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Veröffentlicht am 18.06.2023

Schöne Strandbadlektüre

Das Strandbad am Wolzensee
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Luisa von Rochlitz lebt mit ihrer Familie im Sommersitz am Wolzensee. Der Zweite Weltkrieg hat der Familie Vermögen, Grundbesitz und Wohnhaus von den russischen Besatzern genommen. Das Familienoberhaupt ...

Luisa von Rochlitz lebt mit ihrer Familie im Sommersitz am Wolzensee. Der Zweite Weltkrieg hat der Familie Vermögen, Grundbesitz und Wohnhaus von den russischen Besatzern genommen. Das Familienoberhaupt und der jüngste Bruder haben den Krieg nicht überlebt. Luisas Mann ist schwer traumatisiert und verwundet aus dem Krieg heimgekehrt. Ihr älterer Bruder gilt noch als vermisst. So nimmt Luisa mit Hilfe ihrer Schwiegermutter die Geschicke der Familie in die Hand. Sie muss Geld verdienen, um neben ihrem Mann auch ihre eigene Mutter, ihre Schwägerin und deren Sohn über die Runde zu bringen. Langsam geht es im Deutschland zu Beginn der 50er Jahre wieder aufwärts. Von daher kommt Luisa auf die Idee am Wolzensee ein Strandbad zu eröffnen, das ihrer Familie das Überleben sichern sollen. Mit viel Kreativität und Geschäftssinn und mit der tatkräftigen Unterstützung des handwerklich begabten Paul Rößler stürzt sie sich in die neue Aufgabe gegen immer wieder neue Widerstände. Gibt es für Luisas Träume eine Zukunft? Und gibt es für sie die Chance auf ein wenig Glück in dieser für ihre Familie nicht einfachen Zeit?
Es gelingt der Autorin mit ihren Beschreibungen des Treibens am Wolzensee auf der einen Seite die herrlich unbeschwerte Zeit eines Kindheitssommers heraufzubeschwören: Badevergnügen, Treetbootfahren, erfrischende Brause in heißen Sommern – und das alles vor einer landschaftlich reizvollen Kulisse eines unberührten Fleckchens Natur. Auf der anderen Seite packen den Leser aber die immer aufs Neue packenden Wendungen des Schicksals der Bewohner am Wolzensee. Die Figurenkonstellation ist geschickt gewählt, dass Spannung, Drama und Gefühl die Handlung stets weiter vorantreiben und der Leser sich von der Geschichte packen lässt. Lediglich gegen Ende wird es mir dann doch ein wenig zu melodramatisch und die den Jahreszeiten so sehr verpflichtete heimelige Atmosphäre geht ein wenig im Sturm der Gefühle und dem Hin- und Hergeworfensein der Protagonisten unter. Hier wäre unter Umständen Weniger mehr gewesen. Aber auf jeden Fall gute Unterhaltung für die Stunden auf der Liegewiese, wenn man sich ab und an eine Abkühlung im See gönnen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 28.04.2024

Nette Sommergeschichte

Die Kranichfrauen
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Die Freundinnen Anna und Paula erleben einen ereignisreichen Sommer am Ammersee zur Zeit der amerikanischen Besatzung in München. Sie sollen für die Amerikaner ein Sommercamp auf dem Gelände des ehemalgen ...

Die Freundinnen Anna und Paula erleben einen ereignisreichen Sommer am Ammersee zur Zeit der amerikanischen Besatzung in München. Sie sollen für die Amerikaner ein Sommercamp auf dem Gelände des ehemalgen Yachtclubs von Paulas Vater errichten. Dort lehren sie die Kinder Segeln, Schwimmen, aber auch Nähen und allerlei Dinge über die Natur. Und lernen dabei auch etwas über sich selbst und ihre Träume vom Leben: Anna möchte Boote bauen, Paula Lehrerin werden, nicht ganz einfach in einer Zeit, als die Männer langsam aus dem Krieg wiederkehrten und ihre alte Rolle in der Gesellschaft zurückverlangten, während sie die Frauen wieder auf die ihnen angestammten Plätze in Kirche, Küche und bei den Kindern zurückverwiesen.
Am Anfang entwickelt sich die Story etwas schleppend, aber zunehmen nimmt sie an Fahrt und auch an Tiefe auf. Aus den Figurenkonstellationen ergeben sich spannende Ent- bzw. Verwicklungen um Liebe, Sehnsucht und Selbstverwirklichung. Die beiden Mädchen treffen auf Kriegsheimkehrer, einen Juden, der ins gelobte Land auswandern möchte, aber Angst vor dem Wasser hat und auf die Amerikaner, die mit dem Bewusstsein der siegreichen Besatzer den Deutschen ein amerikanischen Lebensgefühl vermitteln, aber auch die Sonnenseiten des Siegers auskosten wollen. So beanspruchen sie die „Kranich“, Paulas geliebtes Segelboot, als Siegestrophäe für sich. Das kann Paula nicht zulassen, und mit Anna schmiedet sie einen Plan.
Mit gut leserlichem Ton, wenn auch manchmal mit ein wenig einfacher Rührseligkeit schreibt die Autorin mit dem Roman „Die Kranichfrauen“ einen netten, unterhaltsamen Sommerroman, der dem Leser das Lebensgefühl und die Stimmung im Nachkriegsdeutschland mit besonderem Blick für die sich wandelnde Rolle der Frau vermittelt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.04.2024

Ungeheurlich

Der Teufel von Tempelhof
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ist weniger der Mord als der Grund, warum er geschah.
Die Krimi-Reihe um Leo Wechsler und sein Team geht in die neunte Runde. Die Krimis von Susanne Goga sind nicht für ein blutrünstiges Publikum geschrieben ...

ist weniger der Mord als der Grund, warum er geschah.
Die Krimi-Reihe um Leo Wechsler und sein Team geht in die neunte Runde. Die Krimis von Susanne Goga sind nicht für ein blutrünstiges Publikum geschrieben oder für die Fans von düsteren Psychothrillern. Im Vordergrund steht eher das historische Kolorit, das Berlin der 20er Jahre. Aber stiller als in Volker Kutschers Krimireihe. Dabei gelingt es der Autorin immer wieder, spektakuläre Details der damaligen Zeit auszugraben und zu einem spannenden Fall zu machen. Die Krimis sind nicht rasant oder actionreich, aber haben - gerade wie der neueste - häufig eine dramatische Wendung zum Schluss. Auch im "Teufel vom Tempelhof" blickt man mit Leo Wechsler ungläubig in den Abgrund menschlichen Tuns. Ein toter Artz an einem sagenumwobenen Berliner Weiher, ein aus einer Besserungsanstalt entlaufenes Mädchen und eine Dame der High Society, die eigentlich nichts verbindet, sind in den Fall verwickelt. Lange ist Leo Wechsler auf einer falschen Spur, alle Wege, die er einschlägt, enden im Nichts. Und dann gibt es ein zweites Opfer, und dann auch noch ein drittes. Ein wenig frustriert auch den Leser den immer neuen Irrgang der Abteilung Gennat der Berliner Mordkommission, auch wenn das Abtauchen in das Berlin der damaligen Zeit für manches entschuldigt.
Schmerzlich vermisst man auch in diesem Band die Familiengeschichte Leo Wechslers, die viele der vorherigen Bände so sympathisch gemacht hat. Hier hat sie eher eine Randexistenz.
Aber insgesamt verspricht auch der neunte Band ein eher interessantes als spannendes und kurzweiliges Lesevergnügen, bei dem man nicht dümmer wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.03.2024

Herr (im) Himmel

Trabant
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denkt man sich bisweilen als Leser, wenn man die Geschichte von Georg Himmel oder viel mehr die Geschichten von ihm liest.
Eine mysteriöse SMS seines Vaters veranlasst ihn, den Sonderling, den Andersartigen, ...

denkt man sich bisweilen als Leser, wenn man die Geschichte von Georg Himmel oder viel mehr die Geschichten von ihm liest.
Eine mysteriöse SMS seines Vaters veranlasst ihn, den Sonderling, den Andersartigen, den Sternengucker, den Träumer, den Hirngespinstler, fluchtartig die Hochzeits(vor)feier seines besten Freundes mit dem alten Familienopel Corsa zu verlassen und über die Alpen nach München zu düsen, um seinen Vater vor einem großen Fehler zu bewahren. Wie er denkt. Auf seiner Fahrt durch die Nacht sucht er in seinen Erinnerungen nach Indizien dafür, dass die Ehe seiner Eltern zu scheitern droht. Dabei ist doch seine Familie neben seinem besten Freund das, was ihn in seinem von Ängsten, Sorgen und Paranoien geprägten Leben Halt und Wärme gibt. Aber war das alles nur eine Illusion, sind seine Eltern die, für die er sie hält? Merkwürdige Dinge und Zeichen ereignen sich an einem Tag mit Schnapszahldatum, dass eine Menge Heiratswilliger auf die Straßen treibt, um dieses Datum für ihren Hochzeitstag zu nutzen, auch eine Prinzessin und einen Agenten, der diese entführen will – laut Internet. Und die Anzeichen verdichten sich – zumindest für Georg Himmel, dass er diesen Agenten besser kennt, als er sich eingestehen möchte. Oder doch nicht?
Dazu kommt noch das abrupte Verschwinden eines roten Sternes, de Beteigeuzes, der Georg Himmel schon seit Kindheit ein Wegweiser und Verbindungsglied zum Vater zu sein scheint.
So ist nicht nur der Nachname des Protagonisten ein sprechender, sondern auch der Titel des Büchleins doppeldeutig: zum einen kann man ihn auf diesen Stern beziehen, zum anderen auf Georg Himmel selbst, der die Eltern wie ein Trabant umkreist. Dass er dabei in seiner Wahrnehmung ein wenig die Umlaufbahn verlässt und sich in Phantasien, gespeist aus der nachträglichen Deutung vergangener Familiengeschichten, versteigt, in denen die Phantasie mit der Wirklichkeit ihr Spiel treibt, macht ihn für den Leser nur sympathischer.
Er ist schon wirklich ein komischer, aber herzerwämender Held, dieser Georg Himmel. Diesen Eindruck erhält der Leser sowohl aus seinen Verhaltensschrullen auf der weiten Reise heimwärts, die man noch den Umständen schulden darf, als auch aus den vielen Episoden aus seiner Kindheit. Dabei wächst er einem zusehends ans Herz, wie er vor Angst vor dem ersten Referat nicht schlafen kann, wie er nach dem Abitur aus Protest ein halbes Jahr auf einem Parkplatz vor einem Möbelhaus campiert, wie er als Hausmeister in einem Planetarium zu arbeiten beginnt und dann auf einmal mit seiner Soziophobie zum Sprecher der Sternenreise wird. Und alles immer begleitet, getragen und behütet von seinen Eltern, deren vermeintliche Trennung für Georg den Zusammenbruch seines Universums bedeuten würde, den es heldenhaft zu verhindern gilt.
Nur das vage Ende lässt den Leser ein wenig unversöhnlich zurück mit diesem ansonsten so kleinen feinen Büchlein.

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Veröffentlicht am 04.12.2023

Manchmal etwas unglaubwürdig, aber spannend

Bevor die Welt sich weiterdreht
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In der vermeintlich neutralen Schweiz tummeln sich im Davoser Tal Spione und Agenten der verschiedenen Kriegsparteien, um auf ausgeklügelte Weise den Sieg der eigenen Nation voranzutreiben und das Spiel ...

In der vermeintlich neutralen Schweiz tummeln sich im Davoser Tal Spione und Agenten der verschiedenen Kriegsparteien, um auf ausgeklügelte Weise den Sieg der eigenen Nation voranzutreiben und das Spiel der Gegenseite zu durchkreuzen. Unfreiwillig mittendrin die junge Schweizer Krankenschwester, die durch den Pakt mit dem Teufel, wie es scheint, versucht, ihr unehelich geborenes Kind zu retten. Dabei kommt ihr – wie sollte es anders sein – die Liebe in die Quere, denn der Auserwähle spioniert für die Gegenseite.
Die Geschichte ist packend erzählt und voller interessanter historischer Bezüge, die das Grauen des 1. Weltkrieges drastisch vor Augen führt und die Handlungsmotivation der Figuren deutlich macht, auch wenn dieser nur in den Erinnerungen der Beteiligten lebendig wird und das Schweizer Tal natürlich nicht direkter Kampfschauplatz ist. Dafür passiert hier jede Menge an Intrigen, Mord und Naturkatastrophe. Von Gift, über Pistolenschüsse, Sprengungen bis hin zum Zugunglück wird der Leser in Spannung gehalten. Und mittendrin die verschiedenen Figuren mit ihren persönlichen Schicksalen, Nöten, Sorgen und Sehnsüchten. Auch wenn es nicht gerade glaubwürdig erscheint, dass sich eine junge Krankenschwester, auch mit Fronterfahrung, innerhalb weniger Buchseiten zur Nahkampf erfahrenen Topagentin entwickelt, liest sich das Buch dennoch unterhaltsam und spannend weg. Gut geschrieben und plastisch erzählt, erinnert es bisweilen ein wenig an einen – vielleicht ein wenig mit einem Augenzwinkern gedrehten – Agentenfilm à la James Bond. Beeindruckend dabei ist vor allem die Kulisse der Schweizer Bergwelt in einem tiefverschneiten Winter, den das Cover gut in Szene setzt. Für einen unterhaltsamen Winterleseabend auf dem Sofa durchaus geeignet.

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