Profilbild von milkysilvermoon

milkysilvermoon

Lesejury Star
offline

milkysilvermoon ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit milkysilvermoon über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.07.2025

Zwei Brüder und viel Schmerz

Auē
0

Nachdem ihre Eltern verschwunden sind, will der bereits erwachsen gewordene Taukiri (Tauk) seinen jüngeren Bruder loswerden. Daher setzt er den achtjährigen Ārama (Ari) bei Tante Kat und Onkel Stu im Süden ...

Nachdem ihre Eltern verschwunden sind, will der bereits erwachsen gewordene Taukiri (Tauk) seinen jüngeren Bruder loswerden. Daher setzt er den achtjährigen Ārama (Ari) bei Tante Kat und Onkel Stu im Süden Neuseelands ab. Anschließend flieht er auf die Nordinsel. Doch er muss feststellen, dass er seine Sorgen und Probleme nicht hinter sich lassen kann. Auch sein kleiner Bruder muss vieles ertragen…

„Auē“ ist das literarische Debüt von Becky Manawatu.

Der Aufbau des Romans ist auf mehrfache Weise komplex und erschließt sich erst Stück für Stück. Erzählt wird im Wechsel aus der Perspektive von Taukiri, Ārama und weiteren Figuren. Unterschiedliche Zeitebenen und verschiedene Örtlichkeiten machen es zudem nicht leicht, sich in der Geschichte zu orientieren.

Auch die Charaktere und ihre Beziehungen zueinander sind zunächst undurchsichtig. Neben den beiden Brüdern, die klar im Zentrum des Romans stehen, geht es um weitere Mitglieder der Familie sowie einige Nebenfiguren. Dem Innenleben der Hauptcharaktere wird viel Raum gegeben, sodass die Personen sehr gut ausgearbeitet sind.

Der Inhalt des Romans ist auf rund 430 Seiten berührend und aufrüttelnd, allerdings durch die dargestellten Gewaltszenen und seine ernsten Themen schwer verdaulich. Es ist einerseits die Geschichte einer Familie, andererseits so viel mehr. Geheimnisse spielen eine zentrale Rolle. Vor allem aber geht es immer wieder um Schmerz und Verluste, um Schuld und Scham, um Einsamkeit und Verzweiflung.

In die Geschichte eingeflossen ist das äußerst traurige Schicksal eines Cousins der Autorin. Diese persönliche Komponente trägt vielleicht dazu bei, dass der Roman trotz aller Dramatik sehr authentisch wirkt.

Der Brutalität und der Gewalt steht die feinfühlige Sprache des Romans gegenüber. Mit seinen ungewöhnlichen Metaphern, den atmosphärischen Beschreibungen und den beinahe poetischen Untertönen hat mich die Autorin beeindruckt.

Der Text des Romans ist jedoch durchaus anspruchsvoll, was unter anderem mit der häufigen Verwendung von Wörtern und Formulierungen aus der Māori-Sprache zusammenhängt. Hilfreich beim Verständnis ist das hinten abgedruckte Glossar, das auch Hinweise zur Aussprache enthält. Dabei muss allerdings erwähnt werden, dass sich nicht alle Wörter ins Deutsche übersetzen lassen, ohne dass sämtliche Nuancen und kulturelle Implikationen erhalten bleiben. Um die Geschichte in Gänze mit ihren Andeutungen und der kompletten Symbolik zu verstehen, sind vermutlich Vorkenntnisse über Neuseeland und seine Besonderheiten von Vorteil.

Letzteres gilt wahrscheinlich auch für den außergewöhnlichen Māori-Titel des Romans, der von der englischsprachigen Originalausgabe übernommen wurde. Eine gute Entscheidung des deutschen Verlags, das Wort auf der Rückseite des Hardcovers gleich zu erklären. Auch die reduzierte Gestaltung mit dem Vogelmotiv wird dem Inhalt gerecht.

Mein Fazit:
Mit „Auē“ verlangt Becky Manawatu ihrer Leserschaft in mehrfacher Hinsicht viel ab. Wer sich auf die fordernde und sehr bewegende Geschichte einlassen kann, wird aber mit einem ungewöhnlichem Literaturerlebnis belohnt. Ein definitiv empfehlenswertes Debüt, das neugierig auf die Fortsetzung macht!

Veröffentlicht am 05.07.2025

Wenn es plötzlich früher dunkel ist

Der Sonnendieb
0

Eichhörnchen ist irritiert und verunsichert: War es nicht gestern zur Zahnputzzeit noch hell? Warum ist heute schon dunkel zu dieser Stunde? Aufgeregt läuft Eichhörnchen zu Vogel, seinem besten Freund. ...

Eichhörnchen ist irritiert und verunsichert: War es nicht gestern zur Zahnputzzeit noch hell? Warum ist heute schon dunkel zu dieser Stunde? Aufgeregt läuft Eichhörnchen zu Vogel, seinem besten Freund. Er weiß bestimmt, was los ist.

„Der Sonnendieb“ ist ein Bilderbuch, das für Kinder ab vier Jahren empfohlen wird.

Beim „Sonnendieb“ handelt es sich um den vierten Band der Jahreszeiten-Reihe, die sich in allerdings auch in beliebiger Reihenfolge lesen lässt. Nach Herbst, Frühjahr und Winter geht es diesmal um den Sommer.

Warum wird es abends früher dunkel und morgens später hell? Wieso werden die Tage zum Ende des Sommers wieder kürzer? Diese beiden Fragen stehen im Mittelpunkt der Geschichte. Sie werden kindgerecht, unterhaltsam und mit viel Humor beantwortet.

Auf zwölf Doppelseiten wird zunächst die Geschichte erzählt. Auf einer weiteren Doppelseite wird erklärt, was es mit nachtaktiven Tieren auf sich hat und wieso es zu den jeweiligen Jahreszeiten unterschiedlich lange hell ist.

Im Fokus der Geschichte stehen Eichhörnchen und Vogel, zwei liebenswerte Charaktere. Gut gefallen hat mir, dass keine ungewöhnlichen, sondern aus dem Alltag von Kindern vertraute Tiere ausgewählt wurden. Neben den beiden bekannten Protagonisten gibt es diesmal eine weitere tierische Figur: Fledermaus. Auch sie haben wir schnell ins Herz geschlossen.

Der Text von Alice Hemming ist altersgerecht formuliert, was Syntax und Vokabular angeht. Die Dialogform funktioniert, wie schon in den Vorgängerbänden, wunderbar. Das Verhältnis von Text- und Bildanteilen ist ausgewogen und gut auf die Zielgruppe abgestimmt.

Die farbenfrohen, aber nicht zu grellen Illustrationen von Nicola Slater sind wieder einmal voller liebevoller Details, die für zusätzliches Komik sorgen und zum längeren Betrachten einladen. Auch für erwachsene Vorleser bieten sie immer wieder Anlass zum Schmunzeln. Sie wirken zudem modern.

Das Covermotiv des großformatigen Bilderbuchs passt super zur Reihe und zur Geschichte. Der einprägsame Titel erschließt sich sofort und fügt sich ebenfalls hervorragend ein.

Mein Fazit:
Erneut können Alice Hemming und Nicola Slater überzeugen. Mit „Der Sonnendieb“ ist ihnen wieder einmal ein gleichsam witziges wie lehrreiches Bilderbuch zum Thema Jahreszeiten gelungen. Auch der vierte Band mit Eichhörnchen und Vogel ist sehr empfehlenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Thema
Veröffentlicht am 13.06.2025

Ein besonders gefährliches Spiel mit dem Feuer

Devil's Kitchen
0

New York City an der Ostküste der USA: „Engine 99“, die Eliteeinheit der Feuerwehr, bekämpft nicht nur Brände, sondern legt sie auch, um abzulenken. Etliche große Beutezüge gehen auf das Konto der Gruppe. ...

New York City an der Ostküste der USA: „Engine 99“, die Eliteeinheit der Feuerwehr, bekämpft nicht nur Brände, sondern legt sie auch, um abzulenken. Etliche große Beutezüge gehen auf das Konto der Gruppe. Andrea Nearland, eine freiberufliche Ermittlerin, ist das neueste Mitglied der Crew. Sie wurde vom FBI auf die Gruppe angesetzt. Ben ist ihr als einziger der Einheit sympathisch. Nun steht der wohl größte Coup an und es wird immer klarer, dass das Spiel mit dem Feuer für Andy sehr riskant ist.

„Devil‘s Kitchen“ ist ein Thriller von Candice Fox.

Trotz der nicht ganz simplen Struktur lässt sich die Geschichte gut nachvollziehen. Der Roman beginnt mit einem Prolog. Auf ihn folgen sechs lange Kapitel, die in weitere Abschnitte unterteilt sind. Erzählt wird fast ausschließlich aus der Perspektive von Andy und der von Ben, allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge. Die Handlung umfasst die Jahre 2005 bis 2013.

Die Sprache des Thrillers ist teilweise etwas vulgär. Die Dialoge wirken jedoch authentisch und lebhaft, die Beschreibungen sind anschaulich.

Eine Stärke von Candice Fox ist das Zeichnen der Charaktere. Auch in dieser Geschichte wird sie ihrem Ruf gerecht, kantige und zugleich glaubhafte Figuren darzustellen.

Das Setting des neuen Buches finde ich interessant und ungewöhnlich. Dass die Autorin sorgsam recherchiert hat, ist dem Thriller an einigen Stellen anzumerken. Neben dem Schwerpunkt Feuerwehr geht es um Sexismus und toxische Männlichkeit. Damit trifft das Buch den Nerv der Zeit und gibt Denkanstöße.

Auf den mehr als 400 Seiten nimmt die Geschichte schnell an Tempo auf. Die Handlung ist, wie von den anderen Werken der Autorin gewohnt, durchweg kurzweilig und spannend. Auch die Auflösung, die nicht leicht vorhersehbar ist, hat mich überzeugt.

Das deutsche Covermotiv ist atmosphärisch und passt gut zum Inhalt. Der Titel wurde 1:1 vom Original übernommen.

Mein Fazit:
Mit „Devil‘s Kitchen“ stellt Candice Fox erneut unter Beweis, dass sie zu recht eine feste Größe im Spannungsgenre ist. Wieder einmal hat sie meine hohen Erwartungen erfüllt. Sehr empfehlenswert vor allem für diejenigen, die keine 08/15-Thriller lesen möchten!

Veröffentlicht am 13.06.2025

Educate your sons

Jungs von heute, Männer von morgen
0

Wie können unsere Söhne für eine gleichberechtigte Zukunft fit gemacht werden? Wie gelingt es Eltern, ihren Jungen eine neue, fürsorgliche Männlichkeit zu vermitteln, von der nicht nur ihre Kinder, sondern ...

Wie können unsere Söhne für eine gleichberechtigte Zukunft fit gemacht werden? Wie gelingt es Eltern, ihren Jungen eine neue, fürsorgliche Männlichkeit zu vermitteln, von der nicht nur ihre Kinder, sondern die gesamte Gesellschaft profitiert?

„Jungs von heute, Männer von morgen“ ist ein Sachbuch von Anne Dittmann.

Eingerahmt von einem Pro- und einem Epilog, gliedert sich das Buch in drei Teile mit mehreren Unterkapiteln. Zum Schluss liefert es ein Quellenverzeichnis in Form eines QR-Codes. Der Aufbau ist schlüssig und sinnvoll.

Drei Themenbereiche hat die Autorin ausgemacht: Selbstfürsorge, Fürsorge und Engagement. Dahinter verbergen sich verschiedene Aspekte wie Freundschaften, Hausarbeit, der Umgang mit Aufklärung und Pornografie, Videospiele und Medienkompetenz. Aber auch Gefühle, persönliche Krisen und psychologische Strategien werden beleuchtet, beispielsweise Scham, Resilienz, Identitätskonflikte und Empathie. Damit wird ein breites Spektrum der Lebens- und Alltagserfahrungen junger Leute in der heutigen Zeit abgedeckt.

Die Autorin zeigt toxische Männlichkeitskonzepte und problematische Rollenbilder auf. Dabei zieht sie unzählige wissenschaftliche Studien und Statistiken zurate. Sie lässt etliche Expertinnen und Experten in Kurzinterviews und Zitaten zu Wort kommen. Ihre fundierte, äußerst gründliche Recherche wird sehr deutlich. Zugleich liefert sie einige beispielhafte Erfahrungen aus ihrer eigenen Familie und aus ihrem persönlichen Umfeld. Obwohl ich mich bereits mit vielen feministischen Themen beschäftigt hatte, konnte ich noch viel Wissenswertes aus der Lektüre ziehen und habe einige Aha-Momente erlebt.

Ein Stärke des Buches liegt darin, dass es die Autorin nicht bei einer Bestandsanalyse und abstrakten Strategien belässt. Sie gibt ihren Leserinnen und Lesern konkrete, alltagstaugliche Tipps und Ideen mit auf den Weg, wie es gelingen kann, Jungen zu Respekt, Fürsorge und Empathie zu erziehen. Dabei gesteht sie eigene Schwächen ein. Wiederkehrende, prägnante „To-Do“-Listen fassen die Kapitel samt der Vorschläge zusammen und machen die Informationen für ein späteres Nachschlagen leicht auffindbar.

Obwohl der Text sehr zahlenlastig ist und immer wieder Fachvokabular enthält, ist er leicht verständlich und nicht zu trocken. Die Formulierungen sind mit Bedacht gewählt.

Auch die Gestaltung des Buches ist ansprechend und durchdacht. Der aussagekräftige Titel und das Coverfoto harmonieren miteinander und passen zum Inhalt.

Mein Fazit:
Mit „Jungs von heute, Männer von morgen“ hat Anne Dittmann ein informatives und hilfreiches Sachbuch geschrieben, das ich nicht nur, aber vor allem Eltern minderjähriger Söhne wärmstens ans Herz legen kann.

Veröffentlicht am 08.06.2025

Kobi hat viele tolle Ideen

Der Kopfübär entdeckt, was in ihm steckt
0

Kobi, das blaue Bärenkind, ist sauer. Er hat gerade erfahren, dass er heute nicht mit seiner Familie ins Spaßbad fährt. Es droht ein langweiliger Nachmittag im heimischen Garten. Doch dann hängt Kobi plötzlich ...

Kobi, das blaue Bärenkind, ist sauer. Er hat gerade erfahren, dass er heute nicht mit seiner Familie ins Spaßbad fährt. Es droht ein langweiliger Nachmittag im heimischen Garten. Doch dann hängt Kobi plötzlich mit dem Kopf nach unten und die Ideen sprudeln..

„Der Kopfübär entdeckt, was in ihm steckt“ ist der erste Band einer neuen Bilderbuch-Reihe von Judith Weber, die nach der Empfehlung des Verlags für Kinder ab drei Jahren geeignet sein soll.

Erzählt wird die Geschichte auf etwas mehr als 30 Seiten. Die Sprache ist auf kleine Kinder abgestimmt und leicht verständlich. Was für besonderes Lesevergnügen sorgt, ist die Tatsache, dass der Text von Judith Weber über viel Wortwitz verfügt. Allerdings sind die Passagen bereits recht ausführlich, was für einige Dreijährige noch ein wenig überfordernd sein könnte.

Im Vordergrund steht die Familie Bär, vor allem aber Kobi. Charmante Charaktere, die sich mit ihrem Alltag nicht allzu sehr von menschlichen Familienmitgliedern unterscheiden. Ein Pluspunkt ist für mich, dass die tierischen Figuren angenehm klischeefrei gestaltet sind: Mama Bär muss viel arbeiten, Papa Bär besitzt keinen Führerschein.

Auf der inhaltlichen Ebene feiert die Geschichte Fantasie und Kreativität. Darüber hinaus zeigt sie auf, wie man zusammen mehr erreichen kann. Die Botschaft, dass jeder richtig ist, wie er ist, trotz der Andersartigkeit, hätte für meinen Geschmack noch etwas stärker herausgearbeitet werden können. Alles in allem finde ich die Aussagen der Geschichte jedoch begrüßenswert und nachvollziehbar.

Sehr gut gefallen haben uns die Illustrationen des Brüderduos Christian und Fabian Jeremies. Sie verleihen den tierischen Protagonisten ein niedliches Aussehen. Die Zeichnungen sind größtenteils auf eine Doppelseite angelegt, wunderbar farbenfroh, aber nicht zu grell. Der gleichzeitig moderne und kindgerechte Stil bietet eine Menge liebevoller Details zum Entdecken.

Die Covergestaltung, die eine Szene der Geschichte zeigt, ist ebenfalls sehr gelungen. Auch der Titel ist eine gute Wahl, denn er passt und macht neugierig.

Mein Fazit:
„Der Kopfübär entdeckt, was in ihm steckt“ von Judith Weber ist ein humorvolles und unterhaltsames Bilderbuch mit süßen Charakteren, Sprachwitz und pädagogisch wertvollem Inhalt. Definitiv empfehlenswert!