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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Sommerlektüre

Der Klang der Lüge
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Der Einstieg in das Buch fällt leicht. Liv Winterberg beginnt die Geschichte mit einem dramatischen Prolog, in dem ein kleines Mädchen von seiner Mutter im Wald zurückgelassen wird. Sollte sie die Nacht ...

Der Einstieg in das Buch fällt leicht. Liv Winterberg beginnt die Geschichte mit einem dramatischen Prolog, in dem ein kleines Mädchen von seiner Mutter im Wald zurückgelassen wird. Sollte sie die Nacht überleben ist sie vielleicht kein Wechselbalg und der liebe Gott hat es gut mit ihr gemeint. Aber das Baby hat Glück. Sybilla findet sie und nimmt sich ihrer an. Die eigentliche Geschichte beginnt viel später, als Alissende bereits eine junge Frau ist und mit zwei Brüdern durch das Land zieht auf Suche nach Arbeit. Auch die geliebte Sybilla hat sie verloren und sie ist allein und arm. Die drei landen zufällig im Dorf Sériol und sie scheinen endlich einmal Glück zu haben, denn die Leute dort nehmen sie gerne auf, sind freundlich und unvoreingenommen und geben ihnen Arbeit und Essen und Unterkunft. Aber dem Dorf droht bereits großes Unheil, da Bischof Durand im Land fanatisch nach Andersgläubigen sucht, die er dingfest machen und dann vernichten kann. Und er hat bereits ein Auge auf das kleine Dorf geworfen. Seine Macht scheint grenzenlos und mit Folter, Gewalt und Geld schaffte er es, dass alle Erwachsenen des Dorfes inhaftiert und fort geschafft werden. Die Kinder und Jugendlichen sind alleine und Sybilla versucht ihnen zu helfen und sich selbst und ihre neue Liebe zu retten.
Das Buch liest sich flüssig und schnell. Man ist gespannt wie es weitergeht, weiß aber ziemlich schnell wie der Hase in der Geschichte läuft. Das ist auch mein größter Kritikpunkt, dass es kaum überraschende Wendungen oder Unvorhergesehenes gibt und auch die Protagonisten ziemlich eindimensional beschrieben werden. Teilweise mag dies den tatsächlichen Geschehnissen geschuldet sein, die diesem Roman wohl zu Grunde liegen. Dennoch habe ich das Buch gerne gelesen, denn man brauch ja nicht immer einen komplizierten Roman sondern auch mal was für den Strand und die leichtere Unterhaltung. Die Heldin ist mir sympathisch gewesen und das Thema der Verfolgung aus Glaubensgründen wird etwas oberflächlich aber treffend geschildert . Deshalb wurde ich durchaus gut unterhalten und empfehle das Buch zur Sommerlektüre und zum Entspannen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

tolles Buch

Sechs Millionen Kekse im Jahr
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Jessica Thome hat ein Jahr lang ein Buch über ihren Alltag geschrieben. Ich denke, sie hat die Form eines Tagebuchs mit Absicht gewählt und will hier nicht ihr Seelenleben auf den Prüfstand stellen, sondern ...

Jessica Thome hat ein Jahr lang ein Buch über ihren Alltag geschrieben. Ich denke, sie hat die Form eines Tagebuchs mit Absicht gewählt und will hier nicht ihr Seelenleben auf den Prüfstand stellen, sondern mit täglichen kleinen und großen Szenen aufzeigen, wie ein durch eine Krankheit im Leben zeitweise Behinderter Mensch dieses jedoch gut meistert und dabei keineswegs den Humor und den Spaß verliert. Sie gewährt dem Leser Einblicke in Geschehnisse und Abläufe, die für einen Gesunden mit Selbstverständlichkeit und gedankenloser Leichtigkeit erledigt werden – z.B. das Fahren in öffentlichen Verkehrsmittel – die aber im Falle von Jessica zu peinlichen und frustrierenden Situationen führen können und die die Autorin auch frustriert an der Menschheit zweifeln lassen. Ich war hier wirklich manchmal sehr bewegt und habe auch laut geschimpft über das Unverständnis der Mitmenschen. Allerdings muss ich gestehen, dass es sicherlich für einen Laien in Unkenntnis schwer ist, die verbalen Ausbrüche einzuordnen, die Jessica von sich geben kann und muss.
Die Schwierigkeit zwischen ihren verbalen Ticks mit anderen Menschen ein sinnvolles Gespräch zu führen und auch Fremde davon zu überzeugen, dass sie keine fluchende Irre, sondern eine liebenswerte Tourette-Kranke ist, gehen zu Herzen und machen dennoch auch Spaß zu lesen. Ihre Art, gerade die sprachlichen Ticks als Ausdruck ihres lebhaften Geistes zu sehen und damit fast spielerisch umzugehen, mit Freunden darüber zu Scherzen, macht Mut und öffnet die Augen für diese Krankheit.
Traurig macht, dass die Krankheit weiter voranschreitet und vor allem dann auch zu körperlichen Problemen, in Jessicas Fall vor allem mit den Beinen, führt, die zu Stürzen führen und dazu, dass sie ohne fremde Hilfe oft nicht aufstehen und weitergehen kann.
Ich kann mir nun ansatzweise vorstellen, wie das Leben mit Tourette-Syndrom ist. An dieser Stelle empfehle ich auch den Film „Einen Tick anders“. Falls der mal irgendwann wieder läuft, unbedingt anschauen. Auch hier ist eine liebenswerte Tourette-Dame im Mittelpunkt. Mit Leichtigkeit und Charme erzählt, wie dieses Buch hier.

Veröffentlicht am 15.09.2016

ungewöhnliche Freundschaft

Mandela
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Christo Brand wächst in Südafrika als Sohn eines Bauern auf und kann in der ländlichen Idylle anfangs frei von großem Rassendünkel eine glückliche Jugend verbringen. Erst als die Familie in die Stadt ziehen ...

Christo Brand wächst in Südafrika als Sohn eines Bauern auf und kann in der ländlichen Idylle anfangs frei von großem Rassendünkel eine glückliche Jugend verbringen. Erst als die Familie in die Stadt ziehen muss, bekommt er die Blüten der Apartheit vor Augen geführt. Als junger Mann bewirbt er sich für den Dienst im Gefängnis, weil er dem Wehrdienst entgehen will. So landet er auf Robben Island und lernt dort schnell den seit Jahren inhaftierten Nelson Mandela kennen. Christo ist beeindruckt von ihm und fängt an, ihm mit seinen beschränkten MItteln auf jede nur erdenkliche Art und Weise zu helfen und das harte Gefängnisleben zu erleichtern. Im Laufe der Jahre, die folgen, entwickelt sich daraus eine tiefe Freundschaft, über die Grenzen der Hautfarbe, des Alters und der Bildung hinweg.

Christo Brand erzählt in seinem Buch auf angenehm schnörkellose Weise von seinem Leben und seiner Beziehung zu Nelson Mandela. Er beschreibt das Wachsen einer Freundschaft ohne sich selbst in ein all zu strahlendes Licht zu stellen. Die Geschichte geht zu Herzen, da sie ungewöhnlich ist und frei von Dünkel. Mandelas lange Haftstrafe ist keineswegs eine leichte gewesen und erst dem Ende zu bekommt er ein paar Vergünstigungen vor allem Dank Christo und dessen Hilfe. Dass Mandela ihn im Gefängnis schätzen lernt und erkennt, dass Brand anders ist, als viele andere weiße Südafrikaner, ist ebenso schön zu lesen, wie Mandelas Wunsch, auch nach seiner Freilassung mit Christo befreundet zu bleiben und seine Fähgikeiten zu nutzen für ein Ende der Apartheit.

Das Buch ist zwar durchaus ein Sachbuch, vermeidet Pathos und aufgesetzte Theatralik, belegt Geschehnisse mit Bildern. Dennoch liest es sich fast wie ein Roman, leicht, spannend und informativ. Ich habe einiges über Südafrika und vor allem über Nelson Mandela erfahren, was ich noch nicht wusste. Die Entwicklung des Staates, die schließlich die Entlassung von Mandela möglich machte wird ebenso umrissen, wie Mandelas weiteren Werdegangund Christos Veränderung vom 19jährigen Jungspund zu einem klugen reifen Mann, der Mandela ein guter Freund war und diesen verehrte. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich kann es uneingeschränkt empfehlen. Ich werde mir sicherlich noch weitere Lektüre über Mandela besorgen, da das Thema mich jetzt gepackt hat.

Veröffentlicht am 15.09.2016

spannend

Deiner Seele Grab (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi 6)
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Konstantin Dühnfort in seinem sechsten Fall. Der Tino ist mir ja bereits ans Herz gewachsen. Umso mehr, da mir dieser Fall besonders gut gefallen hat. Das Thema ist in unserer Gesellschaft sehr wichtig ...

Konstantin Dühnfort in seinem sechsten Fall. Der Tino ist mir ja bereits ans Herz gewachsen. Umso mehr, da mir dieser Fall besonders gut gefallen hat. Das Thema ist in unserer Gesellschaft sehr wichtig und wird allzu oft verdrängt. Wohin mit den Alten und Kranken, den Verwirrten und Einsamen. Gleich mehrere Senioren und ihre teils tragischen Lebensumstände lernt man kennen. Die Zustände der Altenpflege werden in all ihren Facetten aufgezeigt. Aber ein Serienmörder scheint sein Unwesen zu treiben, tötet die alten Menschen und drapiert sie auf ganz eigene Art und Weise. Alles deutet auf ein ungewöhnliches Motiv hin, nur welches. Oder steckt doch schnöder Mammon hinter allem? Schließlichgibt es da von Anfang an noch eine ausländische Putzfrau, die mehr ihm Sinn hat als sauber machen und Betten beziehen. Nebenbei durchsucht sie schon mal Schubladen und Schränke nach Wertvollem oder Bargeld. Allerdings fehlen den Toten nicht sämliche Wertgegenstände sondern die Diskrepanzen sind so versteckt, dass man nicht gleich draufkommt. Gibt es einen Dieb und einen Mörder? Oder ist es ein und der selbe. Gar eine kleine Organisation?
Neben der eigentlichen Krimihandlung besticht Inge Löhnigs Roman wieder durch eine große Palette interessanter Figuren. Neben den altbekannten Ermittlern - Tino und Gina allen voran - gefällt mir vor allem Clara Lenz, die sich mit Engagement und liebevoller Geduld um ihren Vater zu kümmern versucht - ein bisschen allein gelassen von ihren Geschwistern aber ich denke auch, dass das nicht ganz unrealistisch ist. Überhaupt hatte ich das Gefühl, manche Situationen aus privatem Umfeld oder aus Berichten bereits zu kennen. Die Autorin hat sich wieder viel Mühe mit der Recherche gemacht und gut ausbalanciert was Realität ist und Fiktion bleibt. Dühnfort ermittelt wie immer mit Charme und einem guten Gespür für falsche Fährten und kleine Unregelmäßigkeiten. Tatsächlich ist der Fall nicht so schwer zu lösen - für den Leser versteht sich - aber es macht dennoch Spaß dem Kommissar zu folgen. Auch das Privatleben kommt nicht zu kurz und gibt des Figuren weitere Tiefe und Ecken und Kanten.
Lieb war mir natürlich auch das München-Flair. Als gebürtiger Münchner fühlte ich mich wie zuhause, erkannte Plätze und Straßen wieder, meinte auch den bayerischen Charme durchblitzen zu sehen. (Ja, so was gibt es tatsächlich. Volle Punktzahl von mir für diesen Krimi.

Veröffentlicht am 15.09.2016

eigenwillige Heldin

Die Frau, die nie fror
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Die Geschichte kommt im gemächlichen Tempo einher. Dies passt aber ganz gut zum nordischen Ambiente, zur Kälte und zu den Geheimnissen, die die eigenwillige Heldin Pirio zu lösen versucht. Erst ganz allmählich ...

Die Geschichte kommt im gemächlichen Tempo einher. Dies passt aber ganz gut zum nordischen Ambiente, zur Kälte und zu den Geheimnissen, die die eigenwillige Heldin Pirio zu lösen versucht. Erst ganz allmählich erkennt sie, dass es überhaupt Ungereimtheiten gibt bei dem Schiffsunglück, welches sie zu einer kurzzeitigen Prominenten machte, da sie stundenlang im Eiswasser überlebt hat, während der Kapitän und guter Freund gestorben ist. Auch um den Hinterbliebenen, Freundin Thomasine und deren Sohn Noah zu helfen, macht Pirio sich auf die Suche nach der Wahrheit.

Ich hatte das Gefühl, der Weg ist das Ziel. Die Langsamkeit, lange Gespräche, forschen in Gefühlen und der eigenen Vergangenheit machen große Teile des Romans aus, der nicht unbedingt ins Thriller-Genre passt. Freilich zieht das Tempo am Schluss an und wird durchaus spannend. Aber man sollte nicht mit einem Nesbo oder Kepler rechnen. Dennoch habe ich mich durchaus gut unterhalten gefühlt. Ich mag es freilich auch, wenn im Winter meine Bücher von Kälte und Schnee handeln - freilich während ich auf der warmen Couch sitze.

Ein Erstling, der Leuten gefallen könnte, die Smilla mochten und auch etwas für ruhigere Geschichten übrig haben. Als Fan guter Dialoge wurde ich besonders gut zufriedengestellt. Pirio reiht sich durchaus in die Reihe der interessanten Heldinnen ala Salander ein - allerdings weniger durch ihre Kampfkraft als durch ihr starkes und doch innerlich zerrissenes Wesen. Vielen Dank fürs Vorablesen.