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Veröffentlicht am 20.05.2023

Von der Kunst, mit Worten zu malen

So viele Paradiese
1

„…aber seit er gehört hat, dass man in Amerika eine Statue als Tribut an die Freiheit errichtet hat, steht für Antonio fest: Er will mit dem Schiff in die Neue Welt.“ Nach diesem Satz der Buchbeschreibung ...

„…aber seit er gehört hat, dass man in Amerika eine Statue als Tribut an die Freiheit errichtet hat, steht für Antonio fest: Er will mit dem Schiff in die Neue Welt.“ Nach diesem Satz der Buchbeschreibung hatte ich erwartet, dass ich Antonio auf seiner Reise nach Amerika begleiten würde, aber vor allem war ich gespannt auf das, was er in Amerika erlebt, welches Leben er sich aufbaut, ob seine Erwartungen erfüllt werden…
Allerdings ist in der Inhaltsangabe auch zu lesen: „Seine Reise im Jahr 1923 gerät bald zur Odyssee, wechselvolle Ereignisse und ungewöhnliche Begegnungen bringen ihn in ebenso gefährliche wie haarsträubende Situationen.“ Und genau darum geht es in dem Roman von Giovanna Giordano.
Mit einem unglaublichen Facettenreichtum und einer Vielzahl an wunderbaren Zitaten beschreibt sie nicht nur Antonios ganz alltägliche Erlebnisse, sondern auch kaum zu glaubende Begebenheiten. Erzählungen über ungewöhnliche Orte, Menschen und andere Wesen, manchmal aus dem Reich der Fantasie, klingen traumhaft und ich fühle mich oft wie im Märchenland.
Sanftmütig, unglaublich tierlieb, aufgeschlossen und gutgläubig gegenüber allen, auch fremden Menschen und vor allem sehr freiheitsliebend – so sehe ich Antonio.
Als Roman und um es auf einen Rutsch zu lesen, macht mir das Buch nicht ganz so viel Spaß, weil die unglaublichen Dinge und Ereignisse sich einfach zu sehr häufen. Da ich allerdings Märchenbücher gern mag, empfehle ich, es mit diesem Buch so zu halten wie mit einem Märchenbuch: eine Geschichte zu lesen, wenn man Lust darauf hat. Das ist sogar sehr gut durchführbar, weil es ein Inhaltsverzeichnis gibt mit den jeweils mit einer Überschrift versehenen Abschnitten.
Auf jeden Fall bewundere ich, wie kunstvoll die Autorin mit Worten malen kann.

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Veröffentlicht am 16.01.2023

Was hält Liebe aus?

Die Liebe an miesen Tagen
1

„Ihr habt ausgesehen wie zwei zerbrochene Hälften, die jemand wieder zusammenfügt, und dann sieht man den Riss fast nicht mehr, so genau passen sie zusammen.“

Hört sich kitschig an? Ist es aber nicht!

Bewegend, ...

„Ihr habt ausgesehen wie zwei zerbrochene Hälften, die jemand wieder zusammenfügt, und dann sieht man den Riss fast nicht mehr, so genau passen sie zusammen.“

Hört sich kitschig an? Ist es aber nicht!

Bewegend, berührend und vor allem glaubhaft erzählt Ewald Arenz von der Liebe, wie sie plötzlich und ungewollt über zwei Menschen hereinbrechen und deren Leben vollkommen verändern kann.

Ich liebe den lebendigen Schreibstil von Ewald Arenz, der auf leichte Art Stimmungen einfangen und Situationen beschreiben kann wie kein anderer. Doch es sind nicht nur die schönen und glücklichen Momente, denen man in dem Buch begegnet. Es geht ja schließlich auch um „Die Liebe an miesen Tagen“.

So hat mir auch der Umgang mit dem Thema Demenz sehr gefallen. Da wird die Krankheit von Claras Mutter nicht einfach wie nebenbei erwähnt, sondern Arenz zeigt auf, welche Belastung das für die ganze Familie bedeutet und wie würdevoll man gemeinsam damit umgehen kann.

Ich gebe sehr gern meine volle Empfehlung für eine Geschichte, wie sie nur das Leben schreiben kann – und natürlich Ewald Arenz!

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Veröffentlicht am 13.10.2022

Not und Lügen

Élises Geheimnis
1

»Es ist wichtig, dass Geschichten über den Zweiten Weltkrieg gelesen werden, damit wir verhindern können, dass so etwas jemals wieder passiert.« RUTH DRUART
Bücher wie „Elises Geheimnis“ sind nach meiner ...

»Es ist wichtig, dass Geschichten über den Zweiten Weltkrieg gelesen werden, damit wir verhindern können, dass so etwas jemals wieder passiert.« RUTH DRUART
Bücher wie „Elises Geheimnis“ sind nach meiner Meinung sehr geeignet, nicht nur ein Gespür dafür zu bekommen, dass so etwas, wie im Zweiten Weltkrieg geschehen, nie wieder passieren darf, sondern dass man auch die Gewissheit erlangt. Ruth Druart hat die Geschichte einer verbotenen Liebe erzählt, die gegen Ende des Krieges in Paris begann. Doch die beiden Liebenden wurden getrennt, Elise war schwanger und ging in die Bretagne. Erst als sie achtzehn Jahre alt wird, erfährt die Tochter Josephine, dass ihre Mutter sie immer belogen hat und verschwiegen, wer ihr wirklicher Vater ist. So fährt sie Hals über Kopf nach Paris, denn sie möchte die Wahrheit erfahren.
Ruth Druart hat die Schrecken des Krieges, die Verzweiflung der Menschen in ihrer Ohnmacht und mit ihren Ängsten sehr realitätsnah und ergreifend eingefangen und in die Geschichte einfließen lassen. Durch Wut und Trauer über das Erlebte werden unglaubliche Entscheidungen getroffen, die weitreichende Folgen haben. Für mich vollkommen neu und unfassbar war zum Beispiel das, was die Autorin über die Hitlerjugend geschrieben hat. Auch hier ging man mit Brutalität vor, wenn die Jugendlichen nicht spurten.
Mir haben die kurzen, mit Namen überschriebenen Kapitel gefallen. Auch die Sprünge zwischen Zeit und Ort sind gut gewählt und unglaublich spannend erzählt. Und ich finde es gut, dass immer wieder französische Begriffe oder auch ganze Sätze in den Texten zu finden sind, denen die Übersetzungen in Deutsch direkt folgen, das ist einfach gut gemacht.
Ich bin von der Geschichte restlos überzeugt. Auch wenn ich mich manchmal gefragt habe, warum das eine nicht getan oder das andere nicht gelassen wurde, so weiß ich doch, dass viele Menschen damals Unmenschliches erlebt haben oder mitansehen mussten, so dass dadurch nicht immer die Entscheidungen getroffen werden konnten, die womöglich besser hätten gewesen sein können.
Ich gebe meine volle Leseempfehlung für dieses Buch, das unbedingt zu meinen Lieblingsbüchern gehört.

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Veröffentlicht am 16.05.2021

Walfang und vieles mehr

Die Walfängerin von Borkum
1

„Die Walfängerin von Borkum“ ist ein historischer Roman von Claudia Schirdewan, erschienen im Verlag Lübbe.
Nach einem verhängnisvollen Unglück im Jahr 1643, von dem der Prolog erzählt, beginnt die Geschichte ...

„Die Walfängerin von Borkum“ ist ein historischer Roman von Claudia Schirdewan, erschienen im Verlag Lübbe.
Nach einem verhängnisvollen Unglück im Jahr 1643, von dem der Prolog erzählt, beginnt die Geschichte zehn Jahre später. Joris‘ Traum ist wahr geworden, er steht kurz vor seiner ersten großen Fahrt und trägt schon in sehr jungen Jahren als Commandeur auf einem Walfänger große Verantwortung für Schiff und Mannschaft.
Nicht nur für die Seeleute, sondern für alle Menschen ist es eine harte Zeit und von der Beschaulichkeit einer Insel ist auf Borkum nicht viel zu spüren. Das Leben auf der Insel wird gut eingefangen, die Inselbewohner und ihr Leben sind sehr bildhaft beschrieben. Dazu trägt auch das Cover bei, das die junge Fenja zeigt, die jeden Abend in den Dünen steht, aufs Wasser schaut und damit ihrem Verlobten Joris ganz nahe sein möchte.
Das Geschäft mit dem Walfang ist noch recht jung. Es bringt den Seeleuten zwar Arbeit, mit der sie ihre Familien ernähren können, birgt aber auch sehr große Gefahren. Die Szenen, in denen Claudia Schirdewan die Arbeit während des Walfangs schildert, waren für mich besonders interessant. Wie viele verschiedene Berufe für die Verrichtung der Arbeiten benötigt wurden, war für mich vollkommen neu und ich kam aus dem Staunen nicht heraus.
Welche Ängste Fenja ausstehen muss, kann ich sehr gut nachvollziehen. Es ist nicht nur die Gefährlichkeit des Walfangs, sondern auch unerbittliche Konkurrenz sowie Hass und Neid sind Teil der Geschichte sorgen zusätzlich für Spannung und Sorgen.
Mir hat die Geschichte der Walfängerin sehr gefallen. Sie hat mich mit hineingenommen in die Vergangenheit, mich einiges gelehrt und mir mit leichter Lektüre spannende und unterhaltsame Lesestunden geschenkt. Dafür gebe ich gern meine Empfehlung für dieses Buch.

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Veröffentlicht am 16.05.2020

Mit anderen Augen

JuniNebel
1

„Juni Nebel“ ist der Debütroman von Ute Ziskah, der die Geschichte von Bernard erzählt, einem Mann, der vor vielen Jahren seinen Heimatort verlassen hat, um von seinem Vater wegzukommen, mit dem ihn nichts ...

„Juni Nebel“ ist der Debütroman von Ute Ziskah, der die Geschichte von Bernard erzählt, einem Mann, der vor vielen Jahren seinen Heimatort verlassen hat, um von seinem Vater wegzukommen, mit dem ihn nichts verband – außer Hass.

Doch nachdem sein Bruder ihn darüber informiert, dass der Vater spurlos verschwunden sei, kehrt er wieder an den Ort an der Küste zurück. Erst jetzt gelingt es Bernard, einen Blick auf das Leben seines Vaters zu gewinnen und sich mit dessen, aber auch mit seiner eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Eine große Hilfe dabei ist Robert, ein alter Weggefährte seines Vaters, der Bernard erzählt, was sich vor mehr als 60 Jahren zugetragen hat: damals im Juni 1944. Mehrere mysteriöse Zeichnungen von seinem Vater, die Bernard im Elternhaus findet, tragen ebenfalls dazu bei, Licht in die vernebelte Vergangenheit zu bringen und seinen Vater mit anderen Augen zu sehen.

„Ich wusste nicht, wer ich war, oder was ich wollte, stattdessen spürte ich nur eine riesengroße Leere in mir, die sich anfühlte wie ein abstruses Loch in meinem Rumpf, durch das man hindurchschauen konnte.“

Dies ist nur einer von vielen Sätzen, die auf einfühlsame Weise deutlich machen, in welcher Gemütsverfassung sich Bernard immer befunden hat. Dabei hat er sich als Kind doch nur eine ideale Familie gewünscht, eine, wie er sie bei seinem Freund Geert kennengelernt hat.

Das Buch ist in drei große Abschnitte eingeteilt: „Die Rückkehr“, „Bernard“ und „Der Weg“. Jeden Abschnitt begleitet eine Strophe des Gedichtes „Herbstlied“ von Paul Verlaine. Diese Zeilen wurden im Juni 1944 als Geheimcode von der BBD zum Beginn der Invasion in der Normandie gesendet.

Die kurzen Kapitel habe ich als sehr angenehm empfunden, weil ich dadurch immer wieder Zeit gefunden habe, um meinen Gefühlen den notwendigen Raum zu lassen und mit Bernard zu der Erkenntnis zu kommen, welche schrecklichen Folgen das Schweigen mit sich bringen kann.

Mich hat das Buch mit der Reise in die Vergangenheit zur Bewältigung der entstandenen Probleme im Leben des Bernard unglaublich berührt und ich bekenne meine Hochachtung vor dem sensiblen einfühlsamen Schreibstil der Autorin. Ein grandioses Debüt!

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