Unterhaltsam, aber zu perfekt.
The Distance from me to youDrei Sterne für die Geschichte. "The Distance from me to you" ist kein zweites "Wild". Das ist auch nicht tragisch. Das eine ist die wahre Trail- und Lebensgeschichte der Autorin. Dieses hier ist ein Jugendbuch, ...
Drei Sterne für die Geschichte. "The Distance from me to you" ist kein zweites "Wild". Das ist auch nicht tragisch. Das eine ist die wahre Trail- und Lebensgeschichte der Autorin. Dieses hier ist ein Jugendbuch, bei der die fiktive Protagonistin nach dem Highschool-Abschluss ihren Rucksack packt und sich (eher trotzig als notgedrungen) alleine auf den Weg macht.
Der Weg, der Appalachian Trail von Maine nach Georgia, bleibt dabei leider blass und austauschbar. Ein paar Wegpunkte werden genannt, so richtig wichtig sind sie nicht. Kendra, die Hauptfigur, begegnet einem Bären und einem Elch, aber ansonsten könnte die Geschichte auch in Australien oder sogar auf einem verlängerten Rheinsteig spielen.
Trotzdem ist Kendras Wanderung unterhaltsam. Der erste Anstieg scheitert, dann kommt sie ins Rollen und trifft einen wunderlichen Jungen, der ganz andere Probleme als das perfekte Mädchen aus der fast perfekten Familie hat. Problematisch wird es erst, als er abseits des Trails wandern möchte - und sie ihm trotz aller Alarmglöckchen folgt.
Warum nur zwei Sterne für das Buch? Der Schreibstil ist ermüdend. Zu oft wird nach gedacht und diese Gedanken in kleine, um Verständis werbende Sätze aufgeteilt. Die Hauptfigur soll gemocht werden und dafür wird ständig getrommelt.
Fast noch schlimmer: Die Autorin scheut sich, die Protagonistin nackig zu machen und in wahre Abgründe zu blicken. Nicht wortwörtlich, ein paar mal legt Kendra ihre Klamotten beiseite und schaut abseits des Trails auch über eine Klippe. Aber im übertragenen Sinn macht sie es nicht.
Die Wanderung ist trotz des miesen Starts zu perfekt. Kendra bekommt keine Blasen (da sie ihre Schuhe brav eingelaufen hat), sie hat immer Proviant dabei, sie hat für alles und jeden Verständnis. Die einzigen kleinen Dramen: Ihr Lieblingsshirt ist irgendwann so verschwitzt und dreckig, dass es im Mülleimer landet und ihr Körper nach der Hälfte der Wanderung nicht so drahtig wie erhofft. Oh, und das iPhone ist kaputt.
Das mag natürlich alles einen Sinn verfolgen: Die Autorin möchte eine Hauptfigur, die alles alleine auf die Kette bekommt, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Als Vorbildfunktion für andere Mädchen, die nach der Schule ihren Rucksack packen wollen. Aber Vorbilder dürfen auch mal auf die Nase fallen, Pläne über den Haufen schmeißen, weinen. Sie müssen nicht immer stark sein. Und es ist etwas schwierig, dass sich Kendras Rolle genau dann ändert, als sie das macht, was man tunlichst lassen sollte - als sie den Trail verlässt.
Mit diesen warnenden Gedanken im Hinterkopf ist es aber ein durchaus unterhaltsames Buch. Eines, das Lust auf weitere großartige Wanderbücher macht. Wie "Picknick mit Bären", "Laufen. Essen. Schlafen." und natürlich "Wild". Und das motiviert, die Wanderstiefel zu schnüren und loszulaufen. Aber denkt immer dran: Es ist nicht immer alles perfekt. Auch nicht auf dem Trail.