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mari_liest

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.10.2021

Gesellschaftskritischer Seitenhieb - Leseempfehlung!

Junge mit schwarzem Hahn
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„Der Maler kennt diese Frauen, die schneller als ein Wiesel zu den Nachbarn rennen, um über andere zu lästern, sich lustig zu machen, über jemanden, der ihnen nicht passt, weil er allein schon durch seine ...

„Der Maler kennt diese Frauen, die schneller als ein Wiesel zu den Nachbarn rennen, um über andere zu lästern, sich lustig zu machen, über jemanden, der ihnen nicht passt, weil er allein schon durch seine Existenz, wie der Junge, ihre ganze schweinchenhafte Zufriedenheit in Frage stellt.“
Der junge Martin wurde in eine grausame Welt geboren, im der Krieg herrscht, und er kämpft um seinen Platz selbiger, lebt von der Hand in den Mund und hat nur einen Freund in dieser armseligen Welt: seinen schwarzen Hahn. Seine Familie ist tot; der Vater hat in einem Wahn die gesamte Familie mit einem Beil erschlagen.
Martin ist schlau. Martin ist sensibel. Martin ist besonnen. Martin ist empathisch. Martin ist alles, was die tölpeligen Dorfbewohner*innen nicht sind. Und das gefällt ihnen nicht. Eine einzige zugewandte hat er, Franzi, die im Wirtshaus arbeitet.
Eines Tages kommt ein Maler in Martin’s Dorf, um ein Gemälde für die Kirche zu malen. Neben Franzi ist der Maler der einzige, der das Gute in Martin sieht. Sieht, wie offen, großherzig und klug er ist. Doch Martin wird von den Leuten nur ausgenutzt. Als er eines Tages mit einer Alten und ihren beiden Kindern unterwegs ist, werden sie von einem schwarzen Reiter überrumpelt, der der Alten die junge Tochter entreißt und mit ihr auf und davon reitet. Ein Schicksal, das schon viele Kinder getroffen hat.
Alle im Dorf sind überzeugt, dass Martin und sein Hahn daran schuld sind. Der Hahn ist der Teufel. Anders kann es nicht sein. Martin jedoch zieht mit dem Maler von dannen, denn er möchte die entführten Kinder wiederfinden. Dies ist seine Bestimmung. Koste es was es wolle. Und so macht er sich auf einen furchtbaren, unbeständigen Weg und erlebt Dinge, die kein Kind erleben sollte.

Fazit:
Als ich den Klappentext gelesen habe, hat es mich berührt, aber ich hätte nicht gedacht, dass es mich derart in den Bann ziehen würde. Stefanie vor Schulte spielt gekonnt mit Gut und Böse. Während Martin gutherzig und unvoreingenommen ist, sind die Menschen, die er trifft meist nur abscheulich, tiefgründig böse und auch dumm. Martin schaut in seinen jungen Jahren über den Tellerrand. Er hat die Gabe die Menschen zu lesen und ihnen doch nichts Böses zu wollen, trotz seiner Hindernisse im Leben.
Den schwarzen Hahn, der Martin nie von der Seite weicht, symbolisiert sich für mich als „das Gewissen“. Er steht Martin loyal zur Seite und bringt ihn immer auf den richtigen Weg.
Die Sprache ist sehr reduziert, trotzdem sprachgewaltig, doch teilweise auch poetisch. Es liest sich viel auch zwischen den Zeilen und das ist es, was diese Sogwirkung in die Geschichte auslöst. Es fesselt! Die Stimmung der Geschichte ist düster, unheimlich, teilweise auch schaurig.
Ich bin geflasht und liebe die Art, wie die Autorin diametral Dinge aufzeigt, mit Widersprüchlichkeiten spielt. Spielt mit Gesellschaftskritik, mit dem Verhalten von Menschen, das auch heute oft an Dummheit, Überheblichkeit und Eigennutz nicht zu überbieten ist. Damit skizziert sie Moral sowie gute und böse Charaktere, die ein tiefes Spiegelbild unserer Gesellschaft zeigen.
Ich freue mich auf das nächste Buch der Autorin!
Großartiges Buch!! Leseempfehlung! 5/5 Sternen.

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Tolles Buch für Katzeneltern oder solche, die es noch werden möchten

Schmusekater oder Grummelkatze?
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Lauren Finka hat es geschafft, ein super Buch zu erstellen – für werdende „Katzeneltern“ und auch für welche, die es bereits sind. Diese Lektürte hilft, die Bedürfnisse, Anregungen und Beschwerden unserer ...

Lauren Finka hat es geschafft, ein super Buch zu erstellen – für werdende „Katzeneltern“ und auch für welche, die es bereits sind. Diese Lektürte hilft, die Bedürfnisse, Anregungen und Beschwerden unserer Fellnasen besser zu verstehen. Infos zum Umgang mit Alleingänger*innen, Beziehungen von Katzen untereinander, Bedürfnissen, dem „Bereit-Sein“ einem oder zwei oder mehreren Kätzchen ein daheim zu geben, helfen, ein besseres Verständnis aufzubauen. Finka gibt auch Input zur Katzensprache, verschiedenen Interaktionen mit dem (nicht-)schmusigen Haustier und allerhand Fragenblöcke, um sich ein besseres Bild machen zu können. Der Schreibstil ist sehr angenehm und bildhaft. Die Illustrationen sind sehr gut im Buch integriert.
Für mich als Katzenmama seit 25 Jahren war es sehr spannend, dieses Buch zu lesen. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich es gut bis sehr gut gemacht habe. Meine kleine Luni ist jetzt mittlerweile 17,5 Jahre alt, manchmal sehr eigen, immer noch spielwütig (im Sinne von sie durch die Wohnung jagen oder mit ihr Verstecken spielen). Nach 17 Jahren kann, ich meine Mitbewohnerin sehr gut lesen und fand die AHA-Erlebnisse sehr gut.
Was ich hier vermisst habe, ist einen intensiveren Teil mit Katzen, die ihren Unmut mit offener und versteckter Pinkelei kundtun. Denn auch damit habe ich seit 15 Jahren zu kämpfen.
Alles in allem eine wunderbare Lektüre und ein feines Geschenk an Menschen, die einer Katze ein zu Hause geben (werden oder möchten). Kauf- und Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 26.09.2021

... dieses Buch ist anders ...

Der Termin
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Eine Frau. Ein Stuhl zur „Untenrum-Untersuchung“. Ein kahler Kopf von Dr. Seligmann. Ein Monolog. Eine gnadenlose Abrechnung mit der Welt.

Dieses Buch ist wie ein Tsunami in die Literaturwelt gebrandet ...

Eine Frau. Ein Stuhl zur „Untenrum-Untersuchung“. Ein kahler Kopf von Dr. Seligmann. Ein Monolog. Eine gnadenlose Abrechnung mit der Welt.

Dieses Buch ist wie ein Tsunami in die Literaturwelt gebrandet und überrollt einen Wort für Wort. Was Euch erwartet? Nichts für schwache Nerven. Das Aushalten einer Sprachlawine, auf teils straight, teils vulgäre Art, gepaart mit Wut, Ironie und Humor. Ein Text, der radikal daherkommt.

Die namenlose Protagonistin hat vor kurzem ein Erbe erhalten und sitzt nun, untenrum frei, am Stuhl. Zwischen ihren Beinen der jüdische Dr. Seligman, vor dem sie ihr Innerstes nach außen stülpt. Sowohl anatomisch als auch in geballter Sprachexplosion. Von ihrer Familie hat sie sich abgewandt, die ja nur scheinheilig katholisch zu sein scheint, mit ihrer deutschen Herkunft will sie nichts mehr zu tun haben, thematisiert ihre persönliche Scham aufgrund deutscher Herkunft, sympathisiert ihre Sexträume mit Hitler und Sexrobotern. Trotzdem verfolgt sie ihre Vergangenheit und ihre Überlegungen zur sippenhaften Schuld zum Holocaust. In ihren geistigen, verbal sprunghaften Ergüssen rechnet sie gesellschaftlich gnadenlos alles auf 0 herunter. Die persönliche Biografie der jungen Frau prasselt auf Dr. Seligmann von oben herab, wo sie ihre Ängste, Identitätsfragen, Gedanken und anderes kundtut. In all dieser Lesezeit bleibt der liebe Dr. Seligmann ein einziger Hinterkopf mit einer kahlen Stelle drauf. Sie redet sich alles radikal (erbricht sich quasi), tlw. in rotziger Manier und unverblümt von der Seele, auf eine Art, wie wir es vermutlich nie tun (nicht mal in Gesprächen mit uns selbst!?).

Leseempfehlung? JA!!!
Gewagt und vulgär? Definitiv, ja!
Knallhart, intensiv, ehrlich und trotzdem ernst? Zum Henker, ja!
Lerneffekt und (denk-)anstößig?? OH JA!!
Verstörend?? Jup!!
Hier wird aufgeräumt, Wut verarbeitet, mutig gedacht, ausgebrochen und auf die Etikette geschi..en: auf ca. 120 Seiten!

Ich weiß nicht, ob ich dieses literarische Werk vollkommen begriffen habe, aber ich feiere es!! Berührungsängste mit vulgären Themen wie Oralsex mit Fremden, Toilettenficks und Sex mit Hitler, darf man hier nicht haben. Ich habe mir oft gedacht „bäääääh“ und mich hat‘s geschüttelt, ich habe gelacht und mir aufs Hirn geklopft … dennoch: große Kunst!

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Ein wichtiges Stück Zeitgeschichte

Der ehemalige Sohn
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Filipenko schildert in seinem Roman die aufwühlende Geschichte eines Landes, das unter einem diktatorischen Regime leidet. So diktatorisch, dass sogar dieses Buch unter dem Ladentisch verkauft wird (erschien ...

Filipenko schildert in seinem Roman die aufwühlende Geschichte eines Landes, das unter einem diktatorischen Regime leidet. So diktatorisch, dass sogar dieses Buch unter dem Ladentisch verkauft wird (erschien bereits 2014). … zu heutiger Zeit gelesen kann man sagen, dass die Situation nicht an Aktualität verloren hat.
Die Geschichte handelt von Franzisk, einem 16jährigen Belarussen, der während einer Massenpanik „unter die Räder“ der verängstigten Menschenmasse gerät und ins Koma fällt. Keiner glaubt an seine Genesung, nur seine Großmutter. Sie sitzt tagein, tagaus an seinem Bett. Nach unglaublichen zehn Jahren erwacht Zisk aus dem Koma und er muss nach und nach feststellen, dass sich nichts geändert hat. Der autoritäre Mann sitzt immer noch an der Regierungsspitze, Proteste gegen das Regime werden kurzerhand brutal niedergeschlagen, Personen der Opposition sogar ermordet.
Filipenko hält die Konversationen im Buch kurz und knackig. Man kann gut an den Gedanken und Gefühlen der handelnden Personen teilhaben. Zynisch arbeitet er die politische Absurdität von Belarus (im 21. Jhdt.) in das Buch ein. Man hat beim Lesen das Gefühl, man steckt in einer immer wiederkehrenden Zeitschleife, ist eingefroren.
Wie auch in seinem Roman „Rote Kreuze“ schafft Filipenko den Spagat perfekt Weltgeschichte in einer Geschichte zu beleuchten. Es führt uns bei weiterer Betrachtung auch vor Augen, wie untätig die westlicheren Regierungen sind und wie sie Mord, Verfolgung, Wahlmanipulation und die Unterdrückung von Menschenrechten dulden!
Dieses Buch liefert wichtige Zeitgeschichte, auch wenn die Situation für die Belarussen trostlos und sicher unerträglich ist.
Leseempfehlung!

„Meine inständige Hoffnung ist, dass dieses Buch in meinem Land eines Tages nicht mehr aktuell sein wird.“ (Sasha Filipenko)

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Veröffentlicht am 04.09.2021

Enttäuschend

Headhunter
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Da war er, mein erster Nesbo. Und was soll ich sagen, er hat mich nicht vom Hocker gerissen.

Hauptprotagonist ist der Headhunter Roger Brown, einer der besten in seiner Stadt. Da er und seine Frau Diana ...

Da war er, mein erster Nesbo. Und was soll ich sagen, er hat mich nicht vom Hocker gerissen.

Hauptprotagonist ist der Headhunter Roger Brown, einer der besten in seiner Stadt. Da er und seine Frau Diana einen sehr ausschweifenden Lebensstil haben, stiehlt der Gute auch Kunstgemälde. In seinen Recruitinggesprächen, wo er die Bewerber (alle männlich), total in die Zange nimmt, stellt er sehr persönliche Fragen und findet so auch die benötigten Details heraus. Sein Partner arbeitet in der Sicherheitsfirma, die die Alarmanlagen in Häusern installiert und so führen die beiden ihre Aktionen durch. Doch eines Tages trifft er auf einen Bewerber, Greve, der ein millionenhohes Kunstwerk im geerbten Haus gefunden hat, und weiß leider nicht, mit wem er sich da anlegt. Der Krieg zwischen den beiden steigert sich, als Diana zwischen die Fronten gerät.

Meine Meinung:
Der Plot ist zwar nicht hervorsehbar, aber gefühlt an den Haaren herbei gezogen. Viele Einzelheiten kommen so richtig „na no na net“ daher, was mir mehrfach Augenrollen einbrachte. Der Hauptprotagonist ist sowas von überheblich. Und so schlau er oft dargestellt wird, so dumm kam er mir zeitenweise vor. Seine Ehefrau wird klischeehaft dargestellt. In diesem „Thriller“ schlägt die Klischeekeule des weißen Mannes mit seiner klischeehaften Ehefrau und seinem klischeehaften Leben durch. Die Charakterentwicklung ist nicht vorhanden, die Personen sind alle durchwegs unsympathisch. Und spätestens bei der Szene im Plumpsklo dachte ich mir, was für ein Quatsch. Es gibt einige Wendungen, die spannend waren und die mich auch bei dem Buch hielten, aber alles in allem, ist das wohl nicht sein bestes Buch (wage ich jetzt mal zu behaupten und zu hinterfragen!? – Nesbo-Fans, klärt mich bitte auf!!).
Für mich war der erste Nesbo daher mehr enttäuschend und ich hoffe, dass es bessere Bücher von ihm gibt als dieses, auch wenn die Spannung und der Nervenkitzel vorhanden waren.
Von meiner Seite eine zwiespältige Empfehlung und 3/5 Sternen.

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