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Veröffentlicht am 15.09.2016

Zurück in die Vergangenheit

Zurück nach Hollyhill
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Zum Schulabschluss bekommt die junge Emily von ihrer Großmutter ein Armband ihrer verstorbenen Mutter und eine Brief ausgehändigt, der ihr Leben schlagartig verändern wird. Denn Esther schickt ihre Tochter ...

Zum Schulabschluss bekommt die junge Emily von ihrer Großmutter ein Armband ihrer verstorbenen Mutter und eine Brief ausgehändigt, der ihr Leben schlagartig verändern wird. Denn Esther schickt ihre Tochter in ihren Heimatort Holly Hill, damit sie die Rätsel ihrer Vergangenheit aufklären kann und endlich etwas über ihre Familie erfährt. Doch den beschriebenen Ort kann Emily auf keiner Landkarte entdecken und als sie sich auf die Reise macht, begegnet sie dem gutaussehenden Matt - anscheinend der Einzige, der sie nach Holly Hill bringen kann. Emily spürt instinktiv, dass mit diesem kleinen Ort und seinen Bewohnern etwas nicht stimmt, denn auf Fotos die sie entdeckt ist Matt genauso alt wie ihre Mutter und genauso alt, wie in der Gegenwart - das Geheimnis, welches sich ihr offenbart birgt genauso viele Möglichkeiten, wie Risiken. Und Emily ist neugierig ...

Auf dieses Buch bin ich durch reinen Zufall gestoßen und habe es mir, auf Grund der interessanten Zeitreisegeschichte und der positiven Kritiken zugelegt. Die Umsetzung hier ist sehr übersichtlich und wenig verwirrend, denn der Leser entdeckt gemeinsam mit Emily eine kleine, verwunschene Welt, in der es ungeahnte Möglichkeiten gibt. Verpackt ist die Thematik in eine spannende Suche nach einem Serienkiller, der in der Zukunft Emilys beste Freundin entführen wird, wenn es ihr nicht gelingt, ihn bereits in der Vergangenheit unschädlich zu machen.
Ganz nebenbei entwickelt sich dann noch eine Liebesgeschichte zwischen der Hauptprotagonistin und ihrem "unfreiwilligem" Helfer, die dem Buch etwas mehr Würze verleiht und sich hervorragend in das Geflecht der Geschichte einfügt.

Fazit: Ich vergebe 4 Sterne für einen schlüssigen, sehr sympathischen Jugendroman, der wunderbar unterhält und einen interessanten Plot aufweist. Empfehlen möchte ich das Buch vor allem jungen Lesern, die sich neben der Fiktion von Zeitreisen auch etwas fürs Herz wünschen, denn diese Kombination ist der Autorin wirklich gut gelungen. Kleiner Kritikpunkt meinerseits: Vieles ist vorhersehbar und es gibt kaum Wendepunkte in der Geschichte. Dadurch bleibt die Geschichte in sich sehr schlüssig, wird mir persönlich aber nicht nachhaltig in Erinnerung bleiben. Ein schönes Buch für Zwischendurch, für alle die gerne träumen und vertraute Handlungsweisen in einem Roman wiederfinden möchten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wo sind all die Kinder hin?

Eismädchen
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Um eine grausame Entführungswelle in London aufzuhalten, bittet die Polizei die Psychologin Alice Quentin um ihre Mithilfe. Sie soll Gespräche mit dem Serientäter Louis Kinsella führen, nach dessen Vorbild ...

Um eine grausame Entführungswelle in London aufzuhalten, bittet die Polizei die Psychologin Alice Quentin um ihre Mithilfe. Sie soll Gespräche mit dem Serientäter Louis Kinsella führen, nach dessen Vorbild der aktuelle Täter zu handeln scheint. Doch Kinsella hat schon Jahre zuvor behauptet, dass sein mörderisches Werk noch längst nicht beendet ist, auch wenn er seit seiner Festnahme in einer psychiatrischen Klinik untergebracht ist. Einer seiner Zöglinge geht nach streng festgelegten Regeln vor und nur Kinsella weiß, wer das nächste Opfer sein wird und welche Identität sich hinter dem Mädchenmörder verbirgt. Alice begibt sich widerwillig in die Höhle des Löwen, um die Entführungen und Morde zu stoppen, doch der alte Psychopath spielt seine eigenen Spielchen …

Hier handelt es sich im den dritten Band einer Kriminalreihe um die Psychologin Alice Quentin, den ich ohne Kenntnis der vorherigen Bände gelesen habe. Dieser Umstand ist nicht weiter schlimm, denn man kommt auch ohne Vorkenntnisse in das aktuelle Buch hinein, doch viele Verbindungen scheinen bereits eine Weile zu bestehen und bleiben daher etwas lückenhaft in der Ausarbeitung. In diesem soliden Krimi werden zahlreiche altbekannte Zusammenhänge dieses Genres bedient, man fühlt sich als geneigter Leser gut unterhalten, weil sich das Konzept des Romans an klassischen Handlungsansätzen orientiert. Sei es ein Serienmörder in Gewahrsam oder eine neu aufgelegte Mordserie, selbst das Mordmotiv und die Thematik von Findelkindern und Kindesmissbrauch kommen mir irgendwie bekannt vor.

Fazit: Dieser Kriminalroman ist ein Klassiker, denn er unterhält auf bewährte Art und Weise und bringt den richtigen Mix zwischen Ermittlungsarbeit, zufälligen Begebenheiten und psychologischer Raffinesse, bietet aber nicht viel Neues. Ich vergebe daher 4 Sterne für einen interessanten Fall und seinen abwechslungsreichen Verlauf und eine Leseempfehlung für alle Krimifreunde die gern miträtseln und nicht auf der Suche nach dem „mörderischen“ Aha-Effekt sind.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Allein unter Fremden

Das Mädchen mit dem Fingerhut
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Drei Kinder – mittellos, auf sich allein gestellt und ohne Obdach versuchen sich in einer Stadt durchzuschlagen. Sie stehlen, brechen ein und betteln, sie haben niemanden der sie vermisst und niemanden ...

Drei Kinder – mittellos, auf sich allein gestellt und ohne Obdach versuchen sich in einer Stadt durchzuschlagen. Sie stehlen, brechen ein und betteln, sie haben niemanden der sie vermisst und niemanden der sich kümmert. Deshalb sind sie gezwungen für sich selbst zu sorgen, egal um welchen Preis. Alles was zählt ist Überleben und den selbsternannten Aufpassern wie der Polizei zu entkommen. Gemeinsam kämpfen sie sich von Tag zu Tag und halten aneinander fest, denn sie sind untereinander der einzige Rückhalt für den anderen. Yiza, die ihren richtigen Namen nicht einmal kennt ist die Jüngste der Gruppe. Mit ihren sechs Jahren hat sie noch den „Mitleidsfaktor“ auf ihrer Seite, doch dann wird sie ernsthaft krank…

Das bemerkenswerte an diesem Roman ist die Fülle seiner Informationen auf nur sehr wenigen Seiten. Michael Köhlmeier schafft es, den Leser sehr tief in das bittere Leben von minderjährigen Bettelkindern blicken zu lassen und dabei dennoch keine Wertung zu fällen. Ungenannt bleiben die äußeren Umstände, durch welche die Kinder in ihre aussichtslose Lage geraten sind, ungenannt bleiben die Verantwortlichen, sofern es welche gibt. Vielmehr konzentriert sich der Roman auf den täglichen Ablauf, den Hunger, die greifbare Not und initiiert damit unwillkürlich ernsthafte Überlegungen bezüglich Einsamkeit, Armut und Heimatlosigkeit dieser Kinder. Und damit ist dem Autor gerade in der heutigen Zeit ein wirklich aktuelles, gesellschaftskritisches Werk gelungen, welches zum Nachdenken zwingt. Denn auch wenn wir es oft ausblenden, auch mir selbst stehen die Bettelkinder der Heimatstadt vor Augen, die vielleicht nicht so zahlreich sind – aber auch deren Schicksal sieht vielleicht dem von Yiza sehr ähnlich.

Den Roman prägt eine sehr einfache, prägnante Sprache, die sehr gut zum geschilderten Umfeld passt. Damit werden auch die elementaren Sprachprobleme deutlich sichtbar, denn die Kinder verstehen sich untereinander kaum und sprechen auch nicht die Sprache der fremden Erwachsenen. Allein dieses Verständigungsproblem hat mich sehr bewegt. Mein einziger Kritikpunkt bezieht sich auf die distanzierte Schreibweise, die es mir schwer machte, mit den Findelkindern warm zu werden. Mitleid, Empathie und den Wunsch mich ihrer anzunehmen habe ich während des Lesens nicht gespürt. Die Sachlichkeit der Erzählung hinterlässt einen schalen Nachgeschmack, der möglicherweise gewollt ist, denn er drückt die Chancenlosigkeit dieser Bevölkerungsgruppe sehr gut aus.

Fazit: Ich vergebe 4 Sterne für einen aktuellen, umfassenden Roman, der das Thema Zuwanderung, Heimatlosigkeit und Einsamkeit thematisiert und viel Stoff für Diskussionen bietet. Diese Lektüre eignet sich sicherlich für den Deutschunterricht und hebt sich sehr positiv von manch fiktiver Handlung ab, denn gerade die bestechende Ehrlichkeit ist das wirklich Erschreckende an der Erzählung. Weil die Realität so schlimm ist, wie die dichterische Erzählkunst nicht sein kann. Für mich ein sehr lesenswertes Buch, welches ich weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Was wäre gewesen, wenn ...

Julia
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Christian Dudok hat sein Leben gelebt, hat seinen Teil zur Gesellschaft beigetragen und vollzieht nun die einzig schlüssige Konsequenz, die ihm noch bleibt - Selbstmord. In seinen jungen Jahren war er ...

Christian Dudok hat sein Leben gelebt, hat seinen Teil zur Gesellschaft beigetragen und vollzieht nun die einzig schlüssige Konsequenz, die ihm noch bleibt - Selbstmord. In seinen jungen Jahren war er ein Mann, der Träume hatte, der die Natur und die Freiheit mochte und sich Hals über Kopf in seine Kollegin Julia Bender verliebte. Doch dann kam der Krieg, es kamen verantwortungsvolle Aufgaben als Leiter der elterlichen Firma und eine Vernunftehe, die er aus Bequemlichkeit heraus einging. Und damit war das Schicksal von Christian besiegelt - ein Leben voller verpasster Chancen, ausgeträumter Phantasien und trauriger Wahrheiten. Was bleibt, wenn man den einen, alles verändernden Fehler beging, ohne jemals eine Korrektur vorzunehmen? Was bleibt, wenn das Leben keinen Hoffnungsschimmer lässt?

Dieser Roman ist literarisch gesehen ein kleines Juwel, weil seine Sprache, seine Handlung und die treffsichere Charakterisierung des Hauptprotagonisten absolut gar nichts zu wünschen übriglassen. Eine beeindruckende Wortwahl gepaart mit einer tragischen Handlung lassen hier jeden Satz lange und intensiv nachklingen. Man möchte sich als Leser in dem geschriebenen Wort verlieren, möchte dem Inhalt nachspüren und eigene Gedankengänge zu den getroffenen Entscheidungen entwickeln. Ein Buch wie geschaffen für Diskussionsrunden und Leistungskurse im Unterrichtsfach Deutsch, denn auf 168 Seiten werden so viele Emotionen, fixe Ideen und traurige Momente entworfen, dass es schon fast an körperlichen Schmerz grenzt.

Äußerst gelungen empfinde ich die Abwechslung, die Virtuosität mit der diese Geschichte entworfen wird, denn sie vereint so viele brisante Themen, dass man sich nicht festlegen mag, welches nun das wichtigste ist. Es ist ein episches Werk über die Liebe, über die Schrecken einer historischen Periode, über die Verbitterung, die aus Fehlentscheidungen erwächst und über einen Mann, dem sein Verantwortungsbewusstsein zum Verhängnis wurde.

Fazit: Für mich ist dieses Buch eine Entdeckung, die ich allen historisch interessierten Lesern ans Herz legen möchte und noch viel mehr all jenen, die gerne Romane mit tiefsinnigen Hintergründen und moralischen Sequenzen lesen. Und dennoch lässt mich der Roman einsam, etwas verstört und an der Grenze zur depressiven Verstimmung zurück. Ich habe selten ein derartiges Szenario erlebt, welches keine Hoffnung, kein Glück und auch kein Morgen zulässt. Dieses Buch sollte man nur dann lesen, wenn man selbst das Leben bejaht und einen positiven Background hat, andernfalls zieht es einen unweigerlich in einen Strudel von negativen, traurigen Entwicklungen hinein. Dafür gibt es den Punktabzug - alles andere ist Spitzenklasse.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Von Müttern und Töchtern

Die Ungehörigkeit des Glücks
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Erzählt wird hier die Familiengeschichte dreier Frauen, in der Gegenwart und mittels Rückblenden auch in der Vergangenheit. Mary, die Großmutter leidet an Alzheimer und kehrt nach dem Tod ihres Lebensgefährten ...

Erzählt wird hier die Familiengeschichte dreier Frauen, in der Gegenwart und mittels Rückblenden auch in der Vergangenheit. Mary, die Großmutter leidet an Alzheimer und kehrt nach dem Tod ihres Lebensgefährten in den Schoß der Familie zurück. Dort erwartet sie die ablehnende Haltung ihrer Tochter Caroline und die eher aufgeschlossen, interessierte Enkeltochter Kathie. Während Caroline mit ihrer Mutter abgeschlossen hat, weil diese nie wirklich eine Mutterrolle für sie eingenommen hat, beginnt Kathie mit einem Tagebuch, welches der alten Frau ihre immer schneller schwindenden Erinnerungen zurückbringen und erhalten soll. Doch mit der Zeit müssen sich alle drei darüber klarwerden, wer sie sind, wer sie sein wollen und wer sie waren.
Auf diesen Roman und seine Geschichte habe ich mich sehr gefreut und ihn sofort nach Erscheinen auf meine Wunschliste gesetzt, weil mir sowohl die Thematik Alzheimer als auch dramatische Familiengeschichten immer große Freude bereiten und absolut in mein Beuteschema fallen. Doch so ganz hat er meine Vorstellungen nicht erfüllt, er war einfach anders als erwartet.
Meine Kritikpunkte beziehen sich zum einen auf die entworfene Nebenhandlung, die sich mit Kathies sexueller Orientierung auseinandersetzt und die 17-Jährige als ein sehr unerfahrenes, unentschlossenes Mädchen darstellt, die ihre Position im Leben und in der Liebe erst noch herausfinden muss und zum anderen auf die Vernachlässigung der Erkrankung Alzheimer, die hier nur oberflächlich als Aufhänger der Geschichte dient. Diese beiden Aspekte haben dazu geführt, dass ich für das Buch doch eine Weile gebraucht habe, weil sie den Lesefluss unterbrochen haben.
Die Pluspunkte des Romans überwiegen dennoch. Ein leichter, erzählerischer Schreibstil mit gut gewählten Schauplätzen und abwechslungsreichen Szenen bereitet generell Lesefreude. Auch die zentrale Aussage des Buches gefällt mir sehr, denn es geht in erster Linie darum, wie man es als Mutter schafft, den Balanceakt zwischen der persönlichen Freiheit und einem zuverlässigen Zuhause für die Kinder herzustellen. Welche Abstriche muss man machen? Wo sollte man sich vielleicht zurücknehmen? Und wer sagt eigentlich, was eine gute Mutter ausmacht?

Diesbezüglich erörtert der Roman sehr intensiv, gibt Denkanstöße und erhebt niemals den Zeigefinger, denn der Grundtenor geht in die Richtung: Jeder macht Fehler, niemand ist perfekt und doch kann man trotz persönlicher Schwächen ein liebenswerter Mensch sein, der um seiner selbst willen angenommen und geliebt werden sollte. Jenny Downham widmet sich ausführlich dem Verzeihen, dem Mut über den eigenen Schatten zu springen und der bestehenden Möglichkeit, auch spät im Leben eine Kehrtwende einzuschlagen.

Fazit: Ein lesenswertes Buch, welches ich dem Genre Jugendbuch viel lieber zuordnen würde, weil es die Belange und Gedanken einer Jugendlichen fokussiert und eher für junge Leser zugeschnitten ist. Eine Erzählung, die sich am Leben selbst orientiert und eigene Interpretationen zulässt. Ich vergebe eine Leseempfehlung für alle, die Familiengeschichten mögen und ein Buch für Zwischendurch suchen, denn an Nachklang fehlt es der Erzählung etwas.