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Veröffentlicht am 14.06.2021

Für Leser aus Ost und West und allen anderen Himmelsrichtungen

Wie Frau Krause die DDR erfand
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Isabella Krause ist Schauspielerin, in der DDR geboren und aufgewachsen. Dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung spricht sie für eine Rolle in einem Werbespot für Joghurt vor. Die Situation ist so absurd, ...

Isabella Krause ist Schauspielerin, in der DDR geboren und aufgewachsen. Dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung spricht sie für eine Rolle in einem Werbespot für Joghurt vor. Die Situation ist so absurd, dass sie wenigstens einen ganz besonders gestalteten Abgang hinlegen will, und den vorgegebenen Text „für meine Familie nur das Beste“ in schönstem Sächsisch hinschmettert.

Prompt erhält sie von der Produktionsfirma das Angebot, an einer Fernsehproduktion über Menschen in der DDR mitzuarbeiten. Sie soll Protagonisten heranschaffen, also echte ehemalige DDR-Bürger, die über ihre „Erfahrungen unter dem Regime“ berichten.

Das Dumme ist nur, dass sich Autor und Produktionsfirma schon ganz genau in den Kopf gesetzt haben, wie die sein sollen. Nun passen die Personen, die Frau Krause noch aus ihrer Kindheit kennt und mit denen sie Interviews arrangiert, überhaupt nicht zu den klischeehaften Vorstellungen, die sich auf ein paar typische Bilder beschränken, wie z. B. winkende Politiker auf der Bühne, Kindergartenkinder, die in Reih und Glied auf ihren Töpfchen sitzen usw.

Der Roman ist voller feinsinnigem Humor. Die Autorin beschreibt durch ihre originellen Figuren, wie es wirklich war, dass die Menschen eben nicht die ganze Zeit daran gedacht haben, wie sie ach so schlimm unterdrückt und bevormundet wurden, sondern dass sie ihr ganz normales Leben gelebt haben. Und darin gab es auch eine Menge Spaß und Freude und es wurde gefeiert. Letzteres unterschied sich sogar kaum vom Westen.

In diesem Roman von Kathrin Aehnlich geht es nicht um verklärte Ostalgie. Es wird alles sehr realistisch beschrieben und wo es möglich ist, mit einer Prise Humor gewürzt. Die handelnden Personen sind sehr gut charakterisiert, egal ob aus West oder Ost.

Die Geschichte lässt den Leser immer wieder schmunzeln, jedoch auch nachdenken und bei allem Spaß wird auch das Unrecht, welches wirklich Menschen angetan wurde, nicht vergessen. Die Autorin schafft es, alle Komponenten im richtigen Maß zusammenzufügen.

Letzten Endes geht es darum, sich gegenseitig zuzuhören, so findet die Geschichte am Ende zu einer überraschenden und für alle zufrieden stellenden Lösung.

Sowohl der Schreibstil der Autorin als auch die gesamte Konzeption des Romans haben mir sehr gut gefallen. Als Rahmenhandlung eine Fernsehproduktion, von wo aus dann auf die interessanten Einzelgeschichten eingegangen wurde.

Kurz gesagt: Eine „runde“ Geschichte, sehr facettenreich, kurzweilig und humorvoll mit einem zufriedenstellenden Ende. Für Leser nicht nur aus Ost, sondern aus allen Himmelsrichtungen.

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Veröffentlicht am 13.06.2021

Vorsicht vor diesem Roman!

Von hier bis zum Anfang
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Als ich mir das Cover und den Klappentext angeschaut hatte, dachte ich: „Drama, Drama, Drama! Ist das nicht ein wenig übertrieben dargestellt und auf Wirkung gequält?“ Aber dann habe ich einfach von vorne ...

Als ich mir das Cover und den Klappentext angeschaut hatte, dachte ich: „Drama, Drama, Drama! Ist das nicht ein wenig übertrieben dargestellt und auf Wirkung gequält?“ Aber dann habe ich einfach von vorne angefangen zu lesen und musste mich manchmal regelrecht zwingen, es zwischendurch auch mal beiseite zu legen.

Ich habe selten so eine einfühlsame und dabei spannende Story gelesen. Eigentlich sind es mehrere Stories in einem Buch – sowohl Drama als auch Krimi.

Duchess, dreizehnjährig, ist einerseits so erwachsen, wie es kein Kind in diesem Alter sein sollte. Sie übernimmt wie selbstverständlich die Verantwortung für ihren kleinen Bruder, weil ihre Mutter dazu psychisch einfach nicht in der Lage ist. Andererseits ist Duchess ganz und gar Teenager, rebellisch gegen fast jeden, hat vor nahezu niemandem Respekt und wirft mit den schlimmsten unflätigen Ausdrücken um sich. Das kann man ihr jedoch nicht verdenken. Ich habe dabei trotzdem immer dieses zerbrechliche Wesen vor mir gesehen.

Der zweite Protagonist, Chief Walker – kurz Walk –, im malerischen Idyll des kleinen Ortes aufgewachsen und dort als Polizist geblieben, ist ein wenig Vaterersatz für Duchess und ihren kleinen Bruder Robin. Walk kennt deren Mutter Star seit ihrer Kindheit. Sie sind alte Freunde. Zu ihrem Kreis gehörten noch Vincent und Martha. Vincent ist Walks bester Freund, aber angeblich Mörder von Stars Schwester Sissy. Vincent war damals vor 30 Jahren mit Star zusammen. Martha war damals Walks Freundin. Die Trennung der beiden ist eine traurige Geschichte für sich.

Nun kommt Vincent nach dreißig Jahren aus dem Gefängnis und alles gerät aus den Fugen. Die Freunde von damals werden – wie man so schön sagt – „von der Vergangenheit eingeholt“. Viele Fragen werden aufgeworfen und – das kann ich verraten, ohne zu spoilern – am Ende fast alle zufriedenstellend geklärt.

Das ganze Buch ist von zwei Handlungssträngen, oder besser gesagt Perspektiven, durchzogen: aus der Sicht von Duchess und aus Walks Sicht. Eine ganze Reihe anderer Haupt- und Nebenfiguren bereichern den Roman. So erhält man nebenbei Einblick in die tagtägliche Arbeit von Chief Walker und die z. T. sehr menschlichen Probleme, mit denen er dabei konfrontiert wird. Die sind manchmal ziemlich skurril, fast schon komisch, wenn z. B. der Fleischer Milton seinem Nachbarn einen Schafskopf in den Garten wirft und ähnliches.

Mein Fazit: Ein rundum gelungener Roman. Aber Vorsicht, er fesselt!

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Zum Glucksen

Das Rosie-Projekt
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Die auffällige Farbe des Covers hat mich aus einem öffentlichen Bücherregal heraus regelrecht angesprungen. Nicht ich habe das Buch, sondern das Buch hat mich gefunden. So musste ich einfach kurz hineinlesen ...

Die auffällige Farbe des Covers hat mich aus einem öffentlichen Bücherregal heraus regelrecht angesprungen. Nicht ich habe das Buch, sondern das Buch hat mich gefunden. So musste ich einfach kurz hineinlesen und war sofort geflasht.

Ein Typ – offenbar hochintelligenter Autist – der mittels eines Fragebogens die Frau fürs Leben finden möchte. Was für eine Idee! Dass das allerlei Verwicklungen – natürlich vor allem sehr komische – mit sich bringt, ist von vornherein klar.

Der Hauptheld Don Tillmann ist einer der unterhaltsamsten Menschen, die mir je in einem Buch begegnet sind. Irgendwie eine Mischung aus Sheldon aus der Big Bang Theorie und Mister Spock, nur insgesamt viel liebenswürdiger.

Ich musste beim Lesen ständig grinsen und manchmal auch laut glucksen, weil ich mir die Szenen immer bildlich vorgestellt habe: verkorkste Dates, Konfrontationen mit seinen Studenten – Don Tillmann ist Professor – und dann eben die Erlebnisse mit Rosie, die durch ein Missverständnis in sein Leben „schlittert“.

Ein rundum gelungenes Gute-Laune-Buch.

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Veröffentlicht am 05.06.2021

Reise zu sich selbst

Caspers Weltformel
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Wenn ich den Inhalt dieses Romans in nur einem Satz zusammenfassen sollte, würde ich sagen: Da reist einer dem Zufall nach, um zu sich selbst zu finden.

Es macht großen Spaß, mit Casper auf diese Reise ...

Wenn ich den Inhalt dieses Romans in nur einem Satz zusammenfassen sollte, würde ich sagen: Da reist einer dem Zufall nach, um zu sich selbst zu finden.

Es macht großen Spaß, mit Casper auf diese Reise zu gehen. Casper ist ein eher rationaler Mensch. Dafür steht seine „Weltformel“, die er im Laufe seines Lebens immer mehr verfeinert hat und die sich als roter Faden durch die Geschichte zieht. Diese Formel scheint eine Art verkorkste Lebensaufgabe für ihn zu sein. Irgendwie steht sie als Symbol für sein ganzes Leben, seine Karriere als Physiker und seinen Doktortitel, an dem er – inzwischen ziemlich lustlos – arbeitet.

In gleichem Maße wie er rational ist, ist er aber auch sensibel und träumerisch. Diese Reise ist einfach durch seine Intuition gesteuert. Caspers Verstand begreift eigentlich nicht, warum er dabei was macht. Das ist gerade das, das für mich den Reiz der Geschichte ausmacht. Träumt nicht jeder irgendwann einmal davon, aus seinem Alltag auszubrechen und sich einfach treiben zu lassen?

Das Gegenstück zu Casper bildet Ilona, die er zufällig in Budapest kennenlernt und mit der er eine Wohngemeinschaft eingeht. Ilona ist völlig irrational, fast ausschließlich von ihren Emotionen gesteuert. Trotzdem ist sie nicht dumm und hat ein großes Herz.

Die Handlung wird im Wechsel aus Caspers und aus Ilonas Sicht geschildert. Das Ganze ist äußerst spannend und unterhaltsam. Außerdem lebt das Buch von weiteren Personen. Dabei ist es egal, ob diese nur eine ganz kleine Rolle zugeschrieben bekommen, wie der Mann vom Fahrkartenschalter in Berlin, oder eine recht große, wie Caspers Freund Janos. Sie werden alle mit ein paar kurzen und treffenden Worten charakterisiert, so dass man sofort ein Bild vor Augen hat.

Überhaupt gefällt mir der Schreibstil der Autorin. Die Schaffung von Personen ohne lange Detailschilderungen ist nur eine ihrer Stärken. Wie in fast jedem Roman gibt es auch hier Passagen, in denen „etwas passiert“, also Handlung überwiegt, und Abschnitte, welche Gedanken des Haupthelden darstellen. In vielen anderen Büchern bin ich von Gedankenszenen relativ schnell gelangweilt, dieser Roman bildet jedoch eine positive Ausnahme. Die Autorin hat es geschafft, mich von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln.

Mit dem Ende der Geschichte, die noch ein kleines überraschendes „Extra“ bereithält, bin ich überaus zufrieden.

Fazit: Ein rundum gelungener Roman, der sich nur so „weg liest“.

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Veröffentlicht am 05.06.2021

Für eingefleischte Liebesroman-Fans

Das Glück so leise
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Als ich dieses Buch zur Hand nahm, hatte ich kein Meisterwerk der Weltliteratur erwartet, sondern eher leichte Kost, wie es für Liebesromane üblich ist: Eine ansprechende Kulisse, in der sich attraktive ...

Als ich dieses Buch zur Hand nahm, hatte ich kein Meisterwerk der Weltliteratur erwartet, sondern eher leichte Kost, wie es für Liebesromane üblich ist: Eine ansprechende Kulisse, in der sich attraktive Menschen finden. Genau das habe ich hier bekommen. Bei der Kulisse handelt es sich um ein Gestüt und die ländliche Gegend darum herum, bei den Menschen um Sam und Lillan. Sam hat gerade seinen Job in einer Werbeagentur und seine Freundin verloren und möchte sich von seiner Großmutter, der das Gestüt gehört, Geld für den Start in die Selbstständigkeit leihen. Lillan arbeitet dort und wohnt mit ihrer kleinen Tochter Ida in einem Häuschen auf dem Gelände.

Nun bin ich kein eingefleischter Liebesroman-Fan, aber ich hatte den Anfang des Buches gelesen und dieser hatte mich gefesselt. Abwechselnd wird aus der Sicht von Sam und Lillan in der Ich-Perspektive erzählt. So konnte ich mich schnell in die beiden Hauptfiguren hineinversetzen und wollte gern wissen, wie es mit ihnen weiterging. Der Schreibstil gefiel mir ebenfalls sehr gut.

Das ganze Buch bleibt in dieser Art und Weise. Jedes Kapitel trägt entweder die Überschrift „Sam“ oder „Lillan“. Das wechselt sich ab. Die Story ist sehr gut konstruiert und bietet etwas Abwechslung durch weitere interessante Personen und Schauplätze. Aber trotzdem wurde mir zwischenzeitlich ab und zu langweilig beim Lesen, so dass ich das Buch für eine Weile weglegte und erst einige Zeit später wieder dazu zurückfand. Es fällt mir schwer festzustellen, woran das lag, aber ich nehme an, es waren stellenweise zu viele Hin- und Her-Wechsel um die gleiche Sache.

Obwohl alles ziemlich gut zusammenpasste, war mir die gesamte Handlung im Verlauf der Geschichte zu vorhersehbar. Einerseits ist es ja ganz schön und entspannend, immer wieder in seinen Annahmen bestätigt zu werden, aber ich mag es viel lieber, wenn mich eine Geschichte überrascht und das hat diese nicht.

Eines muss man der Autorin jedoch lassen: Sie schafft es, Gefühle hervorragend herüberzubringen, so dass ich zum Ende hin dann doch noch Pipi in den Augen hatte, obwohl ich alles so erwartet hatte, wie es gekommen ist.

Fazit: Entspannender Lesestoff für eingefleischte Liebesroman-Fans. Auch wenn es nicht mein Genre ist, hat mir das Buch insgesamt ganz gut gefallen.

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