Platzhalter für Profilbild

mabuerele

Lesejury Star
offline

mabuerele ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mabuerele über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.05.2018

Brassonis fünfter Fall

Venezianische Intrigen (Ein Luca-Brassoni-Krimi 5)
0

„...Brassoni packte die Wut, wenn er an all die prügelnden, aggressiven Ehemänner dachte, die er im Verlaufe seiner Karriere schon vernommen hatte. Er wünschte sich, dass die Gesellschaft solche Taten ...

„...Brassoni packte die Wut, wenn er an all die prügelnden, aggressiven Ehemänner dachte, die er im Verlaufe seiner Karriere schon vernommen hatte. Er wünschte sich, dass die Gesellschaft solche Taten nicht mehr als Kavaliersdelikt ansah, die man stumm duldete...“

Commisssario Luca Brassoni blättert gerade durch alte Fälle, als ihm das Eingangszitat durch den Kopf geht. Da klopft es an der Tür und Lorenzo, ein alter Bekannter, tritt ein. Er bittet ihn, den Fall von Loredana, einer Cousine seiner Frau, zu übernehmen. Loredana war an einem allergischen Schock verstorben. Sie musste unbewusst Erdnüsse gegessen haben. Der Fall wurde als Unfall zur Seite gelegt und abgeschlossen. Doch Lorenzo vermutet, dass man ihr das Allergen untergeschoben hat.
Die Autorin hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben, der in Venedig spielt. Es ist der fünfte Fall von Brassoni.
Da ich die Vorgängerbände kenne, bin ich sofort wieder auf alte Bekannte getroffen. Neben Brasssoni und seiner Frau Carla, einer Rechtsmedizinerin, gehört dazu Caruso, ein Journalist und Brassonis Cousin. Weniger angenehm ist die Begegnung mit Brassonis Chef. Einerseits ist er ein Choleriker, andererseits kann ihm nichts schnell genug gehen. Familiäre Sorgen machen ihn momentan unleidlich.
Die Geschichte lässt sich zügig lesen. Dazu tragen auch die kurzen Kapitel und die schnell wechselnden Handlungsorte bei. Ab und an erlaubt mir die Autorin einen Einblick in das Privatleben ihrer Protagonisten. Brassoni ist seit kurzem stolzer Vater. Als Carla ihre alte Arbeitsstätte besucht, nutzt sie die Gelegenheit, Loredanas Leiche zu untersuchen. Schnell wird klar, dass die Kaugummis der jungen Frau mit Erdnüssen verunreinigt waren.
Für Brassoni und sein Team gibt es mehrere Verdächtige. Zum einen war Loredanas Freund kurz vor ihrem Tod handgreiflich gegen sie geworden, zum anderen gab es in ihrer Arbeitsstelle Drohungen. Loredana arbeitete in einer sozialen Einrichtung, die bedrohte Kinder aus ihren Familien nahm. Einem Vater hat das gar nicht gefallen. Allerdings würde das Eingangszitat gut auf ihn passen. Caruso findet außerdem heraus, dass Loredanas Chef nicht regelgerecht mit Spendengeldern umgegangen ist.
Gut beschrieben werden die Handlungsorte in Venedig. Auch die sozialen Probleme der Stadt, vor allem die explodierenden Mieten und das Verhalten mancher Touristen, werden gekonnt im Rahmen des Geschehens thematisiert.
Als besonders Stilmittel lässt die Autorin ab und eine Gestalt zu Wort kommen, die mich über die exakte Planung ihrer Taten informiert, denn Loredana war nur die erste Tote. Die Motive werden sacht angedeutet.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Die Balance zwischen Ermittlungen und privaten Passagen finde ich gelungen.

Veröffentlicht am 24.05.2018

Der bisher beste Teil

Der freie Vogel fliegt, Band 3
0

„...Xiaolu wusste das nicht, aber sie begriff auf der Stelle, dass man sich manchmal stark stellen muss,ein Lächeln präsentieren muss, damit alles langsam wieder gut werden kann...“

Auch der dritte Teil ...

„...Xiaolu wusste das nicht, aber sie begriff auf der Stelle, dass man sich manchmal stark stellen muss,ein Lächeln präsentieren muss, damit alles langsam wieder gut werden kann...“

Auch der dritte Teil der Novell Graphic schließt zeitnah an den Vorgängerband an. Einige Probleme der jungen Leute in China werden hier sehr zugespitzt behandelt.
Anfangs geht es um Liebe und Eifersucht. Dabei fällt auch das Eingangszitat, denn Xiaolu gelingt es, Xuerui von ihrem Kummer abzulenken.
Han Che und Xiaolus Cousine Ruirui absolvieren ihre Schulabgangsprüfungen. Die Aufnahme des Klassenfotos und die Gespräche über die Zukunft könnten so auch in Deutschland stattgefunden haben. Doch schnell zeigt sich, unter welchem immensen Druck die Jugendlichen in China stehen. Es genügt nicht, bestanden zu haben. Nur das Beste ist gut genug. Ruiruis Aussage bringt das schmerzlich auf den Punkt:

„...Der Leistungsdruck, dem sie schon so lange ausgesetzt war, nagte so sehr an ihr, dass er ein schwarzes Loch in ihr Herz gefressen hatte...“

Xiaolu sieht Han Che weiter nur aus der Ferne. Dann aber erlebt sie, dass die Liebe zwischen Xu und seiner Freundin nicht gehalten hat. Das weckt Erinnerungen an die Zeit der Trennung der Eltern.
Mit Beginn der Abschlussklasse wird ein weiteres Problem akut. -Diese Mal steht Siyao vor einer schwierigen Entscheidung.
Wie schon in den ersten Bänden wird die Handlung durch detailgenau ausgearbeitete Zeichnungen veranschaulicht. Durch die Farbwahl der Bilder wird gekonnt der Gefühlszustand der Protagonisten ausgedrückt. Auch die Unterschiede der drei Freundinnen werden sowohl in Wort als auch im Bild wiedergegeben.
In einem kurzen Nachwort erzählen Autorin und Illustratorin von der Entstehung des Buches. Danach folgt die gesamte Geschichte nochmals auf Chinesisch.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich bin schon gespannt auf die folgenden Bände.

Veröffentlicht am 23.05.2018

Hugo auf heißer Spur

Ein Fall für die Schwarze Pfote: Hugo auf heißer Spur
0

„...Merlin blieb die Luft weg. Hatte er richtig gehört? Hatte seine Mutter Hugo wirklich als neues Familienmitglied vorgestellt?...“

Als Charlotte ihren Freund Merlin vom Judotraining abholt, hören sie ...

„...Merlin blieb die Luft weg. Hatte er richtig gehört? Hatte seine Mutter Hugo wirklich als neues Familienmitglied vorgestellt?...“

Als Charlotte ihren Freund Merlin vom Judotraining abholt, hören sie auf dem Nachhauseweg eine Fiepen. In einer Mülltonne finden sie einen Hundewelpen. Kurzerhand drückt Charlotte Merlin den Hund in die Hand, damit er ihn mit nach Hause nimmt. Das wird schwierig, denn sein Vater will keine Haustiere. Gerade als Tante Friede Feldmann mit ihrem neuen Freund erscheint, lässt sich Hugo, der Welpe, blicken. Die Tante ist begeistert und die Mutter reagiert blitzschnell, denn die begüterte Tante darf nicht verärgert werden. Wie, zeigt das Eingangszitat.
Der Autor hat einen spannenden und humorvollen Kinderkrimi geschrieben.
Die Protagonisten werden sympathisch dargestellt. Im Freundestrio Merlin, Fips und Charlotte hat eindeutig Charlotte das Sagen. Sie bringt die beiden Jungen nötigenfalls in die Spur.
Schon die ersten Tage mit Hugo verlangen Merlin alles ab. Einen Hund zu verbergen ist gar nicht so einfach, wenn man eine neugierige kleine Schwester hat. Dann aber erweist sich der Welpe als perfekter Spürhund.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Geschichte könnte so fast überall im Heute und hier spielen. Es gibt einige amüsante Szenen. Außerdem spüre ich als Leser, dass den Kindern ihre Freundschaft wichtig ist. Jeder bringt sich mit seinem Fähigkeiten ein.
Zu Beginn des Buches werden die Kinder und der Hund mit Bild und Name vorgestellt.
Einige Schwarz-Weiß-Zeichnungen veranschaulichen die Handlung. Jedes Kapitel zeigt neben der Überschrift eine anderes Bild von Hugo.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Dazu hat der verfressene tierische Protagonist nicht unwesentlich beigetragen.

Veröffentlicht am 22.05.2018

Fesselnder Krimi im Musikermilieu

Niemand kennt dich, wenn du am Boden liegst
0

„...Die Chemie auf der Bühne wirkte so aufgeladen, sie wartete förmlich darauf, dass etwas passierte...“

John hat als Gitarrist ein Engagement bei den Distant Stars. Ines trifft ihn zum Konzert am Dresdner ...

„...Die Chemie auf der Bühne wirkte so aufgeladen, sie wartete förmlich darauf, dass etwas passierte...“

John hat als Gitarrist ein Engagement bei den Distant Stars. Ines trifft ihn zum Konzert am Dresdner Elbufer. Die Spannung in der Band ist mit den Händen greifbar, wie obiger Eindruck von Ines zeigt. Tim, der Sänger, ist auf Heroin. Trotzdem feiern ihn seine Anhänger. Am nächsten Tag will die Band weiter nach Dortmund. Dort sind sie für das Vorprogramm von Eric Clapton eingeplant. Doch noch in Dresden wird Tim verhaftet. Ihn seinem Bühnenraum wurde ein Kilogramm Heroin gefunden. Damit fangen seine Probleme aber erst an.
Die Autorin hat einen fesselnden Krimi geschrieben, der in der Musikszene spielt und deren besondere Situation thematisiert.
Tim darf nach Dortmund reisen, wird dort aber wegen Mordverdacht verhaftet. Das Vorprogramm fällt für ihn aus. Die Band versucht trotzdem das Beste daraus zu machen.
Dann reist der Manager mit den Distant Stars weiter. Nur John und Ines bleiben. Sie wollen Tim unter die Arme greifen und versuchen, den Mord an dem Drogendealer im Alleingang aufzuklären.
Der Schriftstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Die Autorin gewährt mir nicht nur einen Einblick in das Leben der Musiker, sie versteht es ebenfalls die psychischen Tiefen ihrer Protagonisten auszuloten.
Im Mittelpunkt steht der 27jährige Tim. Das folgende Zitat gibt wieder, welche Frage sich Ines stellt.

„...Was war das für ein Teufelszeug, für das intelligente Menschen, denen die Welt offenstand, alles aufs Spiel setzten?...“

Auch ihr Freund John war heroinabhängig, hat seine Sucht aber in den Griff bekommen. Tim scheint noch nicht weit genug unten zu sein, um sich helfen zu lassen. Das wird sich im Laufe der Handlung aber ändern. Tims Stimmungsschwankungen sind für seine Umgebung schwer zu ertragen. Als Sohn aus reichem Haus ist ihm eine gewisse Überheblichkeit eigen. Ohne John und Ines stände er allerdings trotzdem völlig allein da. Er belohnt die beiden lange Zeit aber nicht mit Dankbarkeit, sondern nutzt jede Gelegenheit, sie zu beleidigen.
Da werden auch die Reaktion seiner Mutter und seines besten Freundes Russ verständlich. Sie wissen, was auf John und Ines zukommen könnte. Während sowohl die Eltern als auch Russ Tim vom Rauschgift wegbringen wollten, nimmt der Manager der Band die Sucht billigend in Kauf. Dafür habe ich zum Beispiel keinerlei Verständnis.
Vor allem Ines gelingt es zeitweise, zu Tim durchzudringen. Bei einen Gespräch in Glasgow gibt sie ihm folgenden Rat:

„...Mach`s wieder gut, aber mach dich nicht fertig. Versuch irgendwie den Schaden, den du angerichtet hast, auszugleichen...“

Bei den Ermittlungen zum Thema Heroinbesitz und Mord stoßen John und Ines auf Ungereimtheiten. Sie informieren eine Kommissarin der Dortmunder Kripo und arbeiten mit Tims Rechtsanwalt zusammen.
Dass ein Entzug kein Zuckerschlecken ist, arbeitet die Autorin sehr gut heraus. Es ist aber für Tim die einzige Chance. Obwohl John und Ines zu ihm stehen, ist die Situation für ihre eigene Beziehung nicht einfach. Kurze Anflüge von Eifersucht lassen sich vor allem bei John nicht vermeiden. Mehrmals versuchen sie den Rückzug von Tim, bringen es aber letztendlich nicht über sich, ihn in Stich und sich selbst zu überlassen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, was Drogen aus einem begabten Menschen machen können.

Veröffentlicht am 22.05.2018

Eine Klasse in Ausnahmesituation

Was wir dachten, was wir taten
0

„...Es ist ein schwerwiegendes Sicherheitsproblem aufgetreten. Bitte bewahren Sie Ruhe. Begeben Sie sich sofort in einen geschlossenen Fachraum und warten Sie auf weitere Anweisungen...“

Die Klasse schreibt ...

„...Es ist ein schwerwiegendes Sicherheitsproblem aufgetreten. Bitte bewahren Sie Ruhe. Begeben Sie sich sofort in einen geschlossenen Fachraum und warten Sie auf weitere Anweisungen...“

Die Klasse schreibt gerade eine Mathematikklausur. Da kommt über den Lautsprecher die oben zitierte Anweisung. Der Lehrer lässt die Tür des Zimmers schließen. Plötzlich fleht vor der Tür eine Kinderstimme um Einlass. Doch ins Zimmer tritt nicht nur ein kleines Mädchen, sondern ebenfalls eine vermummte Person mit Pistole.
Die Autorin hat eine ganze Schulklassen in eine Ausnahmesituation gestellt. Das Buch lässt sich flott lesen. Es bewegt und regt zum Nachdenken an.
Die Geschichte wird abwechselnd von drei Personen erzählt. Da ist Mark, der mit dem Lernen nicht viel am Hut hat. Er musste schon eine Klasse wiederholen. Fiona gehört zu den Spitzenschülern. Doch sie verfügt über ein mangelndes Selbstvertrauen. Ihr Vorbild ist ihre große Schwester. Und dann erzählt Herr Filler, der Mathematiklehrer. Er muss erleben, wie es ist, wenn die Angst über den Mut siegt, wenn man die Situation nicht mehr selbst in der Hand hat, wenn man fremdbestimmt reagiert.
Der Schriftstil ist der jugendlichen Zielgruppe angemessen. Wortwahl und Satzgestaltung geben die bizarre Lage der Klasse treffend wieder. Bei Mark habe ich anfangs den Eindruck, einen stillen Beobachter vor mir zu haben. Trotzdem ist er derjenige, der unbewusst ab und an richtig reagiert. So verbirgt er das kleine Mädchen unter einen Tisch, bevor er dem Unbekannten verbal kontert. Mark lässt mich auch an seinen Gedanken teilhaben, die häufig in die Vergangenheit zu seinem gewalttätigen Vater wandern.
Herr Filler wird immer mehr zu einer Person, die reagiert, anstatt zu agieren. Er ist von der Situation überfordert.
Doch der Unbekannte verhält sich nicht wie ein normaler Amokläufer. Er hat 10 Forderungen aufgestellt und will sie erfüllt sehen. Er scheint Dinge über die Schüler zu wissen, die sie bisher gut versteckt hatten. Plötzlich wird mancher in der Klasse mit seinen eigenen Ängsten und Unzulänglichkeiten konfrontiert. Die Fassaden zerbrechen. Was bisher verborgen war, wird gnadenlos ans Licht gezerrt. Keiner wird den Raum so verlassen, wie er ihn betreten hat.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt gekonnt, wie ein Mensch zum Außenseiter wird, der am Leben verzweifelt. Gleichzeitig werden die komplexen und schwierig durchschaubaren Beziehungen in einer Klasse thematisiert. Wer fragt schon im Alltag immer danach, warum wer was tut? Oft gibt man sich mit dem äußeren Schein zufrieden. Und ein Lehrer ist auch nur ein Mensch, kein Held. DAS musste Filler schmerzlich begreifen.