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Veröffentlicht am 05.11.2025

Eine politische Vorreiterin

Die Frau der Stunde
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Die Bonner Republik im Jahr 1978: Catharina Cornelius hat es als liberale Politikerin nicht leicht unter Männern. Doch als ihr Parteikollege Helmut Busch über eine Affäre stolpert, schlägt ihre Stunde. ...

Die Bonner Republik im Jahr 1978: Catharina Cornelius hat es als liberale Politikerin nicht leicht unter Männern. Doch als ihr Parteikollege Helmut Busch über eine Affäre stolpert, schlägt ihre Stunde. Sie übernimmt sein Amt und wird somit erste deutsche Außenministerin und Vizekanzlerin. Behaupten gegen Widerstände muss sie sich allerdings weiterhin…

„Die Frau der Stunde“ ist der literarische Debütroman von Heike Specht.

Der Roman besteht aus drei Teilen, die sich wiederum in insgesamt 22 Kapitel gliedern. Die Handlung umspannt die Monate von Oktober 1978 bis März 1979. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge und vorwiegend, aber nicht nur aus der Sicht von Catharina.

Im Vordergrund stehen Catharina und ihre beiden besten Freundinnen. Die Frauenfiguren sind realitätsnah und mit psychologischer Tiefe dargestellt. Darüber hinaus gibt es etliche Personen, die sich politisch engagieren oder ansonsten im Politbetrieb arbeiten. Einige der Charaktere ähneln historischen Persönlichkeiten, zum Beispiel Helmut Kohl. Dennoch ist die Geschichte nicht als Schlüsselroman zu verstehen.

Auf der inhaltlichen Ebene handelt es sich vor allem um ein Gedankenexperiment. Wie hätte sich die bundesdeutsche Politik entwickelt, wenn schon früher eine Frau in höchste Ämter gelangt wäre? Beleuchtet wird der Bonner Politbetrieb. Dabei deckt die Geschichte Sexismus, diskriminierende und misogyne Strukturen auf. Auch Machtintrigen, politische Ränkespiele und andere bedenkliche Phänomene werden aufgezeigt. Dadurch liefert die Geschichte Einblicke, Denkimpulse und Stoff zum Diskutieren.

Dem Roman ist immer wieder die profunde Sachkenntnis der Autorin anzumerken, was historische Ereignisse und Personen angeht. Zudem ist die Geschichte mit viel Zeitkolorit ausgestattet.

Auf den rund 350 Seiten ist der Roman kurzweilig und unterhaltsam. Die Handlung verfügt bisweilen über überraschende Momente, bleibt jedoch glaubwürdig. Gleichzeitig kommt die Geschichte ohne übermäßige Dramatik aus.

Auch in sprachlicher Hinsicht hat mich der Text überzeugt. Die Beschreibungen sind anschaulich, die Dialoge authentisch.

Das farbkräftige, reduzierte Covermotiv passt gut zum Inhalt. Auch der Titel ist sinnvoll formuliert.

Mein Fazit:
Mit „Die Frau der Stunde“ beweist Heike Specht, dass sie nicht nur im Sachbuch-Genre gut aufgehoben ist. Ihr erster Roman hat einen hohen Unterhaltungswert und ist zugleich aufschlussreich. Definitiv empfehlenswert!

Veröffentlicht am 02.11.2025

Ein alter Obstgarten und mehrere Geheimnisse

Wilder Honig
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Nach mehr als 50 Jahren Ehe ist Hannah (70) Witwe geworden. Schon immer hat sie in dem kleinen Ort Berllan Deg in Wales gelebt. Auch nach ihrer Hochzeit mit John, einem Schriftsteller und Imker, hat sie ...

Nach mehr als 50 Jahren Ehe ist Hannah (70) Witwe geworden. Schon immer hat sie in dem kleinen Ort Berllan Deg in Wales gelebt. Auch nach ihrer Hochzeit mit John, einem Schriftsteller und Imker, hat sie ihr Elternhaus nicht verlassen - im Gegensatz zu ihrer Schwester Sadie. Nun muss sich Hannah von ihrem Mann verabschieden und ein schockierendes Geheimnis des Verstorbenen erfahren…

„Wilder Honig“ ist ein Roman von Caryl Lewis.

Erzählt wird die Geschichte in 55 kurzen Kapiteln in weitestgehend chronologischer Reihenfolge. Die Handlung umfasst ungefähr ein Jahr. Der Haupterzählstrang ist in der Gegenwart angesiedelt. Darüber hinaus sind Briefe im Wortlaut eingefügt, die John hinterlassen hat.

Vor allem in den Briefen, aber auch darüber hinaus ist die Sprache wunderbar poetisch und bildstark. Die Szenen sind sehr atmosphärisch ausgestaltet, die Dialoge wirken durchaus authentisch.

Auf der inhaltlichen Seite ist der Roman tiefgründig und recht düster. Es geht zunächst um Tod, Trauer und Verlust. Später spielen zudem Themen wie Enttäuschung, Einsamkeit, Betrug und ähnliche Aspekte eine Rolle. Trotz der idyllischen Naturkulisse hat mich der Roman besonders zu Beginn mit seiner Schwere und Traurigkeit überrascht. Im weiteren Verlauf hellt sich die Geschichte allerdings etwas auf und zeigt hoffnungsvolle Momente.

Neben den zwischenmenschlichen Beziehungen bilden der Obstgarten und die Bienen einen Schwerpunkt. Ausführlich werden die Abläufe von Tier- und Pflanzenwelt, das Zusammenspiel der Lebewesen und derartige Vorgänge geschildert. Das sorgt für ein entschleunigtes Erzähltempo und transportiert wissenswerte naturkundliche Fakten. Man könnte sogar soweit gehen zu behaupten, dass die Natur selbst zu einer Protagonistin des Romans wird.

Darüber hinaus stehen drei Frauenfiguren im Mittelpunkt: Hannah, Sadie und Megan. Die Charaktere habe ich grundsätzlich als interessant und angenehm unterschiedlich empfunden. Dennoch blieben mir alle drei Personen bis zum Schluss recht fremd und auf Distanz, ihr Verhalten erscheint mir nur in Teilen nachvollziehbar.

Die Geschichte mit ihren gut 280 Seiten konnte mich an ein paar Stellen überraschen. Dennoch setzt die Handlung nicht auf Effekthascherei und verzichtet größtenteils auf übermäßige Dramatik.

Der deutsche Titel macht neugierig und ist nahe am englischsprachigen Original („Bitter Honey“). Das malerische Covermotiv greift die Naturthemen gut auf, wirkt allerdings etwas zu harmonisch und heiter für den Inhalt.

Mein Fazit:
„Wilder Honig“ von Caryl Lewis ist ein Roman, der mit sprachlicher Stärke glänzt, mich bei der Figurenzeichnung jedoch leider enttäuscht hat. Empfehlenswert insbesondere für Naturliebhaber und Wales-Fans.

Veröffentlicht am 01.11.2025

Verrat, Mord und die Spielchen, die sie treiben

The Final Wife
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Eine Herbstnacht in einem Cottage in den Cotswolds: Luke Whitney (43), ein Schönheitschirurg, liegt erstochen in seinem Ferienhaus. Seine Frau Anna gesteht den tödlichen Messerangriff. Aber kann sie es ...

Eine Herbstnacht in einem Cottage in den Cotswolds: Luke Whitney (43), ein Schönheitschirurg, liegt erstochen in seinem Ferienhaus. Seine Frau Anna gesteht den tödlichen Messerangriff. Aber kann sie es wirklich gewesen sein? Oder wer steckt sonst dahinter? Schnell wird klar, dass noch andere ein Motiv gehabt hätten. Detective Sergeant Rebecca Dance beginnt mit den Ermittlungen…

„The Final Wife“ ist ein psychologischer Thriller von Jenny Blackhurst.

Die Geschichte besteht aus 55 kurzen Kapiteln. Erzählt wird im Präsens und aus wechselnder Perspektive, unter anderem in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Rebecca und der von Anna.

Der Schreibstil ist ungekünstelt, aber anschaulich und angemessen. Die Dialoge wirken authentisch. Gut gefallen hat mir auch, dass die Kapitel stilistisch zwischendurch von Gesprächsprotokollen aufgelockert werden. Die Übersetzung von Michael Krug habe ich als angenehm unauffällig empfunden.

Die Protagonisten sind reizvoll angelegt und mit psychologischer Tiefe ausgestattet. Obwohl wir Einblicke in den Kopf von Anna, Rebecca und weiteren Personen erhalten, bleiben die Figuren glücklicherweise noch etwas geheimnisvoll.

Zwischenmenschliche Beziehungen, Dynamiken und Abgründe spielen auf der inhaltlichen Ebene eine wichtige Rolle. Es geht um Lügen, Geheimnisse und Verrat, aber auch um Rache und Zusammenhalt.

Auf den knapp 300 Seiten entwickelt die spannende Handlung rasch einen Lesesog. Sie bietet mehrere Wendungen und Überraschungen. Langeweile kommt in keinem Kapitel auf. Allerdings war die Auflösung für mich bereits nach der ersten Hälfte vorhersehbar.

Der Titel der deutschen Ausgabe entspricht dem englischsprachigen Original. Er passt sehr gut. Das düstere Cover ist ansprechend gestaltet.

Mein Fazit:
Zwar ist „The Final Wife“ nicht zu meinem Lieblingsthriller geworden. Doch auch mit ihrer neuen Geschichte beweist Jenny Blackhurst, dass sie eine Garantin für unterhaltsame Spannungsliteratur ist. Eine empfehlenswerte, durchweg solide Lektüre!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 01.11.2025

Zwei urzeitliche Kontrahenten

Die Streitsaurier
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Im großen, gefährlichen Ozean der Urzeit ist festes Land rar. Welch’ ein Glück, als plötzlich eine kleine Insel aufzutauchen scheint. Das Miracelrex, ein Urzeitvieh, klettert sogleich an Land. Doch es ...

Im großen, gefährlichen Ozean der Urzeit ist festes Land rar. Welch’ ein Glück, als plötzlich eine kleine Insel aufzutauchen scheint. Das Miracelrex, ein Urzeitvieh, klettert sogleich an Land. Doch es ist nicht allein. Auf der anderen Seite kommt fast zeitgleich der Superosaurus an. Beide erheben Anspruch auf die vermeintliche einsame Insel und starten einen Wettstreit…

„Die Streitsaurier“ ist ein Bilderbuch für Kinder ab vier Jahren.

Die Geschichte besteht aus 14 Doppelseiten. Dabei sind immer beide Seiten illustriert und mit Text versehen.

Die farbkräftigen, originellen Illustrationen von Gloria Jasionowski bieten einige Details zum Entdecken. Sie sind altersgerecht gestaltet.

Mit dem Miracelrex und dem Superosaurus stehen zwei Urzeittiere, die Dinosauriern ähneln, im Vordergrund der Geschichte. Zwei kreative Protagonisten, die viele Kinder ansprechen dürften. Später erscheint eine weitere Saurierin.

Viel Raum nimmt der unterhaltsame Wettstreit der Protagonisten ein. Beide versuchen, sich in unterschiedlichen Disziplinen wie Hüpfen und Schielen zu überbieten. Vor allem im weiteren Verlauf hat die Geschichte jedoch erzählerische Schwächen: Wieso ist es besser zusammenzuhalten statt zu streiten? Wie lässt sich ein Streit auflösen? Und warum braucht es überhaupt eine Insel oder etwas Ähnliches? Was macht den Stillen Ozean so gefährlich? Solche Details werden leider nicht erklärt, was die Botschaft der Geschichte verwässert und zulasten der Verständlichkeit geht.

Autorin Annette Langen hat sich für die Urzeitviecher eine witzige Fantasiesprache einfallen lassen. Formulierungen wie „Fliegohapps“ und „Flitziblitzi“ peppen die Geschichte auf. Die dazu passende Vokabelliste am Ende des Buches ist ebenfalls eine schöne Idee. Allerdings wird die Kunstsprache nur eingeführt, aber nicht konsequent durchgehalten, was Widersprüchlichkeiten verursacht.

Mein Fazit:
Mit „Die Streitsaurier“ haben Annette Langen und Gloria Jasionowski ein kreatives Bilderbuch geschaffen, das besonders kleine Dinofans interessieren dürfte. In der inhaltlichen Umsetzung hat mich die Geschichte allerdings nicht komplett überzeugt.

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  • Charaktere
  • Cover
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Veröffentlicht am 29.10.2025

Von Zellenhausaufgaben, dem inneren Wecker und der stümperhaften Natur

BiBiBiber hat da mal 'ne Frage. Warum muss ich schlafen?
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BiBiBiber würde gerne in den Nachtstunden einen großen Damm bauen. Das geht aber nicht ohne die Hilfe anderer Tiere. Aber von ihnen möchte ihm niemand helfen, denn nachts wollen sie lieber schlafen. BiBiBiber ...

BiBiBiber würde gerne in den Nachtstunden einen großen Damm bauen. Das geht aber nicht ohne die Hilfe anderer Tiere. Aber von ihnen möchte ihm niemand helfen, denn nachts wollen sie lieber schlafen. BiBiBiber ist genervt: Was soll das mit dem Schlaf? Ist der nicht bloß Zeitverschwendung und einfach nur total langweilig?

„BiBiBiber hat da mal 'ne Frage. Warum muss ich schlafen?" ist ein Sachbuch von Mai Thi Nguyen-Kim und Marie Meimberg für Kinder ab sieben Jahren und der vierte Band der Wissenschaftsreihe rund um BiBiBiber.

Das Sachbuch hat quasi zwölf Kapitel, die als solche aber nur in der Inhaltsübersicht zu erkennen sind, denn sie sind nicht durch Pausen oder Überschriften markiert. Es besteht aus etwas mehr als 100 Seiten.

Eingeleitet wird der eigentliche Text mit einer Art Comic, in dem es um das Eingangsszenario, also den geplanten Damm-Bau, geht. Danach kommen die Autorinnen als Protagonistinnen ins Spiel. Zwischen ihnen und BiBiBiber entfaltet sich ein langer Dialog, in dem die unterschiedlichen Aspekte zum Thema Schlaf aufgeworfen und erklärt werden. Insofern wird das Wissen also in eine Geschichte eingebettet.

Der Inhalt ist recht anspruchsvoll und umfassend. Die Frage, weshalb Schlaf notwendig ist, wird ausführlich beantwortet. Dabei geht es nicht nur um die verschiedenen Funktionen des Schlafens, sondern es wird auch beleuchtet, wie unterschiedlich Menschen und Tiere schlafen. Von der Photosynthese über die sonstigen Aufgaben der Zellen, die Chronotypen, die Schlafphasen und das Gedächtnis bis zu Albträumen reicht die Bandbreite, die das Sachbuch abdeckt. So manches Detail ist auch noch für viele Erwachsene unbekannt und lehrreich.

Das Buch arbeitet mit Bildern und Vergleichen, um den komplexen Sachverhalt verständlich zu machen. Dieses Konzept ist auf gelungene Art umgesetzt. Durch Wortspiele, Reime und lustige Formulierungen kommt der Spaß beim Lesen oder Vorlesen nicht zu kurz. Der Text ist angenehm klischeefrei und in einer sensiblen Sprache verfasst, gleichzeitig absolut altersgerecht. Nur die übertriebene Jugendsprache im Comicteil hat mir nicht so gut gefallen.

Die farbintensiven Illustrationen von Marie Meimberg sind abwechslungsreich und kreativ. Sie ergänzen den Text wunderbar, indem sie abstrakte oder wenig greifbare Details mit Zeichnungen vorstellbar machen.

Mein Fazit:
„BiBiBiber hat da mal 'ne Frage. Warum muss ich schlafen?" von Mai Thi Nguyen-Kim und Marie Meimberg ist ein sehr empfehlenswertes Kindersachbuch, das Wissen auf unterhaltsame Weise vermittelt.