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Veröffentlicht am 09.05.2021

Erinnerungen

Vom Aufstehen
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„Vom Aufstehen“ heißt das Buch der Autorin Helga Schubert, das im Verlag dtv erschienen ist. Es enthält nicht nur Geschichten aus ihrem eigenen Leben, sondern für mich ist es auch ein interessantes Stück ...

„Vom Aufstehen“ heißt das Buch der Autorin Helga Schubert, das im Verlag dtv erschienen ist. Es enthält nicht nur Geschichten aus ihrem eigenen Leben, sondern für mich ist es auch ein interessantes Stück deutscher Geschichte, erzählt in kurzen Episoden und mit einem lebendigen, bildhaften Schreibstil.
Für mich ist es das erste Buch, dass das Alltagsleben einer Autorin in der DDR beschreibt, ungeschönt, mit allen Schwierigkeiten, aber auch mit einigen Vorteilen, wie sie zum Beispiel über Reisen einer Schriftstellerin ins Ausland zu berichten weiß.
Zu ganz verschiedenen Themen gibt es kurze Erzählungen, manche davon umfassen nur zwei bis drei Seiten. Helga Schubert bewegt sich in ihren Geschichten zwischen Fiktion und Wahrheit. Jede einzelne ihrer Geschichten ist interessant und beeindruckend, aber sie berühren mich unterschiedlich stark. Ein ganz besonderes Bedürfnis war es der Autorin wohl, über das nicht ganz einfache und selten innige Verhältnis zu ihrer Mutter zu sprechen. Der Wunsch nach einer harmonischen Beziehung ist manchmal nur zwischen den Zeilen zu lesen. Die Unterschiede zwischen Nähe und Distanz sind genial beschrieben, wenn Helga Schubert von "meine Mutter und ihre Tochter" schreibt.
Eine meiner Lieblingsgeschichten ist „ihre“ Ostergeschichte, das, was Helga Schubert darin sieht und die Lehre, die sie daraus zieht: „In dieser einen Woche passiert alles…“:
„Wie schnell sich das Schicksal für einen Menschen ändert, dass man verraten werden kann. Dass es immer unvermuteten Beistand gibt und einen Ausweg.“
Sie hat den Sinn erkannt und will jedes Jahr hoffnungsvoll erinnert werden.“
Das ist für mein Verständnis so genau auf den Punkt gebracht, dass ich davon ganz überwältigt bin und diese Geschichte – wie auch einige andere – bereits mehrmals gelesen habe.

Sehr gern empfehle ich das Buch, das für mich, in kleinen Häppchen genossen, zu einem besonderen Leckerbissen geworden ist.

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Veröffentlicht am 29.04.2021

Mal verliert man und mal gewinnen die anderen

Mado
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„Mado“ ist das Romandebüt des Autoren Wolfgang Franßen, erschienen ist das Buch im Europa Verlag.

Auf „Mado“ aufmerksam geworden bin ich durch die Buchbeschreibung, die ein Leben erkennen lässt, das von ...

„Mado“ ist das Romandebüt des Autoren Wolfgang Franßen, erschienen ist das Buch im Europa Verlag.

Auf „Mado“ aufmerksam geworden bin ich durch die Buchbeschreibung, die ein Leben erkennen lässt, das von Beginn an von Gewalt geprägt ist. Und es war dieser Satz, den ich zwar nicht so ganz verstanden habe, der mich aber neugierig gemacht hat: „Angesichts von MeToo und Cancel Culture hat Wolfgang Franßen einen unkorrekten Roman geschrieben. Die Geschichte einer Revolte, des Zorns, die sich zu keiner Seite absichert.“

Schnell habe ich feststellen müssen, dass „Mado“ zu den Büchern gehört, die nicht leicht zu lesen sind. Ich zumindest brauchte viel Zeit, um das Gelesene zu verarbeiten beziehungsweise erst einmal zu versuchen zu verstehen, welchen Sinn das Ganze hat. Was will mir die Geschichte sagen? Was erkenne und vor allem, was lerne ich daraus? Nach fast zwei Dritteln des gesamten Buches war ich nicht weiter als am Anfang. Es ist erschreckend, was Mado alles erlebt bzw. niemals bekommen hat oder empfinden konnte – bei „alles“ denke ich an die Gewalt und die Gewaltbereitschaft, bei „niemals“ denke ich an Liebe. Trotzdem hat sich merkwürdigerweise bei mir gefühlsmäßig nichts bewegt.

Das änderte sich zwar im letzten Drittel, hier kam ein wenig von der Spannung auf, die ich die ganze Zeit vermisst hatte, aber wirklich erreichen, so dass ich mich als ein Teil von ihr gefühlt hätte, konnte die Geschichte mich nicht.

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Veröffentlicht am 20.04.2021

Großartige Astrid Lindgren

Astrid Lindgren. Helle Nächte, dunkler Wald
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Maria Regina Kaiser hat das Leben und Wirken von Astrid Lindgren in dem Buch „Astrid Lindgren – Helle Nächte, dunkler Wald“ zusammengefasst.
Die Romanbiografie ist spannend und berührend zugleich und ...

Maria Regina Kaiser hat das Leben und Wirken von Astrid Lindgren in dem Buch „Astrid Lindgren – Helle Nächte, dunkler Wald“ zusammengefasst.
Die Romanbiografie ist spannend und berührend zugleich und beschreibt das Leben einer außergewöhnlichen Frau. Ein Leben, das nicht immer leicht war, aber Astrid Lindgren ist zielstrebig ihren Weg gegangen, hat sich von niemandem abhängig gemacht und hat vor allem eines nie verloren: die Liebe zu Kindern, für deren Rechte sie gekämpft hat. In ihre wunderbaren Kinderbücher hat sie viel aus ihrem eigenen Leben einfließen lassen.
Maria Regina Kaiser hat mich mit ihrem Buch wieder einmal restlos begeistert. In dem Teil der Romanbiografie erzählt sie Astrids Leben von Kindheit an. Es beginnt im Märchenland und führt danach ins Land der Großen. Die Leser dürfen sich außerdem auf Klettertouren mit Pippi freuen, aber auch etwas über die Melancholie in Astrids Leben erfahren und sich berühren lassen.
Sehr angetan bin ich auch bei diesem Buch von dem umfangreichen Nachwort. Hier beschreibt die Autorin noch einmal das Leben von Astrid Lindgren, diesmal schnörkellos, eher auf der Sachebene, so mein Empfinden. Dasselbe Leben auf andere Art erzählt – großartig.
Viele Fotos, eine Zeittafel mit ausführlichen Informationen, ein Glossar, eine Übersicht zu Menschen und Orten, mit denen Astrid verbunden war, eine Übersicht ihrer Werke und außerdem eine Literaturauswahl runden das großartige Buch ab.
Schon als Kind habe ich ihre Bücher geliebt, doch nach dieser großartigen Romanbiografie sehe ich Astrid Lindgren mit anderen Augen an: Ich bewundere sie noch mehr.
Von Herzen gern gebe ich meine volle Leseempfehlung für dieses großartige Buch aus dem Südverlag.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Wie ein Kaleidoskop

Die Fremde
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Mit dem Buch „Die Fremde“, erschienen im Verlag Paul Zsolnay, erzählt Claudia Durastanti ihre Geschichte und die ihrer Familie. Sie nutzt dabei den Wechsel zwischen Realität und Fiktion. Vieles dreht sich ...

Mit dem Buch „Die Fremde“, erschienen im Verlag Paul Zsolnay, erzählt Claudia Durastanti ihre Geschichte und die ihrer Familie. Sie nutzt dabei den Wechsel zwischen Realität und Fiktion. Vieles dreht sich um ihre gehörlosen Eltern oder in erster Linie um ihre Mutter, die Claudia manchmal nicht taub, sondern „verrückt“ erscheint, und deren Andersartigkeit nicht im Stummsein begründet sei.

Familie – Reisen – Gesundheit – Arbeit und Geld – Liebe: In diese Bereiche ist das Buch unterteilt und innerhalb der Bereiche finden sich weitere Titel, zu denen Claudia Durastanti erzählt. Was jedoch auf den ersten Blick wohl sortiert aussieht, erscheint im nächsten Augenblick unsortiert wie ein durcheinander geratenes Puzzle. Aus einer Erzählung heraus springen die Gedanken plötzlich in eine andere Szene, zu anderen Menschen, an einen anderen Ort. Oft bekomme ich dadurch nicht alles „auf die Reihe“, aber dennoch bin ich fasziniert.

Das Buch liest sich so „schräg“, dass gerade das die Geschichte besonders macht. Dazu gehört auch, dass ich zeitweise das Gefühl nicht loswerde, keinen wirklichen Zugang zu finden. Manchmal fühle ich mich, als hätte ich mit dem Buch ein Kaleidoskop in der Hand, das bei dem kleinsten Dreh ein anderes Bild erzeugt.

Ich musste mir Zeit und das Buch immer wieder zur Hand nehmen, bevor ich alles – auch mich selbst – sortiert hatte. Am Ende haben mich Sätze überzeugt wie diese:

„…sehe Claudia und ihren Bruder umarmt auf dem Sofa sitzen – mit Mandarinen, dreckigen Socken und Horrorfilmen!“

„…passt sich alles, was meine Eltern berühren, ihrem Verfall an…“

„…Tomatendosen, die als Blumentöpfe für Gemüse benutzt werden, und die langen, meist schon klapprigen Autos – das alles erinnert mich an einen Ort, an dem ich glücklich war.“ Es gibt nicht viele Sätze, aus denen klar wird, dass Claudia glücklich war.

Ich gebe meine Empfehlung für dieses Buch weiter mit dem Rat, sich Zeit zu nehmen für eine besondere Geschichte.

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Veröffentlicht am 28.03.2021

Glaube macht stark

Mit Wind unter den Flügeln
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Das Buch „Mit Wind unter den Flügeln“ aus dem Neukirchener Verlag ist ein Schatz. Die Autorin Tanja Wenz erzählt kurze imposante Geschichten von 16 Frauen, die zwar zu unterschiedlichen Zeiten gelebt, ...

Das Buch „Mit Wind unter den Flügeln“ aus dem Neukirchener Verlag ist ein Schatz. Die Autorin Tanja Wenz erzählt kurze imposante Geschichten von 16 Frauen, die zwar zu unterschiedlichen Zeiten gelebt, aber dennoch etwas gemeinsam haben: Mit ihrem starken Glauben haben sie die Kirche bewegt. Nachdem ich die Geschichten gelesen hatte, gab es für mich keinen Zweifel mehr an dem Sprichwort, das in der Bibel zu finden ist: „Der Glaube kann Berge versetzen“.

Der Prolog erzählt die märchenhafte Geschichte eines Falken, der ganz ruhig hoch in den Wipfeln einer Tanne sitzt und lauscht – bis er ganz sicher sein Ziel erkennt. Er ist stiller Beobachter und Zuhörer der Geschichten, die ganz unterschiedlich und abwechslungsreich zu lesen sind: mal als Unterhaltung, Monolog, in Briefform oder als Telefongespräch.

Geduldig lauscht der Falke jeder Erzählung, dann breitet er seine Schwingen aus und macht sich auf den Weg zu seinem nächsten Ziel.

Im Anschluss an jede Geschichte gibt es neben einem Steckbrief mit Daten und Kurzbeschreibungen noch den informativen Absatz „Wissenswertes“.

„Übrigens“: Unter diesem Stichwort erfährt man Interessantes aus aller Welt, die in die jeweilige Zeit passen…

…und wieder schwebt ein lautloser Schatten heran…

Mich haben die Geschichten der Frauen betroffen gemacht und sehr bewegt. Nicht von allen hatte ich bis dahin schon gehört, aber selbst aus den Erzählungen der Frauen, die ich bereits kannte – zum Beispiel Katharina von Bora, Mutter Teresa, Johanna von Orleans - habe ich noch sehr viel Neues und Wissenswertes erfahren. Besonders tief berührt haben mich die Berichte der Widerstandskämpferinnen im Zweiten Weltkrieg.

Ich bin froh, dass ich auf das Buch aufmerksam geworden bin, und empfehle es von Herzen gern weiter. Bei mir wird es einen Platz in griffbereiter Nähe behalten, weil ich mich schon jetzt darauf freue, es in einer Gruppe mit anderen Menschen teilen zu können.

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