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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.05.2019

Ein Zwei-Tage-Buch

Der Zopf meiner Großmutter
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Ja, das ist es: Ein Zwei-Tage-Buch. Das passiert manchmal, dass ich ein Buch in zwei Tagen durchlese, weil ich es zwischendurch nur sehr schlecht weglegen kann.

Der kleine Max hat es nicht leicht mit ...

Ja, das ist es: Ein Zwei-Tage-Buch. Das passiert manchmal, dass ich ein Buch in zwei Tagen durchlese, weil ich es zwischendurch nur sehr schlecht weglegen kann.

Der kleine Max hat es nicht leicht mit seiner Großmutter, die in für einen leicht idiotischen und kränklichen Jungen hält. Er muss angeblich vor vielen Bakterien und Viren und gefährlichen Situationen geschützt werden. Da isst die Großmutter seinen Geburtstagskuchen lieber selbst auf, weil das Essen eines Stücks Kuchen Max schaden könnte.

Der Großvater scheint bei seiner Frau unter dem Pantoffel zu stehen. Aber das scheint nur so. Jedenfalls verliebt er sich in eine andere und bald ist ein Kind unterwegs, also quasi ein Onkel von Max. Und was macht die Großmutter? Das soll hier nicht verraten werden.

Max und seine Großmutter ergänzen sich ausgezeichnet. Die Großmutter hält ihn für debil und kränklich. Darin sieht sie wohl ihre eigene Daseinsberechtigung, weil sie ihn so überzogen fürsorglich bemuttern kann. Und Max, der in Wirklichkeit vollkommen gesund und sehr intelligent ist, tut ihr den Gefallen und reagiert so, wie sie es von ihm erwartet.

Es gibt den Ausdruck, den Bogen zu überspannen. So ähnlich überspannt Alina Bronsky hier ihre Geschichte und die Dialoge. Aber es ist herrlich überspannt und sehr amüsant zu lesen.

Sie werden sehen: Es ist ein Zwei-Tage-Buch.

Veröffentlicht am 29.04.2019

Hölzern

Mord am Mandela Square
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Frank Sattler, ein Naturwissenschaftler, wird von einem Freund um einen Gefallen gebeten und in eine aberwitzige Situation in Südafrika verstrickt. Eva, die Tochter des Freundes, ist Mitglied in der sogenannten ...

Frank Sattler, ein Naturwissenschaftler, wird von einem Freund um einen Gefallen gebeten und in eine aberwitzige Situation in Südafrika verstrickt. Eva, die Tochter des Freundes, ist Mitglied in der sogenannten JBF; einer regierungsunabhängigen Organisation in Johannesburg, die sich um Obdachlose kümmern will. Dann ist da noch eine mächtige Familie und Vinesh, ein Sohn dieser Familie, der eine undurchsichtige Rolle spielt. Ein Torpedo, die deutsche Marine und eine deutsche Firma, die diesem Torpedo entwickelt, spielen mit. Außerdem Ping und Pong, zwei skrupellose Chinesen.

Ich glaube, damit ist die Verwirrung klar. Ich war erstaunt, dass dies bereits der fünfte Roman des Autors ist. Denn solch eine Fülle von Erzählsträngen und vielen unwichtigen Einzelheiten findet man meistens nur bei Erstlingen.

Immerhin ist anzuerkennen, dass es dem Autor gelingt, diese Erzählstränge zusammenzuführen und einigermaßen plausibel zu einer "Lösung" zu kommen. Dabei wirkt die endgültige Lösung am Ende des Buches wie ein Nachklatsch, ach ja, das könnte auch noch hinein passen.

Es gelingt Boll durchaus, zwischendurch eine gewisse Spannung zu erzeugen. Aber dann überzieht er quasi den Spannungsbogen. Es gelingt ihm dabei das Kunststück, die Spannung langweilig werden zu lassen.

Aber was es mir etwas schwer machte, den Roman zu lesen, war die betuliche Schreibweise, waren die hölzernen Dialoge. So spricht wohl niemand in Wirklichkeit.

Für den originellen Plot zwei Sterne. An der Ausführung muss noch ziemlich gearbeitet werden.

Veröffentlicht am 04.04.2019

Ein Käfig ist ein Käfig, auch wenn er golden ist.

Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem. (Golden Cage 1)
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Matilda ist Faye. Oder besser gesagt, Faye war Matilda. Matilda hat Fjällbacka verlassen und will in Stockholm studieren. Sie lässt ihre Vergangenheit hinter sich. Das wird auch dadurch deutlich, dass ...

Matilda ist Faye. Oder besser gesagt, Faye war Matilda. Matilda hat Fjällbacka verlassen und will in Stockholm studieren. Sie lässt ihre Vergangenheit hinter sich. Das wird auch dadurch deutlich, dass sie Faye als Namen benutzt. Mit dem Namen Matilda hat sie ihre Vergangenheit abgelegt. Was in der Vergangenheit passiert ist, erfahren wir erst so nach und nach in persönlichen Rückblicken.

In Stockholm lernt Faye Jack kennen. Sie hilft ihm beim Aufbau einer erfolgreichen Firma und er heiratet Faye. Die Ehe erweist sich bald als goldener Käfig. Aber der Ausbruch aus dem Käfig ist nicht so einfach, weil Faye ihrem Mann hörig ist und irgendwelche Fehler nur immer bei sich aber niemals bei ihm sucht.

Damit ist der Inhalt der ersten Hälfte des Buches beschrieben. Wie es Faye dann mit Hilfe ihrer Freundin Chris und einer Leidensgenossin namens Kerstin gelingt, doch noch aus dem Käfig auszubrechen und den Spieß umzudrehen, finden wir in der zweiten Hälfte des Buches.

Camilla Läckberg schreibt flüssig und gut zu lesen. Die Anzahl der handelnden Personen ist gut überschaubar. Sie macht nicht den Fehler, den man oft in Romanen findet, wo man den Verdacht hat, dass die Autoren/innen die Qualität des Romans an der Anzahl der auftretenden Personen festmachen wollen.

Läckberg beschreibt quasi drei Erzählstränge nebeneinander her. Die Haupterzählung ist die Gegenwart, also Fayes Ehe und die Zeit danach. Hier beschreibt Läckberg das Geschehen mit Faye in der Hauptrolle.

Zwischendurch erfahren wir (durch Überschriften kenntlich gemacht) etwas über Fayes (Matildas) Vergangenheit in Fjällbacka. Hier tritt Faye als Erzählerin auf.

Und eingestreut an wenigen Stellen finden wir (durch eine andere Schriftart kenntlich gemacht) kurze Hinweise in rätselhafter Form als Vorgriff auf das Ende des Buches.

Das hört sich jetzt etwas kompliziert an. Aber es ist leicht zu durchschauen und man behält immer den Überblick. Spannung bis zum Schluss bis zur überraschenden Aufklärung. Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.03.2019

Ein interessanter Abschluss

Schatten der Toten
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Der dreibändige Zyklus um Judith Kepler hat mit "Schatten der Toten" einen interessanten Abschluss gefunden. Bei mehrbändigen Reihen wird oft der Fehler gemacht, dass bei späteren Folgen die Leser/innen, ...

Der dreibändige Zyklus um Judith Kepler hat mit "Schatten der Toten" einen interessanten Abschluss gefunden. Bei mehrbändigen Reihen wird oft der Fehler gemacht, dass bei späteren Folgen die Leser/innen, die vorhergehende Bände nicht gelesen haben, sich in dem aktuellen Buch nicht zurecht finden, weil ihnen zu viele Vorkenntnisse fehlen. Das hat Elisabeth Herrmann in diesem Buch geschickt vermieden. Man kann das Buch auch ohne die Vorkenntnisse aus den beiden vorhergehenden Bänden lesen. Immer wieder schiebt sie kleine Rückblicke auf vorhergehende Geschehnisse ein. Das macht sie aber so geschickt, dass es für Neulinge eine notwendige Erläuterung ist, und für die anderen eine Erinnerung an vorher: Ach ja, so war das!

Zum Inhalt will ich nicht viel sagen, um nicht zu viel zu verraten. Es geht um Judith Keppler, die als Tatortreinigerin arbeitet. Ihre Vergangenheit holt sie, wie im zweiten Band, wieder ein. Ihr Vater Bastide Larcan spielt auch wieder eine Rolle. Auch Frederik Meister und seine Tochter Tabea aus dem zweiten Band spielen eine wichtige Rolle. Und dann ist da noch Isa Kellermann vom Verfassungsschutz. Auf geheimdienstlicher Ebene spielt sich das Meiste ab. Vieles entwickelt sich aus Beziehungen und Geschehnissen der Vergangenheit. Da sind mehrere Erzählstränge, die Herrmann aber gut meistert und am Ende zusammenführt. Manche Zusammenhänge vermutet man und fühlt sich betätigt, wenn es so kommt. Bei anderen Zusammenhängen wird man überrascht, dass es doch anders ist als gedacht.

Das Buch ist sehr spannend geschrieben. Bis auf den Mittelteil, wo der Spannungsbogen etwas abfällt und meiner Ansicht nach einige unnötige Längen sind, steigt die Spannung bis zum Höhepunkt am Ende immer weiter an. Das, was ich als Längen angesehen habe, hat Herrmann wahrscheinlich absichtlich als retardierende Momente eingebaut.

Insgesamt gesehen eine Leseempfehlung für Leser/innen, die gerne spannende Geschichten aus dem Geheimdienstmilieu lesen. Ob die Serie um Judith Kepler mit diesem dritten Band zu Ende geht, oder eventuell doch noch ein weiteres Buch folgen wird? Lesen Sie den letzten Absatz des Buches.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Überraschend interessant

Rheinblick
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Rheinblick ohne Rheinblick! Die Kneipe von Helga Kessel hat zwar keinen Rheinblick aber einen direkten Blick auf den Bundestag zu Bonner Zeiten. Daher ist ihre Kneipe auch ein Treffpunkt der Politiker ...

Rheinblick ohne Rheinblick! Die Kneipe von Helga Kessel hat zwar keinen Rheinblick aber einen direkten Blick auf den Bundestag zu Bonner Zeiten. Daher ist ihre Kneipe auch ein Treffpunkt der Politiker alle Couleur. Da werden die aktuellen politischen Verhältnisse besprochen und Pläne geschmiedet. Helga hält sich dabei wohlweislich immer zurück, wenn Sie um ihre Meinung gefragt wird, jedenfalls fast immer.

Die Handlung spielt zu der Zeit, als Willi Brandt zum Bundeskanzler gewählt ist. Doch er muss sich einer Operation unterziehen und darf danach einige Zeit nicht sprechen. Da kommt die zweite Hauptperson Sonja Engel ins Spiel. Sie soll dem neu gewählten Kanzler Willy Brandt als Therapeutin helfen, seine Stimme wieder zu bekommen.

Aber da sind noch viele weitere Personen, die sich da in Bonn ein Stelldichein geben. Da geht es um Intrigen und gebrochene Versprechen. Sogar ein Mord ist geschehen. Ob da eine Spur in politische Kreise führt?

Ich hatte mir von einem Buch zu einem politischen Thema aus Bonn nicht sehr viel versprochen, wurde aber positiv überrascht. Brigitte Glaser schafft es, viele kleine Schauplätze und viele verschiedene Gruppen und Grüppchen handelnder Personen in kurzen Kapiteln so übersichtlich darzustellen, dass man nie den Zusammenhang verlieren kann. Ich habe schon einige Bücher gelesen, bei denen weniger Personen auftraten und ein heilloses Wirrwarr entstand, das einen nicht durchblicken lies. Immer wieder musste ich dann zurückblättern, um den Zusammenhang wieder zu finden.

Hier jedoch schafft Brigitte Glaser es mit Leichtigkeit, dass der Leser immer den Zusammenhang findet. Sie zeichnet ihre Personen alle, auch die weniger wichtigen Neben-Personen, liebevoll und sehr markant, dass es einfach ist, trotz (oder wegen?) der kurzen Kapitel den Faden nicht zu verlieren.

Ein Blick hinter die Kulissen des politischen Treibens in Bonn aber auch ein Blick auf viele "normale" Menschen mit ihren eigenen Empfindlichkeiten. Viele reale Personen der Geschichte und einige dazu erfundene Personen ergeben eine rundum gelungene und lesenswerte Geschichte.