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Veröffentlicht am 09.11.2021

Kein Pageturner, aber gut

Grace – Vom Preisträger des Booker Prize 2023 ("Prophet Song")
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Okay, denkt sich Grace. Sie beruhigt sich wieder, lass sie toben. Sie, das ist ihre Mutter, die rasend vor Wut die Haare ihrer Tochter stutzt. Ja, an dem Tag beruhigte sie sich, aber diese Ruhe ist nicht ...

Okay, denkt sich Grace. Sie beruhigt sich wieder, lass sie toben. Sie, das ist ihre Mutter, die rasend vor Wut die Haare ihrer Tochter stutzt. Ja, an dem Tag beruhigte sie sich, aber diese Ruhe ist nicht dauerhaft. Mutter Sarah entfernt sich vom Haus und kommt erst Stunden später zurück. Im Arm hält sie einen dicken Hasen, den sie sofort in einen Topf legt und diesen über den Herd hängt. Die Kinder freuen sich auf das Mahl und nicht nur dem ältesten Sohn Colly läuft das Wasser im Mund zusammen. Doch, was ist das? Sarah bestimmt, dass nur Grace von dem Fleisch essen darf. Zunächst wehrt diese sich dagegen. Aber schon recht bald wird ihr bewusst, was ihre Mutter vor hat.

Es dauerte eine Weile, bis ich mich mit der Geschichte anfreunden konnte. Der Schreibstil ist anders, als der von deutschen Autoren. Recht steif und wenig anheimelnd. Und die Mischung aus Mystik und brutalen Erlebnisberichten war für mich gewöhnungsbedürftig. Was Grace erlebte und wie sie sich in einer harten Umgebung und zwischen Männern behauptete, das war eine emotionale Achterbahn. Dass ihr Bruder sie dabei aus der Welt des Geistes begleitete, nun ja, okay.

Irland ist halt ein Flecken Erde, der viel Natur und geheimnisvolle Erlebnisse zu bieten hat. Damals glaubten noch mehr Menschen an übernatürliche Kräfte, als heute. Ich bin der Ansicht, dieses kopfgesteuerte Denken ist dort bis heute nicht so verbreitet, wie in Deutschland. Die Hauptperson Grace schlägt sich jedenfalls tapfer und ihr helfen die „Geister“ bei ihrem Trip durch die Heimat. Das Ende gefiel mir nicht wirklich, da es einige Fragen gibt, die offen bleiben. Trotzdem gebe ich vier Sterne plus. Das liegt auch an dem ansprechenden Cover und der guten Übersetzung von Christa Schuenke.

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Veröffentlicht am 04.11.2021

Auf den Spuren der Kindheit

Das Haus auf dem Wasser
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Joel Bloom ist Schriftsteller und besucht die Stadt seiner Kindheit: Amsterdam. Beim Gang durch ein Museum schaut er sich einen Film an und kann es kaum glauben. Auf der Leinwand sieht er seine Mutter ...

Joel Bloom ist Schriftsteller und besucht die Stadt seiner Kindheit: Amsterdam. Beim Gang durch ein Museum schaut er sich einen Film an und kann es kaum glauben. Auf der Leinwand sieht er seine Mutter zusammen mit einem Baby auf dem Arm und neben sich seinen Vater und die Schwester Nelli. Er ist geschockt, weil das Kleine ihm in keiner Weise ähnelt. Nachdem er wieder in Israel ankommt, lässt ihn das Bild nicht los und er reist erneut nach Amsterdam. Er möchte den Spuren seiner Eltern und der Schwester auf den Grund gehen. Vorher unterhält er sich mit der Schwester Nelli und erfährt Dinge, die ihm nicht bekannt waren.

Die Geschichte wechselt zwischen dem Besuch Joels in Amsterdam und den Ereignissen vor und während des Zweiten Weltkriegs. Das erfordert hohe Konzentration beim Lesen und es ist nicht leicht, dem Geschehen zu folgen. Für mich unvorstellbar, was junge Väter und Mütter damals unter der Abneigung gegenüber Juden litten. Was muss in ihnen vorgegangen sein, dass sie ihre Kinder, egal ob klein oder größer, in fremde Hände gaben? Wie viele der Kinder waren nach dem Krieg nicht auffindbar und sie sahen ihre Kleinen niemals wieder? Und wie mag es den Kindern gegangen sein? Konnten sie verstehen, warum die Mütter diesen schweren Weg gingen? Hatten sie Verständnis dafür oder konnten sie niemals verzeihen?

„Das Haus auf dem Wasser“ ist ein emotionales Buch. Es erschloss mir eine Seite des grausamen Krieges, welche ich so noch nicht kannte. Immer wieder frage ich mich, warum Menschen so niederträchtig sein konnten. Dieses Hin und Her zwischen den Zeiten störte mich aber doch und aus dem Grund gibt es „nur“ vier Sterne von mir. Aber lesen sollten Sie dieses Buch trotzdem. Es ist ein Zeugnis der grauenhaften Vergangenheit und eine Mahnung an uns, das solche Taten niemals wieder geschehen dürfen.

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Veröffentlicht am 04.11.2021

Das Leben in Schweden vor dem Zweiten Weltkrieg

Der Stockholm-Code - Die zweite Botschaft
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„Der Stockholm-Code“ ist ein historisches Ereignis und „Die zweite Botschaft“ der zweite Band zum Thema. Die drei Frauen Iris, Elisabeth und Signe arbeiten weiter an der Aufgabe, sämtliche Nachrichten ...

„Der Stockholm-Code“ ist ein historisches Ereignis und „Die zweite Botschaft“ der zweite Band zum Thema. Die drei Frauen Iris, Elisabeth und Signe arbeiten weiter an der Aufgabe, sämtliche Nachrichten der Deutschen abzufangen. Da ihre ganz persönlichen Erlebnisse ebenfalls eine Rolle spielen, taucht der Leser in die Verhältnisse der Schweden damals ein.

Dieses Buch ist der zweite Band rund um den Code. Aber obwohl ich den ersten Teil nicht las, konnte ich gut in die Geschichte finden. Alle drei Freundinnen kommen abwechselnd zu Wort. Jede erzählt aus ihrer Perspektive heraus und diese unterscheidet sich sehr. Es gibt Krankheit, Sorge um Kinder und Arbeitswut. Jeder lenkt sich anders von seinen Sorgen ab. Leider kommt die Arbeit um die Entschlüsselung der Nachrichten für meinen Geschmack zu kurz.

Gut gefällt mir, wie bildhaft die Ängste der Schweden vor einem Krieg dargestellt sind. Auch dieser Unglaube, dass von Deutschland tatsächlich Unheil drohen könnte ist greifbar. Das mag damals vielen Menschen so gegangen sein. Niemand hätte gedacht, dass der Krieg so grausam sein und so lange dauern würde.

Da hin und wieder Spannung aufblitzt, gebe ich dem Buch vier Sterne und eine Empfehlung. Aber nur denen, die keinen großartigen und perfekt recherchierten historischen Roman erwarten. Dass es zum Schluss nicht ohne Cliffhanger geht ist klar. Es folgt nämlich noch ein dritter Band.

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Veröffentlicht am 29.10.2021

Ein Buch der leisen Töne

Fuchs und ich
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Catherine Rave ist die Hauptperson in dem Buch „Fuchs und ich“. Sie ist Biologin und hält Referate, die alle mit der Natur zu tun haben. Und das beste, sie wohnt ganz alleine in einer Hütte mit blauem ...

Catherine Rave ist die Hauptperson in dem Buch „Fuchs und ich“. Sie ist Biologin und hält Referate, die alle mit der Natur zu tun haben. Und das beste, sie wohnt ganz alleine in einer Hütte mit blauem Dach, mitten im Wald. Ihre einzigen sozialen Kontakte vor Ort, das sind Spinnen, Wühlmäuse und ein Fuchs. Hin und wieder kommt auch ein Raubvogel vorbei, der die Zahl der Wühlmäuse dezimiert. Alleine leben heißt für sie nicht, dass es keine Unterhaltungen gibt. Das kann ein Gespräch mit sich selber sein oder, wie bei Catherine, das Vorlesen. Und weil ihr dabei sogar jemand zuhört, macht es ihr noch mehr Freude. Ja, sie liest aus dem „Kleinen Prinzen“ vor, und kein geringerer als Fuchs, ist ihr Zuhörer.

Alleine leben heißt nicht automatisch, dass jemand einsam ist. Die Biologin Rave zeigt es ganz klar. Sie fühlt sich wohl zwischen all den Tieren und der natürlichen Umgebung. Auch wenn sie zwischendurch Referate vor einem großen Publikum hält, es zieht sie stets in ihr kleines Domizil zurück. Diese Wirkung von natürlichen Elementen auf den wachsamen Beobachter, gefiel mir gut. Auch diese Zusammenhänge zwischen Menschen und ihrer Umwelt sind einfühlsam beschrieben. Herausheben möchte ich ebenfalls das wunderschöne Cover. Es ist außergewöhnlich und markant.

„Fuchs und ich“ ist ein leises Buch, welches liebevoll von den Erlebnissen zwischen Mensch und Tier berichtet. Kann Mensch sich auf ein Leben in der „Wildnis“ einlassen? So ganz ohne Kommunikation zu Seinesgleichen? Welchen Vorteil hat dieses Dasein im Gegensatz zum Wohnen in einer Mietskaserne? Wer sich vorurteilslos auf das Buch einlässt, wird auch zu diesen Fragen genug Antworten finden.

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Veröffentlicht am 27.10.2021

Eine beeindruckende Persönlichkeit

Althea Gibson – Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin
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Als „Schwarze“ durfte sie nicht gegen „Weiße“ spielen. Das war im Jahr 1950. Ihr Ehrgeiz und ihre Hartnäckigkeit gab sie aber zum Glück nicht auf. Und, siehe da, sie gewann Wimbledon. Und das als Außenseiterin, ...

Als „Schwarze“ durfte sie nicht gegen „Weiße“ spielen. Das war im Jahr 1950. Ihr Ehrgeiz und ihre Hartnäckigkeit gab sie aber zum Glück nicht auf. Und, siehe da, sie gewann Wimbledon. Und das als Außenseiterin, der niemand eine Chance geben wollte. Wie Althea Gibson ging es auch Angela Buxton. Sie war Jüdin und das galt nicht nur in Deutschland als Makel, der nicht hingenommen wurde. Ja, selbst nach dem abscheulichen Massenmord während des Zweiten Weltkriegs, hörten die Vorurteile gegen Juden nicht auf. Die beiden Spielerinnen achteten nicht auf ihre Kritiker und ließen sich selbst von dreistesten Beleidigungen des Publikums nicht aus der Ruhe bringen. Im Jahr 1956 gewannen sie das Damendoppel in Wimbledon. Althea Gibson war bei der Queen und durfte trotzdem im Bus nur auf den für „colored People“ vorgesehen Plätzen sitzen. So war das damals.

Auch wenn ich gerne Biographien von unbekannten Persönlichkeiten lese, dieses Buch ist eher für Anhänger des Tennisspiels interessant. Es gibt etliche und zudem ausführliche Berichte der einzelnen Spielzüge. Fachbegriffe sind dann normal und mir fehlten weitergehende Erläuterungen.

Mir gefielen aber die sehr genauen Darstellungen der Schwierigkeiten beider Frauen. Welcher Ignoranz sie ausgesetzt waren, die sogar bis zur bitteren Feindschaft heranwuchsen. Und nein, ich meine nicht, dass es vorbei ist mit Vorurteilen gegenüber Menschen, die anders sind als wir. Antisemitismus und Widerstand gegen Hilfe für Geflüchtete ist auch heute noch an der Tagesordnung. Ob sich der Mensch jemals ändern wird?

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