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Veröffentlicht am 15.11.2025

Schritt für Schritt zum Glück!

In den Scherben das Licht
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Carmen Korns Roman In den Scherben das Licht erscheint bei Rowohlt Polaris.

1946 treffen im zerbombten Hamburg die Teenager Gert und Gisela in einem Keller aufeinander, wo Gisela Schutz sucht. Die Hausbesitzerin ...

Carmen Korns Roman In den Scherben das Licht erscheint bei Rowohlt Polaris.

1946 treffen im zerbombten Hamburg die Teenager Gert und Gisela in einem Keller aufeinander, wo Gisela Schutz sucht. Die Hausbesitzerin Friede, eine ehemalige Volksschauspielerin, hat bereits Gert erlaubt beiden Jugendlichen, in ihrem Keller zu wohnen. Aus dieser Wohngemeinschaft entwickelt sich eine lange anhaltende Freundschaft. Die Jugendlichen eint, dass sie beide im Krieg viel mitgemacht haben und enge Familienmitglieder vermissen. Doch allen Sorgen zum Trotz bauen sie sich ein neues Leben auf und versuchen, die Schatten der Kriegsjahre zu vergessen.

Nach dem Krieg ist die Wohnungsnot in Hamburg groß, aber Gert und Gisela haben Glück, denn sie bekommen im Keller der Hausbesitzerin Friede ein Obdach. Doch sie haben auch noch den Hungerwinter 1946/47 zu überstehen, der vielen Menschen durch Kälte oder Hunger das Leben kostete.

Carmen Korn beschreibt sehr bildhaft das Alltagsleben und die Nöte der Bewohner im zerstörten Nachkriegs-Hamburg, wir begleiten nicht nur Friede, Gert und Gisela, sondern auch andere Nachbarn und neue Bewohner in Friedes Haus. Dadurch kommt man dem Zeitgeist und den Sorgen und Träumen der Charaktere sehr nahe und entdeckt, wie sich die Wirtschaft und die Menschen in der Zeitspanne bis 1955 entwickeln und verändern. Die unterschiedlichen Einblicke streifen das Theaterleben, Geschäfte am Schwarzmarkt und man erlebt die Fähigkeit der Menschen, sich schnell an verändernde Situationen anzupassen. Gisela ist in dieser Beziehung besonders pfiffig und hat keine Scheu, sich neuen Anforderungen zu stellen. Obwohl sie ihre eigene Familie verloren hat, bekommt sie nun in ihrer Wahlfamilie Halt und Unterstützung, die ihr neuen Lebensmut und Hoffnung geben.

Mir hat der flüssige und vielseitig beschreibende Erzählstil gut gefallen und ich konnte mir das Leben der Menschen anhand der lebendig gezeichneten Figuren gut vorstellen. Jede Person hat ein spezielles Schicksal und es wurde mir klar, wie langwierig sich die Suche nach Vermissten hingezogen haben muss und wie schmerzhaft manche Suche ausging.

Nach dem Krieg begannen die Menschen intensiv mit einem Neubeginn, der dann zum großen Wirtschaftswunder führte. Ihre Energie und Kraft schöpften die Ausgebombten und Gestrandeten aus ihrem engen Zusammenhalt, aus der Hilfsbereitschaft untereinander und in der Hoffnung, die sich ihnen wie ein Lichtstrahl auch in dunklen Zeiten zeigte.

Ein anschaulicher Roman über Hoffnung und Neubeginn nach den Schattenjahren!

Veröffentlicht am 14.11.2025

Hulda als Gefängnis-Hebamme

Fräulein Gold: Der Preis der Freiheit
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Bei Rowohlt Polaris erscheint mit Fräulein Gold: Der Preis der Freiheit der achte Band der "Hebamme in Berlin-Reihe" von Anne Stern.

Berlin, 1932: Hulda Gold arbeitet nun als Hebamme im Frauengefängnis ...

Bei Rowohlt Polaris erscheint mit Fräulein Gold: Der Preis der Freiheit der achte Band der "Hebamme in Berlin-Reihe" von Anne Stern.

Berlin, 1932: Hulda Gold arbeitet nun als Hebamme im Frauengefängnis Barnimstraße und versorgt inhaftierte Schwangere und Mütter mit ihren Kindern und steht den Frauen mit Rat und Tat zur Seite. Der Tod der jungen Insassin Ruth kommt völlig unerwartet und Hulda stellt Nachforschungen an. Auch die Kripo ist aktiv, in diesem Fall durch Kommissarin Irma Siegel, mit der Hulda nicht im Guten auseinander ging. Als Verdächtige kommt die Zellengenossin in Frage, doch die wegen versuchten Mordes Verurteilte steht kurz vor der Entbindung ihres Kindes. Warum sollte sie Ruth getötet haben? Während sich Hulda und Irma Siegel zusammenraufen, sorgt die Radikalisierung der politischen Lager für eine unheilvolle Stimmung.

Auch dieser Band spielt in Berling und beginnt 1932. Während Hulda die Einschulung ihrer kleinen Tochter feiert, wird gerade die schwangere Anna Marwitz im Frauengefängnis in der Mütterzelle eingewiesen. Als kurz darauf die Insassin Ruth getötet wird, gerät Anna als Täterin in Verdacht. Doch das kann Hulda nicht glauben, denn die Hochschwangere hatte zu Ruth eher freundschaftliche Kontakte.

Schnell bin ich in das Geschehen eingetaucht und habe neben der spannenden Mordaufklärung betroffen verfolgt, wie sich Hulda um ihre kranke Tochter sorgt. Anne Stern schildert das Geschehen wieder so lebendig und anschaulich, dass ich den Roman gespannt schnellstens ausgelesen habe.

Die Handlung wird begleitet durch authentische Schilderungen, die eine düstere Atmosphäre sichtbar machen, die dem erstarkenden Nationalsozialismus und politischen Umbrüchen der Zeit geschuldet sind.

Der Hass auf Juden, Sozialisten und Homosexuelle nimmt zu und versetzt die Betroffenen in Angst und Schrecken. Hulda scheint die drohende Gefahr noch nicht zu erkennen und setzt sich weiterhin hilfsbereit für die Schwangeren ein.

In diesem Band kommt die emotionale Seite der Hebamme Hulda Gold sehr eindringlich zum Vorschein, sie sorgt sich um ihre schwangeren Schutzbefohlenen und vermittelt mit ihrer hilfreiche und zuversichtlichen Art spürbar Vertrauen und Hoffnung. Außerdem ist sie bemüht, den Spagat zwischen ihrem Beruf und der Mutterrolle zu schaffen. Ihre Sorge um ihre kranke Tochter Meta vermittelt Anne Stern absolut nachfühlbar und berührend. Man merkt, dass die Autorin selbst Mutter ist.

Hulda Gold untersucht gemeinsam mit Irma Siegel den Mordfall und gerade durch die Zusammenarbeit kommen wesentliche Spuren ans Licht, die zur Lösung des Falles helfen.

Der Roman lässt sich eigenständig lesen, doch zum besseren Verständnis sollte man einige Vorbände kennen. Die Handlung ist eine bunte Mischung aus Themen wie Mutterschaft, Wert von Freiheit und Leben in einer faschistischen Gesellschaft, die Anne Stern wunderbar miteinander verknüpft und in eine runde Geschichte verpackt.

In diesem Band geht es spannend zu, aber auch bewegend und emotional und wie in der Reihe üblich, wird mit klarer Sichtweise die politische Entwicklung im dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte sichtbar gemacht.

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Veröffentlicht am 08.11.2025

Superlative der Tierwelt, toll illustriert und interessant umgesetzt!

MEGA
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Im Fischer Sauerländer Verlag erscheint das Sachbuch MEGA: Faszinierende Giganten von gestern und heute von Jules Howard mit Illustrationen von Gavin Scott.

Entdecke die Giganten unseres Planeten! Welche ...

Im Fischer Sauerländer Verlag erscheint das Sachbuch MEGA: Faszinierende Giganten von gestern und heute von Jules Howard mit Illustrationen von Gavin Scott.

Entdecke die Giganten unseres Planeten! Welche Rekorde gibt es in der Tierwelt? Dazu reisen wir in die Vergangenheit zu den ausgestorbenen Tieren und erfahren Besonderheiten über noch lebende Tiere.

Bei diesem Buch ist der Titel auch für den Inhalt Programm! Das absolut großformatige Buch enthälte naturnahe Illustrationen, die die Tiere in ihrem Lebensraum abbilden und dazu gibt es jede Menge kindgerecht aufbereitetes Wissen über Tiere und ihre Superlative.

Die Themenbreite reicht von supergroßen Säugetieren (Elefanten, Seekühe, Menschenaffen...), wirklich großen Vögeln über riesige Reptilien (Krokodile, Schlangen) bis hin zu fantastischen Fischen (Haie, Rochen und Knochenfische) und Monster-Mollusken (Tintenfische).

Die Fakten zu den einzelnen Tierarten sind umfangreich und decken sowohl Grundwissen ab, als auch spezielle Informationen zu ausgestorbenen Arten, der Veränderung des Klimas und den Folgen für die Tierwelt.

Beispielsweise erfahren wir, was Grasgärtner sind (Nashörner) und tauchen in die Vorzeit ein, als riesige Beuteltiere über die endlosen Ebenen Australiens streiften, wie der Diprotodon, der größte aller urzeitlichen Wombats.

Hier kann man sich in die jeweiligen Interessengebiete vertiefen und lernt anhand der gut in die Illustrationen eingewebten Texte eine Menge über die Tierwelt hinzu.

Die Abbildung der Tiere zeigt sie in Aktion in ihrem authentisch gezeigten Lebensraum und lässt sie dadurch sehr lebendig wirken. Was mir auch gut gefällt, sind die Größentabellen, bei denen Tierarten in Bezug auf ihre Körperhöhe verglichen werden, wie bei den Paarhufern, Walen, Laufvögeln, Schlangen, Echsen, Schildkröten u.a.

Als besonderer Clou kann man den Einband des großformatigen Buches zu einem beidseitigen Poster ausbreiten. So was kommt bei Kindern immer gut an!

Die wichtige Botschaft des Buches ist der Artenschutz. Am Ende werden die Gründe für den Artenschwund erläutert und die Verantwortung eines jeden deutlich gemacht. Danach gibt es Ideen, wie sich jeder Einzelne für eine gesunde Umwelt einsetzen kann.

Ein mega Buch mit faszinierenden Superlativen, interessanten ausgestorbenen und noch lebenden Tieren und jeder Menge Wissen, das Kinder informiert, unterhält und für die Tierwelt begeistert!

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Veröffentlicht am 04.11.2025

Wenn der Jäger zum Gejagten wird!

Halali
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Im Diogenes Verlag erschien im Jahr 2017 Ingrid Nolls Roman Halali.

Die 80-jährige Holda erzählt ihrer Enkelin Laura eine Geschichte aus der Nachkriegszeit als sie Stenotypistin im Bonner Innenministerium ...

Im Diogenes Verlag erschien im Jahr 2017 Ingrid Nolls Roman Halali.

Die 80-jährige Holda erzählt ihrer Enkelin Laura eine Geschichte aus der Nachkriegszeit als sie Stenotypistin im Bonner Innenministerium in Bonn war. Darin geht es um das Alltagsleben als Untermieterin, um Wünsche junger Frauen, um die Liebe und um Geheimnisse, die Spannung in das graue Alltags-Leben bringen.

"Das Alter ist eine unerhörte Kränkung... Die Augen schwächeln, die Gelenke knacken und knirschen, die Ohren wollen nicht mehr zuhören...die Vergesslichkeit nimmt zu. Am übelsten wird der armen Haut mitgespielt." Zitat S. 80

Die schwarz-humorigen Geschichten von Ingrid Noll drehen sich häufig um Frauen, die auf scheinbar harmlose Weise für den Tod ihrer männlichen Mitmenschen verantwortlich sind. Ich hoffe, ich verrate nicht zu viel, wenn ich behaupte, dass das in dieser Geschichte mehr aus spontaner Aggression heraus geschieht.

Die 80-jährige Holda erzählt ihrer Enkelin Laura eine Geschichte, die in den Gründungstagen der Bundesrepublik spielt. Damals war Holda Stenotypistin im Innenministerium und wie sich heraus stellt, hat sie mehr erlebt, als ihre Enkelin je vermutet hätte. Holda erzählt recht flott und spannt mit ihrer unglaublichen Story nicht nur die Enkelin auf die Folter, sondern auch mich als Leserin. Neben kriminellen Handlungen wird der Zeitgeist der 50er Jahre lebendig und die politische Ebene des kalten Krieges spielt ebenfalls eine Rolle.

Auch in diesem Buch hält Ingrid Noll eine abwechslungsreiche Geschichte parat, in der die böse Seite der Figuren zum Zuge kommt, in diesem Fall sind das Holda und Karin. Beide arbeiten im Innenministerium, wohnen in möblierten Zimmern und suchen den Mann ihrer Träume, Karin träumt von einer Ehe als Diplomatengattin. Beide stoßen auf ein brisantes Geheimnis, das sie mit ihrem Vorgesetzten Burkhard Jäger in Verbindung bringen. Neugierig und unerschrocken verfolgen sie Jäger und verwickeln sich damit selbst in einen brisanten Spionagefall, der bis ins Ministerium reicht.

Holdas Erzählung habe ich gespannt mitverfolgt, erkannte die damaligen Moralvorstellungen aus Erzählungen meiner Eltern wieder und mochte Holdas Blick auf die heutige Zeit, die sie durch ihre Enkelin täglich vor Augen hat.

Die Lektüre entwickelt sich zu einem Rückblick in die Gesellschaft der 50er Jahre und lässt sich durch den Spionagefall kurzweilig lesen. Amüsanter und fesselnder Einblick in die Sitten der 50er Jahren!

Veröffentlicht am 01.11.2025

Die Pionierin der Frauen-Olympiade

Aufgeben können die anderen
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Im Aufbau Verlag erscheint der Roman "Aufgeben können die anderen" von Autorin Lena Johannson.

Paris 1918: Die Französin Alice Milliat ist begeisterte Schwimmerin und kennt die Vorurteile der männlichen ...

Im Aufbau Verlag erscheint der Roman "Aufgeben können die anderen" von Autorin Lena Johannson.

Paris 1918: Die Französin Alice Milliat ist begeisterte Schwimmerin und kennt die Vorurteile der männlichen Gesellschaft gegen sportliche Aktitivität des "schwachen" weiblichen Geschlechts. Doch das nimmt sie nicht einfach so hin und gründet mit hilfreichen Unterstützern einen Frauensportverband und setzt sich das Ziel einer Olympiade nur für Frauen.

In ihrem Roman erzählt Lena Johannson die Geschichte der Französin Alice Milliat, die Frauensport in Frankreich populär, sichtbar und vor allem erlaubt zu machensich kuragiert für den Frauensportverband und für die ersten Olympischen Frauenspiele eingesetzt hat. Neben dem Rudern ist Alice begeisterte Schwimmerin und sie erkennt, welche Vorteile sportliche Betätigung mit sich bringt. Sie findet es an der Zeit, dass die Sportmöglichkeiten in den Vereinen endlich auch für Frauen geöffnet werden. Außerdem möchte sie Frauen die Teilnahme bei internationalen Wettbewerben ermöglichen. Doch zu dieser Zeit galt Frauensport als anstößig und war ein Tabu.

Die reale Person Alice Milliat war mir vor der Lektüre nicht bekannt, umso interessierter habe ich ihre Geschichte begleitet und ihren Eifer und ihren couragierten Pioniergeistin für den Frauensport bewundert. Trotz ihres persönlichen Schicksalsschlags hatte sie dieses Ziel vor Augen und setzte sich dafür ein.

Es war inaktzeptabel, dass das IOC und der Gründer Baron de Coubertin die Teilnahme von Frauen nicht für selbstverständlich hielt und so machte es sich Alice zur Aufgabe und organisierte die Olympischen Spiele nur für Frauen im Jahr 1922. Im Roman wird ihr Engagement detailliert beschrieben und spricht daher sicher alle diejenigen an, die sich für Frauen-Sportgeschichte interessieren.

Besonders intensiv habe ich Alice Schwimmerlebnisse miterlebt, kaum ist Alice im Wasser, verschmilzt sie mit diesem Element, was absolut authentisch dargestellt wird und zeigt, welch Kampfgeist und Durchhaltewillen in ihr steckt. Ansonsten wirkte Alice auf eine bestimmte Weise recht unnahbar und ich konnte ihre Gefühle und das lange Hinhalten von Jean-Luc nicht nachvollziehen. Diese Reaktion passt meiner Meinung nach nicht zu so einer starken Frau.

Ein gut erzählter Roman mit einer interessanten Frauenfigur, die als Pionierin des Frauensports agierte.