Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.10.2022

Für den Bildschirm wahrscheinlich genial, für ein Buch zu komplex

The Atlas Six
0

Ich bin auf das Buch „The Atlas Six“ von Olivie Blake gestoßen, als von Amazon angekündigt wurde, sich die Rechte gesichert und eine Adaption vorantreiben zu wollen. Da es zu dem Zeitpunkt noch gar keine ...

Ich bin auf das Buch „The Atlas Six“ von Olivie Blake gestoßen, als von Amazon angekündigt wurde, sich die Rechte gesichert und eine Adaption vorantreiben zu wollen. Da es zu dem Zeitpunkt noch gar keine deutsche Übersetzung gab, war schnell klar, dass Original muss in der Heimat ein Hit sein. Auch wenn Hypes mich nicht automatisch auch begeistern müssen, fand ich den Klappentext völlig unabhängig von allem drum herum sehr vielversprechend. Nach der Lektüre jedenfalls bin ich mir sicher, dass eine Adaption großartig werden könnte, während es in Buchform zu komplex wirkt.

Wir haben sechs Hauptcharaktere, aus deren Sicht das Geschehen abwechselnd erzählt wird. Das hat mich in diesem Ausmaß an Leigh Bardugo erinnert, aber die Erzählweise ist doch sehr unterschiedlich. Während sich die gerade genannte auch oft in ausschweifenden Erzählungen aus der Vergangenheit verliert, ist bei Blake doch alles etwas simpler, zumindest in der Art, wie sie die Dinge angeht. Ihr Stil ist simpel, ihre Inhalte sind dagegen wahnsinnig komplex. Bleiben wir aber zunächst bei den Charakteren, denn auch wenn wir natürlich bei denen in die Vergangenheit eintauchen, so geht es dabei mehr um Basics als zu tief in die Charaktere einzutauchen. Die Bandbreite an Charaktereigenschaften, die wir in diesen sechs erleben, ist schon enorm, aber da sie sich gedanklich viel untereinander beschäftigen, bekommt man neben der Innen- immer auch die Außenperspektive angeboten. Das hat sicherlich auch einen faszinierenden Aspekt, weil man sich so viel mehr auf die eigenen Instinkte verlassen muss, hat aber auch den Nachteil, dass keine Figur so richtig für die Identifikation ausreicht. Libby und Tristan sind für mich die Figuren, mit denen ich am meisten anfangen konnte. Nico hat auch sehr ehrenwerte Motive und ist sicherlich einfach ein echt guter Kerl, aber manchmal ist es mit ihm auch nicht ganz verständlich, was wie zusammenpasst. Während Reina für mich völlig blass geblieben ist, was schade ist, denn Potenzial ist sicherlich genug da, sind Parisa und Callum sicher die, an denen man sich am meisten stößt, aber sie sind letztlich auch die einzigen beiden, die die Handlung im Gang halten. Denn weil es der Autorin so sehr darum geht, die Figuren zu positionieren und immer wieder neue Allianzen und Fehde zu entwerfen, passiert recht wenig.

Zwar vergeht über die einzelnen Kapitel hinweg die Zeit zügig, aber die Studien, die zwischendurch vorangetrieben werden, schwanken zwischen ausufernden Beschreibungen und völliger Ignoranz. Das ist in der Stilistik irritierend, denn so vergeht einerseits kaum Zeit, aber andererseits sind die Hinweise am Ende deutlich, dass bald ein ganzes Jahr vergangen ist, ohne dass es aber wirklich deutlich wurde. Zu den Studien kann man auch sagen, dass sich Blake auf gewisse Themen regelrecht stürzt. Selten geht es um die Darstellung im Unterricht, sondern mehr darum, wie die Sechs damit umgehen, aber dann verliert es sich in wissenschaftlichen Details, die zwar insgesamt faszinierend klingen, aber auch gleichzeitig absurd klingen. Ich habe keine Ahnung, inwiefern Blake wissenschaftlich interessiert ist und inwiefern sie für die Themen über den Tellerrand hinausgeschaut hat, aber vieles klingt sehr phantasievoll und ist vermutlich nur inspiriert von Fakten. Das ist im Grunde auch nicht schlimm, denn wir befinden uns innerhalb von Fiktion, aber die ganzen Beschreibungen sind eben so konfus und unvorstellbar, dass es mich nicht abgeholt hat. Deswegen sprach ich gleich zu Beginn die Adaption an, denn ich kann mir durchaus vorstellen, dass das bildlich adaptiert ganz anders wirken kann. Das hängt auch mit den einzelnen Fähigkeiten zusammen. Während ich bei Reina, Callum und Parisa erahnen kann, wie sich genau ihre Kräfte manifestieren, sind Libby und Nico sowie dann daran anknüpfend Tristan für mich sehr viel hypothetischer. Wenn man in die Grundlagen schon nicht richtig einsteigen kann, dann wird es intensiviert natürlich noch schwieriger.

Insgesamt kann man aus der Kritik zu den Charakteren sowie dem Inhalt bereits herauslesen, dass Potenzial genug vorhanden ist, dass aber die einzelnen Bestandteile noch nicht recht zusammenpassen, um es als echtes Leseerlebnis zu empfinden. Es wird an einigen Stellen gar unnötig zäh, was gerade bei so vielen Charakteren überhaupt nicht nötig wäre. Zum Ende hin gibt es dann echt Plottwists und hier wacht man auf, wird wieder neugieriger und erinnert sich, warum das von Anfang an alles eine geniale Idee war, aber die Frage ist eben, ob es den zweiten Band deswegen nun großartig macht, oder ob sich die gleichen Probleme einfach nochmal zeigen, denn das wäre fatal.

Fazit: „The Atlas Six“ ist für mich schnell eine Erzählung, die ich mir auf dem Bildschirm adaptiert wahnsinnig gut vorstellen kann, während es zwischen den Buchseiten definitiv zu komplex ist. Das Potenzial ist überall da, aber die Oberflächlichkeit bei den Charakteren, um dann wieder bei einigen Themen so tief einzutauschen, dass es kaum wieder hochgeht, das ermöglicht keinen Lesefluss. Das Ende verleitet aber definitiv dazu, bei Band 2 wieder zuzugreifen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.10.2022

Entspanntes Sommergefühl als nette Abwechslung

The Brooklyn Years - Wo wir hingehören
0

Mit dem fünften Band aus der Brooklyn Years-Reihe wurde der Band rund um Torhüter Silas Kelly und Sängerin Delilah Sparks bereits deutlich angeteasert und nun war es also so weit. Ich war überrascht, wie ...

Mit dem fünften Band aus der Brooklyn Years-Reihe wurde der Band rund um Torhüter Silas Kelly und Sängerin Delilah Sparks bereits deutlich angeteasert und nun war es also so weit. Ich war überrascht, wie losgelöst dieser Band aus der Reihe war, nämlich inhaltlich hatte er kaum etwas mit Eishockey zu tun, weil die Handlung im Sommer liegt. Ich fand es aber gut gelungen, denn Delilah hat nichts mit dem unmittelbaren Umfeld des Eishockeyteams zu tun und so hat man eine gute Lösung gefunden, denn mitten in der Hochsaison wäre es wohl wirklich kompliziert geworden, die Handlung logisch zu strukturieren.

Was ich dem Band auf jeden Fall anlaste, das ist eine sehr schwache Charaktereinordnung. Man bekommt zwar gut ein Gefühl dafür, wer Silas und Delilah als Personen sind, aber es ist viel zu oberflächlich gegraben worden. Bei ihr wird gezeigt, dass sie im Pflegesystem groß geworden ist, was sie einerseits etwas naiv, aber auch sehr hart gemacht hat. Es wäre interessant gewesen, diesen Gegensatz näher zu ergründen, aber es blieb völlig offen. Bei Silas wiederum haben wir einen Vater, der im Gefängnis sitzt, weswegen er nur von seiner Mutter groß gezogen wurde. Auch hier hätte es so viel zu entdecken gegeben. Doch die Geschichte bleibt sehr an der Gegenwart kleben und bietet dann nur noch Rückblenden zu ihrem gemeinsamen Sommer in der Vergangenheit. Deswegen bleibt insgesamt der Eindruck einer sehr, sehr flott erzählten Geschichte, der noch etwas mehr Tiefe gut gestanden hätte.

Aber wenn wir auf das schauen, was wir geboten bekommen haben, so fand ich das Kennenlernen von Silas und Delilah wirklich süß, denn vor allem er ist wirklich ein anständiger und aufmerksamer Kerl, der wohl mit der einfühlsamste Mann aus dem Eishockeyteam ist, auch weil er in keiner Weise so stereotyp handelt, dass er Delilah ständig retten will. Ich fand es immer wieder großartig, wie sehr er ihr auch vertraut hat, dass sie auf sich aufpassen kann, dass er sich auch inhaltlich in ihre Probleme mit Brett nicht einmischen wollte, da hatte ich großen Respekt vor. Nur am Ende hat er dann eben wegen mehr Wissen den Retter gegeben, aber das passte in die Geschichte. Es war vielleicht etwas seltsam, wie schnell es zwischen den beiden zur Sache ging, als sie sich nach drei Jahren erstmals wiedersehen, auch wenn es natürlich nur durch die vergangene Zeit aufgeschoben wurde. Aber es passt auch zu der gewissen Oberflächlichkeit, die ich schon im Abschnitt davor ansprach.

Insgesamt mochte ich auch die Atmosphäre sehr, denn die Hochzeit als Setting, dass auch Zara aus True North mit ihrer Tochter vorbeischauen durfte, dass all das wirklich locker und leicht war. Nach sechs Bänden fühlt sich so ein Figurenrepertoire eben wie eine Familie an und es war toll, sie zu so einem Anlass zusammenzubringen. Es war auch eine gute Atmosphäre so Silas und Delilah zusammenzubringen, weil sie sofort mit dem konfrontiert wurden, was sein kann. Deswegen mochte ich den inhaltlichen Verlauf des Bandes echt gerne, auch anfangs mit der Twitter-Wette, wie die alle zusammensaßen und Silas aufgezogen haben, es war einfach durchzogen von tollen Beispielen, wie eng alle zusammenhalten. Delilah wirkte natürlich als Nicht-Fan etwas außen vor, aber ich denke, zum Ende hat man deutlich gesehen, dass sie genauso willkommen geheißen wurde wie alle anderen auch.

Fazit: Es ist einfach inzwischen eine Familie bei der Brookyln Years-Reihe, weswegen ich diese leichte Atmosphäre abseits der Eishockeywelt sehr genossen habe. Es hat für die Geschichte von Silas und Delilah absolut Sinn ergeben und es gab ja auch Ernsthaftigkeit. Dennoch in der Charakterarbeit ausgerechnet an den spannenden Stellen zu oberflächlich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.10.2022

Sinnvolle Backbibel

Backen
0

Meine Backbibel ist nun schon seit einigen Jahren von Dr. Oetker „Backen macht Freude“, das es schon lange gibt und das immer wieder aktualisiert auf den Markt kommt. Damit bin ich wirklich sehr zufrieden, ...

Meine Backbibel ist nun schon seit einigen Jahren von Dr. Oetker „Backen macht Freude“, das es schon lange gibt und das immer wieder aktualisiert auf den Markt kommt. Damit bin ich wirklich sehr zufrieden, weil die Themen sehr übersichtlich und die Tipps zwar oft essenziell, aber dennoch eben auch wichtig sind und so ist es passend, sie alle gebündelt zusammen zu haben. Auch wenn ich also wirklich sehr, sehr zufrieden bin, habe ich dennoch gerne mal bei „Backen“ von GU reingeguckt.

„Backen“ ist definitiv auch eine Bibel für alle Backfans und ich habe schnell gemerkt, dass der inhaltliche Aufbau sehr ähnlich zu der ist, die ich auch schon habe und was auch als Grundlagenbuch absolut sinnig ist, denn so hat man alles komprimiert zwischen zwei Buchdeckeln. Insgesamt kann ich so aber schnell sagen, dass ich „Backen“ nicht mehr gebraucht hätte, denn auch wenn es noch Unterschiede gibt, auf die ich auch noch eingehen werde, sind die Unterschiede insgesamt zu wenig, als dass es wirklich einen Mehrwert für mich hat. Wer aber noch gar nicht so eine Backbibel im heimischen Regal stehen hat, dem rate ich doch gerne hierzu, denn die Zusammenstellung ist wirklich gelungen, übersichtlich, hilfreich und eben das A-Z des Backens.

„Backen“ ist definitiv noch einmal ein Stück moderner als „Backen macht Freude“, denn es liegen auch wieder sechs Jahre zwischen der Veröffentlichung. Ein Hinweis ist sicherlich schon die persönliche Vorstellung der beteiligten Frauen gleich am Anfang, denn heute ist es ja normal, so nahbar wie möglich zu werden, um hinter Rezepten und Bildern Gesichter zu wissen. Ich fand es auf jeden Fall auch sympathisch, weil es das ganze Geschehen auch persönlicher erscheinen lässt. Weiterhin ist der Ausbau des veganen Backsektors deutlich angewachsen. Zwar hat auch schon „Backen macht Freude“ eine bunte Mischung an süßen bis herzhaften Rezepten geboten, aber hier kommt noch einmal eine Schippe drauf, so dass besonders Neulinge, die sich dem veganen Backen nähern wollen, hier einen großen Vorteil haben.

Im Aufbau ist sonst zu erkennen, dass erstmal ein sehr allgemeiner Teil kommt, der sich auf Vorbereitungen bei jedem Backprozess bezieht. Mir persönlich war das schon fast zu simpel, denn wenn es Hinweise zu den normalsten Zutaten und normalsten Geräten geben muss, dann klingt das schon sehr nach Anfängerniveau, aber hier hilft dann eben nur Überblättern. Letztlich wird übergeleitet in die verschiedenen Grundteige, was durchaus sinnig ist. Zwar klingt auch das simpel, aber jeder Backlieber weiß gut, dass nicht jeder Teig gleich ist und dass selbst ein Hefeteig nicht immer gleich ist, selbst wenn man sich ans Rezept hält. Daher sind hier die Tipps definitiv sehr hilfreich und erinnern noch einmal die Basisschritte für das gute Gelingen.

Letztlich geht es an die Rezepte selbst und spätestens hier zeigt sich eben, dass es sich nicht nur an die Anfänger richtet, denn die Varianz bei den Rezepten ist sehr breit gefächert. Zunächst geht es an die Klassiker, die für den Start perfekt gewählt sind, denn dahin greift man wohl auch am meisten, gerade wenn es mal flott gehen muss und man lieber auf bekannte Rezepte zurückgreift. Später geht es dann eher modernere Rezepte, die dann für den Alltag oder besondere Feste gedacht ist. Ich habe insgesamt nur wenig für mich neue Rezepte entdeckt. Oft ist es auch einfach nur die Titulierung, die erstmal neugierig macht und auch hier bemerkt man die moderne Note, denn die Titel entsprechen heutigen Trendbezeichnungen, was ich aber ebenfalls vollkommen okay finde. Denn die Bezeichnung ändert letztlich ja auch nichts am Geschmack. Speziell die Rezepte zu den verschiedenen Feiertagen sind aber sehr süß, hier kann man sich auch kreativ austoben. Hierzu gibt es dann auch immer wieder verteilt über das Buch Tipps.

Fazit: „Backen“ ist definitiv eine gelungene Backbibel, die mit klaren Themensektoren, viel Nahbarkeit und viel Modernität aufwartet. Man braucht sicherlich nur eine Backbibel im Schrank, aber GU hat definitiv eine herausgebracht, die man sich gut leisten kann, um dann kompakt alles beisammen zu haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.10.2022

Lehrreiche Lektüre

The Other Black Girl
0

Auf „The Other Black Girl“ bin ich aufmerksam geworden, weil hierzu eine Serienadaption entwickelt wird. Kurz darauf entdeckte ich dann auch die deutsche Übersetzung und es kam mir wie ein Zeichen vor. ...

Auf „The Other Black Girl“ bin ich aufmerksam geworden, weil hierzu eine Serienadaption entwickelt wird. Kurz darauf entdeckte ich dann auch die deutsche Übersetzung und es kam mir wie ein Zeichen vor. Zudem muss ich auch sagen, dass mich das Thema sofort gereizt hat, denn wir erleben hier nicht nur das Thema von systemischem Rassismus, sondern dass es auch innerhalb einer Rasse eben ein intensives Ellbogendenken gibt, was gerne schon einmal unter den Tisch gekehrt wird und deswegen habe ich hier gespannt zugegriffen.

Insgesamt habe ich mich durch „The Other Black Girl“ etwas durchkämpfen müssen zwischenzeitig. Während ich einerseits von der Thematik immer eingefangen wurde, so war es eher der Erzählstil, der mir gewisse Hürden beschert hat. Natürlich sollten die Kapitel, die von anderen Frauen als Nella handeln, mysteriös sein, damit die Zusammenhänge spekulativ und spannend bleiben, aber es war manchmal für die Relevanz und die zeitliche Einordnung schwierig. Weiterhin war der Erzählstil aber auch in Nellas Kapiteln herausfordernd, denn es wird selten stringent erzählt. Nella schweift aber nicht nur gedanklich immer ab, sondern sie springt dabei auch munter in der Zeit zurück. So sind wir mit Nella eigentlich immer live an ihrem Arbeitsplatz. Aber die Treffen mit ihrer besten Freundin sind oft in Rückblenden erzählt. Diese sind inhaltlich zwar auch wichtig, aber das sorgt innerhalb eines Kapitel oft für eine fehlende Orientierung.

Während also der Erzählstil durchaus eine Herausforderung war, so hat mich der Inhalt durchaus fasziniert, denn es gab genug Ebenen zu entdecken. Am Anfang geht es vor allem um Nellas Arbeitsalltag, die schon eher wie ein Wunder überhaupt ihre Stelle als Assistentin in einem großen Verlagshaus in New York bekommen hat, denn sie ist die einzige Schwarze Frau weit und breit. Während sie zwar nicht offensichtlich deswegen rassistisch ausgegrenzt wird, so sind es die kleinen Nadelstiche, die Nella in der Summe belasten und die sie darüber nachdenken lassen, wie sehr sie diesen Traum will. Während nach außen alle um Diversität bemüht sind, so ist aber niemand an der tatsächlichen Wahrheit interessiert, denn auch wenn ein bekannter Autor eine Schwarze Frau in sein Skript einarbeitet, die Art und Weise, wie er es tut, das ist ignorant, doch das will in den oberen Positionen schon niemand mehr hören, denn Hauptsache sie taucht überhaupt auf. Genauso ist auch Nellas Position in dem Unternehmen zu charakterisieren, Hauptsache sie ist da, mehr aber auch nicht.

Eine weitere Ebene kommt dann schließlich mit der neuen Kollegin Hazel hinzu, denn automatisch erhofft sich Nella, eine Verbündete zu haben und zunächst wirkt auch alles nett, denn die beiden einzig Schwarzen Frauen, die sowieso auch nur miteinander verwechselt werden, sollten doch eigentlich aus Nellas Perspektive zusammenhalten. Aber sie merkt schnell, dass sie ausgestochen wird. Hier beginnt dann für mich der spannendste Konflikt, denn Schwarzsein wird hier auch gegen Schwarzsein ausgespielt. Nella ist auf ihre Hautfarbe stolz und will das auch repräsentativ nach außen tragen, aber sie hadert auch mit sich, weil sie einen weißen Freund hat, weil ihre Familie schon in einer weißen Gegend gewohnt hat und sie auch jetzt in einer typisch weißen Gegend mit ihrem Freund lebt. Sie hat das Gefühl, ihre Rasse in bestimmten Aspekten zu verraten, während Hazel wiederum durch und durch wie eine Schwarze Frau wirkt, weil sie die richtigen Haarpflegeprodukte etc. benutzt. Nur der Unterschied ist, dass sie die Mikroaggressionen gerne in Kauf nimmt, um ihre Ziele zu erreichen und es ihr auch völlig egal ist, dafür Nella unter den Bus zu werfen. Letztlich wird hier doch beleuchtet, dass es gar nicht das perfekte Schwarzsein gibt, sondern alle ihren eigenen Weg gehen müssen.

Am Ende wird durch die Vergangenheit auch noch eine Ebene aufgemacht, die mir persönlich dann etwas drüber war, denn mit dem manipulierten Haarmittelt steht am Ende, dass der alte, weiße Mann die Kontrolle hat. Das ist sicherlich sinnbildlich richtig, aber in der Geschichte, die bis dato sehr, sehr realistisch war, ist es eine etwas übertriebene Metapher, aber eben doch auch eine, die zeigt, wie weit die Reise noch ist.

Fazit: „The Other Black Girl“ war für mich thematisch mal ein ganz anderes Buch, das ich mich auf vielen Ebenen sehr fasziniert, aufgeklärt und nachdenklich gemacht hat. Auf stilistischer Ebene war es dagegen schon sehr herausfordernd und hat den Leseprozess eher unglücklich verlängert, denn ein flüssigerer Stil wäre hier definitiv noch wertschätzender gewesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.10.2022

Gerne willkommen in der Mulberry Mansion

No Longer Yours - Mulberry Mansion
0

Manchmal sind die Wege zur eigenen Veröffentlichungen etwas kurioser und damit einfach nicht dem üblichen Weg entsprechend und das bedeutet für manche auch die echt große Chance und ich denke, dass Merit ...

Manchmal sind die Wege zur eigenen Veröffentlichungen etwas kurioser und damit einfach nicht dem üblichen Weg entsprechend und das bedeutet für manche auch die echt große Chance und ich denke, dass Merit Niemeitz definitiv dazu gehört. Denn sie hat bei einem Wettbewerb von Lyx mitgemacht. Vielleicht waren die Hürden, sich direkt beim Verlag klassisch zu bewerben, zu hoch, was man durchaus auch verstehen kann und dann ist so ein Wettbewerb, bei dem man die eigenen Erfolgschancen eher realistisch niedrig einstuft, der sicherlich entspanntere Weg. Nun hat Merit aber mit ihrer „Mulberry Mansion“ gewonnen und ich muss wirklich sagen, zum Glück! Denn was nach dem ersten Band „No longer Yours“ schon deutlich erkennbar ist, die Dame kann schreiben.

Zunächst einmal ist die Idee zur Mulberry Mansion und ganz ähnlichen anderen Gebäuden auch einfach anders und spannend. Denn so ist es zwar auch College, was für NA üblich ist, aber es ist durch das WG-mäßige, aber dennoch in eher in altmodisch getrimmt etwas Frisches, weil so auch eine Aufgabe entsteht, die sich problemlos über die geplanten drei Bände ziehen lässt. Ich mochte die Mansion wirklich sehr gerne, auch weil man sich vieles dank der Beschreibungen sehr gut vorstellen konnte und ich mochte den Gedanken dahinter, dass es praktisch kostenlos ist, aber verbunden mit einer handwerklichen Renovierung. Dazu dann die Idee, dass eben ganz andere charakterliche Köpfe und unterschiedlich handwerklich begabte Menschen aufeinandertreffen, um sich dann zu ergänzen, da merkte man sogleich, klingt utopisch, macht aber einfach Sinn. Schon früh so einen festen und größeren Figurencast zu haben, ist sicherlich auch von Vorteil, denn so kommt schnell Stimmung rein und die Erzählung klebt nicht zu sehr an dem einen Pärchen, was einseitig werden könnte. Natürlich stehen nicht alle gleich im Fokus, denn man hat doch gemerkt, dass die, die in den Folgebänden noch im Fokus stehen werden, mehr Charakter verpasst bekommen haben. Dennoch sind die anderen nicht einfach nur Schattengestalten, sondern haben auch ihren Beitrag. So ist schnell etwas Familiäres entstanden, was ich sehr genossen habe.

Kommen wir aber nun zum Hauptpärchen, die beide durch eine sehr intensive Charakterarbeit Gestalt angenommen haben. Zwar hat Eden deutlich weniger Kapitel aus seiner Sicht, was auch seinem Geheimnis geschuldet sein mag, aber Avery hatte auch eins und dort ist es auch gelungen. Vielleicht hätte man es also Hälfte-Hälfte gestalten können, aber andere Autorinnen haben da doch größere Probleme, mit mehr Kapiteln auch wirklich mehr Profil zu schaffen. Demnach hat die Autorin hier schon ein Händchen bewiesen, Eden durch Averys Perspektive und seine eigene einheitlich und verständlich zum Leben zu erwecken. Avery ist am Ende sicherlich dennoch vertrauter, aber ich war zufrieden. Bei ihr gibt es dennoch auch eine gewisse Barriere, denn ihr schwarz-weiß-Denken war durchaus etwas anstrengend manchmal. Aber: es ist auch offen angesprochen worden. Wenn so ein Fakt auf dem Tisch liegt und auch reflektiert angegangen wird, dann kann ich damit deutlich besser umgehen, als wenn es einfach im Raum steht und nervt. Aber Avery ist nicht ohne Grund, wie sie ist. Sie muss erst herausgefordert werden, um über den Tellerrand zu schauen. Dennoch hatte sie auch gleich gute Eigenschaften, wie beispielsweise ihr Selbstbewusstsein in eigenen Aspekten und ihre starke Stimme für Gerechtigkeit. Dennoch hatte Eden einfach etwas besonderes, was mich tief berührt hat. Sicherlich ist ganz entscheidend, wie viel Wert er auch auf das geschriebene Wort legt, denn das ging mir mitten ins Herz.

Insgesamt ist es aber auch einfach der Schreibstil, den ich als speziell und damit sehr gut empfinde. Mit ihrer Art zu umschreiben, neue Bilder zu schaffen, da hat mich Merit etwas an Colleen Hoover erinnert und das ist ein großes Kompliment. Denn das Spiel mit Ever und „ich geben dir ein E“, da steckt so viel Liebe drin, so viel Tiefsinnigkeit, das hat mich einfach berührt. Ich bin jetzt schon extrem gespannt, was bei den anderen beiden Bänden da noch möglich ist. Bei der Liebesgeschichte ist es nur so, dass mir die Dramatik etwas zu sehr aufgebauscht wurde. Edens Konsequenzen damals nach der Schule oder auch Averys heftige Reaktion gegenüber ihrer Familie, das ist mir einige Nuancen zu extrem. Denn gerade wenn es Geheimnisse sind, da macht man sich ja seine Gedanken, was es wohl sein könnte und ich bin definitiv jeweils bei dramatischeren Sachen ausgekommen, was mir zeigt, dass die Autorin Kleinigkeiten zu sehr aufgebauscht hat. Das ist aber ja nur eine kleine Schwäche, denn der Rest schafft wirklich eine Welt, in die ich 100% gerne zurückkehre.

Fazit: Die Mulberry Mansion ist mit „No Longer Yours“ eröffnet und es ist klar, ich kehre wieder. Ich mochte die Idee, ich mochte die geschaffene Atmosphäre, ich mochte das breite Repertoire an Figuren und besonders mochte ich den Schreibstil. Vielleicht passt es in der Dosis der Dramatik noch nicht ganz, aber ansonsten bin ich für einen Auftakt und dann so einen ungewöhnlichen Weg, Autorin zu werden, sehr beeindruckend!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere