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Veröffentlicht am 30.12.2022

Der Autor legt die Finger in die Wunde

Augenblick nochmal. Neue Zwei-Minuten-Texte, die den Alltag durchkreuzen
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„...Sie war nur kurz draußen. Da hörte sie es. Kraniche, die nach Süden ziehen...“

Mit diesem Naturschauspiel beginnt das Buch. Die Geschichte ist kürzer als die Anderen. Es ist eine Geschichte der Hoffnung, ...

„...Sie war nur kurz draußen. Da hörte sie es. Kraniche, die nach Süden ziehen...“

Mit diesem Naturschauspiel beginnt das Buch. Die Geschichte ist kürzer als die Anderen. Es ist eine Geschichte der Hoffnung, der Hoffnung, dass die Kraniche zurückkehren.
Mehr als fünfzig weitere Kurzgeschichten sind in dem Büchlein gesammelt. Ihre Länge variiert zwischen einer und zwei Seiten.
Der Autor kommt schnell auf den Punkt. Er wendet sich den Schattenseiten unsere Gesellschaft zu und legt die Finger in die Wunde. Einige wenige Zitate sollen das verdeutlichen.

„...Wir durften die Akteure auf der politischen Bühne wählen, aber das Spiel, zu dem sie sich entschieden haben, können wir nicht beeinflussen...“

Einige Zeilen später relativiert der Autor seine Aussagen. Es zeigt auf, welche Möglichkeiten es gibt. Doch mancher dürfte sich mit dem Zitat angesprochen fühlen. Die Frage ist: Nimmt man es hin oder wird man aktiv?

„...Gegen alle Beteuerungen gehen sie eher mit den Reichen Arm in Arm, als den Armen die Hand zu reichen. Auch in Deutschland. Politik, nach christlichen Maßstäben, ist aber nur so gut, wie es den Ärmsten geht...“

Hier befasst sich der Autor mit Steuergerechtigkeit. Eines wird am Zitat ebenfalls deutlich. Das Spiel mit den Worten beherrscht er exzellent.
Der Autor nimmt aber nicht nur deutsche Unzulänglichkeiten aufs Korn, er befasst sich auch mit der Weltpolitik, sei es Putins Krieg in der Ukraine oder die europäische Flüchtlingspolitik. Beim letzten Thema konfrontiert er das Geschehen mit der Europahymne.

„...Mit jedem Flüchtling, der im Mittelmeer ertrinkt, aber gerettet werden könnte, versinken auch Europas Werte. Ist die Europahymne eine Lüge?...“

Die Texte sind trotz der Kürze tiefsinnig. Manchmal blitzt feiner Humor auf. Und sie zwingen mich als Leser zum Nachdenken – insbesondere über das eigene Verhalten.

„...Die Kraniche kommen zurück, manche schon im Februar. Es wird Frühling. Es ist, als wären sie Boten des uralten Versprechens, das Gott den Menschen nach der Sintflut gegeben hat...“

Mit der letzten Geschichte wird der Bogen zum Anfang geschlagen. Das Buch ist nun rund.
Das Büchlein hat mir sehr gut gefallen. Es ist an vielen Stellen ein Weckruf.

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Veröffentlicht am 27.12.2022

Berührende Geschichte

Für immer Weihnachten
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„...Voller Hoffnung hatte Eva eben noch auf dem Bahnsteig des Frankfurter Hauptbahnhofs zwischen den vielen Angehörigen gestanden, die genauso wie sie auf Kriegsheimkehrer warteten. Das Foto ihres geliebten ...

„...Voller Hoffnung hatte Eva eben noch auf dem Bahnsteig des Frankfurter Hauptbahnhofs zwischen den vielen Angehörigen gestanden, die genauso wie sie auf Kriegsheimkehrer warteten. Das Foto ihres geliebten Mannes und ein von Lotte gemaltes Willkommensschild in den Händen...“

Doch Lotte wartet vergebens. Ein Freund ihres Mannes bringt ihr nun 1950 die Todesnachricht. Eine Lungenentzündung hatte Lottes Mann das Leben gekostet.
Die Autorin hat eine berührende Weihnachtsgeschichte geschrieben. Es ist eine leise Erzählung. Dazu passt der fein ausgearbeitete Schriftstil.
Ein Jahr ist vergangen. Eva hat Paul kennengelernt und ist mit ihrer Tochter zu ihm gezogen. Alles sah nach einem Neuanfang aus. Doch kurz vor Weihnachten ändert sich plötzlich Pauls Verhalten. Er lehnt es ab, Weihnachten zu feiern, will aber nicht über die Gründe sprechen.
Auch Lotte hat ew nicht einfach. Nach einem Unfall in den Trümmerbergen beim Spielen humpelt sie noch. Doch sie trägt die trostreichen Gedanken ihrer Mutter in ihrem Herzen.

„...Irgendwo dort oben war ihr Papa. Die Mama hatte es gesagt. Vom Himmel hoch blickte er auf sie herab, gab auf sie acht und sandte ihr ganz viel Liebe...“

Bei einem Spaziergang im Park schenkt ihr ein Leierkastenmann einen kleinen Esel. Als Lotte ihn mit in Pauls Wohnung bringt, eskaliert die Situation. Plötzlich stehen Lotte und Evakurz vor Weihnachten auf der Straße.
Beide finden mit ihrem Esel eine Unterkunft und verleben ein besonderes Weihnachtsfest. Doch wird es für das Zusammenleben mit Paul noch eine Chance geben?
Geschickt verwoben mit der Geschichte werden Erlebnisse und Erfahrungen der Männer aus dem Krieg. Dort liegen die Wurzeln dafür, dass Paul Weihnachten nicht ertragen kann. Er fühlt sich schuldig und es bedarf vieler Gespräche, bis er erkennt, was wirklich geschehen ist. Der Gesprächspartner hat Ähnliches erlebt und deshalb Verständnis und Einfühlungsvermögen.
Außerdem sind es zwei Weihnachtslieder, die sich wie ein roter Faden durch die Geschichte ziehen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 27.12.2022

Das Weltgeschehen und ein kleines Eifeldörfchen

Ginsterhöhe
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„...Wir müssen uns fügen, dachte Albrecht bitter. Immer ist da jemand, dem wir gehorchen müssen. Das hier ist doch unser Land, unser Dorf. Gerade haben wir es wieder aufgebaut. Warum bestimmen andere darüber, ...

„...Wir müssen uns fügen, dachte Albrecht bitter. Immer ist da jemand, dem wir gehorchen müssen. Das hier ist doch unser Land, unser Dorf. Gerade haben wir es wieder aufgebaut. Warum bestimmen andere darüber, was hier geschieht?...“

Eine gute Frage, die Albrecht fast am Ende des Romans stellt. Noch ahnt er nicht, dass die Heimat auf immer verloren ist. Doch das Geschehen begann sehr viel früher.
Die Autorin erzählt auf eindrückliche Weise die Geschichte des Eifeldörfchens Wollseifen.
Der Schriftstil ist ausreift und passt sich den Gegebenheiten an. Ab und zu verwendet die Autorin die örtlichen Dialekt.
Wir schreiben das Jahr 1919, als Albrecht Lintermann aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrt. Eine Granate hat ihm die Hälfte des Gesichts zerstört und den besten Freund genommen. Dessen Braut Leni ist nun mit ihrer Tochter allein.
Albrechts Eltern sind froh, dass ihr Sohn lebt und die Landwirtschaft übernehmen kann. Nur seine Frau Bertha kommt mit seinem Aussehen nicht zurecht. Im Dorf akzeptieren die meisten Albrecht. Meller, der neu hinzugezogen ist, kann sich allerdings spitze Bemerkungen nicht verkneifen. Auch sonst scheint der aus der Vergangenheit nichts gelernt zu haben.

„...Wir hätten den Krieg ohne Weiteres gewonnen, wenn uns diese vaterlandslosen Gesellen nicht in den Rücken gefallen wären. Du müsstest doch am besten wissen, dass das deutsche Heer im Felde ungeschlagen war...“

Sehr anschaulich wird das Dorfleben beschrieben. Man steht zusammen, feiert Kirmes, kümmert sich darum, dass die Höfe endlich an eine Wasserleitung und ans Elektrizitätsnetz angeschlossen werden. Beim Schlachten wird jede Hand gebraucht.
Nach dem Tode des Vaters beginnt Albrecht, den Hof zu modernisieren, kauft Maschinen und investiert. Das Leben könnte so friedlich weitergehen.
Albrecht nimmt die Geburt seiner Tochter zum Anlass, um sich Albrecht sein Gesicht erfolgreich operieren zu lassen.
Doch mit Meller zieht zunehmend ein neuer Geist ins Dorf ein. Er setzt sich dafür ein, dass auf den Vogelsang ein Gebäude für ein Reichsschulungslager gebaut wird. Die Meinungen sind geteilt. Selbst der Pastor sieht das positiv.

„...Es ist eine Überlegung wert. Außerdem kommt so Geld ins Dorf, und wer weiß, am Ende könnten wir sogar eine neue Kirche bauen. Damals, als die Talsperre errichtet worden ist, ist ja auch viel Geld reingekommen...“

Eine besondere Rolle im Buch hat der Schullehrer. Er schreibt Tagebuch, das kursiv abgedruckt ist. Dadurch wird die große Politik mit dem Geschehen im Dorf verbunden. Außerdem erlaubt er sich einen kritischen Blick auf die Zeitereignisse.

„...Österreich gehört jetzt auch zum Deutschen Reich. Auch wenn Adolf Hitler aus Braunau stammt, so wundert es mich doch, wie jubelnd die Österreicher den Einmarsch der Nationalsozialisten begrüßt haben...“

In der vorderen Umschlagseite findet man eine Karte, in der hinteren Originalfotos vom ehemaligen Dorf.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat es verstanden, persönliche Schicksale mit der Geschichte eines Dorfes und den Weltgeschehen gekonnt zu verknüpfen.

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Veröffentlicht am 23.12.2022

Ein Stück Piratengeschichte

Jack Bannister - Herr der Karibik
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„...Jack Bannister war nach seinem eigenen Dafürhalten der glücklichste Mensch auf Gottes weiten Erdenrund. Soeben hatte ihn der Pfarrer der Kirche St. Nikolas in Depford, dem Ortsteil von London, in dem ...

„...Jack Bannister war nach seinem eigenen Dafürhalten der glücklichste Mensch auf Gottes weiten Erdenrund. Soeben hatte ihn der Pfarrer der Kirche St. Nikolas in Depford, dem Ortsteil von London, in dem sich die meisten Werften und Faktoreien der großen Handelshäuser befanden, mit Marie‑Claire, der Tochter von Captain Gilbert Magminot, vermählt...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein spannender und gut recherchierter historischer Roman. Das Eingangszitat zeigt auch, dass der Autor Wert auf Details legt und der Schriftstil ausgereift ist.
Wir schreiben das Jahr 1681. Kurz nach der Hochzeit begibt sich Jack als Erster Offizier auf ein Handelsschiff. Die Route führt nach Afrika. Dort werden Sklaven als Ware geladen, die nach Westindien gebracht werden. Zucker, Rum, Gewürze und wertvolle Hölzer waren später die Ladung für die Heimfahrt nach Europa.
Die Reise wird detailliert beschrieben. Auch die Unterschiede der englischen Flotte werden deutlich gemacht.

„...Ihre schnellen und gut ausgerüsteten und bewaffneten Schiffe segelten allein und nicht im Konvoi und waren deshalb in der Lage, die Dreiecksroute in einem Jahr zurückzulegen...“

Der Umgang mit den Sklaven ist heftig. Nicht jeder der Besatzung verträgt das. Für Jack als Ersten Offizier bedeutet das, für eine klare Linie zu sorgen.

„...Wenn euch etwas nicht passt, sucht unseren Captain in seiner Kajüte auf und tragt ihm eure Beschwerde vor...“

Nach einem erfolgreichen Kampf gegen Piraten kehrt das Schiff nach London zurück. Im Hafen wartet Marie-Claire. Captain Harris konstatiert:

„...Mrs Bannister scheint ja eine atemberaubende Schönheit zu sein. Und ich treu ergeben, wenn ich ihr Winken richtig deute. Passt bloß gut auf sie auf! An solchen Blumen schnuppern auch andere Männer gern...“

Während Jack nun als Captain der Golden Fleece erneut nach Afrika unterwegs ist, lerne ich als Leser die Dekadenz am französischen und am englischen Hof kennen. Frauen prostituieren sich, um die Karriere ihrer Männer zu fördern. Und James, der Bruder des englischen Königs, macht deutlich, dass er ein Nein nicht akzeptiert, wenn er eine Frau will.
Jack kommt vorzeitig nach London zurück. Das sorgt für ihn für eine unangenehme Überraschung. Keiner hat mit ihm gerechnet.
Jetzt wechselt er die Seiten. Er geht als Pirat in die Karibik. Sein spezielles Ziel sind englische Schiffe. Crispe, sein bisheriger unmittelbarer Vorgesetzter kennt die Ursache dafür.
Im letzten drittel des Buches lerne ich das Leben der Piraten kennen. Dabei gibt es gravierende Unterschiede, wie mit den gekaperten Schiffen und ihre Besatzung umgegangen wird. Jack hat sich seine Menschlichkeit bewahrt.
Das Buch enthält zu Beginn die Zeichnung eines Segelschiffs mit voller Beflaggung. Dann folgt ein Personenverzeichnis. Ein informatives Nachwort trennt Realität von Fiktion.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Autor versteht es, in einer spannende Handlung eine Vielzahl an historischen Fakten unterzubringen. Dazu gehören auch wissenswerte Information über Aufbau, Beflaggung und Bewaffnung von Schiffen.

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Veröffentlicht am 23.12.2022

Schöne Tiergeschichten

Leselöwen 2. Klasse - Geschichten aus der Tierarztpraxis
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„...Wolle ist der beste Hund der Welt! Das steht für Fabian fest...“

Mit diesen Zeilen beginnt die erst Geschichte. Das Buch enthält genau vier Erzählungen. Es stammt aus der Reihe Leselöwe und wird für ...

„...Wolle ist der beste Hund der Welt! Das steht für Fabian fest...“

Mit diesen Zeilen beginnt die erst Geschichte. Das Buch enthält genau vier Erzählungen. Es stammt aus der Reihe Leselöwe und wird für die zweite Klasse empfohlen.
Die Handlungen sind kindgerecht und verständlich. Große Schrift, klar gegliederte Texte und kurze Absätze zeichnen es aus. Dabei nimmt der Text jeweils nur die Hälfte einer Seite ein. Darüber oder darunter gibt es schöne aussagekräftige farbige Illustrationen.
Inhaltlich geht es immer um die Behandlung von Tieren in einer Tierarztpraxis. Dabei enthält jede Geschichte ein kleine Überraschung oder unerwartete Wendung.
Am Ende gibt es zehn Fragen und Antworten zum Leseverständnis, einige ergänzende fachliche Erklärungen, die mit einem Quiz gekoppelt sind.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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