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Veröffentlicht am 07.03.2022

Licht und Schatten

Das verschlossene Zimmer
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Das Cover hatte mich sofort angesprochen, denn es deutet auf ein Geheimnis hin.
Der Roman findet an zwei Orten und auf zwei Zeitebenen statt: 1. Lemberg in den 1920iger Jahren zu Polen gehörend und
2. ...

Das Cover hatte mich sofort angesprochen, denn es deutet auf ein Geheimnis hin.
Der Roman findet an zwei Orten und auf zwei Zeitebenen statt: 1. Lemberg in den 1920iger Jahren zu Polen gehörend und
2. Krakau, Polen, Ende der 1930iger Jahre.

Es beginnt in Krakau 1939, wo Marie als junge Frau zusammen mit ihrem Vater Dominik Karski lebt. Der Vater, ein bekannter Arzt in einem Krankenhaus in Krakau, hat ein brisantes Geheimnis zu verbergen. Und Marie möchte endlich von ihm wissen, wer ihre Mutter war. Auch das ist ein großes Geheimnis, das der Vater ihr nicht verrät.
Marie begibt sich auf die Suche und rebelliert gegen ihren Vater, der sie gegen alles beschützen möchte. Etwas merkwürdig ist es, dass der Vater sie immerzu bekocht und sogar ein Kleid für sie näht. Im nachhinein ergibt das allerdings einen Sinn. Denn ihr Vater ist nicht der, für den er sich für die Welt und für Marie ausgibt.

Marie- ist es heroisch oder einfach naiv- lässt sich für ihre Liebe zum Judentum konvertieren und verschließt ihre Augen vor den Gefahren. Diese bekommt sie selbst zu spüren, als Bekannte die sie bislang respektierten, nun übel beschimpfen und eine lebensgefährliche Hetzjagd auf sie veranstalten.

Parallel wird die traurige Geschichte von Helena- der Mutter von Marie- erzählt, die aber schlussendlich durch das Wagnis einer Lüge die Wendung ihres Schicksals und das ihrer Tochter herbeiführen kann. Das die Lüge allerdings zu jener Zeit geklappt haben kann, ist meines Erachtens sehr unglaubwürdig.

Die Handlung ist eine bunte Mischung aus einer Liebesgeschichte, dem Thema Repressalien gegen Frauen und Missbrauch, Darstellung des gesellschaftlichen Lebens in Polen, Einblicke in jüdische Glaubenspraxis und Antisemitismus gegenüber Juden in Polen kurz vor dem Einmarsch des Deutschen Reiches in Polen im September 1939.

Insgesamt gibt es Licht und Schatten bei diesem Roman, denn unglaubwürdige Handlungen ( z.B. Dominik, der noch nie geschossen hat, trifft bei jedem Schuss, weil er vorher ein Buch gelesen hat) wechseln sich mit spannender und interessanter Romanhandlung ab.
Insgesamt war der Roman flüssig und gut zu lesen.

Das Ende ist auf jeden Fall eine Überraschung für den Leser!

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Veröffentlicht am 11.02.2022

Dieses kleine Buch hat es in sich!

Die dritte Hälfte eines Lebens
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Die Geschichte hat mich teilweise sehr ergriffen und dieses fiktive schlimme Dorf Krimmwing könnte überall sein.

Ausgegrenzt werden die Menschen, die anders sind als die Dörfler. Eine dunkle Hautfarbe ...

Die Geschichte hat mich teilweise sehr ergriffen und dieses fiktive schlimme Dorf Krimmwing könnte überall sein.

Ausgegrenzt werden die Menschen, die anders sind als die Dörfler. Eine dunkle Hautfarbe haben wie der kleine Seppi, 3 Brüste wie die Liesl im Roman oder der Lorenz Karl Ignatius Rathbauer, der eine Frau sein möchte. Er muss dies aber vor dem Dorf verstecken, denn sonst endet es böse für ihn. Seine Eltern verstehen es auch nicht und es setzt Prügel.

Schon die Kinder mobben diejenigen, die anders sind und beschimpfen und drangsalieren sie bis zur Folter. Die Erwachsenen fühlen sich in ihrer Dorf-Gemeinschaft sicher und sehen lieber alle weg, anstatt einzuschreiten. Gottseidank sind es ja die anderen, die drangsaliert werden und nicht man selbst.
Lieber mit dem Strom schwimmen und nicht auffallen.

Dieses Verhalten kann man überall finden aber vielleicht besonders in konservativen dörflichen Gemeinschaften.
Hinterher stellt man sich im Dorf hin und sagt, wenn man das gewusst hätte, ja dann hätte man .......
Das ist so feige, entspricht aber leider der menschlichen Natur.

Die Autorin skizziert die Charaktere eindrucksvoll, so dass der Leser sie sich sehr gut vorstellen kann.

Die Sätze und der Schreibstil sind bemerkenswert.
Nichts ist zuviel oder zuwenig. Die Betonung erfolgt oft durch kurze nüchterne Sätze. Und oft schwingen Poesie und Metaphern mit , wie z.B. "An jedem Wochenende liegt das Kind im Bett und zählt seine Zehen, begutachtet die Farben seiner Nägel, die ihm die Mutter an Tagen lackiert, an denen das Lachen sie besucht und einige Stunden bleibt."

Oft habe ich etwas zweimal gelesen um zu erahnen, was gemeint ist.

Es ist ein kleines Buch aber mit um so mehr Sprengkraft, Intoleranz aufzuzeigen.

Ich bin ziemlich beindruckt und gebe eine klare Leseempfehlung ab.

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Veröffentlicht am 12.01.2022

Eindrucksvolle persönliche Zeitreise in die siebziger und achziger Jahre der Bundesrepublik

Unser kostbares Leben
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Das Cover des Buches und den Titel finde ich sehr gelungen.

Der Roman beginnt in den siebziger Jahren und endet Anfang der achziger Jahre in der Bundesrepublik Deutschland und beschreibt die Unruhen und ...

Das Cover des Buches und den Titel finde ich sehr gelungen.

Der Roman beginnt in den siebziger Jahren und endet Anfang der achziger Jahre in der Bundesrepublik Deutschland und beschreibt die Unruhen und politischen Umbrüche der Zeit aus den persönlichen Perspektiven jeweils der beiden Familien des Bürgermeisters und des Schokoladenfabrikanten des kleinen hessischen Städtchens Mainheim, in der Nähe Frankfurts.
Hauptprotagonistinnen sind Caro, die Tochter des Schokoladenfabrikaten, die Adoptivtochter Claire-ein vietnamesisches Waisenkind aus dem evangelischen Mainheimer Kinderheim- und Minka, die Tochter des Bürgermeisters.

Die Mädchen werden früh in ihrer kleinen Stadt mit vergiftetem Flusswasser durch Einleitung ungeklärter Chemie-und Abfallgewässer durch die Schokoladen-und Chemiefabrik, giftigen Dämpfen, üble Gerüche, verödeten Landschaften und Tiersterben durch Planierung der Rückzugs-und Feuchtgebiete, Sterben der Umwelt und Natur konfrontiert. Außerdem stoßen sie auf erschreckende Tierversuche und später auf Medikamentenversuche und Experimente an Heimkindern.
Caro recherchiert später, dass es gesetzlich nicht eindeutig war, dass die Versuche Anfang der 70iger illegal waren. Dies wurde erst sehr viel später gesetzlich festgelegt.

Die skrupellose "Ärztin Lavalette" ordnet jedenfalls Ethik Menschlichkeit und Gewissen dem Dienst der Wissenschaft und ihrer Karriere unter. Sie hat kein schlechtes Gewissen, sondern sie fühlt sich als "Schöpferin von morgen, die die Welt der Zukunft gestaltet, Erbkrankheiten ausmerzt", also als ein guter Engel.
Hier ist meines Erachtens eine Anlehnung an dien Nationalsozialismus zu sehen, der es ebenfalls so gehandhabt hatte. Das es sich um ein "kirchliches Heim" handelt, in dem der Missbrauch stattfindet, ist zusätzlich zu vermerken.

All dies ist auch möglich weil ein Netzwerk bestehend aus sechs Kumpels bzw, Skatbrüdern ,u.a. der Bürgermeister, der Schokoladenfabrikant, Direktor des Chemie-und Pharmariesen, gemeinsam "klüngeln". Die Schuld und Verantwortung an dem Unfall im Schwimmbad Anfang der 70iger wird vertuscht und Mutter und Opfer werden außer Sicht abgeschoben.

Durch den vom Bürgermeister herbeigeführten Strukturwandel -es besteht Anfang der 80iger Jahre in Mainheim eine zerklüftete Industrielandschaft mit Arbeiterstadt und schädlichen Umweltfeinflüssen, Überalterung, Abwanderung - fragt man sich später, wer überhaupt noch in Mainheim wohnen möchte. Das muss sich auch der ehemals auf den Strukturwandel so stolze Bürgermeister fragen.

Politische Hintergründe der Zeit sind die Proteste des Vietnamkrieges, Aufnahme von vielen Flüchtlingen nach Ende des Vietnamkrieges, Industrieunfälle in Seveso, Unruhen und Sprengstoffanschläge durch Rechtsextreme, dann wieder der kalte Krieg, Rüstungswettlauf und Afghanistan.
Die Aufzählung könnte man sicherlich bis heute fortführen.

Jede der Mädels im Roman geht seinen Weg und aus der Rebellin Minka wird eine Kommunalpolitikerin für die Grünen.
Die Friedensbewegung hat ihren Anfang Beginn der 80iger Jahre und der Erhalt von Natur und Umwelt rückt endlich mehr in das Bewusstsein der Menschen.

Der Roman ist sehr gut geschrieben und berührt sehr viele Probleme.
Durch die einzelnen Sichtweisen kann man sich die Figuren sehr gut und persönlich vorstellen. Es wurde bei mir jedenfalls anschauliches Kopfkino ausgelöst.

Ich halte dieses Buch für sehr wichtig und eindringlich und ich kann jedem nur empfehlen, es zu lesen.

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Veröffentlicht am 12.12.2021

Wenn ewige Freundschaft zu Feindschaft wird

In ewiger Freundschaft (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 10)
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Die beiden Kommissare Pia Sander und Oliver von Bodenstein ermitteln in einem Mordfall und werden mit den düsteren Geheimnissen des Verlagshauses Winterscheid und den Besitzern und Freunden des Verlags ...

Die beiden Kommissare Pia Sander und Oliver von Bodenstein ermitteln in einem Mordfall und werden mit den düsteren Geheimnissen des Verlagshauses Winterscheid und den Besitzern und Freunden des Verlags konfrontiert.

Der Inhaber Winterscheid hatte den Verlag von Liebman ,einem jüdischen Verleger, übernommen in Zeiten des Nationalsozialismus. Die Frage ist zu welchem Preis das damals geschehen ist. Haben sich die Winterscheids damals bereichert? Ein reiner Gefallen wird dies nicht gewesen sein.

Weitere Abgründe tun sich auf. Angeblich ewig währende Freundschaften outen sich als Feindschaften mit Lügen, Erpressung, Missbrauch und Mord.

Was als ewige Freundschaft begann zwischen jungen Leuten, die sich aus Schule und Uni kannten und den Sommerurlaub zusammen auf der französischen Insel Noirmoutier verbrachten, endet mit Misstrauen, Lügen, Erpressung, Vertrauensbrüchen und Mord.
Erst ganz langsam beginnen sich die Puzzleteile an ihren Platz zu legen und die beiden Kommissare werden mit den Abgründen, die sich auftun, konfrontiert.

Sehr gut gelungen ist der Autorin der Wechsel zwischen den Ermittlungen und dem Privatleben der beiden Kommissare mit deren teilweise schwerwiegenden Problemen- vor allen Dingen für Oliver von Bodenstein, dessen Ehe total zerrüttet ist. Der Leser kann den Stress sehr gut nachempfinden.

Sehr interessant fand ich, dass man als Außenseiter (=Leser) in ein Verlagshaus mit seinen Tätigkeiten, Mitarbeitern, Autoren, Lektoren und den Literaturagenten hineinschauen kann, denn das ist dem einfachen Leser nicht ganz so ersichtlich.

Dass Carl der Verlagshauserbe den Verlag von Winterscheid wieder in Liebman-Verlag umbenennt, zeigt die klare und wahre Richtung, die er künftig gehen will.

Das Personenregister, das ganz zu Anfang aufgelistet ist, fand ich vor allen Dingen zu Beginn des Buches sehr hilfreich.

Der Krimi war jedenfalls so spannend, dass ich das Buch kaum aus der Hand gelegt habe.

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Veröffentlicht am 12.11.2021

Deutsche Geschichte um 1918 spannend verknüpft mit dder Lebensgeschichte dreier Freunde

Revolution der Träume
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Ich habe den ersten Band der "Wege der Zeit" Reihe von Andreas Izquierdo zwar nicht gelesen, konnte mich aber im zweiten Band "Revolution der Träume" ganz flüssig in das Leben von Carl, Artur und Isi einlesen.

Es ...

Ich habe den ersten Band der "Wege der Zeit" Reihe von Andreas Izquierdo zwar nicht gelesen, konnte mich aber im zweiten Band "Revolution der Träume" ganz flüssig in das Leben von Carl, Artur und Isi einlesen.

Es ist Berlin 1918 zur Zeit Ende des ersten Weltkriegs.
Die Zeit ist geprägt von Unruhen, Putschversuchen, Umstürzen und Blutvergießen zwischen Spartakisten und Militärs. Das Volk steht dazwischen.
Es war Frieden- aber doch nicht wirklich Frieden.
Die Menschen starben Tag für Tag an Hunger und /oder an der Spanischen Grippe.
Die Nation lag am Boden und kämpfte mit den harten Waffenstillstandsbedingungen des Versailler Vertrags- mit den Folgen des sogenannten "Schandfriedens", wie ihn einige bezeichneten. Damit verspritzten sie das Gift des Hasses und die Schuld am Ausgang des Krieges und seinen Folgen wurden allein "den anderen" zugeschoben.
Zitat Seite 224 "...das große Leid der Verstümmelten und Hungrigen in Verbindung mit einer politisch gespaltenen Republik waren der Humus, auf dem der Hass gedeihen konnte."

Inmitten dieses Chaos finden sich Carl, Arthur und Isi in Berlin wieder und treffen aufeinander. Der Krieg hat bei allen dreien Spuren hinterlassen aber sie halten weiterhin fest alle drei zusammen gegen alle widrigen unterschiedlichen Umstände, die alle drei in Berlin durchleben..

Der Roman und die Historie werden aus der Sicht von Carl Friedländer in der Vergangenheitsform erzählt. Carl hat das unverschämte Glück, für die UFA zu arbeiten-später sogar als Kameramann.
Die Aktion des Sturzes des Kaisers, die Erstürmung des Schlosses sowie einige wenige andere Kapitel werden von Carl in der Gegenwartsform erzählt.

Es ist ein Roman mit faktisch gut dargestelltem historischen Ereignissen und die Lebensgeschichte der drei Freunde ist perfekt integriert. Man fühlt mit den drei Freunden in den verschiedenen Situationen mit, die auch manchmal komisch sind und wo man sich manchmal ein Schmunzeln nicht verkneifen kann.

Ich bin jedenfalls jetzt schon sehr gespannt auf die Fortsetzung und den dritten Teil der historischen Reihe um Carl, Artur und Isi. Eines weiß man- leichter werden die drei es zukünftig auch nicht haben.

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