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Veröffentlicht am 28.07.2021

Er ließ sich nicht verbiegen

Julius oder die Schönheit des Spiels
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„...Möglicherweise hätte ein sorgfältiger Beobachter in ihm einen Mann von gestern in der Welt von heute erkannt; gleichermaßen fremd und nicht fremd an diesem besonderen Ort. Aber niemand würdigte ihn ...

„...Möglicherweise hätte ein sorgfältiger Beobachter in ihm einen Mann von gestern in der Welt von heute erkannt; gleichermaßen fremd und nicht fremd an diesem besonderen Ort. Aber niemand würdigte ihn ernsthaft eines Blickes...“

Die Rede ist von einem alten Herrn, der die Tenniswettkämpfe in Wimbledon im Jahre 1984 beobachtet. Als ein junger Deutscher gewinnt, überschlägt sich die Presse in Mutmaßungen über seine sexuelle Orientierung. Das führt die Erinnerungen des alten Herrn zurück in die Vergangenheit.
Jetzt wechselt die Perspektive. Wir befinden uns am Mittelrhein. Dort lebt die Familie von Berg. Gerade hat der Großvater, ein erfolgreicher Winzer, einen eigenen Tennisplatz für die Enkel anlegen lassen. Julius von Berg findet auf dem Spielfeld seine Lebensziel.
Der Autor hat einen spannenden und bewegenden Roman geschrieben. Wie dem Klappentext zu entnehmen ist, ist das Buch eine Hommage an den Tennisspieler Gottfried von Cramm. Es ist aber trotzdem eine fiktive Geschichte.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. Sehr detailliert wird erzählt, wie die Kindheit von Julius und seinen beiden Schwestern verlief. Die Einschätzung der Gouvernante lautete:

„...Die von Berg`schen Mädchen sind Rowdys! Und dann gibt es Julius...“

Interessante Formulierung! Hier wird schon deutlich, was sich später vertieft. Julius ist kein „typischer“ Junge. Raufen liegt ihm nicht. Auch wenn es nie so in Worte gefasst wird, ist zu vermuten, dass der Großvater schon früh ahnte, wie sich Julius entwickeln wird. Er sollte sein Leben lang sein Berater und Vertrauter belieben. Doch auch eine Eltern geben ihm wichtige Werte mit:

„...Gewinnen um jeden Preis beinhaltet immer einen Moment der Zügellosigkeit, stellt letztlich eine Charakterschwäche dar. Schließlich leben wir nicht mehr im Mittelalter...“

Im Rheinland lernt Julius die Schattenseiten der Politik kennen. Die im Roman eingeflochtene Geschichte der Rheinischen Republik zeigt die Wankelmütigkeit der Verantwortlichen auf allen Seiten.

„...Ist es das, was Politiker tun? Den Menschen erzählen, was sie hören wollen?...“

Julius geht nach dem Abitur nach Berlin. Er lernt das Berliner Nachtleben kennen. Trotzdem wird Tennis sein Leben. Dafür gibt er das Studium auf. Zwei Dinge könnten ihm Probleme bereiten. Die Öffentlichkeit zeigt sich an seinem Privatleben interessiert. Es wird registriert, mit wem er sich abgibt und welche Lokale er aufsucht. Und die ersten Anzeichen des aufkommenden Nationalsozialismus sind nicht zu übersehen. Zu Julius` Freundeskreis gehören viele Juden. Julius nimmt kein Blatt vor den Mund.
Von Robert, ein Trainer von ihm, stammen die Worte:

„...“...Weißt du, Julius“, sagt er, „es ist recht einfach: Ich habe schlicht keine Lust zu gewinnen, wenn man es von mir verlangt.“...“

Diese Worte gehen Julius im Jahre 1937 während seines Kampfes in Wimbledon durch den Kopf. Und sie sollten entscheidend für seine Zukunft werden. Julius ist nicht bereit, sich zu verbiegen.
Auf zwei besondere Stilmittel greift der Autor ab und an zurück. Der alte Herr von Beginn kommt zwischendurch mehrmals zu Wort. Er war Julius`letzter Spielpartner 1937. Außerdem werden kursiv Situationen aus dem Jahre 1938 geschildert. Sie sind kurz und emotional gestaltet.
Natürlich sind auch manche Tennisspiele detailliert geschildert. Das aber tut der Spannung keinerlei Abbruch.
Ein Nachwort, Angabe der Quellen und ein Gespräch mit dem Autor runden das Buch ab.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Das Buch gehört zu meinen Highlights des Jahres.

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Veröffentlicht am 27.07.2021

Bewegender Roman

Das Leben wie sie es liebten
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„...Jeden Tag beim Aufwachen war Loretta einen herrlichen Moment lang wieder zuhause, zuhause in Reichenberg. Bei Marek und ihren Eltern...“

Schnell begreift Loretta allerdings, dass sie in Wien ist, ...

„...Jeden Tag beim Aufwachen war Loretta einen herrlichen Moment lang wieder zuhause, zuhause in Reichenberg. Bei Marek und ihren Eltern...“

Schnell begreift Loretta allerdings, dass sie in Wien ist, in Wien des Jahres 1946. Sie lebt bei ihrer Tante Emma Kraft, der Witwe eines Arztes.
Die Autorin hat einen bewegenden Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Auffallend sind insbesondere die Stellen, wo die Sätze aus einem bis drei Wörtern bestehen. Hier wird Loretta von heftigen Erinnerungen überrascht, die zurücklegende Ereignisse extrem komprimieren.
Loretta kennt nur ein Ziel. Sie möchte ihren Mann Marek finden. Auf mich als Leser wirkt sie verstört und lebensfremd. Viel muss geschehen sein, was sie noch nicht verarbeitet hat.

„...Essen fühlte sich falsch an. Alles fühlte sich falsch an. Alles war falsch ohne Marek...“

In Rückblenden, die mit den Einmarsch der deutschen Wehrmacht in das Sudetenland beginnen, wird die Vergangenheit nach und nach lebendig. Lorettas Vater ist Direktor einer Nervenheilanstalt. Dort probiert man moderne Behandlungsmethoden. Bald aber wird ein neuer Direktor eingesetzt. Plötzlich verschwinden Patienten. Es gilt die Warnung für Loretta:

„...Am besten ist es für dich, hier nichts zu sehen und nichts zu hören...“

In Wien sind die Verhältnisse schwierig. Es gibt kaum etwas zu essen. Männer, zurück aus dem Krieg, haben sich verändert. Gewalt nimmt zu. Die medizinische Versorgung ist grenzwertig. In einer Versammlung, die Emma Kraft inszeniert hat, um vor allem bessere Verhältnisse für die Kinder zu schaffen, bringt es eine Frau auf den Punkt. Der größte Teil der Wiener Ärzte waren Juden. Sie sind tot.
Emma Kraft bekommt eine Wohnungssuchende zugewiesen. Die junge Frau erscheint sehr undurchsichtig.
Positiv dagegen verhält sich die Briefträgerin Ursula. Sie erkennt Lorettas Verstörtheit und nimmt sich ihrer an. Sie gibt außerdem von den Früchten ihres Gartens ab.
An verschiedenen Stellen wird deutlich, dass es zwischen den Siegermächten die ersten Unstimmigkeiten gibt. Jeder hat andere Interessen. Das macht die Verfolgung von Verbrechen schwierig.
Was ist in Reichenberg, jetzt Liberec, in den letzten Tagen wirklich geschehen? Einiges spricht dafür, dass sich die Täter geschickt aus der Affäre gezogen haben. Loretta musste als Deutsche die Stadt verlassen. Ihr Mann Marek aber ist Tscheche. Was ist mit ihm passiert?
Das Ende ruft regelrecht nach einer Fortsetzung.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die detaillierte Beschreibung der Zustände ihn Wien vermittelt ein gutes Bild von Not und Zerstörung. Die Geschehnisse in Reichenberg dagegen werden nur schlaglichtartig behandelt.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Isla und Jon

Highland Hope 2 - Ein Pub für Kirkby
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„...Er sprach ruhig und sachlich mit ihr, genau wie er es jahrelang mit schwierigen Kunden und temperamentvollen Kollegen getan hatte, aber insgeheim fand er diesen kleinen Zusammenstoß recht amüsant...“

Isla ...

„...Er sprach ruhig und sachlich mit ihr, genau wie er es jahrelang mit schwierigen Kunden und temperamentvollen Kollegen getan hatte, aber insgeheim fand er diesen kleinen Zusammenstoß recht amüsant...“

Isla hat sich geärgert. Nichts braucht sie dann dringender als einen Schokoriegel. Als sie aber an der Tankstelle danach greifen will, hat ein Unbekannter den letzten schon fast in der Hand. Isla macht ihre Ansprüche geltend. Jon, der Fremde, überlässt ihn ihr großzügig.
Die Autorin hat erneut eine spannende und humorvolle Geschichte geschrieben. Wieder steht der kleine schottische Ort Kirkby im Mittelpunkt.
Die Personen werden gut charakterisiert. Isla leitet im Ort ein Sternerestaurant. Sie legt Wert auf Nachhaltigkeit und örtliche Lieferanten. Doch seit kurzem hat sie das Gefühl, dass Probleme auf sie zukommen.
Jon ist eigentlich Werbefachmann. Als ihm Collum, der Bürgermeister von Kirkby und ein alter Bekannter von ihm, allerdings ein Gebäude für einen Pub angeboten hat, konnte und wollte er nicht Nein sagen. Kurzerhand hat er sich für den Neuanfang noch einen Pick-up und mit Polly eine junge Hündin zugelegt.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er wechselt gekonnt zwischen amüsanten Szenen und ersten Themen.
Gut werden die Örtlichkeiten beschrieben. Ein jahrelang nicht genutzter Pub ist nicht unbedingt ein erhebender Anblick. Als Collum Jon das Gebäude zeigt, konstatiert ersterer trocken:

„...Manchmal ist es nicht schlecht, sich blauäugig in ein neues Abenteuer zu stürzen und auf das Beste zu hoffen, statt alle Eventualitäten vorher durchzukalkulieren...“

Positiv überrascht wird Jon von der Hilfsbereitschaft der Einwohner. Die freuen sich auf den neuen Pub und greifen eifrig mit zu. An vielen Kleinigkeiten wird deutlich, dass Jon als Werbefachmann natürlich weiß, wie er die Einwohner bei der Stange halten und für Gäste im Pub sorgen kann..
Die Begegnung an der Tankstelle hat einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Als er Isla im Ort wiedersieht, will er die Frau gern näher kennenlernen. Polly, seine Hündin, sorgt aber erst einmal für Ärger.
Isla hat jedoch gerade andere Sorgen. Rodney, ein alter Bekannter, hat in der Nähe ein Bistro eröffnet. Beide kennen sich aus der Vergangenheit. Ihr Verhältnis als schlecht zu bezeichnen, wäre noch geschmeichelt. Isla ahnt, dass er alles versuchen wird, um ihr zu schaden. So gibt er in einer Kochshow eines von Islas speziellen Desserts als seine Kreation aus. Das ist aber sicher erst der Anfang seiner Pläne.
Rückblicke lassen mich erkenne, warum die Personen so handeln, wie sie handeln. Als sich Isla und Jon sachte annähern, muss sich Jon entscheiden. Die Firma seiner Familie berät Rodney. Damit steht er zwischen den Fronten.
Sehr intensive Gespräche entwickeln sich zwischen beiden. So erklärt ihm Isla ihre Motivation für das Kochen:

„...Dabei habe ich gelernt, dass man wahnsinnig kreativ sein und gleichzeitig etwas schaffen kann, an dem viele Menschen Freude haben. Das sind heute meine Hauptantriebskräfte...“

Eine Personenliste, ein Rezept und ein kurzer Ausschnitt aus dem nächsten Teil ergänzen das Buch.
Die Geschichte hat mich sehr gut unterhalten. Ich freue mich auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 26.07.2021

Hilfe für Mbongi

Duden Leseprofi – Mbongis Weg zur Schule. Eine Geschichte aus Afrika, 2. Klasse
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„...Mbondi teilt fast alles mit Thandi und Thobile. Seinen roten Ball und die Pumpe dazu. Seine Buntstifte und den Anspitzer dazu...“

Mbongi und seine Freunde, die Zwillinge Thandi und Thobile leben in ...

„...Mbondi teilt fast alles mit Thandi und Thobile. Seinen roten Ball und die Pumpe dazu. Seine Buntstifte und den Anspitzer dazu...“

Mbongi und seine Freunde, die Zwillinge Thandi und Thobile leben in einem kleinen Dorf in Südafrika. Mbongi hat außerdem einen kleinen Affen. Den hat er aus der Mülltonne gerettet.
Während Thandi und Thobile schon in die Schule gehen, wird Mbongi demnächst eingeschult. Wie aber soll er dorthin kommen? Er ist nur mit einem Bein geboren und der Weg ist weit.
Der Autor hat eine schönes Kinderbuch für Erstleser geschrieben. Kurze Sätze und große Schrift passen sich dem Niveau der Zielgruppe an. Der Schriftstil lässt sich gut lesen.
Es ist ein Geschichte von Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Einfallsreichtum. Die Leser erfahren, dass das Leben in Südafrika nicht die Annehmlichkeiten hat, die wir hier gewohnt sind.

„...Mutter hat recht. Nirgendwo gibt es Rollstühle. Nicht bei den Lebensmitteln. Und auch nicht bei der Kleidung...“

Doch dann kommt den Kindern im Einkaufszentrum eine Idee, was sich zu einem Rollstuhl umfunktionieren lässt. Werden die Erwachsenen mitspielen?
Das Buch ist sehr schön illustriert. Die farbigen Bilder sind realistisch und ausdrucksstark.
Außerdem sind im Text 8 Rätsel, genannt Profifragen, versteckt. Dazu gibt es eine Lesezeichen imit Lösungsschlüssel.
Für Vollprofis gibt es am Schluss nochmals vier Fragen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 25.07.2021

Traumhaft schön illustriert

Mira - Himmlische Briefe für eine Prinzessin. Mit Stickern
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„...Mira ging schneller. Sie wählte den Weg am Fluss entlang. Hier würde sie hoffentlich keinem der neuen Mitschüler begegnen. Immer hatten die dumme Sprüche auf Lager...“

Mira geht in die dritte Klasse. ...

„...Mira ging schneller. Sie wählte den Weg am Fluss entlang. Hier würde sie hoffentlich keinem der neuen Mitschüler begegnen. Immer hatten die dumme Sprüche auf Lager...“

Mira geht in die dritte Klasse. Sie ist mit ihrem Äußeren unzufrieden. In der neuen Klasse hat sie noch keine Freunde. Die Schule ist eher eine Belastung.
Dann aber findet sie auf ihren Schreibtisch einen Brief. Er ist unterschrieben von Königin Esther. Darin erzählt sie Mira ihre Geschichte.
Die Autorin hat ein bewegendes Kinderbuch geschrieben. Fünfzehn Frauen und Mädchen wenden sich mit ihrer Lebensgeschichte an Mira.
Die Erzählungen halten sich nahe am biblischen Original. Neben bekannten Frauen wie Esther und Lea kommen auch weniger bekannte zu Wort. Der Schriftstil ist kindgerecht. Den Kerngedanken, der in allen Geschichten steckt, fast König Salomo gegenüber der Königin von Saba so zusammen:

„...Gott liebt uns Menschen. Wir sind seine Kinder. Er nennt uns sogar Königskinder, egal ob wir viel Gold haben oder gar keins...“

Sehr gut gefallen hat mir, dass Mira aus den Erzählungen persönliche Schlussfolgerungen zieht. Sie erkennt, dass es im Leben nicht nur glatte Wege gibt. Eine Prinzessin zu sein, heißt nicht, dass alle Tage die Sonne scheint. Es heißt aber, sich in jeder Situation im Glauben geborgen zu fühlen.
Die Briefe verändern Miras innere Einstellung. Sie schenken ihr Selbstbewusstsein, sie selbst zu sein.
Bezaubernd ist die Aufmachung des Buches. Schon das Cover und die rosa gefärbte Schnittfläche sind ein Hingucker. Die Farbe Rosa setzt sich im Inneren fort. Daran schließt sich bei jedem Brief eine anders gestaltete Blumenranke als Begrenzung an.
Die gleichen Blumen umrahmen die Frauenbilder, die der Zeit entsprechend farbenfroh gekleidet und fast eine Seite groß sind. An den Zeichnungen fallen die vielen fein herausgearbeiteten Details auf.
Dem Buch beigelegt sind außerdem 40 Sticker und die gleiche Anzahl von Glitzerstickern.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Durch den persönlichen Stil der Briefe werden die Geschichten der Frauen und Mädchen lebendig.

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