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Veröffentlicht am 18.06.2023

Starke Frauen im alten Pompeij - spannungsarm erzählt

Die Wölfe von Pompeji
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"Die Wölfe von Pompeij" ist ein interessanter, aber spannungsarmer historischer Roman, der einen Einblick in das Leben der Frauen in einem Bordell in der antiken Stadt Pompeji liefert.

Von ihrer Mutter ...

"Die Wölfe von Pompeij" ist ein interessanter, aber spannungsarmer historischer Roman, der einen Einblick in das Leben der Frauen in einem Bordell in der antiken Stadt Pompeji liefert.

Von ihrer Mutter in die Sklaverei verkauft und zur Prostitution gezwungen, sehnt sich Amara nach einem Leben als freie Frau und dafür kämpft sie. Als Prostituierte ist sie gezwungen, ihren Körper für einen Mann zu verkaufen, den sie verachtet. Doch Amara versucht mittels ihrer Bildung und ihren unerbittlichen Überlebenswillen, einen Weg in die Freiheit zu finden. Die Mittel, die sie dabei wählt, lassen sie jedoch nicht immer in einem sympathischen Licht erscheinen, was sie jedoch authentischer erscheinen lässt.
In der Charakterisierung von Amara und den anderen Frauen liegt die Stärke des Romans, auch wenn manche Nebencharaktere etwas zu eindimensional dargestellt wurden. Ebenso scheut die Autorin nicht davor zurück, die harte Realität des Lebens im Bordell zu erkunden. Sexuelle, emotionale und körperliche Gewalt sind an der Tagesordnung für die Frauen, die alle wie Waren behandelt werden. Doch gibt es auch schöne Momente für die Frauen. So gibt es Momente der Liebe und des Lachens zwischen ihnen allen, sie feiern Feste und besuchen gemeinsam die Gladiatorenkämpfe. Aber auch Eifersucht und Bitterheit prägen ihr Leben.

Die Geschichte spielt vor der Kulisse von Pompeji, aber die Autorin schafft es leider nicht ganz, die damalige Zeit und die Stadt lebendig werden zu lassen. Als Leser*in bewegt man sich in Amaras Welt, die sich vorwiegend um das Bordell und ihre Bewohner dreht, sodass man nicht viel von außerhalb mitbekommt. Trotzdem hätte eine Ausweitung auf die umliegende Stadt geholfen, der Geschichte als Ganzes etwas mehr Seele und historisches Flair zu verleihen. So hatte man, abgesehen von den Nennungen der römischen Götter und von Gladiatoren, nicht wirklich den Eindruck, der Roman würde in der Antike spielen.
Zudem schreitet die Handlung nur sehr langsam voran. Der Roman ist stark von den Charakteren geprägt, und der Schwerpunkt liegt auf der Erforschung des Lebens dieser Frauen. Dennoch hat man beim Lesen das Gefühl, dass nicht wirklich viel an Handlung passiert. Das Erzähltempo nimmt erst zum Schluss hin etwas an Fahrt auf, um dann jedoch in einem vorhersehbaren und etwas unrealistischen Ende zu enden.

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Veröffentlicht am 20.05.2023

Danny goes west – ruhige, aber dennoch fesselnde Fortsetzung

City of Dreams
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"City of Dreams" ist ein wilder sowie ein zugleich kurzweiliger und fesselnder Ritt, der nahtlos an den ersten Band "City on Fire" der Mafia-Trilogie rund um Danny Ryan anknüpft. Für besseres Verständnis ...

"City of Dreams" ist ein wilder sowie ein zugleich kurzweiliger und fesselnder Ritt, der nahtlos an den ersten Band "City on Fire" der Mafia-Trilogie rund um Danny Ryan anknüpft. Für besseres Verständnis der Handlung ist es deshalb von Vorteil, den ersten Band im Vorfeld gelesen zu haben, bevor man mit dem zweiten anfängt.

Wie schon aus dem ersten Band bekannt, wird die Gangster-Geschichte aus der Sicht verschiedener Perspektiven atmosphärisch und bildlich erzählt und die Ereignisse passieren Schlag auf Schlag, im wahrsten Sinne des Wortes.

Danny Ryan ist auf der Flucht und versucht, dem kommenden Zorn der italienischen Mafia zu entgehen. Er und die Iren haben den Bandenkrieg verloren und er hat beschlossen, dass es an der Zeit ist, sich und den Rest seiner Familie aus Providence zu retten, bevor es zu spät ist. Da sowohl das FBI als auch die italienische Mafia ihm auf den Fersen sind, ist es die Regierung, die den ersten Kontakt zu Danny aufnimmt. Er bietet der Regierung an, ihr bei der Zerschlagung eines mexikanischen Kartells zu helfen, und zwar so, dass es für Danny Millionen wert wäre und er eine weiße Weste hätte. Ein Angebot, das er nur schwer ausschlagen kann, vor allem, wenn der Kontaktmann des FBI andeutet, dass das Leben aller seiner irischen Freunde und seiner Familie ernsthaft in Gefahr wäre, sollte er ablehnen. Während also Danny nach Westen geht, bleibt sein Gegenspieler Peter Moretti in Providence und sinnt auf Rache. Das Problem für Danny ist, dass er überall beobachtet wird und es gar nicht so einfach ist, unauffällig zu bleiben.

Die Handlung spielt diesmal größtenteils in Arizona, Nevada und Kalifornien (vor allem in Hollywood) und bewegt sich in einem rasanten Tempo vorwärts.
Dem Mafia-Thriller merkt man deutlich an, dass es sich um ein Bindeglied zwischen dem ersten Band und dem letzten Band, in dem es wohl oder über zu einem großen und blutigen Finale kommen wird, handelt.
Es steht eindeutig die Flucht von Danny & Co. und wie sich versuchen sich ein neues Leben aufzubauen im Vordergrund. Alles wird etwas ruhiger erzählt, es weniger action- und energiegeladen als im ersten Band. Für einen Thriller über die Mafia, ist das Buch vergleichsweise zahm, dennoch ist unterschwellig eine gewisse Bedrohung spürbar, die bestimmt in Band 3 vollständig zu Entfaltung kommen wird.
Das bedeutet jetzt aber nicht, dass handlungstechnisch nichts Großartiges passiert, ganz im Gegenteil. Liebschaften, Geschäfte, Auftragsmorde und die Familie spielen wieder eine große Rolle. Nebenbei erfährt man auch mehr über Danny und die anderen seiner Bande und lernt, was sie antreibt.

In "City of Dreams" stellt Don Winslow gekonnt und durchaus spannend die Weichen für einen fesselnden und wendungsreichen Showdown im finalen 3. Akt der Trilogie der Danny-Ryan-Reihe. Fans des ersten Bandes werden auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen.

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Veröffentlicht am 20.05.2023

Oberflächliche und spannungsarme Umsetzung eines interessanten Themas

Idol in Flammen
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"Idol Burning" von Rin Usami gibt den Leser*innen einen Einblick in die Fankultur und die obsessive Verehrung von berühmten Persönlichkeiten.

Erzählt wird die überraschend spannungs- und handlungsarme ...

"Idol Burning" von Rin Usami gibt den Leser*innen einen Einblick in die Fankultur und die obsessive Verehrung von berühmten Persönlichkeiten.

Erzählt wird die überraschend spannungs- und handlungsarme Geschichte aus der Sicht der Schülerin Akari, deren Gedanken sich nur um Masaki Ueno drehen, einem ehemaligen Kinderschauspieler und jetzt Mitglied der Boyband J-Pop. Ihr ganzes Leben ist von ihrer exzessiven Hingabe zu ihrem Fan-Idol geprägt, das sich auch in ihrem Zimmer widerspiegelt, das immer mehr einem Schrein für Masaki gleicht. Ebenso verwendet Akari ihr Geld, um Konzerte von J-Pop zu besuchen und Fanartikel zu kaufen und sie widmet Masaki einen Blog, in dem sie sich mit anderen Fans austauscht.
Als Anschuldigen gegenüber Masaki auftauchen, dieser sei gewalttätig gegenüber einem weiblichen Fan geworden, ändert dies zunächst nichts in ihrer Begeisterung für Masaki. Sie ist eher traurig, dass ihm so viel Hass entgegenschlägt. Aufgrund ihrer obsessiven Beschäftigung mit ihrem Idol, verschlechtern sich ihre Noten sowie ihre Beziehung zu ihrer Familie, da diese nicht verstehen können, woher Akaris Desinteresse für alles, was nicht mit Masaki zu tun hat, kommt. Die Ablehnung und Entfremdung von ihrer Familie führt dazu, dass sie sich nur noch mehr mit Masaki beschäftigt.

Das Thema Fankultur und die Folgen von obsessiver Fanleidenschaft hat mein Interesse an "Idol Burning" geweckt, doch leider wurden meine Erwartungen enttäuscht. Dem Roman fehlt es vor allem an charakterlicher und inhaltlicher Tiefe. Zudem ist der Schreibstil eher distanziert und zurückhaltend, wodurch das Desinteresse im Verlauf der Geschichte immer weitere zunimmt.

Akari als Protagonistin bleibt blass und unscheinbar. Sie ist eine leere Persönlichkeit, was vielleicht auch Absicht sein soll, da sie vom Leben eines anderen besessen ist. Doch ihr Verständnis von Masaki ist unglaublich verzerrt, da sie ihn nicht als Menschen, als Entertainer, sieht, sondern ihm göttliche Eigenschaften zuschreibt. Ihr Umgang mit ihrer Familie ist frustrierend, da sie sich nicht besonders um sie zu kümmern scheint und nicht versteht, dass sie nicht allein von ihrer Hingabe leben kann. All das führt dazu, dass man nicht wirklich eine emotionale Verbindung zu ihr aufbauen kann.

Des Weiteren fehlte mir auf inhaltlicher Ebene eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema Fandomkultur und obsessives Fanverhalten. So werden die Anschuldigungen gegenüber Masaki nicht weiterverfolgt, auch im Zusammenhang damit, bleibt das Thema cancel culture oder haters unerwähnt.
Besonders dass auf die parasoziale Beziehung von Akari zu Masaki nicht näher eingegangen wird, fand ich enttäuschend. Die Geschichte als Ganzes hat so viele vielschichtige Themen zu bieten und keines davon wurde auch nur annähernd näher beleuchtet.

Aufgrund des interessanten Themas habe ich eine dunklere, komplexere Lektüre erwartet und nicht eine so oberflächliche und inhaltslose wie "Idol Burning", sodass ich nicht wirklich eine Empfehlung aussprechen kann.

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Veröffentlicht am 20.05.2023

Atmosphärisch und bewegend erzählte Geschichte über Liebe, Familie und Verlust

So weit der Fluss uns trägt
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"So weit der Fluss uns trägt" ist ein stimmungsvoller und bildreich erzählter Roman, der über vier Jahrzehnte des Lebens von Victoria Nash erzählt und in einem bewegenden Ende gipfelt. Es ist ein berührende ...

"So weit der Fluss uns trägt" ist ein stimmungsvoller und bildreich erzählter Roman, der über vier Jahrzehnte des Lebens von Victoria Nash erzählt und in einem bewegenden Ende gipfelt. Es ist ein berührende Geschichte über Liebe, Verlust, Heimat und Familie.

Zum ersten Mal begegnet man ihr in den 1940er-Jahren als sie 17 Jahre alt ist und nach dem Tod ihrer Mutter den Haushalt der Familie in Iola, Colorado führt. Als einzige Frau muss sie nun kochen, putzen und sich um ihre männlichen Verwandten kümmern, während diese auf der Pfirsichfarm der Familie arbeiten. Eine zufällige Begegnung mit Wilson Moon, einem jungen Fremden, der nicht dazugehört, wird das Leben der beiden für immer verändern.
Wilson Moon ist ein junger Herumtreiber mit einer mysteriösen Vergangenheit, der aus seinem Stammesland in der Region Four Corners vertrieben wurde. Als Victoria Wilson an einer Straßenecke begegnet, fühlen sich beide direkt zueinander hingezogen. Doch ihre gemeinsame Verbindung birgt neben leidenschaftlichen Gefühlen auch Gefahren für beide. Als es zu einer Tragödie kommt, flieht Victoria in die schöne, aber raue Wildnis der nahe gelegenen Berge. In einer kleinen Hütte kämpft sie ums Überleben, ohne eine klare Vorstellung von ihrer Zukunft zu haben. Über die Jahre begibt sie sich auf die Suche nach alldem, was sie verloren hat.

Neben der Protagonistin Victoria Nash, ist auch die atmosphärisch und detailliert beschriebene Landschaft ein wichtiger Teil der bewegend erzählten Geschichte.
Der Roman versetzt einem von Beginn an in eine Zeit ein, in der Frauen weniger Rechte hatten und von den Männern nur für als zuständig, für den Haushalt angesehen wurden. Ebenso war sie von Diskriminierung und Rassismus geprägt. Auch wenn die Themen des Buches keine leichten sind, so fliegt man dank des flüssigen und lebendigen Schreibstils nur so durch die Seiten.

Was mir weniger gut gefallen hat, ist, dass manchen Ereignissen sehr viel Raum gegeben wurde, während andere zu schnell überflogen werden. So blieb trotz der an sich vielschichtigen Charakterzeichnung mancher Charakter in seiner Darstellung leider etwas oberflächlich. Ein paar mehr Seiten hätte der Geschichte an der ein oder anderen Stelle gutgetan.

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Veröffentlicht am 12.05.2023

Die Schattenseiten der Filmindustrie - eindringlich erzählt

Komplizin
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"Komplizin" von Winnie M Li ist ein eindringlicher und solider Roman über sexuelle Übergriffe in der Filmindustrie, der sich gut in die #MeToo-Bewegung einfügt, jedoch etwas Zeit braucht, um in Schwung ...

"Komplizin" von Winnie M Li ist ein eindringlicher und solider Roman über sexuelle Übergriffe in der Filmindustrie, der sich gut in die #MeToo-Bewegung einfügt, jedoch etwas Zeit braucht, um in Schwung zu kommen.

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Sarah Lai, deren chinesisch-stämmige Eltern ein China-Restaurant in New York besitzen. Sarah arbeitet an einem College in New York als Filmdozentin, doch das war nicht immer so. Sie war schon immer ein größer Fan der Filmwelt und hat seit jungen Jahren davon geträumt, in der Filmbranche tätig zu sein. Als sie sich auf eine Stellenausschreibung für eine kleine Arthouse-Produktionsfirma bewirbt, wird sie als Praktikanten dort eingestellt und ihr Traum scheint wahr zu werden. Mit der Zeit übernimmt sie immer mehr Aufgaben und bald fällt ihr Talent Hugo North, Milliardär und später auch Investor für die Arthouse-Produktionsfirma, auf. Als sie für einen Filmdreh nach Hollywood geht, um dort an einem Film für ihre Produktionsfirma zu arbeiten, scheint der Erfolg zum Greifen nah. Doch die dunklen Seiten von Hugo Norths Charakter treten immer mehr hervor, wie auch seine sexuellen Übergriffe Norths ihr sowie anderen Frauen gegenüber. Nach Ende des Filmdrehs kehrt Sarah zurück nach New York und kehrt der Produktionsfirma nach der Übernahme durch North den Rücken. Zehn Jahre später, kontaktiert sie ein Journalist, der mehr über sie und ihre gemeinsame Zeit mit Hugo North wissen will. Während Sarah von den dunklen und schmutzigen Geheimnissen der Branche erzählt, wird ihr klar, dass sie selbst vielleicht nicht ganz unschuldig damals war.

Die Stärke des Romans liegt eindeutig in seiner detaillierten Beschreibung der patriarchischen, sexistischen und diskriminierenden Zuständen in der Filmindustrie. Der Autorin gelingt es gut, Sarahs Schuldgefühle und deren Komplexität einzufangen, und zwar in Bezug einerseits darauf, einen sexuellen Übergriff erlebt zu haben und andererseits in ähnlichen Situationen geschwiegen zu haben, zum Schaden anderen Frauen. Es wird hierbei ein vielschichtiges Bild der unterschiedlichen Charaktere und ein durchaus realistisches Bild der Filmbranche gezeichnet, ohne dabei in Polemik zu verfallen.
Die Schlagkraft des interessant und differenziert beschriebenen Themas würde insgesamt jedoch von einem mehr packenden und besonders am Anfang höheren Erzähltempo durchaus profitieren. So schaffte es die Autorin leider nicht, mich von der ersten Seite so zu fesseln, wie ich mir das erhofft habe. Anfangs werden mir zu viele Nebensächlichkeiten erzählt, wohingegen ich mir zum Ende hin es mir etwas an Tiefe fehlte.

Trotzdem ist "Komplizin" ein lesenswerter und inhaltlich fesselnder Roman, der schonungslos die dunklen Seiten der Filmindustrie aufdeckt.

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