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Veröffentlicht am 04.04.2021

Ergreifendes und spannendes Leseerlebnis

Die Buchhändlerin
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Der Roman „Die Buchhändlerin“ von Ines Thorn spielt in den 40er Jahren in Frankfurt und handelt von der jungen Christa, die zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Onkel Martin in einer Wohnung über der familieneigenen ...

Der Roman „Die Buchhändlerin“ von Ines Thorn spielt in den 40er Jahren in Frankfurt und handelt von der jungen Christa, die zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Onkel Martin in einer Wohnung über der familieneigenen Buchhandlung Schwertfeger lebt und in ihrer Freizeit oft im Laden aushilft. Christa liebt alles, was mit Literatur und Büchern zu tun hat und träumt davon, Literaturwissenschaft an der Uni Frankfurt zu studieren. Als Martin von einer Nachbarin denunziert wird, weil er angeblich entartete Bücher verkauft, kommt er als politischer Häftling ins Konzentrationslager und die Buchhandlung wird von den Nazis enteignet. Als er nach dem Krieg entlassen wird, ist er zwar psychisch und körperlich verändert, steckt aber seine ganze Energie wieder in die Buchhandlung und eröffnet sie neu. Auch für Christa ändert sich nach dem Krieg vieles, da sie ihre eigenen Interessen aus familiären Gründen zurückstecken und auf viele Dinge, die sie gerne machen möchte, verzichten muss. Sie lässt die Menschen, die sie dringend brauchen, nicht im Stich und hilft, wo sie kann.
Ines Thorn schafft es, den Leser von Anfang an zu fesseln. Spannend und authentisch, mit ihrem sehr angenehmen und lebendigen Schreibstil nimmt sie einen mit in die Zeit unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg. Mich hat vor allem beeindruckt, dass Christa immer nach vorne geschaut und nie aufgegeben hat, egal wie aussichtslos die Situation war. Die Autorin hat die historischen Hintergründe sehr gut recherchiert und man hat das Bild des vom Krieg gezeichneten Nachkriegsdeutschland exakt vor Augen: die zerstörten Häuser, die Armut und die Menschen, die mit vereinter Kraft versuchen, Frankfurt wieder lebenswert zu machen. Die Charaktere der Geschichte sind sehr gut beschrieben und man fiebert mit ihnen regelrecht mit.
Auch das Buchcover finde ich sehr gelungen, Es passt hervorragend zum Inhalt und ist ein echter Eyecatcher. Es zeigt eine sehr selbstbewusste und stolze Frau, die ein Buch an ihr Herz drückt. Im Hintergrund sieht man eine Buchhandlung mit vielen Büchern in der Auslage.
Alles in allem hat mich der Roman emotional sehr bewegt und überzeugt, und ich kann ihn definitiv weiterempfehlen. Eine Fortsetzung wäre wünschenswert.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Spannender Roman, der zum Nachdenken anregt

Freiflug
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Der Roman „Freiflug“ von Christine Drews erzählt eine teils fiktive und teils wahre Geschichte. Es ist die Geschichte zweier Frauen, die in den 70er Jahren um die Gleichberechtigung der Frau kämpfen:

Die ...

Der Roman „Freiflug“ von Christine Drews erzählt eine teils fiktive und teils wahre Geschichte. Es ist die Geschichte zweier Frauen, die in den 70er Jahren um die Gleichberechtigung der Frau kämpfen:

Die Anwältin Katharina Berner, die aus einer reichen Unternehmerfamilie stammt, hat gegen den Willen ihres Vaters Jura studiert und arbeitet in einer großen renommierten Kanzlei in Köln. Da sie die einzige Frau im Kollegium ist, stehen oft sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, frauenfeindliche Sprüche oder Diskriminierungen seitens ihrer männlichen Kollegen auf der Tagesordnung. Auch ihr Gehalt ist um einiges geringer, obwohl sie ihr Staatsexamen mit Bestnoten abgeschlossen hat. Katharina hält es nicht mehr aus und macht sich selbstständig.

Zeitgleich sucht die 20jährige Rita Maiburg, eine Stelle als Pilotin. Der kleine Betrieb in München, in dem sie erstklassig ausgebildet wurde und als Co-Pilotin gearbeitet hat, musste schließen, und seitdem ist sie arbeitslos. Rita bewirbt sich bei der Lufthansa, bekommt jedoch einen Ablehnungsbescheid „da weibliche Flugzeugführerinnen in unserer Gesellschaft aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zum Einsatz kommen“ (Seite 72). Diese Begründung nimmt Rita jedoch nicht hin und entschließt sich, gegen die Lufthansa und die Bundesrepublik Deutschland zu klagen. Sie sucht sich eine Anwältin, die bereit ist, mit ihr für die Gleichberechtigung zu kämpfen: Katharina Berner.

Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht von Katharina und Rita erzählt und gibt sowohl Einblick in deren Leben als auch in die Rolle der Frau in den 70er Jahren. Mir hat sehr gut gefallen, dass beide Frauen immer nach vorne geschaut und nicht aufgegeben haben, für die Gerechtigkeit und die Gleichberechtigung der Frau zu kämpfen. Es ist manchmal kaum zu fassen, wie sehr sich die Frauen ihren Männern unterordnen und ihre Rolle als Hausfrau und Heimchen am Herd spielen mussten – ob sie wollten oder nicht. Ich habe mich beim Lesen immer wieder gefragt, warum die Frauenbewegung nicht schon viel früher und heftiger eingesetzt hat. Warum haben die meisten Frauen alles mit sich machen lassen? Warum haben sie sich nicht gewehrt? Ich war fassungslos, als ich die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Rechtslage bezüglich der Schuldfrage im Falle einer Ehescheidung gelesen habe (Seite 93) und bin froh, dass sich diesbezüglich schon sehr viel in der Rechtsprechung geändert hat.

Als ich das Buch zum ersten Mal in den Händen hielt, sind mir gleich der raue Einband und das dunkelblaue, edle Lesebändchen aufgefallen. Man sieht aus der Vogelperspektive eine Frau, die mit großen Schritten neben einem gelben Streifen geht, der von links unten über den ganzen Einband nach oben führt. Rechts vor ihr erkennt man, leicht verschwommen, ein kleines Flugzeug. Der Streifen erinnert mich an eine Landebahn, die Frau an eine Stewardess (oder Pilotin?), und das Papier des Bucheinbandes könnte die (raue) Männerwelt darstellen. Man könnte schon einiges in das Buch hineininterpretieren, bevor man es überhaupt gelesen hat. Toll gemacht!

Auch wenn der Roman nicht nur von der Pilotin Rita Maiburg handelt und mehrere fiktive Geschichten rund um die beiden Protagonistinnen beinhaltet, hat mich das Buch von der ersten Seite an fasziniert und gefesselt. Christine Drews vermittelt den Leser*innen in einer sachlichen klaren und schnörkellosen Sprache, dass man niemals aufgeben sollte, auch wenn die Situation noch so hoffnungslos erscheint. ‚Freiflug‘ ist ein Buch, das Mut macht, weiter für die Gleichberechtigung zu kämpfen, sich selbst zu verwirklichen, ein Roman, der sehr zum Nachdenken anregt und der noch lange nachhallen wird.

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