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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2024

Zu gewollt

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Marc-Uwe Kling hat sich ein sehr aktuelles Thema vorgenommen, mit dem er genau den Nerv der (deutschen) Zeit trifft.

Die 16-jährige Lena ist verschwunden. Das fällt zunächst gar nicht auf, bis ein Live-Video ...

Marc-Uwe Kling hat sich ein sehr aktuelles Thema vorgenommen, mit dem er genau den Nerv der (deutschen) Zeit trifft.

Die 16-jährige Lena ist verschwunden. Das fällt zunächst gar nicht auf, bis ein Live-Video viral geht, dass ihre Vergewaltigung zeigt. Das allein könnte schon schlimm genug sein, doch dazu scheinen die Täter, die sich dabei zu erkennen geben, auch noch einen Migrationshintergrund zu haben. Der Aufschrei ist groß und fordert lauthals Selbstjustiz, da die eigens vom BKA eingesetzte Sonderermittlerin (aus Kalkül natürlich auch mit entsprechendem familiären Background) nicht schnell genug Ergebnisse liefert.

Der Autor ist bekannt für seine Känguru-Chroniken; dafür, unbequeme Themen anzusprechen und sie in tiefschwarzen Humor zu verpacken. Diesen hat er hier zuhause gelassen, was dem Roman einiges an Charme nimmt.

Klar, das Thema ist ernst und ja, er spricht den Leser auf einer tieferen Ebene an, aber es fühlt sich streckenweise einfach zu bemüht an. Die Figuren wirken teilweise dermaßen schablonenhaft und gefühlskalt. Dem Ermittlungsplot fehlt die Inspiration (die ist ja schon an das thematische Drumrum geflossen). Und über das Ende breiten wir einfach den Mantel des Schweigens aus, das hat für mich einfach nicht gepasst.

Sollte man das Buch lesen? Meiner Meinung nach ja, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Aber vielleicht gibt es dazu auch bessere Bücher.

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Veröffentlicht am 15.09.2024

Zerstreut wie ein Teenie

Long Live Evil
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Mit Rae kann man eigentlich nur Mittleid haben. Sie ist kaum 17 Jahre alt und liegt schon mit schwerem Krebs im Krankenhaus, ihre Aussichten sind schlecht. Der einzige Ausweg, den ihr eine mysteriöse Fremde ...

Mit Rae kann man eigentlich nur Mittleid haben. Sie ist kaum 17 Jahre alt und liegt schon mit schwerem Krebs im Krankenhaus, ihre Aussichten sind schlecht. Der einzige Ausweg, den ihr eine mysteriöse Fremde bietet, ist eine Reise in ihre liebste Fantasyreihe. Sie soll eine Blume besorgen, die ihr Heilung und Leben verspricht. Doch wird es nicht ganz so leicht wie sie es sich erhofft, denn sie findet sich als ungeliebte Gegnerin in diesem Spiel wieder.

Die Idee hinter dieser Geschichte ist großartig! Wollten wir nicht alle schon einmal die Rolle des Antagonisten übernehmen, ohne Rücksicht auf Verluste oder schlechtes Gewissen? Sich eigene Verbündete aussuchen, mit gleichen Interessen oder Voraussetzungen? Rae kann das nun alles machen, immer in dem Wissen, dass es ja nur eine Geschichte ist.

Ein paar kleine Schwächen hat das Buch leider. Zum einen ist die Hauptfigur Rahela stellenweise einfach nur unerträglich jugendlich und sowohl in ihren Handlungen, vor allem aber in ihren Äußerungen furchtbar unbedacht. Dadurch wühlt sie das mittelalterliche Setting mit ihrem Jugendslang und gesellschaftsaktuellen Popkulturreferenzen total durcheinander. Über die vielen Wortwiederholungen breiten wir den Mantel des Vergessens.

Des Weiteren wissen weder wir als Lesende noch Rae selbst (die ja die Bücher angeblich gelesen hat und sich anhand deren Handlung durch ihr Abenteuer hangelt) genug, um die Handlung immer nachvollziehen geschweige denn vorhersehen zu können.

Aber darüber kann man hinweg sehen, denn die Story ist vollgepackt mit Ereignissen, sodass man kaum die Gelegenheit bekommt zum Nachdenken.

Letzlich muss man sich nur darüber im Klaren sein, dass dies kein abgeschlossener Einzelband ist, sondern der Beginn einer weiteren der unzähligen Fantasyreihen. Wer mit offenen Enden klarkommt, kann aber auch mit diesem einen Band zufrieden sein.

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Veröffentlicht am 14.08.2024

Queersein in Nigeria

Wünschen
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Chukwuebuka Ibeh hat mit seinem Debut über den Jungen Obiefuna ein Thema aufgegriffen, das mit der politischen Entwicklung im erzkonservativen Nigeria und dem 2014 verabschiedeten Gesetz über die Strafbarkeit ...

Chukwuebuka Ibeh hat mit seinem Debut über den Jungen Obiefuna ein Thema aufgegriffen, das mit der politischen Entwicklung im erzkonservativen Nigeria und dem 2014 verabschiedeten Gesetz über die Strafbarkeit gleichgeschlechtlicher Beziehungen aktueller nicht sein könnte.

Obiefuna fällt es schon immer schwer im Vergleich mit seinem fußballinteressierten jüngeren Bruder Ekene die Gunst und Anerkennung seines Vaters zu gewinnen. Als absolutes Wunschkind hält seine Mutter schon immer die schützende Hand über den zarten Jungen, bis sein Vater eines Tages einen Blick zwischen ihm und dessen Lehrling mtibekommt, der das akzeptable Maß überschreitet. Obie wird auf ein christliches Internat geschickt, wo er die konservativen Werte seines Volkes eingeprügelt bekommt. Doch auch in der Kargheit und emotionalen Einöde des Jungeninternats kann er erste Beziehunugen entwickeln, immer in der Angst entdeckt und verurteilt zu werden.

Man kann sich wohl kaum vorstellen, was die ständige Angst und Beurteilung mit der Seele und dem Innenleben eines in der Entwicklung befindlichen Jungen anstellt. Chukwuebuka hat das aber mit seiner unheimlich schönen, wenn auch teilweise ernüchternden Sprache auf beeindruckende Weise eingefangen. Er erschafft Sätze, die hängen bleiben und zeichnet damit ein Bild von Nigeria, das wenig einladend, dafür aber umso mahnender ausfällt.

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Veröffentlicht am 14.08.2024

Eine starke Freundschaft

Malnata
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Beatrice Salvioni präsentiert uns mit ihrem Debutroman eine wunderbar ergreifende Geschichte über zwei starke Mädchenfiguren im Italien der 1930er Jahre.

Francesca wächst als Tochter eines Hutfabrikanten ...

Beatrice Salvioni präsentiert uns mit ihrem Debutroman eine wunderbar ergreifende Geschichte über zwei starke Mädchenfiguren im Italien der 1930er Jahre.

Francesca wächst als Tochter eines Hutfabrikanten und einer ehemaligen Bühnenschönheit in einem streng reglementierten Haushalt auf. Ihr Alltag ist geprägt von Regeln und Gleichgültigkeit. Ganz anders Maddalena, die aufgrund ihres Aussehens und verschiedener Geschehnisse in der Vergangenheit nur als Malnata bezeichnet und von allen im Ort gemieden wird. Für beide ändert sich vieles, als zwischen ihnen erste zarte Bande einer Freundschaft entstehen, die von vielen nicht gern gesehen wird.

Beide Mädchen präsentieren starke Figuren, die für ihre Überzeugungen und Wünsche kämpfen. Doch vor allem Francesca, aus deren Sicht das Buch erzählt wird, macht im Laufe des Romans eine gewaltige Entwicklung durch. Dadurch gibt der Roman einen feministischen Einblick in die damalige Zeit eines Italiens, das vom Duce und den drohenden Afrika-Kriegen beherrscht wird.

Die geschichtliche Einordnung des Geschehens hätte für meinen Geschmack gerne etwas stärker im Vordergrund stehen dürfen. Aber auch mit dem Fokus auf dem Coming of Age-Element macht es unglaublich viel Eindruck.

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Veröffentlicht am 14.08.2024

Zu viel Satire

Content
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Ich lese gerne Gesellschaftskritik und Satire, mag es wenn man an aktuelle Themen mit Witz und angedeuteten Bedeutungen herangeht. Aber das war mir entweder zu hoch oder über meinem Niveau.

Die namenlose ...

Ich lese gerne Gesellschaftskritik und Satire, mag es wenn man an aktuelle Themen mit Witz und angedeuteten Bedeutungen herangeht. Aber das war mir entweder zu hoch oder über meinem Niveau.

Die namenlose Erzählerin arbeitet bei Smile Smile Inc., einer Firma, die sinnlosen Content am Fließband produiziert. Videos für Youtubbe, inhaltsbefreite Listen und Rankings für den alltagsmüden Doomscroller. Ihr Freund Jonas gründet Start Ups am Fließband, die keine nennenswerten Ziele verfolgen. Ihre Stadt steht kurz vor dem Zusammenbruch.

Das klingt alles nach viel Potential für einen bissigen Roman mit tiefgründigen Ansätzen. Den Anschein macht er auch immer wieder, aber irgendwie fehlte mir der rote Faden, das Ziel oder zumindest eine gewisse Richtung. Teilweise las sich das Ganze so abgedreht wie ein schlechter Trip, das Lachen blieb mir immer öfter im Hals stecken.

Das Buch mag viele Freunde oder Liebhaber finden, mich hatte es nach nicht einmal der Hälfte verloren.

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