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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.09.2023

Gruseliger Spuk in Wien - fesselnd und atmosphärisch erzählt

Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Die Totengräber-Serie 3)
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Mit dem dritten Band der „Totengräber“-Reihe rund um den Inspektor Leopold von Herzfeldt und dem Totengräber Augustin Rothmayer taucht man in ein Wien Ende des 19. Jahrhunderts ein, indem gerade der Séancen ...

Mit dem dritten Band der „Totengräber“-Reihe rund um den Inspektor Leopold von Herzfeldt und dem Totengräber Augustin Rothmayer taucht man in ein Wien Ende des 19. Jahrhunderts ein, indem gerade der Séancen und der Spiritismus en vogue sind.
Als ein ermordeter Gelehrter in einer Gruft unter dem Stephansdom aufgefunden wird, der sich unbeliebt bei Anhängern des Spiritismus gemacht hat, da er versuchte Schwindler aufzudecken, wird auch Leopold in diese spirituellen gesellschaftlichen Kreise gezogen. Schnell kommt der Verdacht auf, dass es sich bei dem Mörder um einen Geist handelt. Doch Leopold versucht einen kühlen und klaren Kopf zu behalten und den Mörder unter den Lebenden zu finden. Was jedoch einfacher gesagt ist als getan. Zudem kriselt es zwischen ihm und Julia und dann ist da noch seine Mutter zu Besuch.
Parallel dazu wird Augustin durch seine Adoptivtochter auf das Verschwinden von Waisenkindern aufmerksam gemacht und ehe sich beiden versehen, befinden sich Augustin und Leopold auf einer gefährlichen Mörderjagd, bei der sie tief in menschliche Abgründe eintauchen.

Gewohnt atmosphärisch und spannend erzählt, dauert es nicht lange, bis man von der gut konstruierten und unterhaltsamen, aber auch teils düsteren Geschichte mitgerissen wird.
Hierbei schafft der Autor es auch gekonnt, die Balance zwischen Unterhaltung bzw. privaten Momenten der Hauptpersonen und einer fesselnden Krimihandlung zu halten. Zudem werden auch geschickt historische bekannte Personen in das fiktionale Handlungsgeschehen eingebunden, sodass man sich durchaus vorstellen könnte, dass dies sich alles so hätte ereignen können.
Ebenso wird ein glaubhaftes und teils bedrückend realistisches Bild der damaligen Gesellschaft und einiger historischer Entwicklungen gezeichnet, wobei man das ein oder andere Mal schlucken muss, wenn man weiß, dass man manches nicht so weit von der Realität entfernt war bzw. welche Rolle sie im 20. Jahrhundert spielten.

Auch wenn das Erzähltempo am Anfang noch etwas gemächlich ist, nimmt die Handlung dann nach und nach an Fahrt auf, sodass man schon bald das Buch nicht mehr aus der Hand legen will. Wechselnde Erzählperspektiven, zahlreiche Wendungen und falsche Fährten halten die Spannung hoch und gipfeln in einem überzeugenden Ende. Der Epilog macht zudem schon Lust darauf, wie es weitergehen könnte.

Nicht nur Fans der Reihe und des Autors kommen hier auf ihre Kosten, auch Freunde von gut erzählten historischen Krimis mit Unterhaltungscharakter werden ihre Freude an dem Krimi haben.

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Veröffentlicht am 03.09.2023

Packender und fachlich überzeugender Thriller stammend aus der Feder von Tsokos

Mit kalter Präzision
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"Mit kalter Präzision" ist ein realistischer und solider Auftakt einer neuen True-Crime-Reihe von Michael Tsokos.
Protagonistin der vielversprechenden neuen Reihe ist Dr. Sabine Yao aus Berlin, dem ein ...

"Mit kalter Präzision" ist ein realistischer und solider Auftakt einer neuen True-Crime-Reihe von Michael Tsokos.
Protagonistin der vielversprechenden neuen Reihe ist Dr. Sabine Yao aus Berlin, dem ein oder anderem schon aus vorherigen Reihen des Autors bekannt. Tätig in der BKA-Einheit "Extremdelikte", ermittelt Yao in ihrem ersten Fall und der hat es gleich in sich. Zum einen dürfen den Ermittler keine Fehler unterlaufen, zum anderen tauchen Unstimmigkeiten in Bezug auf den Todeszeitpunkt des Opfers auf. Opfer ist die Frau eines bekannten und angesehenen Schönheitschirurg Roderich Kracht, dessen Kunden und Freunde Politiker und prominente Persönlichkeiten sind. Dementsprechend werden schnelle Ermittlungserfolge erwartet. Kracht scheint, als Täter nicht infrage zu kommen, hat er doch ein hieb- und stichfestes Alibi. Doch dann passen Totenstarre und Todeszeitpunkt nicht übereinander und auch weitere Todesfälle scheinen in Verbindung mit dem Fall zu stehen. Schnell wird Yao klar, dass sie es mit einem perfiden, kaltblütigen und medizinisch gut bewanderten Serienmörder zu tun hat, der ihr eine lebensgefährliche Falle stellt.

Wie von Tsokos gewohnt, strotzen seine Rechtsmedizinkrimis von medizinischen und kriminalistischen Fachwissen gepaart mit einem flüssigen und gut beschreibenden spannenden Schreibstil. Und genau das macht auch den Reiz an ihnen auf. Man weiß, dass man einen gut durchdachten Krimi/Thriller geliefert bekommt, bei dem man gleichzeitig noch was dazulernen kann.
Unterhaltung mit Bildungswert.

Dank der unterschiedlichen Perspektiven, darunter auch die von Dr. Paul Herzfeld und die des Täters, wird schnell Spannung aufgebaut und man gewinnt ein vielschichtiges Bild der verschiedenen handelnden Personen und der Handlung.
Mit Dr. Sabine Yao hat der Autor eine interessante, sympathische und vielschichtige Protagonistin geschaffen, die in den nächsten Bänden bestimmt noch an Kontur gewinnen wird.

Kurze Kapitel und eine gut konstruierte und wendungsreiche Handlung sorgen dafür, dass es schwerfällt, mit dem Lesen aufzuhören.
Einzig eine atmosphärisch düstere Thrillerstimmung kommt nicht so richtig auf, dazu ist der Erzählstil etwas zu beschreibend.

Trotzdem konnte der erste Band der Reihe mich begeistern und ich bin schon gespannt, auf weitere Fälle mit Dr. Sabine Yao.
Allein schon das geballte rechtsmedizinische Wissen und die realistische Darstellung der Ermittlungsarbeit machen die True-Crime-Thriller von Tsokos lesenswert.

Wer auf der Suche nach einem blutigen, atmosphärisch düsteren Thriller ist, wird hier eher nicht fündig.
Wer hingegen einen realistischen und fachlich gut recherchierten Thriller lesen will, der flüssig und packend geschrieben ist, kommt mit "Mit kalter Präzision" auf seine Kosten.

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Veröffentlicht am 23.08.2023

Ein fesselnder und realistisch überzeugender Thriller sieht anders aus

Eine glückliche Familie
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Beths Mutter ist verschwunden und hat ihren Mann und ihre zehnjährige Tochter zurückgelassen. Beth hat ihr ganzes Leben lang darum gekämpft, diesen Schmerz zu überwinden. Jetzt, dreißig Jahre später, hat ...

Beths Mutter ist verschwunden und hat ihren Mann und ihre zehnjährige Tochter zurückgelassen. Beth hat ihr ganzes Leben lang darum gekämpft, diesen Schmerz zu überwinden. Jetzt, dreißig Jahre später, hat Beth, eine geschiedene Mutter von zwei Kindern, eine erfolgreiche Karriere, viele Freunde und ist glücklich. Als ihre Mutter Alice wieder vor ihrer Haustür auftaucht und eine neue Beziehung zu Beth aufbauen will, kann sich Beth nichts Schöneres vorstellen. Doch dann beginnen seltsame Dinge in Beths Leben zu passieren...

Mit "Einer glückliche Familie" habe ich mich von Beginn an schwergetan. Es ist ein unglaubwürdiges Familiendrama mit ein paar Thrillerelementen. Mein Hauptproblem beim Lesen der schleppend, teils zu ausschweifend erzählten und vorhersehbaren Handlung war vor allem, dass mich noch die anfangs interessant klingende Geschichte in ihrer Umsetzung überzeugen konnte, noch dass ich mit der Protagonistin zu irgendeinem Zeitpunkt warm wurde.

Die Ich-Erzählerin Beth ist auf Dauer anstrengend. Sie zweifelte ständig an sich selbst, ist von Schuldgefühlen geplagt, aufgrund eines Vorfalls im Grundschulalter und fühlt sich unwürdig geliebt zu werden. Ihre ständige Litanei ist auf Dauer einfach nur nervig.
Und dann erst ihre Reaktion als ihre verschwundene Mutter Alice nach 30 Jahren plötzlich wieder auftaucht, ist alles andere als realistisch. Wenn man seine lang vermisste Mutter nach 30 Jahren an der Türschwelle vorfindet, ist man da nicht überrascht? Stellt man ihr da nicht tausend Fragen oder macht ihr irgendwelche Vorwürfe, da sie nie versucht hat, sich zu melden oder Kontakt aufzunehmen? Stattdessen heißt Beth sie mit offenen Armen willkommen, ohne großartige Fragen zu stellen und auch ihre Alarmglocken fangen nicht an zu schrillen aufgrund des zwielichtigen Verhaltens von Alice. Stattdessen macht sich Beth ständig Sorgen, dass ihre Mutter sie wieder verlassen wird.

Zudem weiß man nach schon nach weniger als der Hälfte des Buches, wohin die Reise gehen wird. Wer spannende Wendungen in der spannungsarmen und wenig temporeichen Handlung erwartet, wird bitterlich enttäuscht. Zwar werden zum Ende hin verschiedene Geheimnisse und Lügen enthüllt, wirklich schocken oder überraschen, konnte mich jedoch keine davon.

Die Inhaltsangabe von "Eine glückliche Familie" verspricht einen fesselnden Thriller, doch der Inhalt könnte nicht weiter davon entfernt sein. Ein unglaubwürdiger Handlungsverlauf und wenig überzeugende Charaktere verbunden mit einem langatmigen Erzählstil lassen den Thriller zu einem Reinfall werden.

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Veröffentlicht am 21.08.2023

Ein dystopischer Blick, der nicht ganz überzeugen kann

Der Vorweiner
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Ende des 21. Jahrhunderts ist von Europa nur noch Resteuropa übrig, in dem auch Deutschland aufgegangen ist. Die Bevölkerung ist in eine Nieder- und eine Oberschicht gegliedert. Die Oberschicht ist nicht ...

Ende des 21. Jahrhunderts ist von Europa nur noch Resteuropa übrig, in dem auch Deutschland aufgegangen ist. Die Bevölkerung ist in eine Nieder- und eine Oberschicht gegliedert. Die Oberschicht ist nicht mehr in der Lage Gefühle zu zeigen und stellt deswegen Vorweiner, Trauergastarbeiter, in ihren Dienst, die auch bei den ihnen mit ihm Haus leben. Die Vorweiner übernehmen die Aufgabe öffentlich Trauer zu zeigen, für diejenige Person, für die sie tätig sind. Sie sind selbst Flüchtlinge, die nach Resteuropa wollen, da ihre eigenen Länder von Bürgerkriegen und Naturkatastrophen zerstört wurden.
Einblicke in diese gefühllose dystopische Welt erhält man durch die Protagonisten des Romanes A wie Anna, ihrem Vorweiner und B wie Berta.
Berta erzählt aus ihrer Perspektive die Geschichte ihrer Mutter Anna, wodurch man auch das Leben und die Gesellschaft an sich im Resteuropa kennenlernt. Das Leben und die Gesellschaft sind von Zerstreuung, fehlender Emotionalität und Grausamkeiten, die keinen wirklich mehr berühren, geprägt.

Auch wenn der eigenwillige und etwas abstruse Roman in einer fernen Zukunft spielt, besitzen die angesprochenen Themen, wie Flüchtlingskrise und Fake-News, Aktualitätsbezug.
Anfangs liest sich Bjergs dystopischer Blick auf Deutschland, Europa und die restliche Welt noch interessant, doch mit zunehmender Seitenzahl wirken manche Romanelemente ermüdend.
Die einzelnen Kapitel sind ähnlich eines Filmskripts aufgebaut und so bekommen die verschiedenen Erzählstränge auch einen episodenhaften Charakter. Das führt dazu, dass der Roman inhaltlich oberflächlich bleibt und sich eher in Belanglosigkeiten verliert. Es soll wahrscheinlich die emotionale Verarmung der Gesellschaft widerspiegeln, ein flüssiger Lesefluss, der das Interesse an der Geschichte hochhält, entsteht dadurch nicht gerade.
Darüber hinaus waren mir manche Textpassagen auch zu derb formuliert oder erschlossen sich mir auch nicht so wirklich in ihrem Sinn. Vielleicht ist es aber auch genau der Sinn der Handlung, dass sie stellenweise keinen Sinn ergibt...

Die Stärke des Romanes liegt für mich in seiner, wenn auch etwas befremdlichen, dystopischen Version und in seinen einzelnen starken Szenen, die jedoch leider nicht im Gesamtpaket überzeugen konnten.

"Der Vorweiner" ist ein sprachlich und inhaltlich gewagter Roman, der eine interessante dystopische Welt beschreibt. Er fängt stark an, verliert sich dann aber enttäuschenderweise etwas in Absurditäten und Belanglosigkeiten, sodass er es nicht schafft sein ganzes Potenzial auszuschöpfen.
Stilistisch und sprachlich ist der Roman durchaus interessant, jedoch fehlt mir die emotionale Wucht und die inhaltliche Stärke, die ich mir erhofft habe.

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Veröffentlicht am 12.08.2023

Solider japanischer Krimi

Mord auf der Insel Gokumon
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"Mord auf der Insel Gokumon" folgt dem Schema eines klassischen Kriminalromans mit dem Privatermittler Kosuke Kindaichi als Protagonisten. In diesem Teil der Serie trifft man auf Kosuke Kindaichi im Japan ...

"Mord auf der Insel Gokumon" folgt dem Schema eines klassischen Kriminalromans mit dem Privatermittler Kosuke Kindaichi als Protagonisten. In diesem Teil der Serie trifft man auf Kosuke Kindaichi im Japan der Nachkriegszeit, mehrere Jahre nach dem Fall der Honshin-Morde, und auf dem Weg zur abgelegenen Insel Gokumon. Die Insel Gokumon, die Gerüchten zufolge von Generationen von Piraten und Sträflingen bewohnt wird, ist auch die Heimat von Chimata Kito, einem auf einem Truppentransportschiff gestorbenen Soldaten und Erbe einer reichen Fischerfamilie auf der Insel. Kurz bevor seinem Tod bittet Chimata Kosuke, die Insel zu besuchen und seine drei Stiefschwestern vor einer Prophezeiung und ihrer drohenden Ermordung zu retten. Dies setzt eine Kettenreaktion von seltsamen und grausamen Ereignissen in Gang, von dem Moment an, in dem Kosuke die Insel betritt, bis hin zum Ende, wenn der oder die Schuldigen entlarvt werden.

Wer ein Fan von Agatha Christie ist, wird wahrscheinlich Gefallen an diesem soliden Kriminalroman finden.
Dieses Buch wurde in den 1950er Jahren geschrieben, und der Stil eines allwissenden universellen Erzählers, der immer wieder die vierte Wand durchbricht, um mit dem Leser zu sprechen, ist ziemlich typisch für diese Zeit. Die Geschichte ist sehr stark in der japanischen Kultur und Geschichte verwurzelt, was, wenn man dieser nicht so sehr vertraut ist, nicht so leicht zu verstehen ist. Trotzdem schafft es der Autor, die Szenerie und die Stimmung auf der Insel Gokumon gut herüberzubringen.
Es ist ein klassischer Krimi der alten Schule, mit all den falschen Fährten, den dramatischen und mehr oder weniger plausiblen Enthüllungen und den Hinweisen, die über die ganze Geschichte verteilt sind.
Anfangs braucht die Handlung jedoch etwas, bis sie wirklich in Gang kommt. Es werden viele Figuren auf einmal eingeführt werden, wodurch es etwas schwierig, den Überblick zu behalten. Auch der Spannungsaufbau leidet etwas darunter. Trotz des etwas trockenen Schreibstils, schafft der Krimi dennoch zu fesseln und Neugierde für des Rätsels Lösung zu wecken, auch wenn die Auflösung etwas zu verworren, das Motiv hinter den Verbrechen ist für mich nicht so ersichtlich.
Außerdem ist es sinnvoll, die "Die rätselhaften Honjin-Morde" davor gelesen zu haben, da oftmals Bezug auf die Handlung bzw. die Morde genommen wird. Notwendig ist es jedoch nicht.

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