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Veröffentlicht am 27.02.2024

"Das hier ist Afrika."

Trophäe
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„Trophäe“ macht nicht nur etwas mit einem, sondern ganz viel und das auf unerwartete und nicht unbedingt eine „gute“ Weise. Wenn man davon ausgeht, dass Literatur den Horizont erweitert, zum Nachdenken ...

„Trophäe“ macht nicht nur etwas mit einem, sondern ganz viel und das auf unerwartete und nicht unbedingt eine „gute“ Weise. Wenn man davon ausgeht, dass Literatur den Horizont erweitert, zum Nachdenken anregt und im Idealfall auch dazu führen kann, dass man Haltungen und Positionen hinterfragt und überdenkt, sich eventuell neu ausrichtet, dann ist Gaea Schoeters‘ Roman ein vorbildliches Stück Literatur – und zwar nicht nur hinsichtlich des Wirkungspotenzials.

Dabei ist das vordergründige Thema des Romans so gar nicht begeisternd. Der mit einem wunderbaren sprechenden Namen ausgestattete Protagonist von „Trophäe“, Hunter White, reist zum wiederholten Male nach Afrika zur Großwildjagd. Diese wird, wie immer, von Hunters Jagdveranstalter van Heeren (noch ein gut gewählter sprechender Name), organisiert. Auf dem Programm steht dieses Mal ein Spitzmaulnashorn, das Hunter nach der Jagd präpariert und ausgestopft seiner Gattin als Geschenk überreichen möchte. Hunters Ehefrau, die zwar keinerlei Interesse an der Jagd hat, ist eine äußerst hingebungsvolle Trophäensammlerin. Giraffe, Löwe, Büffel, Leopard, Elefant – alles schon vorhanden, daher nun also ein Nashorn.

Wenn ich das so schreibe, hört sich die Sammlung, das Hobby, die Art des Liebesbeweises an die Ehefrau, überhaupt das Ansinnen, einer solchen Tätigkeit mit Leidenschaft nachzugehen, völlig pervers und widerlich an, aber – und da setzt der von Dimitri Verhulst auf der Buchrückseite angekündigte „Mindfuck“ ein (ein Wort, das ich nicht mag, das aber nirgendwo zutreffender sein könnte als hier) – so wie Gaea Schoeters ihren Roman konzipiert hat, wie sie mit Hunter als Fokalisierungsinstanz die Jagd lebt und die Rahmenbedingungen beschreibt, fängt man ungläubig und staunend an, das Ganze erst einmal als völlig einleuchtend wahrzunehmen. Erst nach ein paar Seiten fällt einem auf, wie umfassend und vollkommen man von Schoeters‘ glänzender Prosa und ihrer kompromisslosen Sympathielenkung eingelullt und manipuliert wurde. Zu diesem Abstand, dieser Distanz muss man sich immer wieder zwingen. Man weiß, dass das, was hier geschildert wird, allem zuwiderläuft, woran man glaubt, aber man kann nicht anders, als atemlos dem Verfall der Moral zu folgen, als gebannt auf die Seiten zu starren, während die Ethik ohne Rücksicht auf Werte und Skrupel aus dem Ruder läuft und man trotz allem Widerwillen einfach nur wissen will, zu welchem Ende diese Jagd durch Urinstinkte, die Rivalität zwischen westlichem Luxus und afrikanischem Pragmatismus führen wird.

Der Protagonist Hunter White wird von der Autorin mit sehr viel Vergangenheit ausgestattet, seine Figur ist schlüssig und bis zu einem bestimmten Punkt (den ich hier auf keinen Fall näher benennen möchte) völlig nachvollziehbar. Er ist die personifizierte Jagd, der Überlebensinstinkt in Person, der es in seiner Fokussierung und seinem Jagdtrieb locker mit Kapitän Ahab aus Herman Melvilles „Moby Dick“ aufnehmen könnte. Die afrikanische Natur, in der der amerikanische Jäger so überfordert und verloren ist, führt in Schoeters‘ Roman ein Eigenleben. Die Weite der afrikanischen Jagdgebiete ist lebendig, wunderschön, lebensbedrohlich und grausam, reduziert sich auf den für alle Lebewesen letztlich nur zu verlierenden Kampf ums Überleben.

Dieser Roman ist in seiner Diskussion von Moral, Würde, Leben, Tod und Leidenschaft umwerfend. Gesellschaftskritisch, zynisch und bei allem Wahnsinn pragmatisch, entlarvt er westliche Besserwisserei und zwingt zur Selbstreflexion, denn „westliche Moral ist ein Luxusprodukt, das man sich leisten können muss“ (S. 103) und „Trophäe“ ist Afrika.
Für mich hat der Roman alles, was es für einen Klassiker braucht. Er ist hervorragend geschrieben, diskutiert ohne Urteil oder Belehrung Moral und Ethik – stellt diese großen Konzepte quasi zur Disposition – und manipuliert und beherrscht den Leser und dies alles in einem thematisch fast zeitlos anmutenden Rahmen, denn die Jagd hat hier in ihrer Darstellung etwas sehr Antiquiertes, Urzeitliches. „Trophäe“ ist ganz harter Tobak, nichts für zartbesaitete und empfindsame Seelen, aber ganz sicherlich eine unvergessliche und herausragende Lektüre für alle Leser, die sich weit außerhalb von komfortablen Themen an unbequemes Denken herantrauen.

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Veröffentlicht am 30.12.2023

Schlechtes Wetter im Regenwald

Der flüsternde Abgrund
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Wie die Figuren in "Der flüsternde Abgrund" wurde auch ich auf unheimliche Weise vom australischen Regenwald angezogen, der in diesem Roman mit so viel Bedrohlichkeit und mysteriöser Aura ausgestattet ...


Wie die Figuren in "Der flüsternde Abgrund" wurde auch ich auf unheimliche Weise vom australischen Regenwald angezogen, der in diesem Roman mit so viel Bedrohlichkeit und mysteriöser Aura ausgestattet wird, dass man ihn fast als lebendige Person wahrzunehmen versucht ist. Victoria Lando schreibt dem Regenwald und den an ihn angrenzenden Felsen eine flüsternde Stimme zu, die unschuldige Kinder, aber manchmal auch Erwachsene, ins Verderben zieht. Diese Idee, gegen die sich die Menschen in dem kleinen Örtchen Granite Creek mit kleinen Glöckchen, die das Flüstern übertönen sollen, zu wehren versuchen, ist unheimlich und leicht übersinnlich, allerdings - und das habe ich doch als leichtes Manko gewertet - wird sie nie wirklich zufriedenstellend aufgelöst. Darüber hinaus bietet der der Roman leider auch ein paar weitere lose Enden und Logiklöcher, die mitunter so angerissen werden, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass auch die Autorin sich nicht ganz sicher gewesen ist, wie sie mit der betreffenden Passage oder dem jeweiligen Geschehen umgehen und dieses einordnen soll.

So wird der Thriller zwar zu einem durchaus spannenden, sehr lesbaren Trip in die Vergangenheit des Protagonisten Callum Haffenden, bei der sich nach und nach die düstere Seite des Kleinstadtlebens im regenumtosten und windumbrausten Norden Australiens offenbart, aber so richtig überzeugen konnte mich die Handlungsführung nicht. Zum einen sind so einige Twists schon vorher erkennbar und überraschen dann nicht mehr ausreichend, zum anderen scheinen einige Entwicklungen doch etwas überkonstruiert und nicht recht nachvollziehbar. Die Tatsache, dass der Journalist Haffenden sich amtsanmaßend in die Polizeiarbeit einklinkt und von seinem Polizeifreund Eddy auch so umfänglich Zugang zu den Ermittlungen erhält, hat mich schon etwas stutzen lassen. Manche Passagen, insbesondere die Rückblenden, sind etwas vage und unpräzise geschildert, sodass man immer wieder das Gefühl hat, man hätte eventuell etwas überlesen. Hinzu kommen außerdem so einige Wiederholungen von bereits benannten Fakten oder immer wieder ähnlichen Gefühlslagen, die dazu führen, dass man als Leser doch das eine oder andere Déjà-vu hat. So schmerzt Callum Haffenden in einem fort das Bein - das ist natürlich logisch und bedauerlich, aber nach der zwanzigsten Erwähnung auch keine weiterführende Information mehr. Das literarisch eigentlich sehr passende und schöne Mittel Wetterbeschreibungen zu nutzen, um den Text dramatisch aufzuladen, ihm eine düstere Atmosphäre zu verleihen und die Emotionen der Figuren zu reflektieren, wurde z.B. meines Erachtens von der Autorin überstrapaziert. In fast jedem Kapitel wird darauf hingewiesen, dass der Wind kommt und der Regen kommt, dass es nass, schwül und stickig ist - das ist definitiv zu viel des Guten.

Insgesamt ist der Roman dennoch ein sehr flüssig zu lesender, spannender Thriller, der mit viel Atmosphäre aufwartet und einen tief in die Dorfgemeinschaft eintauchen lässt, sich aber handlungstechnisch zu leicht aus der Affäre zieht. Die Mystery-Elemente sind schön gesetzt und im Ansatz gut gedacht, allerdings können sie letztlich nicht ganz überzeugen. Dennoch eignet sich "Der flüsternde Abgrund" als Lektüre für Australien-Fans und Leser, die Geschichten bevorzugen, in denen dunkle Vergangenheiten eine maßgebliche Rolle spielen.

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Veröffentlicht am 27.12.2023

Roman an der Zuckergrenze

24 Wege nach Hause
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Jenny Fagerlunds Roman ist nett, das kann man nicht anders sagen. Ihre Hauptfigur Petra ist nett, weil sie sich nach dem Krebstod ihrer Schwester um ihre Teenie-Nichte Charlie kümmert, die nach anfänglichen ...

Jenny Fagerlunds Roman ist nett, das kann man nicht anders sagen. Ihre Hauptfigur Petra ist nett, weil sie sich nach dem Krebstod ihrer Schwester um ihre Teenie-Nichte Charlie kümmert, die nach anfänglichen Schwierigkeiten auch durchaus nette Seiten zeigt. Passend dazu landen Petra und Charlie, da sie Stockholm u.a. aus finanziellen Gründen den Rücken kehren müssen, im netten Dorf Nyponviken, finden bei der netten Gärtnereibetreiberin Viveka und ihren netten Angestellten Holger und Maja eine neue Heimat. Erleichtert wird ihnen das Einleben dort auch durch den netten Hund Joschi, der ihnen zuläuft. Für ein paar nette Herzklopfen sorgt der nette Freund Nick, den Petra aufgrund eines Missverständnisses verlassen hatte. Darüber hinaus wird "24 Wege nach Hause" mit einem netten Touch Mystery angereichert, denn vor Petras Tür steht an einem Dezembermorgen ein Adventskalender, der ihr das Dörfchen Nyponviken richtig schmackhaft machen soll. Warum und wieso erfährt man dann im Verlauf des Romans.

Auch wenn ich mir bewusst bin, dass ich das Wort "nett" hier bereits überstrapaziert habe, so gibt es im Deutschen wirklich kein anderes Wort, das diesen Roman besser beschreiben könnte. Nett, aber leider auch überaus vorhersehbar wird sich in Nyponviken durch die Weihnachtszeit gebacken, missverstanden, enthüllt, geklagt, bedauert und verstanden. Das ist alles sehr beschaulich, gemütlich und voller Wohlfühlmomente, aber so richtig begeistern konnte mich der Roman nicht. Zwar hat mir das Handlungsgerüst, das sich um die 24 Türchen rankt, durchaus gefallen, aber die Figuren waren mir viel zu simpel konstruiert, nichts am Verlauf des Geschehens überrascht oder verursacht Spannung und es ist einfach ein wenig ermüdend, wenn man als Leser ständig den Figuren nicht nur einen, sondern schon zwei Schritte voraus ist.

Mir fehlte es an Esprit, an Innovation und vor allem auch an Humor. Der Roman ist recht behäbig und fast ein bisschen schwerfällig, nimmt sich selbst sehr ernst und will Tiefgründigkeit und ein Auseinandersetzen mit Gefühlen suggerieren, während er eigentlich nur eine sehr gefällige und leicht zu konsumierende Adventsgeschichte ist. Mit seinem Drang zur wohlgefälligen Auflösung aller Probleme, der überbordenden Hilfsbereitschaft aller Beteiligten und seinen zahlreich eingestreuten Erwähnungen weihnachtlichen Gebäcks und winterlicher Getränke ist mir der Text viel zu nah an der Zuckergrenze. Außerhalb der Weihnachtszeit ist der Roman daher eher nicht zu empfehlen, wenn man allerdings das richtige vorweihnachtliche Mindset mitbringt, kann er durchaus zu einer gehörigen Portion Weihnachtsstimmung beitragen. Man muss dann jedoch darüber hinwegsehen können, dass die Handlung eher gemächlich durch die Tage plätschert, alle Probleme eigentlich gar keine sind und die einzige Tragik letztlich in dem furchtbar frühen Tod der Schwester Alice besteht. Der andere Tod im Roman erfährt meiner Meinung nach leider keine rechte Aufklärung und dass, obwohl "24 Wege nach Hause" für jede andere Figurant schon zwanghaft eine zufriedenstellend Lösung sucht.

Für mich ist der Roman ein netter Adventsroman für leichte Lesestunden, besonders geeignet für Inga-Lindström-Fans, mehr aber leider nicht.

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Veröffentlicht am 13.12.2023

Mit Marlene Dietrich auf einer Insel im Schnee

Mit dem Schnee kommt der Tod
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„Mit dem Schnee kommt der Tod“ und ganz viel klassisches Krimi-Lesevergnügen. Nicola Upson lässt den Leser im Weihnachtsfall ihres Ermittlers Archie Penrose auf eine winzige Insel vor der Küste Cornwalls ...

„Mit dem Schnee kommt der Tod“ und ganz viel klassisches Krimi-Lesevergnügen. Nicola Upson lässt den Leser im Weihnachtsfall ihres Ermittlers Archie Penrose auf eine winzige Insel vor der Küste Cornwalls reisen. Die im Jahr 1938 angesiedelte Handlung wird von den Schatten des Weltgeschehens begleitet, denn die Burgherrin von St. Michael’s Mount hat gegen Spendengelder, die jüdischen Kindern die Flucht aus Deutschland ermöglichen sollen, fremde und bekannte Gäste zum Weihnachtsfest geladen, darunter auch Marlene Dietrich. Was nun folgt, ist ein formvollendetes „Locked-Room“-Mystery in bester Golden-Age-Tradition, denn St. Michael’s Mount wird durch einen Schneesturm vom Festland abgeschnitten, kurz darauf werden zwei Tote entdeckt: der Mörder kann also nur einer der Bewohner oder Gäste der Insel sein.

Das Personal des Romans ist aufgrund dieser Ausgangslage begrenzt, aber Nicola Upson gelingt es famos, ihre Figuren verdächtig erscheinen zu lassen, falsche Fährten zu legen und so den Leser zum Miträtseln zu animieren. Die Tatsache, dass einige der Figuren, wie Marlene Dietrich, die Gastgeberin Hilaria St. Aubyn und Penroses gute Bekannte, die Krimiautorin Josephine Tey, auf realen Persönlichkeiten beruhen, ist ein zusätzlicher Bonus. Über Tey ist sehr wenig bekannt, was Nicola Upson relativ viel Freiheiten lässt, aber auch im Fall von Marlene Dietrich gelingt ihr eine überzeugende Einbettung in den Roman, in dem sie sich auf verbriefte Eigenschaften als Grundlage für Dietrichs Verhalten stützt. Insgesamt hätte ich mir vielleicht ein bisschen mehr Balance in den Aktionen gewünscht, so gibt Josephine zwar hilfreiche Hinweise, hat aber im Vergleich zum Ermittler Penrose nur eine Nebenrolle.

Der sehr flüssig erzählte Roman – das erste Kapitel der 1938 spielenden Handlung zieht einen schon nach ein paar Sätzen völlig in das Geschehen, sodass man sofort Lust hat, weiterzulesen – hält handlungstechnisch die Spannung konstant hoch, besonders auch weil der Auftakt, ein Mordabend am Weihnachtsfest des Jahres 1920, bei der Lektüre konstant mitschwingt und man fortwährend versucht, diesen rätselhaften Fall mit den Ereignissen von 1938 in Beziehung zu setzen. Glücklicherweise ist die Verbindung nicht klar zu erkennen und so offenbart sich des Rätsels Lösung zwar nicht ganz am Ende, aber es braucht schon einige Zeit bis man als Leser eine tragfähige Theorie entwickelt hat, zumal die Handlung mit einigen „red herrings“ (aber leider auch einem mir immer noch Rätsel aufgebenden losen Ende in der Mitte des Buches) aufwartet.

„Mit dem Schnee kommt der Tod“ ist ein sehr empfehlenswerter Krimi mit allen Elementen, die zu einem klassischen Kriminalroman dazugehören. Ein großer Rätselspaß für Agatha-Christie-Fans mit viel weihnachtlich-winterlicher Atmosphäre, einem einzigartigen Setting und Bezug zu realen Persönlichkeiten.

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Veröffentlicht am 04.12.2023

Weihnachtliche Winter-RomCom

Zwischen Herzklopfen und Schneegestöber
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Einen passenderen Titel als „Zwischen Herzklopfen und Schneegestöber“ kann es für die weihnachtliche Liebeskomödie von Rebecca Schulz kaum geben, denn beide Substantive sind in diesem Roman Programm. Mit ...

Einen passenderen Titel als „Zwischen Herzklopfen und Schneegestöber“ kann es für die weihnachtliche Liebeskomödie von Rebecca Schulz kaum geben, denn beide Substantive sind in diesem Roman Programm. Mit seinem extrem hohen Cosiness-Faktor, dem unter anderem mit den (zum Glück) nur sehr am Rand auftretenden kuscheligen tierischen Freunden, den Alpakas und Schafen, gefrönt wird, passt die Liebesgeschichte perfekt in die winterlich-weihnachtliche Jahreszeit. Hier wird norddeutsch deftig mit Rosenkohl, Grünkohl oder auch mit brauner Soße geschlemmt, ständig gibt es Kuchen, Kekse und Getränke, es ist wohlig warm oder auch idyllisch verschneit und die Familie hält trotz aller Schwierigkeiten stets zusammen. Allein diese Gemengelage macht den Roman schon zum perfekten Wohlfühltext, der auch dann Weihnachtsstimmung zu wecken vermag, wenn man selbst glaubte, noch gar nicht so weit zu sein.

Marie, Mitte Vierzig, beherrscht als Ich-Erzählerin und Protagonistin das Geschehen. Trotz ihrer offensichtlichen Schwäche für Esoterik und des etwas zu stark gezeichneten Minderwertigkeitskomplexes muss man sie einfach gernhaben. Sie gerät einfach immer wieder in sehr lustige und komische Situationen, die von der Autorin mit viel Humor und gutem Timing geschildert werden. Marie redet sich um Kopf und Kragen und schätzt – obwohl sie Paartherapeutin ist – die Lage wiederholt falsch ein, was für sehr viel Spaß beim Lesen sorgt.

Insgesamt ist der Roman herrlich leicht und unterhaltsam geschrieben, die Szenen sind lebhaft und kurzweilig und die Figuren – trotz der Stereotypen, die mit dem Genre einhergehen – zum größten Teil sympathisch und liebenswert. In der Tat gelingt es der Autorin ihrem Text soviel Lebendigkeit einzuhauchen, dass man beinahe einen Film vor Augen ablaufen hat. Und apropos Film: „Zwischen Herzklopfen und Schneegestöber“ wäre die ideale Drehbuchgrundlage für einen ZDF-Herzkino-Film, denn so viel geballte Weihnachtsstimmung, Winteratmosphäre, Komik und Romantik auf so amüsante und angenehme Art präsentiert - das gibt es selbst da selten.

Der Roman ist ein Lesetipp für die Vorweihnachtszeit, eine Feelgood-Komödie voller Genussmomente, die, wenn man über das ein oder andere bediente Klischee oder auch ein paar glühende Wangen zu viel hinwegsehen kann, leichte und charmante Unterhaltung im besten Sinne und mit wirklich allem, was man von einer weihnachtlichen RomCom erwartet, bietet.

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