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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2025

"Damals. Als es noch Bücher gab, die denken konnten."

Tomorrow Land
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"Tomorrow Land" von Antonia Michaelis und Peer Martin zeichnet eine erschreckend realistische und dystopische Zukunftsvision Europas. Es werden die aktuellen Entwicklungen aufgegriffen und das Worst Case ...

"Tomorrow Land" von Antonia Michaelis und Peer Martin zeichnet eine erschreckend realistische und dystopische Zukunftsvision Europas. Es werden die aktuellen Entwicklungen aufgegriffen und das Worst Case Szenario weiterentwickelt. Die Handlung spielt im Jahr 2084 (schön, genau 100 Jahre nach Orwells 1984 😁), Deutschland ist nicht nur wieder geteilt, auch die Diktatur hat sich wieder durchgesetzt. Es wird vor allem durch die Figur Aaron Martin (bestimmt ein zufälliger Name) immer wieder berichtet, was zwischen 2025 und 2084 passiert ist und wie es so weit kommen konnte. Dabei werden sehr viele Themen aufgegriffen: Migration, Angst vor Überfremdung, Vorurteile und Ausgrenzung, Leugnung des Klimawandels mit einer daraus folgenden Klimakatastrophe, autoritäre Strukturen, Überwachung, Sexismus resultierend aus konservativen Weltanschauungen, Gefahr von Atomwaffen und KI. Und genau da liegt für mich eins der Hauptprobleme des Buches. Es wird sehr viel angerissen und gefühlt durchgeritten. Das Buch hat ein ungemeines Tempo, 320 Seiten und so viele schwierige Themen, da kann leider nicht viel Tiefe entstehen. Auch die Figuren bleiben durch die Geschwindigkeit eher flach und teilweise sehr stereotyp. Eine wirkliche Verbindung zu den Charakteren konnte ich leider nicht aufbauen. Der Story hätten weniger Themen und mehr Seiten gutgetan.
Trotzdem ist "Tomorrow Land" brandaktuell und eine direkte Mahnung, die Zukunft aktiv mitzugestalten. Für jüngere Leser ein spannendes und lehrreiches Buch. Für eingefleischte Dystopie-Fans aufgrund der fehlenden Tiefe nur bedingt geeignet.

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Veröffentlicht am 06.09.2025

"Ohne dass man sieht, wer wirklich schuld ist, greift man nach dem einfachsten und sinnlosesten Weg, um das Elend zu beenden."

Lichterloh - Funken in der Luft
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Bei Trilogien leidet ja häufig der mittlere Band unter dem Sandwich-Kind-Phänomen, die Überraschung und Spannung vom Einstieg in das Unbekannte sind verflogen und der besondere Abschluss ist es auch noch ...

Bei Trilogien leidet ja häufig der mittlere Band unter dem Sandwich-Kind-Phänomen, die Überraschung und Spannung vom Einstieg in das Unbekannte sind verflogen und der besondere Abschluss ist es auch noch nicht. Es wirkt manchmal eher wie ein Platzhalter oder die Einleitung des letzten Bandes. Das Problem hat "Lichterloh - Funken in der Luft" definitiv nicht. Schon bei der Gestaltung bleibt die Liebe zum Detail, die mich bereits bei Band 1 begeistert hat, erhalten und wird konsequent weitergeführt. Ich habe mich gefreut, wieder in dem Steampunk-Setting anzukommen und die Figuren weiter zu begleiten. Sowohl die Protagonistin als auch alle Nebencharaktere machen noch mal eine deutliche Entwicklung durch, werden noch facettenreicher gezeichnet und berühren einfach das Herz. Ich kann mich nicht entscheiden, wen ich am liebsten mag. Die zarten Lovestorys fügen sich wundervoll in die Handlung ein und wirken völlig natürlich. Slow Burn mal wirklich ernst genommen!
Die Handlung spitzt sich weiter zu, sodass der Spannungsbogen konsequent hochgehalten wird. Die Atmosphäre wirkt phasenweise noch düsterer und bedrohlicher. Mit dem Ende des Bandes habe ich nur teilweise gerechnet, ich bin sehr gespannt auf den Abschluss der Reihe.
Auch dieser Teil zeichnet sich durch seine deutliche Gesellschaftskritik aus, erweitert diese noch um Themen wie Propaganda oder auch Loyalität. Trotz unterschiedlichster Welten, aus denen die Figuren zu kommen scheinen und der überdeutlichen Beeinflussung von außen, entstehen starke Bindungen zueinander und damit gerade eine Offenheit für die Welt und Ansichten des Gegenübers. Wieder einmal eine klare Leseempfehlung für alle Altersgruppen!

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Veröffentlicht am 06.09.2025

Dystopie? Utopie? Dystopische Utopie? Utopische Dystopie?

All Better Now
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Ich muss gestehen, ich habe bereits mehrere Bücher von Neal Shusterman in meinem Regal stehen, kam bisher aber noch nicht dazu, diese zu lesen. Daher ist "All Better Now" mein erstes Werk von ihm und ich ...

Ich muss gestehen, ich habe bereits mehrere Bücher von Neal Shusterman in meinem Regal stehen, kam bisher aber noch nicht dazu, diese zu lesen. Daher ist "All Better Now" mein erstes Werk von ihm und ich bin nicht enttäuscht, noch weitere hier stehen zu haben.
Das Buch lebt von dem einnehmenden und fesselnden Schreibstil des Autors, wodurch es sich flüssig weg lesen lässt. Wir erleben die Story aus verschiedenen Perspektiven und jeder Charakter für sich ist nachvollziehbar und komplex gezeichnet. Jede Figur hat ihre eigene Haltung zu dem Geschehen und verschiedene Grundüberzeugungen, die die unterschiedlichen Standpunkte kennzeichnen. Ich konnte jeden Charakter gefühlt teilweise verstehen, was ein inneres Dilemma erzeugt. Gerade diese Widersprüche und innere Zerrissenheit haben viele vermutlich während Corona erlebt, was hier gut aufgegriffen wird. Die Parallelen zur COVID-19-Pandemie sind offensichtlich und auch ich hatte Déjà-vus.
Klare Leseempfehlung! Ein tolles Werk, mit dem viele Geschehnisse der letzten Jahre nochmal aufgearbeitet werden können.

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Veröffentlicht am 03.09.2025

"Eines Tages wirst du die Verbindung zur Realität komplett verlieren."

Die Frau in den Fluten
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"Die Frau in den Fluten" ist mein erstes Buch von Loreth Anne White, weshalb ich völlig unvoreingenommen in die Story gestartet bin und einfach happy bin, so einen tollen Thriller gelesen zu haben.
Es ...

"Die Frau in den Fluten" ist mein erstes Buch von Loreth Anne White, weshalb ich völlig unvoreingenommen in die Story gestartet bin und einfach happy bin, so einen tollen Thriller gelesen zu haben.
Es wird sich nicht lange mit Vorgeplänkel aufgehalten, wir starten direkt mit der Fahrerflucht und lernen zügig die handelnden Personen kennen. Die Charaktere waren mir zu Beginn durch die Bank weg unsympathisch, was mich nicht daran hinderte, mit ihnen mitzufiebern und neugierig zu sein, welches Geheimnis jeder einzelne von ihnen versucht zu verbergen. Im Verlauf wurde mir Chloe immer sympathischer, ich fühlte mit ihr mit und vor allem ihre psychischen Aspekte mit bspw. ihrem Mutter-Introjekt fand ich super spannend. Als Psychologin waren aber alle Charaktere mit ihrer Bandbreite an Besonderheiten ein Fest. Daher wurde es mir nie langweilig, auch der angenehm flüssige und spannende Schreibstil trug zum konstant hohen Spannungsbogen bei.
Die Struktur mit vielen kurzen Kapiteln und genauer zeitlicher Einordnung war sehr angenehm und übersichtlich, sodass sich alles nach und nach zusammenfügte. Das Ende war keine große Überraschung, aber es ist auch schön, mal richtig zu liegen. Ich hatte definitiv schöne Lesestunden.

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Veröffentlicht am 31.08.2025

"Ich bin der Krieg, und erst wenn ich tot bin, dann ist Frieden."

Asa
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"Asa" ist mein erstes Buch von Zoran Drvenkar, daher musste ich mich in den außergewöhnlichen Schreibstil erst reinfinden und eingewöhnen. Zu Beginn war ich mir noch unschlüssig, ob ich das Buch mag oder ...

"Asa" ist mein erstes Buch von Zoran Drvenkar, daher musste ich mich in den außergewöhnlichen Schreibstil erst reinfinden und eingewöhnen. Zu Beginn war ich mir noch unschlüssig, ob ich das Buch mag oder nicht. Es ist definitiv ein Thriller der anderen Art, nicht nur durch den Schreibstil.
Wir begleiten eine Familie über mehrere Generationen hinweg, im Zentrum Asa, welche in der Gegenwart einen Rachefeldzug gegen eben diese, ihre eigene Familie führt. Ursachen liegen in einer psychischen Erkrankung einer ihrer Vorfahren, welche durch Kriege genährt, eine grausame Familientradition schuf. Asa führt nicht nur einen persönlichen Rachefeldzug, sie versucht auch, ein Generationentrauma zu überwinden. Im Buch wechselt die Handlung passend zwischen den Perspektiven und Zeitebenen, bis sich nach und nach ein Gesamtbild ergibt. Sympathie gegenüber den Figuren wird eindeutig nicht groß geschrieben. Bei den meisten Charakteren hatte ich ambivalente Gefühle oder fand sie einfach ganz unsympathisch. Wirklich ans Herz gewachsen ist mir niemand. Genau diese kühle Distanziertheit, die bei mir ausgelöst wurde, passt erschreckend gut zur Handlung.
"Asa" ist definitiv kein typischer Thriller, sondern ein fesselndes Gesamtwerk mit vielen Ebenen, Tiefe und trotzdem genug Spannung.

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