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Veröffentlicht am 08.10.2023

ein ganz besonderer Roman über kleine und doch Schicksal bestimmende Begegnungen

Südfall
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Florian Knöppler ist inzwischen für mich ein Garant für einfühlsam und sprachlich überzeugend erzählte Geschichten über besondere Schicksale. Auch sein neuer Roman „Südfall“ ist da keine Ausnahme.
Im Sommer ...

Florian Knöppler ist inzwischen für mich ein Garant für einfühlsam und sprachlich überzeugend erzählte Geschichten über besondere Schicksale. Auch sein neuer Roman „Südfall“ ist da keine Ausnahme.
Im Sommer 1944 stürzt ein englischer Soldat der Air Force über dem norddeutschen Wattenmeer ab und macht sich von Hallig Südfall auf den gefährlichen Weg nach Hause. Auf seiner Flucht begegnet er verschiedenen Personen, denen jeweils einzelne Kapitel gewidmet sind. Sie alle eint, dass sie an Wendepunkten ihres Lebens stehen in einer Zeit, in der der Krieg das Leben in großen Teilen beeinflusst. Auch dort zeichnet sich durch die Landung der Alliierten in der Normandie gerade eine Wendung ab. Die Geschichte umfasst nur wenige Tage, Daves Geschichte bildet die Rahmenhandlung, im Fokus stehen die ganz unterschiedlichen Charaktere, in deren Leben und Gedanken der Leser wie in einer Momentaufnahme einen kleinen Eindruck bekommt.
Es hat mich auch in diesem Roman wieder beeindruckt, wie dicht der Autor an seinen Figuren dran ist, wie er sich in die unterschiedlichen Charaktere hineinversetzt, ihre Gedanken authentisch wieder gibt und den Leser an Gefühlen und Zweifeln teilhaben lässt.
Der Leser lernt nur kleine Ausschnitte aus dem Leben der Personen kennen, man weiß nicht viel über die Personen, dennoch wirken sie lebensnah, ihre Erfahrungen und Gedanken regen zum Nachdenken an. Der Roman umfasst nur rund 240 Seiten und eine sehr kurze Zeitspanne, umso mehr beeindruckt es, wie viel der Autor in dieser Geschichte unter bringt, wie viel man über die einzelnen Personen erfährt, und wie sehr die einzelnen Schicksale berühren, so dass ich es am Ende schade fand, ihre Geschichten nicht weiter verfolgen zu können.

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Veröffentlicht am 25.09.2023

ein spannender historischer Krimi

Die Erfindung des Lächelns
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In seinem Roman ‚Die Erfindung des Lächelns‘ entwickelt Tom Hillenbrand seine Version zu dem historischen Raub der Mona Lisa aus dem Louvre im Jahr 1911 und zeichnet dabei ein lebendiges Bild des Lebens ...

In seinem Roman ‚Die Erfindung des Lächelns‘ entwickelt Tom Hillenbrand seine Version zu dem historischen Raub der Mona Lisa aus dem Louvre im Jahr 1911 und zeichnet dabei ein lebendiges Bild des Lebens im Paris der ausgehenden Belle Époque.
Als im Sommer 1911 Leonardo Da Vincis Gemälde der Mona Lisa eines Morgens nicht mehr an seinem Platz im Louvre hängt, wird sofort die Polizei alarmiert und es beginnt eine intensive Suche nach dem Verbleib des Werkes. Doch ‚La Joconde‘, wie sie in Frankreich genannt wird, bleibt verschwunden. Die Presse verspottet die Arbeit der Polizei und sorgt mit ihrer Berichterstattung erst für den hohen Bekanntheitsgrads des Gemäldes. Nach einiger Zeit schwenkt das öffentliche Interesse jedoch um auf eine Serie brutaler Überfälle einer Gruppe von Anarchisten, die in Paris und Umgebung die Polizei in Aufruhr versetzen, Commissaire Juhel Lenoir lässt der Raub des Bildes jedoch nicht los, er sucht im Hintergrund weiter nach seinem Verbleib.
Es hat mir ausgesprochen gut gefallen, wie der Autor hier gleich mehrere Kriminalgeschichten mit historischen Begebenheiten verknüpft und ein anschauliches Bild unterschiedlicher Personen und Persönlichkeiten aus verschiedenen Gesellschaftsschichten aufzeigt. Anhand vieler kleiner Geschichten und Anekdoten, aus der Künstlerszene ebenso wie aus anarchistischen Kreisen entsteht ein lebendiges Bild des schillernden gesellschaftlichen Lebens in Paris und seiner Bedeutung für die damalige Kunstszene ebenso wie das ihrer Schattenseite.
Die Geschichte wirkt gut recherchiert, ist spannend und abwechslungsreich erzählt. Sie nimmt sich die Freiheit, die historischen Hintergründe so auszulegen, wie es zu dieser Version passt, vieles ist mit einem kleinen Augenzwinkern erzählt. Mich hat der Roman ausgesprochen gut unterhalten und mir ebenso gut gefallen, wie die Science-Fiction Romane von Tom Hillenbrand.

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Veröffentlicht am 25.08.2023

spannende Fortsetzung mit überraschenden Entwicklungen

Verlogen
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In einem Lavafeld auf Island wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Maríanna war seit 7 Monaten verschwunden, aufgrund einer Notiz, die sie ihrer 15-jährigen Tochter Hekla hinterlassen hatte, ging ...

In einem Lavafeld auf Island wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Maríanna war seit 7 Monaten verschwunden, aufgrund einer Notiz, die sie ihrer 15-jährigen Tochter Hekla hinterlassen hatte, ging die Polizei in Asker von einem Selbstmord aus, doch nun wird klar, dass Maríanna ermordet wurde. Elma und ihr Kollege Sævar stehen vor einer schweren Aufgabe, denn nach der langen Zeit sind kaum noch Spuren zu finden, die Erinnerungen möglicher Zeugen sind verblasst. Sie forschen in Maríannas Vergangenheit, sie war erst 16 Jahre alt, als sie Mutter wurde und sich ohne Unterstützung ihrer Familie um ihre Tochter kümmern musste. Was ist passiert, dass Hekla schon früh zeitweise bei einer Pflegefamilie gelebt hat, und auch später von dieser betreut wurde? Weshalb ist der Kontakt Maríannas zu ihren Eltern abgerissen?
Ein zweiter Handlungsstrang setzt 15 Jahre zuvor an: eine junge Frau bringt eine Tochter zur Welt, zieht sie allein auf und erzählt aus der Ich-Perspektive von ihren Schwierigkeiten, zu ihrer Tochter eine Beziehung aufzubauen. Das kleine Mädchen verstört sie und stellt sie immer wieder vor kaum lösbare Herausforderungen.
Auch in diesem 2.Band aus der isländischen Krimi-Reihe um Elma und Sævar gefällt mir, wie geschickt die Autorin in dieser komplexen Geschichte mit dem spielt, was der Leser in das hinein interpretiert, was ungesagt bleibt. Das Ermittlerteam tappt lange im Dunkeln, je mehr sie herausfinden, um so mehr neue Fragen tauchen auf, einige Ermittlungsansätze verlaufen im Sande, und auch wenn der Leser über mehr Hintergrundinformationen verfügt, entwirren sich die Fäden erst ganz zum Schluss.
Die Geschichte ist spannend und vielschichtig, insbesondere die Rückblenden wirken zum Teil sehr bedrückend. Die Autorin beschreibt detailliert, hält sich mit Wertungen jedoch zurück und überlässt dem Leser die Deutungen. Im Verlauf haben mich einige Details irritiert, letztendlich ist der Krimi jedoch schlüssig und glaubwürdig.
Auch Elmas private Geschichte entwickelt sich weiter, dieser Teil bringt Lebendigkeit in den Krimi ohne zu dominieren und gibt kleine Einblicke in das Leben auf Island. Mir hat dieser 2. Band wieder sehr gut gefallen und ich freue mich, dass für Anfang nächsten Jahres bereits die Veröffentlichung der Fortsetzung angekündigt wird.

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Veröffentlicht am 17.07.2023

eine spannende und beklemmende Geschichte

Engelsgabe (Ewert Grens ermittelt 3)
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In ‚Engelsgabe“, Anders Roslunds drittem Band um den Stockholmer Kriminalkommissar Ewert Grens, muss dieser erneut in einem Fall ermitteln, der ihn an seine persönlichen Grenzen bringt.
Ewert Grens bekommt ...

In ‚Engelsgabe“, Anders Roslunds drittem Band um den Stockholmer Kriminalkommissar Ewert Grens, muss dieser erneut in einem Fall ermitteln, der ihn an seine persönlichen Grenzen bringt.
Ewert Grens bekommt von einem Kollegen den Tipp zu einem Fall von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Er muss schnell handeln und nimmt lediglich seinen Kollegen Sven Sundkvist mit zu diesem kurzfristigen Zugriff. Der vermeintlich einfache Einsatz geht jedoch gründlich schief, der Täter ist bewaffnet und verletzt Sven schwer, er kann mit den beiden jungen Frauen fliehen, die als Zwangsprostituierte ihrem Zuhälter übergeben werden sollten.
Es wird bald offensichtlich, dass dieser Fall mit Ermittlungen ein paar Jahre zuvor zusammen hängt, in denen es auch um illegalen Organhandel ging, und bei dem Ewald Grens einige Entscheidungen treffen musste, die er jetzt zu bereuen beginnt.
Auch in diesem Band ist der Spannungsbogen durchgehend hoch, Anders Roslund schafft mit seiner bildhaften Sprache eine große Nähe zu seinen Protagonisten und lässt den Leser deren zum Teil schmerzhaften Gefühle miterleben. Auch wenn die grausamen Szenen nicht bis ins Detail ausgeweidet werden, sind die Schilderungen bisweilen nur schwer auszuhalten.
Ewald Grens ist als Hauptfigur kein einfacher Charakter, ich mag seine Vielschichtigkeit, seine berufliche Besessenheit, seine innere Verletzlichkeit und seine Loyalität spielen erneut eine große Rolle und sorgen für Authentizität. Der Leser ist den Ermittlern schon früh einen Schritt voraus, dennoch bleibt es spannend, den Entwicklungen und verschiedenen Handlungssträngen zu folgen.
Auch Piet Hoffmann darf in diesem Band nicht fehlen, sorgt für einige spannende Aktionen und kann mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten die Arbeit der Polizei unterstützen.
Mit seinen Themen um Menschen- und Organhandel weckt der Krimi Betroffenheit und zeigt gleichzeitig die Schwierigkeiten und Widrigkeiten auf, denen die Polizei im Kampf gegen das organisierte Verbrechen ausgesetzt ist. Ich hoffe sehr, dass diese Reihe eine Fortsetzung finden wird und bin auf jeden Fall wieder dabei.

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Veröffentlicht am 24.04.2023

eine bewegende Familiengeschichte

Solange wir leben
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In seinem Roman „Solange wir leben“ erzählt David Safier die bewegende und zum Teil tragische Geschichte seiner Eltern. Sein Vater Josef, genannt Joschi stammt aus einer jüdischen Familie und ist in Wien ...

In seinem Roman „Solange wir leben“ erzählt David Safier die bewegende und zum Teil tragische Geschichte seiner Eltern. Sein Vater Josef, genannt Joschi stammt aus einer jüdischen Familie und ist in Wien aufgewachsen. Er erlebt die Anfänge des Nationalsozialismus mit und die Verfolgung der Juden, seinen Vater kann er nicht beschützen, ihm selbst gelingt die Flucht nach Israel, wo er seine ältere Schwester Ruth wieder trifft. Joschi lebt von Jobs, da er sein Studium in Wien nicht mehr abschließen konnte, er heiratet, wird in Israel jedoch nicht heimisch und entdeckt seine Liebe zu Seefahrt. Er ist bereits Mitte 40 als er auf einer dieser Reisen in Bremen die 20-jährige Waltraud trifft und schnell von ihr in den Bann gezogen wird. Waltraud stammt aus einer Bremer Arbeiterfamilie, die im Krieg ausgebombt wurde und unter ärmlichen Verhältnissen lebt. Sie ist in ihrem jungen Alter bereits verwitwet und zieht ihre Tochter mithilfe ihrer Eltern groß. Sie fühlt sich von Joschis Avancen geschmeichelt und dieser ist so verliebt, dass er für eine Heirat mit ihr nur 20 Jahre nach dem Holocaust in das verhasste Deutschland zurückkehrt.
Die Geschichte wird anfangs abwechselnd aus der Sicht Joschis und Waltrauds erzählt, fängt mit kleinen Momentaufnahmen ihre Lebensumstände und Gedanken ein, bis sich ihre Wege kreuzen und zu einer gemeinsamen Geschichte wird. Ihr Leben ist ereignisreich, von Höhen und Tiefen und Schicksalsschlägen geprägt.
Der Roman ist spannend und berührend, und obwohl die Geschichte für den Autor sehr persönlich ist, schafft er eine gewisse Distanz zu den Figuren. Das mag daran liegen, dass in seiner Familie die Vergangenheit kaum thematisiert wurde, vielleicht ist aber gerade seine emotionale Nähe zu den Hauptfiguren der Grund, weshalb er ihre Geschichte eher nüchtern und beschreibend wieder gibt. Die Ereignisse sind auch so oft dramatisch genug, als dass durch stilistische Mittel Spannung aufgebaut werden müsste.
Mich hat wie schon in „28 Tage“ David Safiers Vielseitigkeit beeindruckt, er kann nicht nur Klamauk und Satire, sondern überzeugt mit der Tiefe dieser ebenso spannenden wie emotional berührenden Geschichte.