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Veröffentlicht am 16.09.2024

Werwölfe in Vorpommern!

Lupus
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Der neue Roman von Tibor Rode nimmt sich gleich mehrerer spannender Themen an: zum einen die Rückkehr der Wölfe in Deutschland und der damit verbundene Human-Wildlife-Konflikt. Zum anderen die Anwendung ...

Der neue Roman von Tibor Rode nimmt sich gleich mehrerer spannender Themen an: zum einen die Rückkehr der Wölfe in Deutschland und der damit verbundene Human-Wildlife-Konflikt. Zum anderen die Anwendung von KI - hier in Verbindung mit Zäunen für Nutztiere, die verhindern sollen, dass etwas hinein - oder auch hinaus - kommt. Zudem wird die deutsche Geschichte aufgearbeitet, über die Zeiten der DDR bis hin zum Nazi-Regime und dessen gefährliche Forschungsarbeiten.
Die Handlung ist unglaublich differenziert und verwoben, so dass man bis zum Ende mit überraschenden Wendungen konfrontiert wird, was die Spannung permanent am Anschlag hält.
Mit der Tierärztin, Wolfsbeauftragten und Jägerin Jenny Rausch hat der Autor eine nicht bedingungslos sympathische, aber glaubwürdige und sehr menschliche Protagonistin geschaffen. Ihr zur Seite steht Staatsanwalt Frederik Bach, der auf Jenny ebenso anziehend wie geheimnisvoll wirkt.
Und so ermitteln die beiden und legen die ungeheure Wahrheit "wie bei einer Zwiebel Schicht um Schicht und mit vielen Tränen" frei, bei der es gleichermaßen um die Gier nach Geld und Macht geht.
Fazit: einmal mehr erschafft Tibor Rode eine erschreckende Zukunftsvision, die vielleicht gar keine mehr ist.

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Veröffentlicht am 12.09.2024

Reale Vision

VIEWS
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Als von der vermissten Lena ein verstörendes Video viral geht, wird das BKA eingeschaltet. BKA-Kommissarin Yasira Saad übernimmt den Fall, der jedoch schon bald aus dem Ruder läuft: es gibt keine verwertbaren ...

Als von der vermissten Lena ein verstörendes Video viral geht, wird das BKA eingeschaltet. BKA-Kommissarin Yasira Saad übernimmt den Fall, der jedoch schon bald aus dem Ruder läuft: es gibt keine verwertbaren Spuren, und eine rechtsradikale Gruppe nutzt das Video für ihre eigenen rassistischen Zwecke. Bald ist nichts mehr so wie es scheint, und Yasira selbst gerät ins Fadenkreuz des "Aktiven Heimatschutzes".
Äusserst spannend beginnt dieser temporeiche Thriller, der jedoch viele Fragen am Ende unbeantwortet lässt. Das "Finale" bot eine nicht ganz überraschende, aber durchaus schlüssige Wendung, die sich im Vorfeld bereits ankündigte. Halb futuristisch, aber mit einem Bein bereits im Hier und Jetzt, löst sie erschreckende Gedanken darüber aus, was heutzutage bereits alles denkbar oder machbar ist. Wem kann man noch trauen - den eigenen Augen jedenfalls nicht. Leider musste ich ich mich mehrfach fragen, wieso gewisse Ermittlungsansätze nicht schon von Anfang an verfolgt wurden. Dass einfach keiner darauf gekommen ist finde ich schlicht unglaubwürdig und dilettantisch. Spannend war es trotzdem.
Fazit: dieser sehr konsequent umgesetzte, provozierende Thriller war für meinen Geschmack zu plakativ umgesetzt.

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Veröffentlicht am 09.09.2024

Horrormärchen

Starling House
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Obwohl die Kurzbeschreibung des Buches ja bereits eine düstere Geschichte versprach, hatte ich aufgrund des Covers und Farbschnitts etwas anderes, mehr Richtung kitschige dunkle YA-Fantasy mit vielen derzeit ...

Obwohl die Kurzbeschreibung des Buches ja bereits eine düstere Geschichte versprach, hatte ich aufgrund des Covers und Farbschnitts etwas anderes, mehr Richtung kitschige dunkle YA-Fantasy mit vielen derzeit so beliebten Tropes, erwartet. Glücklicherweise habe ich dem Buch trotzdem eine Chance gegeben, denn Alpträume und Ungeheuer klangen einfach zu verlockend.
Tatsächlich hat mich das Buch von der ersten Seite an restlos begeistert, vor allem weil es erst einmal so real in der Gegenwart begann, mit den Alltagsproblemen von Opal, die sich jeden Tag mit den Alltagsproblemen einer mittellosen Schwester auseinandersetzen muss, die ihrem Bruder ein besseres Leben ermöglichen will. Zudem ist Opal im Ort nicht gerade beliebt und zu einer zynischen Einzelgängerin geworden, die nichts und niemandem vertraut.
Daher war es faszinierend mitanzusehen, wie sie im Starling House auf einen ebenbürtigen, ebenso verkorksten Menschen trifft, und wie Opals harte Schale nach und nach Risse bekommt. Unter ihrer Gleichgültigkeit und Kaltschnäuzigkeit blitzen Mitgefühl und Leidenschaft auf, und so werden Opals Träume vom Starling House ihr schließlich zum Verhängnis - oder besser gesagt Schicksal.
Sehr behutsam baut die Autorin eine ganz eigene Welt, die einerseits völlig real, andererseits alptraumhaft und voller Schrecken ist. Ironischerweise heißt der Ort, in dem Opal lebt, Eden - doch dieses Paradies entpuppt sich wie Fallobst: an der Oberfläche hübsch glänzend, doch auf der Unterseite verrottet.
Und nachdem Opal, die jahrelang von Starling House, dem mysteriösen Haus im Wald, geträumt hat, nun den entscheidenden Schritt hinter das Tor des Anwesens wagt, soll sich ihr Leben dramatisch verändern. Als sie von der wahren dunklen Geschichte des Hauses und ihrer Bewohner erfährt, fügen sich die Puzzleteile, die aus ihren lückenhaften Kindheitserinnerungen und ihren andauernden Träumen vom Starling House, das sie doch gar nicht kennen kann, endlich zusammen.
Die Familiengeschichte von Opal, also ihre Beziehung zu ihrem Bruder Jasper, der gerade mitten im Teenager-Alter steckt, wirkt mit den Kabbeleien und Streitereien der beiden unglaublich echt und im 'hier und jetzt'. Dagegen verschiebt sich die Realität jedes Mal, wenn Opal die Schwelle zum Starling House übertritt, welches ein Eigenleben zu führen und so gar nichts mit der realen Welt gemein zu haben scheint, sondern wie ein Relikt aus einer fernen Vergangenheit, aus einem Traum oder Märchen, wirkt.
Ich war beeindruckt, wie die Geschichte nur ganz langsam aufgebaut wird, so dass anfangs vielleicht nicht viel im Sinne von Action passiert, aber trotzdem alles sehr intensiv und spannend ist - wir lernen Opal als Antiheldin richtig gut kennen, und auch wenn mir ihre zynische und abweisende Art nicht wirklich sympathisch war, konnte ich ihr ihr Verhalten nie übelnehmen und war von Anfang an auf ihrer Seite. Im Buch gibt es auch eine Romanze, doch diese wurde zu meiner Freude eher dezent und bar jeden Kitsches in Szene gesetzt.
Die gruseligen Elemente der Geschichte werden eher sparsam eingesetzt, verfehlen ihre unheimliche und schockierende Wirkung aber dennoch nicht, und auch der allgegenwärtige Nebel trägt zur alptraumhaften Atmosphäre bei. Das Finale schließlich ist gleichermaßen unerwartet wie konsequent und hat mich einmal mehr davon überzeugt, mit diesem Buch einen unerwarteten Glücksgriff getan zu haben. Interessanterweise gelang es mir nicht, das Buch "zu verschlingen" wie man so schön sagt - die detailreiche und klug verwobene Geschichte zwang mich, sie in Ruhe und mit gemessenem Tempo zu genießen.
Fazit: ein beeindruckender, feinfühliger und überwältigender Horror-Roman, der mich restlos begeistert hat.

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Veröffentlicht am 07.09.2024

Charmanter Rätselkrimi

Mord in der Charing Cross Road
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Kaum zu glauben, dass dieses Buch vor fast 70 Jahren geschrieben wurde - der Schreibstil wirkt angenehm zeitlos. Lediglich die ein oder andere Vokabel macht einen leicht antiquierten Eindruck, was dem ...

Kaum zu glauben, dass dieses Buch vor fast 70 Jahren geschrieben wurde - der Schreibstil wirkt angenehm zeitlos. Lediglich die ein oder andere Vokabel macht einen leicht antiquierten Eindruck, was dem Buch aber auch einen gewissen Charme verleiht. Natürlich gibt es inhaltliche Details, die heutzutage altbacken wirken - aber ein historischer Roman würde diese Details genauso aufgreifen, um ein authentisches Bild der damaligen Zeit zu präsentieren. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Frauen noch nicht so emanzipiert daherkommen, wobei Sally bereits einen sehr modernen und aufgeschlossenen Eindruck macht. Oder dass Johnny mehrfach eine Zigarette anzündet, nicht ohne Sally vorher ebenfalls eine anzubieten. Und natürlich sein ritterlicher Beschützerinstinkt, der Sally in einer möglicherweise gefährlichen Situation gebietet, hinter ihm zu bleiben und abzuwarten.
Besonders gefallen hat mir das Setting: ein alteingesessenes, sehr familiär geführtes Antiquariat. Hier wird der äußerst unangenehme Mitarbeiter Butcher ermordet aufgefunden. Und da er nicht nur bei den weiblichen Kolleginnen mit seiner aufdringlichen Art auf Missfallen stieß, sondern auch bei den männlichen Kollegen ob seiner überheblichen und beleidigenden Art keine Freunde hatte, gibt es jede Menge Verdächtige, die für den Mord infrage kommen. Wenn es denn nicht der Geist war, der seit langem im Haus Charing Cross Road Nummer 200 herumspukt...
Mit viel detektivischem Geschick und in langen Gesprächen kommen Sally und Juniorpartner Johnny schließlich dem Mörder auf die Schliche - und sich dabei immer näher.
Fazit: raffinierter Krimi mit sympathischen Charakteren.

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Veröffentlicht am 07.09.2024

Ein harter Brocken

In Zeiten des Todes
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Der Titel trifft es sehr gut: das Buch ist durchzogen vom Tod von der ersten bis zur letzten Seite. Der Fund einer Frauenleiche löst eine Polizeiaktion ungeahnten Ausmaßes aus und schon bald gibt es den ...

Der Titel trifft es sehr gut: das Buch ist durchzogen vom Tod von der ersten bis zur letzten Seite. Der Fund einer Frauenleiche löst eine Polizeiaktion ungeahnten Ausmaßes aus und schon bald gibt es den Verdacht, dass ein Serienmörder sein Unwesen treibt. Kommissar Krupp hat alle Hände voll zu tun, die Ermittlungen zu leiten, zumal ihm von den "Bulldoggen", einer dubiosen Abteilung der Polizei, immer wieder Steine in den Weg gelegt werden. Eine weitere Hauptperson kristallisiert sich in Alex Milla heraus, der sich im Verlauf des Buches vom Handreicher, der Fotos macht und Informationen beschafft, zu einem waschechten Journalisten mausert. Sowohl Krupp als auch Milla machen im Verlauf des Buches starke Entwicklungen durch - ob zum Besten bleibt dahingestellt.
Leider verzettelt sich das Buch gegen Ende immer mehr, und obwohl ich die vielschichtige Handlung grandios komponiert finde, schlichen so doch mit der Zeit auch immer wieder kleine Ermüdungserscheinungen ein. Vordergründig ein Thriller über einen Serienkiller, geht es hier auch um zweifelhafte Polizeimethoden, den nicht immer ehrenhaften Job des Journalisten und den Verlust der Menschlichkeit, die bei der Jagd nach dem Mörder auf der Strecke zu bleiben scheint. Der Autor verwendet viele Metaphern und wiederkehrende Aussagen, die treffend immer wieder die Zerrissenheit von Krupp, der sich in diesem Fall behaupten muss, und die emotionale Belastung vor allem Millas vor Augen führen.
Fazit: für mich ein sehr herausforderndes und in doppelter Hinsicht überwältigendes Werk, das sowohl oft anstrengend als auch extrem fesselnd zu lesen ist.

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