen, mit der Natur verwobenen oder exzentrisch konstruierten Baumhäuser, mal in einfachster Bauart, mal mit Hotelkomfort ausgestattet. Die Fotos zeigen geschickt überraschende Außen- und Innenansichten. Da gibt es geometrische Bauformen wie Kugel, Kubus, Ellipsen, Waben, und es gibt Formen, die mit der Natur zu verschmelzen scheinen, indem sie sich quasi um die sie tragenden Baumstämme schlingen. Vogelnester oder Kunstobjekte, die Illusion des Schwebens vortäuschend oder sich festklammernd – alles ist möglich. Die Innenräume überraschen oftmals mit beeindruckender Weite und Luxus. Mal liegt der Schwerpunkt auf dem beschützenden Charakter eines Hauses, mal auf der Möglichkeit, von einer höheren Warte aus Weitblick zu gewinnen. Märchenhaft versteckte Hexenhäuschen oder Schutzburgen vor unerwünschten Besuchern, einladende Lofts, zeltartige Hüllen oder organisch gewachsene oder abstrakte Konstruktionen – das vorliegende Buch hat eine Fülle der Möglichkeiten zusammengetragen.
Jede neue Seite birgt Erstaunen und weckt Sehnsucht, denn auch die schönsten Fotos können eines nicht ersetzen: Das eigene Erleben, wie es sein mag, dem Sternenhimmel näher zu sein, den Geräuschen der Natur ungefiltert lauschen zu können und zu erleben, wenn der Wind dem Baumhaus ganz eigene Geräusche, vielleicht sogar Bewegungen entlockt…
Ein wunderschönes Buch zum Staunen und Träumen…

Veröffentlicht am 16.11.2019

Der Schmerz, die Liebe und die Kunst

Frida Kahlo und die Farben des Lebens
0


Da ich schon lange ein Fan der ausdrucksstarken, verstörenden Bilder der Malerin Frida Kahlo bin, war ich sehr neugierig auf das vorliegende Buch. Nun, es ist ein Roman, keine Biographie. Darüber sollte ...


Da ich schon lange ein Fan der ausdrucksstarken, verstörenden Bilder der Malerin Frida Kahlo bin, war ich sehr neugierig auf das vorliegende Buch. Nun, es ist ein Roman, keine Biographie. Darüber sollte man sich von Anfang an im Klaren sein, um keine falschen Erwartungen zu hegen. Die Autorin hat versucht, ein Portrait der Malerin in erzählender Form zu zeichnen, wobei sie den Schwerpunkt ihres Erzählens auf das Thema legt, das in Romanen mehr oder weniger stets zu dem zentralen Thema zählt: die Liebe.
Das Buch beginnt im Jahr1925 in Mexiko, und wir erleben Frida Kahlo, gerade eben noch voller Vorfreude auf ihr Medizinstudium, und Minuten später durch einen schrecklichen Busunfall all ihrer Zukunftshoffnungen beraubt. Ein jahrelanger Gesundungsprozess beginnt. Durch Diego Rivera, ein charismatisches Malergenie, lernt sie die Magie der Kunst kennen. Diego glaubt an ihre künstlerischen Fähigkeiten und schenkt ihr Ermutigung. Aber er betrügt sie auch und verletzt sie zutiefst. Es wird sich im Laufe des Buches zeigen, dass die beiden wie mit einem Gummiband lebenslang miteinander verbunden bleiben werden. Sie kommen nicht voneinander los, so sehr sie sich auch darum bemühen. Nicht nur Diego hat zahlreiche Affären, auch Frida lebt alles aus, was sich ihr bietet, trotz der körperlichen Einschränkungen. Das Malen hilft ihr immer wieder, mit den vielen Schicksalsschlägen fertig zu werden. Sie malt verstörende Bilder, in denen der Schmerz das zentrale Thema ist und bleibt. Ihr künstlerisches Talent tritt über die Jahre hinweg immer mehr in den Vordergrund. Viel zu früh stirbt sie im Jahr 1954 mit nur 47 Jahren.
Frida Kahlo war eine exaltierte, schillernde Persönlichkeit von enormer innerer Stärke. Und genau hier setzt mein Kritikpunkt an. Denn der Roman hätte, um der Person Frida Kahlo besser gerecht zu werden, genau so eine schillernde und explosiv-lebendige Darstellungsweise verdient. Der Roman berichtet zwar relativ biographie-getreu, aber genau diese Stärke ist die eigentliche Schwäche des Buches. Denn es gibt zu viele Passagen des eher sachlichen Berichtens von Begebenheiten ohne Belang, und nur zwischendrin finden sich ausgearbeitete, plastische, von Farbigkeit strotzende Szenen, die die zerrissene Persönlichkeit Fridas erahnen lassen. Das verzehrende Feuer einer großen Künstlerin sprang nur gelegentlich auf mich als Leser über. Zuviel wurde dem ewigen Hin und Her zwischen Diego und Frida Platz eingeräumt. Ähnlich erging es mir übrigens mit der Autorin bereits in „Die Muse von Wien“, in der das Essentielle der Beziehung zwischen Alma und Gustav Mahler, nämlich die Musik, auch wenig Platz hatte.
Kurzum: Sorgfältig recherchierter, stellenweise biographisch-sachlich erzählter, dann wiederum in packend-farbige Szenen gesetzter Roman, in dem die ungewöhnliche und tiefe Liebe zwischen Frida und Diego in all ihren Facetten den Mittelpunkt bildet.






Veröffentlicht am 04.11.2019

Uneingeschränkt zu empfehlen

Schonungslos offen
0


Es gibt Krimis, die sind spannend. Oder humorvoll. Vielleicht geistreich. Oder psychologisch stimmig. Es gibt Krimis, die uns Rätsel aufgeben oder uns überraschen, die den Leser erschauern lassen, ihm ...


Es gibt Krimis, die sind spannend. Oder humorvoll. Vielleicht geistreich. Oder psychologisch stimmig. Es gibt Krimis, die uns Rätsel aufgeben oder uns überraschen, die den Leser erschauern lassen, ihm durch wendungsreiche Handlung Nerven kosten. Der vorliegende Kriminalroman vereinigt ungewöhnlich viele dieser Facetten in sich. Welch eine Überraschung! Denn ich hatte die Autorin mit ihrem Titel „Zauberschön“ als eine feinsinnige Märchenerzählerin kennen gelernt. Aber ja, Krimi kann sie auch!
Alexandra Rau ist eine sympathische Kommissarin mit chronischem Schlafmangel. Ihr Mitarbeiter Isidor Rogg unterstützt sie im Kommissariat, wo er nur kann, notfalls auch mit seinem Hobby, der Etymologie. Als ein Serienmörder mehrfach zuschlägt, ohne auch nur die allergeringste Spur zu hinterlassen, wird nach langer, ermüdend-frustraner Ermittlungsarbeit die Situation für Alexandra und Isidor plötzlich außerordentlich gefährlich…
Der Kriminalroman liest sich quasi wie von selbst. Man kann sich der Erzählweise, d. h. der Geschichtenführung der Autorin vertrauensvoll überlassen, denn sie quält den Leser nicht mit willkürlich eingesetzten Zeitverschiebungen oder mit wilden Handlungssprüngen, die so oft als Mittel zur Spannungserhöhung eingesetzt werden. Man bleibt lange Zeit ahnungslos, liest sich mit anhaltender innerer Spannung durch mühselige Ermittlungsarbeit und durch die sich letztlich ergebenden überraschenden Wendungen. Die Autorin schreibt fesselnd, mit ab und zu durchblitzendem geistreichem Humor, gelegentlich dezent angereichert mit Wissenswertem. Sie hat spürbar Freude daran, die verschiedenen Ebenen ihres Krimis gleichermaßen intensiv zu gestalten. Wenn sie zum Beispiel psychopathologisch ins Extreme geht, indem sie den Täter selbst erzählen lässt, oder wenn sie mit ihrer Geschichte sehr nah an unseren Alltag rückt und mit unseren ureigensten Ängsten spielt.
Kurzum: Es handelt sich um einen raffinierten, nahezu durchweg spannenden Kriminalroman mit einem Schuss Humor, mit realistisch-lebensnahen Szenen, die den Leser packen, psychologisch schlüssig, in einer ausdrucksstarken und bildhaft-plastischen Sprache geschrieben. Allen Krimi-Fans uneingeschränkt zu empfehlen!