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Veröffentlicht am 17.07.2025

Eine Fernbeziehung, die schwerwiegenden Gründe dafür und die steigende Sehnsucht nach einem gemeinsamen Alltag - Emotionen, Romantik und Humor in perfekter Balance

Say You’ll Remember Me
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Durch Crowdfunding konnte Samantha entgegen des Rats des grummeligen Tierarztes Dr. Xavier Rush das Leben eines kranken Katzenbabys retten. Dieser ist sichtlich beeindruckt und lädt Samantha beim nächsten ...

Durch Crowdfunding konnte Samantha entgegen des Rats des grummeligen Tierarztes Dr. Xavier Rush das Leben eines kranken Katzenbabys retten. Dieser ist sichtlich beeindruckt und lädt Samantha beim nächsten Vorsorgetermin zu einem Date ein. Gemeinsam verbringen sie einen turbulenten Abend, der gar nicht mehr enden will. Samantha entdeckt, wie fürsorglich und liebenswert Xavier ist, der sich neben seinem Fulltime-Job ehrenamtlich für die Tierrettung einsetzt. Xavier hingegen genießt Samanthas offene und optimistische Art. Doch der erste gemeinsame Abend ist gleichzeitig der letzte von Samantha in Minnesota. Am nächsten Morgen zieht sie in ihre Heimat Kalifornien, um ihre Familie bei der Pflege ihrer dementen Mutter zu unterstützen.
Ein Besuch Xaviers in Kalifornien wenig später beweist, wie viel die beiden bereits für einander empfinden, aber sie möchten vernünftig sein, denn eine Fernbeziehung ergibt auf die Dauer keinen Sinn und weder Samantha noch Xavier können auf absehbare Zeit zum jeweils anderen ziehen. Doch ist wenig gemeinsame Zeit nicht besser als gar keine gemeinsame Zeit?

Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive einer der Hauptfiguren geschildert. Sehr schnell ist offensichtlich, dass beide schwer verliebt sind, sie jedoch vor dem Problem stehen, dass sie nach dem Umzug von Samantha zukünftig 3.000 km von einander entfernt wohnen. Samantha möchte eine Fernbeziehung zunächst erst gar nicht versuchen, aber die Sehnsucht ist größer.
Sehr realistisch ist das Dilemma beschrieben, dass beide an einen anderen Ort gebunden sind - emotional oder beruflich. Xavier hat sich erst vor zwei Jahren mit einer Tierarztpraxis selbständig gemacht und ist hoch verschuldet und Samantha möchte noch möglichst viel Zeit mit ihrer Mutter verbringen, bevor diese ihr komplett entgleitet.

Die romantische Liebesgeschichte wird in Bezug auf beide Hauptfiguren mit tiefer gehenden Problemen verknüpft. Samanthas Familie teilt sich auf, um rund um die Uhr für Mutter, Ehefrau oder Tochter da sein zu können, die viel zu früh an Demenz erkrankt ist und entsprechende Betreuung benötigt. Xavier hat eine grausame Kindheit verbracht und wird unangenehm damit konfrontiert, dass seine Eltern die Nähe zu ihm suchen. Um Samantha möglichst häufig sehen zu können, übernimmt er bis an die Belastungsgrenze zusätzliche Nachtschichten in der Notaufnahme.
Roter Faden der Handlung sind die Erinnerungen, wie es auch der Titel widerspiegelt. Samantha und Xavier möchten viele gemeinsame Erinnerungen schaffen, haben dafür aber nur begrenzt Zeit. Samantha möchte die schönen Erinnerungen an ihre Mutter konservieren, während Xavier seine Kindheit am liebsten vergessen würde. Samanthas Mutter kann sich hingegen nicht dagegen wehren, ihr Leben, ihre nahen Angehörigen und sich selbst zu vergessen.

Die Geschichte hat eine ausgeglichene Balance aus schwierigen Themen und humorvollen Szenen. Die Folgen von Demenz für eine Familie wie auch ein Trauma aus Kindheitstagen werden sensibel mit der Liebesgeschichte verbunden. Die Geschichte bewegt zudem durch die beschriebene Distanz und die Sehnsucht, die zwischen den beiden Liebenden herrscht. Running Gags ("Come on, Eileen", Katzen-Popoloch) nehmen ihr die Schwere und sorgen für lebendige und unterhaltsame Dialoge.
Die Liebesgeschichte ist angenehm erwachsen und ehrlich geschildert, ohne durch Lügen oder Missverständnisse unnötiges Drama zu erzeugen. Samantha und Xavier sind räumlich weit getrennt, stehen sich jedoch emotional nahe. Während anfangs Dates geplant werden, um etwas Besonderes zu erleben, ist es bald noch schöner, gemeinsam einen Alltag zu leben. Die Sehnsucht und Hoffnung auf eine gemeinsame, leichtere Zukunft wächst und sorgt für anhaltende Spannung.

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Veröffentlicht am 15.07.2025

Ein Trauma der Vergangenheit und eine Rückkehr zu den Wurzeln: furios, bitter und brutal - bis zum idealistischen Ende

Furye
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Die 37-jährige, namenlose weibliche Hauptfigur ist erfolgreiche Musikmanagerin, deren Gesicht zuletzt auf dem Cover der VOGUE-Business zu sehen war. Hinter der schönen Fassade ahnt niemand, dass sie mit ...

Die 37-jährige, namenlose weibliche Hauptfigur ist erfolgreiche Musikmanagerin, deren Gesicht zuletzt auf dem Cover der VOGUE-Business zu sehen war. Hinter der schönen Fassade ahnt niemand, dass sie mit psychischen Problemen zu kämpfen hat. Zudem ist ihr Vater kürzlich an Krebs gestorben, was ihre Mutter nur schwer verwunden hat. Als sie dann auch noch eine niederschmetternde Nachricht erhält, die sie ihre Zukunft noch düsterer sehen lässt, nimmt sie sich eine Auszeit und fährt an den Ort, wo sie aufgewachsen ist.
Dort war sie eine der drei Furien, eine Clique von drei 17-jährigen Mädchen, die an der elitären Schule Außenseiterinnen waren. Die impulsive Meg litt unter der alkoholkranken, desinteressierten Mutter, die schüchterne Tess unter einem prügelnden Vater und einer wehrlosen Mutter und sie selbst, mit dem Spitznamen Alec, an den ärmlichen Verhältnissen als Tochter von Einwanderern. Dort verliebte sie sich auch in den schönen Romain und den trifft sie nun 20 Jahre später wieder.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen aus der Sicht von Alec, wobei die Vergangenheit auf der Grundlage ihres Notizbuchs aus der Zeit als Teenager wiedergegeben wird. Von den drei Furien war Meg die dominante, die so voller Wut war. Ihre Schimpftiraden richteten sich gegen patriarchale Strukturen und ihre Rachegelüste gegen Lehrer, Väter und Männer, die Grenzen überschritten. Gleichzeitig liebte sie es zu provozieren und Männer herauszufordern. Alec hingegen war frisch verliebt, auch wenn ihr der Klassenunterschied zu dem reichen Romain Probleme bereitete.

20 Jahre später fühlt sich Alec innerlich leer und kehrt dorthin zurück, wo sie etwas zurückgelassen hat, was sie in der Gegenwart nicht mehr erreichen kann. Neben quälenden Erinnerungen hat sie Megs Stimme im Ohr, die weiterhin auf Rache aus ist.

Durch Andeutungen ist frühzeitig zu erahnen, was sich in der Vergangenheit ereignet hat und die bittere Parallele zur Gegenwart zu erkennen. Spannend bleibt dabei, was sich Alec von ihrer Reise in die Vergangenheit erhofft und welche Rolle Romain darin spielt.

Die Geschichte ist furios, bitter, traumatisch und brutal. Sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit werden leidenschaftlich Grenzen überschritten, überwiegend aus Wut statt aus Liebe. Sie handelt von Depressionen, Alkoholismus, Gewalt, Vernachlässigung, Suizid, Demenz, Einsamkeit und unerfülltem Kinderwunsch. Die Themen gehen dabei fließend ineinander über, so dass sie selbst bei der übersichtlichen Anzahl an handelnden Personen nicht zu viel sind. Aus der Ich-Perspektive erscheint sie zudem eindringlich und authentisch und lässt die Frage offen, ob aufgrund der Anonymität autobiografische Züge enthalten sind.
Enttäuschend ist jedoch das idealisierte, träumerische Ende, das im Vergleich zu dem sonst so mutigen Buch nicht stimmig wirkt.

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Veröffentlicht am 12.07.2025

Ein Roadtrip, der sich im Hinblick auf Ziel und Zweck nicht überraschend entwickelt, aber dennoch abwechslungsreich und unterhaltsam ist.

Die Sterne leuchten nur für uns
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Finanziell sah es bei Anna als alleinerziehender Mutter schon immer knapp aus und als ihr nun auch noch der Job als Kellnerin gekündigt wird, steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Sorgen macht sie ...

Finanziell sah es bei Anna als alleinerziehender Mutter schon immer knapp aus und als ihr nun auch noch der Job als Kellnerin gekündigt wird, steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Sorgen macht sie sich zudem um ihre Töchter. Während die jüngere Lily offenbar in der Schule gemobbt wird, pflegt die 17-jährige Chloé wechselnde Liebschaften und möchte kurz vor dem Abitur die Schule abbrechen.
Anna, die schon früher unter Panikattacken gelitten hat, braucht dringend eine Auszeit. Mit Hilfe einer Abfindung und des Wohnmobils ihres Vaters macht sie sich zusammen mit ihren Töchtern auf den Weg nach Skandinavien, um die Polarlichter zu sehen und sich als Familie durch die gemeinsame Zeit wieder näher zu kommen.

Der Roman wird abwechselnd aus den Perspektiven der drei weiblichen Hauptfiguren geschildert. Die beiden Töchter erhalten ihre Erzählstimme durch ihre Aufzeichnungen. Während Lily an ihr Tagebuch "Marcel" schreibt, schreibt die ältere Chloé einen Online-Blog. Auf diese Weise erhält man Einblick in alle drei Persönlichkeiten und kann ihre Probleme sowie die Verbindungen untereinander besser nachvollziehen.

Anna erhofft sich von der Reise mehr Zeit mit ihren Töchtern zu verbringen, die ihr wegen der Arbeit gefehlt hat. Sie möchte verstehen, was sie verpasst hat, ihr Vertrauen zurückgewinnen und ihnen bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen. Selbst ist sie mit ihrer Situation überfordert, blendet ihre eigenen vorübergehend Schwierigkeiten aus und flieht vor ihnen. Chloé und Lily sind bald genervt von der Reise und würden am liebsten so schnell es geht nach Frankreich zurückkehren.

Die Geschichte bietet eine gelungene Mischung aus Reise mit neuen Eindrücken und Erlebnissen sowie einer emotionalen Reise, um wieder zu einer Einheit zu werden. Der Weg führt sie von Frankreich über Deutschland und die skandinavischen Länder bis zum Nordkap. Dabei gibt es viele magische Momente bei der Sichtung von Tieren, beim Eisbaden oder beim Beobachten der Mitternachtssonne, aber auch viel Streit. Das Zusammensein auf engstem Raum ist einerseits belastend, andererseits aber auch eine Chance.

"Die Sterne leuchten nur für uns" ist durch die verschiedenen Orte, die unterschiedlichen Sichtweisen und die Probleme der einzelnen schon aufgrund ihres Alters abwechslungsreich und unterhaltsam. Gerade Lily schreibt sehr ulkig in ihrem Tagebuch, während Chloés Online-Blog ohne Reaktionen von Nutzern weniger authentisch erscheint.

Der Roman entwickelt sich als Roadtrip einer Familie, die wieder zusammenfinden möchte, nicht weiter überraschend. Die finanziellen Fragen bleiben vor der Fahrt ungelöst und während der Fahrt kommen weitere Probleme auf, die Anna zu Hause erwarten könnten, mit denen sie nicht gerechnet hat. Gerade die Beziehung zum Vater der Kinder ist eine Komponente, die Fragen aufwirft und für Spannung sorgt.
Die ungeplante Reise ist auf den ersten Blick nicht die vernünftigste Entscheidung bei Schulden und Arbeitslosigkeit, aber ein kluger Entschluss für mehr Nähe, Verständnis und Zusammenhalt, die unbezahlbar sind.

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Veröffentlicht am 10.07.2025

Eine zweite Chance für die Liebe - gewohnt wortgewandte Geschichte um das Ringen um Vertrauen, die sich leider ein wenig im Kreis dreht

Und plötzlich ist es wunderbar
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Edie Thompson hatte als Ghostwriterin seiner Autobiografie den berühmten Hollywood-Schauspieler Elliot Owen kennen- und lieben gelernt. Die Beziehung zu einer Person im Rampenlicht und das Stehen in der ...

Edie Thompson hatte als Ghostwriterin seiner Autobiografie den berühmten Hollywood-Schauspieler Elliot Owen kennen- und lieben gelernt. Die Beziehung zu einer Person im Rampenlicht und das Stehen in der Öffentlichkeit hatten sie überfordert, weshalb Edie ihre Liebesgeschichte schweren Herzens beendet hatte.
Monate später steht Elliot unerwartet an Weihnachten vor ihrer Tür und macht ihr eine Liebeserklärung, der sie nicht widerstehen kann. Beide hatten nie aufgehört, den anderen zu lieben, aber an den Umständen hat sich nichts geändert und so merkt Edie schnell, dass sie an ihre Grenzen kommt, was ihr Herz aushalten kann.
Aufgrund der Entfernung zwischen New York in den USA und Nottingham in England sehen sich die beiden nur selten und Edie muss mehr als ihr lieb ist über ihren Liebsten aus der Presse entnehmen. Zudem tragen ihre KollegInnen in der Werbeagentur ihren Fauxpas der Vergangenheit nach, weshalb ihr neuer unvoreingenommener und charmanter Kollege Declan ein willkommener Lichtblick ist.

„Und plötzlich ist es wunderbar“ knüpft an den 2017 veröffentlichten Roman „Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt“ an und gibt der gescheiterten Liebesgeschichte von Edie und Elliot eine zweite Chance. Auch wenn man Edie und Elliot durch die Geschichte neu kennenlernen kann, ist es hilfreich, den Vorgängerroman gelesen zu haben, denn es wird häufig inhaltlich darauf Bezug genommen.

Die Geschichte ist aus der Perspektive der 36-jährigen Edie geschrieben, die meint, mit Elliot den Richtigen gefunden zu haben und gleichzeitig Angst hat, dass ihre Liebe zum Scheitern verurteilt ist. Elliot ist in dieser Hinsicht wesentlich zuversichtlicher und versucht alles, um Edie ihre Zweifel zu nehmen.
So wird ein Teil der Handlung des letzten Romans wieder aufgegriffen und die Geschichte tritt dabei ein wenig auf der Stelle, wenn wegen der Diskrepanz eines einfachen Mädchens vom Land und einem reichem Filmstar gehadert wird. Eifersüchteleien, Misstrauen und Komplexe, nicht genug zu sein, prägen die Beziehung, genauso wie das unangenehme Eindringen der Presse in Elliots und Edies Privatsphäre.

Nach der emotionalen Liebeserklärung mag der Funke zwischen den beiden nicht so richtig überspringen, was womöglich der räumlichen Distanz geschuldet ist. Es gibt zu wenig gemeinsame Szenen, die ihre gemeinsame Verbindung spüren lassen und echte Emotionen wecken. Spannungsmomente kommen mehr durch die Frage auf, wer gegen Edie und Elliot integriert und die junge Beziehung durch geschickte Involvierung der Medien sabotiert. Doch je mehr Konflikte sich auftun, desto mehr Leidenschaft kommt in den Hauptfiguren auf und lässt bis zum Ende mitfiebern, ob sie aus der anfänglichen Euphorie etwas Festes entstehen lassen können.

Der Roman ist wie von der Autorin gewohnt wortgewandt, voller schlagfertiger, witziger Dialoge und interessanter Nebencharaktere. Der Schreibstil ist zudem durch zahlreiche Kurznachrichten, Pressemeldungen und Zeitungsartikel abwechslungsreich und unterhaltsam.
Die Liebesgeschichte stockt ein wenig, kann jedoch im weiteren Verlauf durch offene und ehrliche Gespräche überzeugen, die viele Wahrheiten in sich tragen, die ins wirkliche Leben übertragbar sind. Doch auch die Eingriffe in die Privatsphäre sowie die Rolle von Social Media, Paparazzi und Presse sind nicht nur sehr präsent, sondern authentisch dargestellt.

Dem Happy End zu Beginn folgt keine unbeschwerte Romanze mit Schmetterlingen im Bauch, sondern die andauernde Frage, ob die Liebe allein genug für eine stabile Beziehung ist oder ob die gegensätzlichen Lebensumstände sowie der Druck in der Öffentlichkeit zu stehen, nicht zu viel sind. Vertrauen ist die Basis, die nötig ist, um der Liebe eine Chance zu geben.

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Veröffentlicht am 08.07.2025

Eine emotionale Reise ohne Wiederkehr - ergreifende Geschichte über eine ungewöhnliche Schicksalsgemeinschaft, frühzeitige Demenz und ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben

All das Blaue vom Himmel
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Émile ist 26 Jahre alt, als er erfährt, dass er an früher Alzheimer-Demenz erkrankt ist und voraussichtlich noch zwei Jahre zu leben hat. Er entschließt sich gegen die Teilnahme an einer Studie zur Erforschung ...

Émile ist 26 Jahre alt, als er erfährt, dass er an früher Alzheimer-Demenz erkrankt ist und voraussichtlich noch zwei Jahre zu leben hat. Er entschließt sich gegen die Teilnahme an einer Studie zur Erforschung der seltenen Krankheit. Er möchte auch niemandem zur Last fallen und seiner Familie und seinen Freunden nicht als hilflos und degeneriert in Erinnerung bleiben. Stattdessen kauft er ein Wohnmobil und gibt eine Anzeige auf, dass er eine Begleitung für seine letzte Reise sucht. Unerwartet meldet sich eine junge Frau, die ihn ohne weitere Fragen zu stellen, begleiten möchte. Joanne gibt selbst wenig von sich preis und so fahren sie gemeinsam los in Richtung Pyrenäen. Während sie sich in der Stille der Natur allmählich besser kennenlernen, reflektiert Émile die letzten Stationen seines Lebens, insbesondere die Beziehung zu seiner Freundin Laura, die ihn vor einem Jahr verlassen hatte und erkennt, welche Fehler sie beide gemacht haben. Auf der vor allem seelisch anstrengenden Reise spürt er wider erwartend durch Joanne und die Begegnungen mit anderen Fremden, die zu Freunden werden, neuen Lebensmut.

Vor dem Hintergrund der tödlichen Erkrankung, die ein Leben viel zu früh und auf grausame Weise zu beenden vermag, ist die Geschichte emotional ergreifend.
Émile hat bei Aufbruch der Reise sein Schicksal angenommen und sich bewusst für einen heimlichen Abschied entschieden, weshalb der Roman nicht rührselig ist. Auch die ruhige und nüchterne Art von Joanne führt zu keinen dramatischen Gefühlsausbrüchen. Die Geschichte entwickelt sich stattdessen zu einer Reise durch Südfrankreich und die Erinnerungen, zu einem Abenteuer zweier Fremder, die beide aus unterschiedlichen Gründen auf der Flucht sind.

Durch die wechselnden Aufenthaltsorte, die Menschen, denen sie begegnen und die Probleme, mit denen die Hauptfiguren konfrontiert werden, ist die Geschichte lebendig und abwechslungsreich. Die Erinnerungen Émiles sorgen dafür, tiefer in sein Leben einzutauchen und ihn noch besser kennenzulernen. Joannes Zurückhaltung weckt die Neugierde in ihm, mehr über die magere Vegetarierin zu erfahren, die sich ganz in Schwarz kleidet und über Stunden meditieren kann.
Auf engstem Raum findet eine Annäherung statt und Joanne wird vor allem auch aufgrund Émiles Erkrankung, deren Symptome sich unregelmäßig zeigen, zu einem wichtigen Halt. Im Verlauf der Geschichte wechselt der Schwerpunkt mitunter auf Joanne, deren Motive für die Reise ähnlich bewegend sind. Mit dem Hintergrund wird nachvollziehbar, warum Joanne die Verantwortung für Émile übernimmt und treu an seiner Seite bleibt.

Joanne und Émile blühen beide gemeinsam auf, sind mit der Einfachheit des Lebens zufrieden, glücklich in der Natur und spüren die Freiheit. Doch auch die Schattenseiten werden nicht ausgeklammert, wenn Émile durch seine Blackouts bewusst wird, dass die Krankheit ihn auch auf seiner Reise begleitet und für Angst, Wut und Traurigkeit sorgt. Mit Hilfe eines Reisetagebuchs unter der Prämisse "Der wahre Reisende macht eine Reise um sich selbst." notiert er seine Erlebnisse und hält zudem die Erinnerungen an seine Familie und Freunde wach.

Der Weg ist körperlich beschwerlich, aber noch schwerer wiegen die emotionalen Umstände. Die Schilderung der Verschlechterung des geistigen Zustands und wie Émile wieder zu einem Kind wird, erscheint authentisch. Es ist eine Reise ohne Wiederkehr, die versöhnlich ist und für Émile wichtig, sein Leben auf diese Weise selbstbestimmt und in Würde zu beenden. Die warmherzig geschilderte Geschichte ist die Begleitung einer ungewöhnlichen Schicksalsgemeinschaft, die schmerzhaft und tröstlich zugleich ist. Für das Ende sollte man dennoch Taschentücher bereithalten.

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