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Veröffentlicht am 18.08.2023

Ein atmosphärischer Roman über einen Sommer, der unendlich wirkt

Das Summen unter der Haut
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Inhalt: Der Sommer in Hamburg 1977. Der 14-jährige Julle verbringt die Zeit mit seinen Freundinnen im Freibad. Mit dabei ist auch Axel, der erst vor Kurzem neu in die Klasse gekommen ist und zu dem Julle ...

Inhalt: Der Sommer in Hamburg 1977. Der 14-jährige Julle verbringt die Zeit mit seinen Freundinnen im Freibad. Mit dabei ist auch Axel, der erst vor Kurzem neu in die Klasse gekommen ist und zu dem Julle sich hingezogen fühlt. Über den Sommer freunden sich Axel und Julle an – und entdecken ein Geheimnis, das sie zusammenschweißen wird: eine abgebrannte Hütte, deren Überbleibsel Rätsel aufgeben.

Persönliche Meinung: „Das Summen unter der Haut“ ist ein queerer Coming of Age-Roman von Stephan Lohse. Erzählt wird die Handlung aus der Ich-Perspektive von Julle. Im Roman spielt Julles Gedankenwelt eine große Rolle: Er ist sich seiner Homosexualität bewusst, doch fragt er sich permanent, ob diese von seinem Vater, seiner Mutter oder seinen Freund
innen akzeptiert werden wird, wenn er sich ihnen offenbart. Dieser innere Konflikt wird authentisch dargestellt sowie gefühlvoll und empfindsam nachgezeichnet. Daneben spielen auch weitere Themen des Erwachsenwerdens in „Das Summen unter der Haut“ eine Rolle. So werden u. a. die Bewusstwerdung/Wahrnehmung des Selbst mit all seinen Wünschen, der Umgang mit Trauer/Verlust, die (erste) Liebe und verschiedene Arten von Freundschaften thematisiert. Die Nebenhandlung um die abgebrannte Hütte erinnert ein Stück weit an „Die Leiche“ von Stephen King: Es handelt sich um das Abenteuer der Jugend, bei dem es weniger um die Klärung des Rätsels geht als vielmehr um den Weg (mit all seinen Implikationen), den die Freunde zur Klärung des Rätsels gehen. Das Handlungssetting des Romans, die 1970er Jahre, werden durch zeitgenössische Produkte und Verhaltensweise authentisch dargestellt. Sehr gut hat mir auch der angenehme und flüssige Schreibstil von Stephan Lohse gefallen: Genutzt werden eher kurze Sätze, die teilweise assoziativ – an einen Bewusstseinsstrom erinnernd – verbunden werden, sodass man den Gedanken und Gefühlen Julles eindrücklich nachspüren kann. Insgesamt ist „Das Summen unter der Haut“ ein atmosphärischer, mit einem Hauch Melancholie ausgestatteter Coming of Age-Roman über einen Sommer, der unendlich wirkt.

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Veröffentlicht am 14.08.2023

Eine gelungene Fortsetzung

Talus - Die Runen der Macht
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Vorab: „Talus – Die Runen der Macht“ ist der dritte Band der „Talus“-Reihe. In der Rezension finden sich daher leichte Spoiler zu den ersten beiden Bänden der Reihe.

Inhalt: Nach dem Fall des Würfels ...

Vorab: „Talus – Die Runen der Macht“ ist der dritte Band der „Talus“-Reihe. In der Rezension finden sich daher leichte Spoiler zu den ersten beiden Bänden der Reihe.

Inhalt: Nach dem Fall des Würfels Talus hat sich die magische Welt unterhalb Edinburghs verändert: Während die Tarotleger an Macht gewannen, versiegten die Kräfte der Elementarhexen. In dieser neuen Ordnung versucht der Tarotleger Maxwell die Rätsel seiner Vergangenheit zu entschlüsseln. Die Runenhexe Jessica hingegen begibt sich auf die Suche nach Talus, um mithilfe des Würfels ihren Herzenswunsch zu erfüllen. Währenddessen sucht ihre Freundin Emily, eine Kräuterhexe, nach einem Heilmittel für ihre Schwester, die unter einer rätselhaften Krankheit leidet…

Persönliche Meinung: „Talus – Die Runen der Macht“ ist ein Fantasyroman von Liza Grimm. Da die Handlung von „Die Runen der Macht“ die Handlungsfäden des zweiten Bandes („Talus – Die Magie des Würfels“) aufgreift, ist es sinnvoll, die Reihe chronologisch zu lesen. Erzählt wird „Die Runen der Macht“ wechselweise aus den personalen Perspektiven von Maxwell, Jessica und Emily. Während Jessica und Emily bereits Auftritte in den vorherigen beiden „Talus“-Bänden hatten, ist Maxwell eine neue Figur im „Talus“-Universum. Anders als die ersten beiden „Talus“-Bände, die meist in Edinburgh gespielt haben, sind die Handlungsorte von „Die Runen der Macht“ die magischen Höhlen unter Edinburgh. Das Worldbuilding ist dabei wirklich toll: Jede Höhle ist individuell gezeichnet und besitzt unterschiedliche Regeln, nach denen das Leben in der jeweiligen Höhle funktioniert. Sehr schön sind auch die verschiedenen Querverweise zu den ersten beiden „Talus“-Bänden. So werden im dritten Band einerseits die Charakterentwicklungen/Geschichten von Jessica und Emily zu einem schönen Ende geführt, andererseits trifft man einige alte Bekannte aus den ersten beiden Bänden wieder. Diese treten – was besonders spannend ist – teilweise in Rollen auf, die man nach dem Ende des zweiten Bandes nicht unbedingt vermutet hätte. Die Handlung von „Die Runen der Macht“ entfaltet sich zunächst behutsam, steigert aber kontinuierlich die Spannung, da man nie so genau weiß, auf welcher Seite die auftretenden Gruppierungen stehen. Zudem finden sich einige überraschende Wendungen. Das Ende der Handlung ist insgesamt stimmig, allerdings wurde es für mich etwas zu rasch erzählt (dieses Gefühl hatte ich besonders beim Showdown). Der Schreibstil von Liza Grimm ist anschaulich, bildhaft und lässt sich sehr flüssig lesen. Insgesamt ist „Talus – Die Runen der Macht“ ein schön geschriebener Fantasyroman, der die im zweiten Band noch eher offen gelassenen Handlungsfäden stimmig aufgreift und zu einem gelungenen Ende führt.

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Veröffentlicht am 02.08.2023

Eine abwechslungsreiche Holmes-Anthologie

Elementar, mein lieber Watson!
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„Elementar, mein lieber Watson“ ist eine Anthologie, in der sechs Kurzgeschichten versammelt sind, deren Protagonisten Sherlock Holmes und Dr. John H. Watson, das vermutlich bekannteste Ermittlerduo der ...

„Elementar, mein lieber Watson“ ist eine Anthologie, in der sechs Kurzgeschichten versammelt sind, deren Protagonisten Sherlock Holmes und Dr. John H. Watson, das vermutlich bekannteste Ermittlerduo der Kriminalromangeschichte, sind. Es handelt sich nicht um von Arthur Conan Doyle verfasste Geschichten, sondern um „neue“ Fälle, die aus der Feder gegenwärtiger Autor*innen stammen.

Den Beginn der Anthologie macht die Kurzgeschichte „Die drei Königinnen“ von Anthony Horowitz. Horowitz schrieb bereits zwei Sherlock Holmes-Romane, „Das Geheimnis des weißen Bandes“ sowie „Moriarty“ (beide übrigens sehr lesenswert!), die beide offiziell von der Conan Doyle Estate lizensiert worden sind. Diese Lizensierung spiegelt sich auch in „Die drei Königinnen“ wider: Horowitz schafft es perfekt, den Geist von Arthur Conan Doyle aufzugreifen – inhaltlich wie sprachlich. So ist „Die drei Königinnen“ ein schöner Kurzkrimi, der archaisierend (und dadurch authentisch) erzählt wird und mit Holmes-typischen Deduktionen sowie einer überraschenden Wendung auftrumpft.

Die zweite Kurzgeschichte, „Der Fall des Doktors“ von Stephen King, wird ebenfalls durchströmt von Arthur Conan Doyles Geist. Auch hier finden sich sprachliche sowie inhaltliche Anlehnungen an das Original. Interessant an dem Fall ist vor allem zweierlei: Einerseits wird er nicht von Holmes, sondern von Watson gelöst, andererseits ist – spoilerfrei formuliert – die „technische“ Seite des Falls spannend. „Der Fall des Doktors“ wird allerdings recht langsam erzählt: Er besitzt eine vergleichsweise lange Vorlaufphase, wodurch Spannung verloren geht. Die eigentliche Lösung des Falls erfolgt im Kontrast dazu aber recht schnell, sodass die Struktur des Handlungsgerüsts auf mich inkongruent wirkte. Daher hat mir Kings Erzählung – auch wenn sie sonst nah an die Originale heranreicht – nicht so gut gefallen, wie diejenige von Horowitz.

An der dritten Erzählung, „Verkleidung schadet nicht“ von Alan Bradley, hat mir besonders die Erzählperspektive gefallen: Nicht Watson ist der Ich-Erzähler, sondern eine andere Person, deren wahre Identität (zunächst) versteckt wird. Dieser Ich-Erzähler sieht sich mit einer Situation konfrontiert, die er nicht greifen kann, weshalb er – und qua Perspektivierung die Lesenden mit ihm – in Deduktionen verfällt. Mehr möchte ich zu dieser Geschichte auch gar nicht sagen, da ein näheres Eingehen schon zu viel spoilern würde.

Die vierte Geschichte ist „Die Mitternachtsglocke“ von Anne Perrey. Der Fall, der hier thematisiert wird, ist eher einfach strukturiert; seine Auflösung daher tendenziell vorhersehbarer als bei den vorangegangenen Fällen. Die Erzählung besticht daher nicht so sehr durch ihre Komplexität. Sehr schön ist allerdings die Atmosphäre, die in „Die Mitternachtsglocke“ erzeugt wird: Die Geschichte spielt an Weihnachten auf einem abgeschiedenen, aber festlich geschmückten Landsitz, der heimelig gezeichnet wird.

Die fünfte Geschichte, „Das Geheimnis von Compton Lodge“ von Peter Jackob, ist der umfangreichste der in der Anthologie versammelten Fälle (er besitzt die Länge eines Kurzromans). Inhaltliche Ausgangslage des Kurzromans ist eine Erkrankung Watsons: Im Fieberwahn redete Watson von der mysteriösen Compton Lodge, an die er sich aber – nachdem er sich auskuriert hatte – bei klarem Verstand nicht erinnern kann. Holmes hat sich nun zum Ziel gesetzt, dieses Rätsel der Compton Lodge zu klären. So spannend ich diese Ausgangslage fand, so mäßig war für mich die Umsetzung des Falls: Einzelne Bestandteile der Handlung wurden eher unmotiviert aneinandergereiht und konnten dadurch ihre eigentlich intendierte Wirkung nicht völlig entfalten. Insgesamt blieb die Handlung für mich dadurch permanent ein Stück weit verwirrend. Auch waren Watson und Holmes mir persönlich etwas zu schnippisch und insgesamt in ihrem Verhalten zu „modern“, sodass ich in ihnen nicht den Holmes und den Watson von Arthur Conan Doyle wiedererkennen konnte.

Den Abschluss des Bandes bildet „Sherlock Holmes und der Arpaganthropos“ von Klaus-Peter Walter. In Bezug auf den Handlungsort findet hier ein Wechsel statt: Die Geschichte spielt nicht in England, sondern auf der griechischen Insel Kerkyra. In dieser Geschichte spielt zudem die griechische Mythologie eine große Rolle, wodurch innerhalb der Handlung deutliche Elemente des Phantastischen zu finden sind. Diese phantastischen Aspekte habe mich etwas befremdet: Sherlock Holmes ist für mich durch seine Logik eng mit einer Erzählwelt verknüpft, die (mehr oder weniger) nach den Regeln unserer Realität funktioniert; Phantastik und Sherlock Holmes sind für mich daher Gegensätze (aber das ist nur meine subjektive Meinung; ich kann mir auch vorstellen, dass andere Lesende die Wende ins Phantastische mögen werden, weil es eine alternative und überraschende Herangehensweise an Sherlock Holmes ist). Ansonsten handelt es sich bei „Sherlock Holmes und der Arpaganthropos“ um eine flüssig zu lesende, gut durchdachte Erzählung mit einem interessanten Twist.

Insgesamt, so lässt sich zusammenfassen, sind die Sherlock Holmes-Geschichten in „Elementar, mein lieber Watson“ sehr abwechslungsreich und verschieden. Mal orientieren sie sich eher am Original, mal sind sie freier. Für alle gilt aber: Es handelt sich um kreative Sherlock Holmes-Fälle, die man so noch nicht gelesen hat.

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Veröffentlicht am 02.08.2023

Ein schöner Kurzkrimi im Stil von Arthur Conan Doyle

Die drei Königinnen. Ein neuer Fall für Sherlock Holmes
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Horowitz schrieb bereits zwei Sherlock Holmes-Romane, „Das Geheimnis des weißen Bandes“ sowie „Moriarty“ (beide übrigens sehr lesenswert!), die beide offiziell von der Conan Doyle Estate lizensiert worden ...

Horowitz schrieb bereits zwei Sherlock Holmes-Romane, „Das Geheimnis des weißen Bandes“ sowie „Moriarty“ (beide übrigens sehr lesenswert!), die beide offiziell von der Conan Doyle Estate lizensiert worden sind. Diese Lizensierung spiegelt sich auch in „Die drei Königinnen“ wider: Horowitz schafft es perfekt, den Geist von Arthur Conan Doyle aufzugreifen – inhaltlich wie sprachlich. So ist „Die drei Königinnen“ ein schöner Kurzkrimi, der archaisierend (und dadurch authentisch) erzählt wird und mit Holmes-typischen Deduktionen sowie einer überraschenden Wendung auftrumpft.

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Veröffentlicht am 05.06.2023

Ein spannender Krimi mit schönem Italien-Flair

Abschied auf Italienisch
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Inhalt: Commissario Vito Grassi ist ein waschechter Römer. Doch als sein Vater, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte, plötzlich verstirbt und ihm ein kleines Rustico in Ligurien hinterlässt, ...

Inhalt: Commissario Vito Grassi ist ein waschechter Römer. Doch als sein Vater, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte, plötzlich verstirbt und ihm ein kleines Rustico in Ligurien hinterlässt, entscheidet Vito, dort sein Glück zu versuchen. In Ligurien angekommen, erwartet ihn nicht nur die rätselhafte Toni, die, ihm unbekannt, seit Längerem im Rustico seines Vaters lebt: Direkt an seinem ersten Tag wird er als leitender Ermittler in einem neuen Fall eingesetzt. Eine Frau wurde tot in einem alten Eisenbahntunnel nahe der Küste gefunden; scheinbar verunfallt – wäre da nicht ein Detail, das Rätsel aufgibt…

Persönliche Meinung: „Abschied auf Italienisch“ ist ein Kriminalroman von Andrea Bonetto, der den Auftakt einer neuen Reihe um den Commissario Vito Grassi bildet. Erzählt wird die Handlung aus der personalen Perspektive von Vito. Die Handlung des Krimis entfaltet sich behutsam: Zunächst lernt man die einzelnen Figuren (neben Vito und Toni u. a. die neuen Kolleg*innen Vitos) sowie die ligurische Landschaft, in dem der Krimi spielt, näher kennen. Eine große Stärke des Krimis ist dabei seine Atmosphäre: Durch sprachliche Einsprengsel, bestimmte Figuren (mit besonderen Eigenarten) und malerische Beschreibungen der Cinque Terre kommt ein wirklich schöner Italien-Flair auf, sodass man am liebsten sofort ins Auto steigen und die Küste Liguriens entlangfahren möchte. Der Fall, in dem Vito ermittelt, ist spannend aufgebaut und lädt zum Miträtseln ein: Man ist während der Lektüre immer auf Augenhöhe mit Vito, sammelt gemeinsam mit ihm nach und nach neue Informationen und geht Hinweisen nach, sodass sich schrittweise ein Gesamtbild ergibt. Die Auflösung lässt sich daher ab einem bestimmten Punkt erahnen; wie genau/warum alles zusammenhängt, ist allerdings überraschend. Eine besondere Note erhält der Krimi zudem durch Kompetenzgerangel, das sich im Roman zwischen den einzelnen Organisationen des italienischen Polizeisystems entwickelt. Daneben spielt auch das Privatleben der einzelnen Figuren innerhalb der Handlung eine wichtige Rolle: Während bspw. der Tod seines Vaters Vito mehr belastet, als er sich eingestehen möchte, hat Toni eine ganz eigene Geschichte mit der italienischen Polizei. Der Schreibstil von Andrea Bonetto ist bildhaft und lässt sich angenehm lesen. Insgesamt ist „Abschied auf Italienisch“ ein spannender Kriminalroman mit einem schönen Italien-Flair.

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