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Veröffentlicht am 05.08.2024

Ein Klassiker der Schauerliteratur

Mary Shelley, Frankenstein. Ein Schauerroman
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Inhalt: Der junge Stundent Viktor Frankenstein ist voller Tatendrang: Er liest Bücher, eignet sich Theorien an und setzt diese um – bis ihm Unsagbares gelingt: Er erschafft aus Totem ein lebendiges Wesen. ...

Inhalt: Der junge Stundent Viktor Frankenstein ist voller Tatendrang: Er liest Bücher, eignet sich Theorien an und setzt diese um – bis ihm Unsagbares gelingt: Er erschafft aus Totem ein lebendiges Wesen. Doch: Erschreckt von seiner Schöpfung, flüchtet er vor dem Wesen, überlässt es der Einsamkeit – was fatale Folgen mit sich zieht…

Persönliche Meinung: „Frankenstein“ von Mary Shelley ist einer der meistadaptierten und bekanntesten englischen Schauerromane. Erzählt wird die Handlung auf zwei Ebenen, in denen jeweils ein Ich-Erzähler auftritt. So liest man in einer Rahmenhandlung die Briefe des Abenteurers Robert Walton: Er befindet sich auf dem Weg zum Nordpol und trifft dabei auf Frankenstein, welcher ihm seine Lebensgeschichte darlegt. Diese Lebensgeschichte bildet die eigentliche Handlung von „Frankenstein“. Die Handlung ist insgesamt vielschichtig: Sie handelt von Forschergeist, der menschlichen Hybris, Zurückweisung und Hass auf die Menschheit. In diesem Spannungsfeld fand ich besonders zwei Aspekte interessant. Einerseits finden sich in der dichten, z. T. schauerlichen Beschreibung der Naturszenerien deutliche Anklänge an die Romantik, sodass dreidimensionale Kulissen entstehen und ein schönes Kopfkino ausgelöst wird. Andererseits ist der Roman eine kleine psychologische Studie, in der gewissermaßen durchgespielt wird, welche Folgen Isolation von anderen Menschen bzw. permanente Zurückweisungen haben können. Die vorliegende Ausgabe des Anaconda-Verlags folgt Shelleys Überarbeitung des Textes von 1831. Die deutsche Übersetzung stammt von dem österreichischen Übersetzer Friedrich Polakovics: Die Übersetzung hat dabei eine schöne „Patina“ und bildet den Originaltext – soweit ich es beurteilen kann – angemessen ab. Insgesamt ist „Frankenstein“ ein vielschichtiger Klassiker, der mit einer besonderen Atmosphäre auftrumpft – ein Roman zum immer wieder Lesen.

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Veröffentlicht am 02.08.2024

Ein gelungener zweiter Band

Nebel über Rønne
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Inhalt: Bornholm. Eine kleine Privatmaschine landet auf dem Flughafen von Rønne. Eigentlich ein Routinevorgang: Der Pilot ist ein Vielflieger, der das Landemanöver kurz zuvor den Abläufen entsprechend ...

Inhalt: Bornholm. Eine kleine Privatmaschine landet auf dem Flughafen von Rønne. Eigentlich ein Routinevorgang: Der Pilot ist ein Vielflieger, der das Landemanöver kurz zuvor den Abläufen entsprechend angekündigt hat. Doch als das Flugzeug gelandet ist, bleiben die Türen verschlossen, auf Funksprüche kommt keine Antwort mehr. Als das Flugzeug geöffnet wird, sind alle drei Insassen tot. Für Lennart Ipsen beginnt ein neuer, vertrackter Fall. Denn: Jeder der Insassen trug ein Geheimnis mit sich…

Persönliche Meinung: „Nebel über Rønne“ ist ein Kriminalroman von Michael Kobr, der auf der dänischen Urlaubsinsel Bornholm spielt. Es handelt sich um den zweiten Band der Reihe um den Kriminalpolizisten Lennart Ipsen (da die Handlung des Krimis in sich abgeschlossen ist, kann er auch ohne Kenntnis des Vorgängers gelesen werden). Erzählt wird die Handlung aus der personalen Perspektive von Lennart, der mittlerweile im Inselleben angekommen ist. Die Handlung selbst besitzt eine schöne Spannungskurve. Einerseits beginnt sie durch die sekundenschnelle Ermordung im Landeanflug sehr rätselhaft, andererseits haben alle drei Passagiere (mehr oder weniger großen) „Dreck am Stecken“, sodass man nicht sicher sagen kann, wem der Mordanschlag tatsächlich galt (dementsprechend finden sich auch mehrere potentielle Verdächtige). Neben dem eigentlichen Fall spielt auch erneut das Leben auf Bornholm eine große Rolle innerhalb des Romans: So wird neben dem Privatleben Lennarts (die Liebe, das Verhalten seiner pubertierenden Töchter und ein Besuch seines liebevollen, aber auch fordernden Vaters auf der Insel) auch ein kleines Sightseeing auf der Insel unternommen (einige Sehenswürdigkeiten der Insel sind Handlungsorte des Krimis). Bornholm wird dabei atmosphärisch dicht beschrieben, sodass während der Lektüre ein angenehmes Urlaubsfeeling aufkommt. Der Schreibstil von Michael Kobr ist angenehm, humorvoll und sehr flüssig zu lesen, sodass man wirklich durch den Roman fliegt (no pun intended). Insgesamt ist „Nebel über Rønne“ ein spannender Kriminalroman, in dem – trotz der Morde – ein schöner Urlaubsflair aufkommt.

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Veröffentlicht am 30.07.2024

Ein aufgeblähter "Walk down Memory Lane"

Murtagh - Eine dunkle Bedrohung
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Inhalt: Rastlos reitet Murtagh mit seinem Drachen Dorn durch Alagaësia – bis ihm ein Gerücht zu Ohren kommt. Eine Hexe, deren wahre Macht nur Wenigen bekannt ist, soll sich in einem Gebiet voller Schwefelrauch ...

Inhalt: Rastlos reitet Murtagh mit seinem Drachen Dorn durch Alagaësia – bis ihm ein Gerücht zu Ohren kommt. Eine Hexe, deren wahre Macht nur Wenigen bekannt ist, soll sich in einem Gebiet voller Schwefelrauch verstecken; Gefahr soll von ihr ausgehen. Da Murtagh keinen Kontakt zu Eragon hat, begibt er sich allein auf die Suche nach dieser Hexe…

Persönliche Meinung: „Murtagh“ ist ein Highfantasy-Roman von Christopher Paolini. Im Fokus des Romans steht – wie der Titel schon offenbart – die Figur Murtagh, die in der Eragon-Reihe eine wechselvolle Entwicklung erlebt hat. Bei dem Roman handelt es sich – nach der Eragon-Tetralogie und „Die Gabel, die Hexe und der Wurm“ – um den 6. Band aus dem Eragon-Universum. Zeitlich spielt die Handlung von „Murtagh“ nach dem 4. Eragon-Band („Das Erbe der Macht“) und es ist sinnvoll, vor „Murtagh“ die gesamte Tetralogie gelesen zu haben. Denn: In „Murtagh“ wird immer wieder Bezug auf die Handlung der Tetralogie genommen, sodass man sich bei einem nicht-chronologischen Lesen zwangsläufig spoilert. Erzählt wird die Handlung von „Murtagh“ von einem auktorialen Erzähler, der aber immer wieder in die personale Perspektive des titelgebenden Protagonisten schlüpft. Die Ausgangslage des Romans ist vielversprechend: Murtagh sieht sich als Gehasster und Geschasster, meidet menschliche Kontakte und reist allein mit Dorn durch Alagaësia, wobei ihn seine vergangenen Taten und die Suche nach seinem Selbst begleiten. Da Murtagh auf seiner Reise durch Alagaësia mehrere Handlungsorte aus der Eragon-Tetralogie streift (und deren Situation nach dem Sturz von Galbatorix schildert), ist der Roman gewissermaßen ein „Walk down Memory Lane“ (was mir insgesamt sehr gut gefallen hat). Außerdem erlebt Murtagh innerhalb der Handlung eine Fülle von Abenteuer – wobei hier direkt mein größter Kritikpunkt liegt. Die Abenteuer werden additiv aneinandergereiht, ohne dass sie einem „großen Ganzen“ dienen, damit austauschbar werden und die Handlung (für meinen Geschmack: verzichtbar) aufblähen. Generell wird die Handlung linear erzählt, es gibt keine wirklichen Wendungen und auch begegnet man (bis auf zwei, drei Ausnahmen) kaum Figuren, die bereits aus der Eragon-Tetralogie bekannt sind, wodurch die Handlung eher spannungsarm daherplätscherte. Der Schreibstil von Christopher Paolini ist gewohnt ausführlich und detailverliebt und schließt nahtlos an die Eragon-Tetralogie an. Vielleicht haben sich einfach nur meine Lesegewohnheiten geändert, aber insgesamt konnte mich „Murtagh“ nicht so abholen wie „Eragon“ damals. Bisweilen hatte ich das Gefühl, lediglich einen Prolog zu lesen, der die Grundlage für weitere Abenteuer in Alagaësia legt. Dieser „Prolog“ war für mich mit seinen rund 750 Seiten zu um- und ausschweifend.

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Veröffentlicht am 24.07.2024

Ein Roman, der mit unterschiedlichen Genres spielt

Böse Mädchen sterben nicht
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Inhalt: Eines Morgens erwacht Celina – und kann sich nicht an ihre Vergangenheit erinnern. Sie scheint ein idyllisches Kleinstadtleben zu führen: Einfamilienhaus, kleine Familie, Besitzerin eines gemütlichen ...

Inhalt: Eines Morgens erwacht Celina – und kann sich nicht an ihre Vergangenheit erinnern. Sie scheint ein idyllisches Kleinstadtleben zu führen: Einfamilienhaus, kleine Familie, Besitzerin eines gemütlichen Restaurants. Doch dann wird sie plötzlich beschuldigt, einen Mord begangen zu haben… Allie möchte mit ihren Freunden ein entspanntes Wochenende verbringen, doch unvermittelt landet die Freundesgruppe in einer abgelegenen Hütte, tief versteckt im Wald – und sie sind nicht allein dort… Maggie findet sich mit anderen Frauen in einem Labyrinth wieder. Alle erhalten eine Challenge: Sie müssen den Weg durch das Labyrinth finden, sonst wird eine ihnen nahestehende Person getötet…

Persönliche Meinung: „Böse Mädchen sterben nicht“ ist ein Roman von Christina Henry. Erzählt werden hier drei Geschichten, die (zunächst) keinen Bezug zueinander besitzen und unabhängig voneinander behandelt werden. Interessant und spannend ist, dass jede Geschichte einem eigenen Genre folgt (und auch auf verschiedene Weisen mit dem Genre spielt): So ist Celinas Geschichte ein Cosy Crime, Allies erinnert an eine Horrorstory und Maggies gleicht einer Dystopie. In jeder Geschichte finden sich außerdem bestimmte Merkwürdigkeiten, die man sich zu Beginn des Romans nicht erklären kann (wie z. B. im Falle Celinas ihre Gedächtnislücken), wodurch zusätzliche Spannung erzeugt wird. Was es damit auf sich hat, wird in einer zusammenfassenden Auflösung geklärt. Was mir insgesamt an der Lektüre gefallen hat, ist, dass jede Geschichte – durch die verschiedenen Genres und Spannungsbögen – ihren ganz besonderen, eigenen Reiz hat; die abschließende Auflösung lässt allerdings für mich zu viele Fragen offen, wodurch die Geschichten nicht so rund enden, wie es möglich gewesen wäre. Der Erzählstil des Romans ist anschaulich und lässt sich sehr flüssig lesen, sodass man durch die Seiten des Romans fliegt. Insgesamt ist „Böse Mädchen sterben nicht“ ein interessanter und spannender Roman, der mit verschiedenen Genres spielt, dieses Spiel aber meines Erachtens nicht konsequent zu Ende führt.

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Veröffentlicht am 24.07.2024

Ein leichtfüßiger sowie tiefgründiger Coming of Age-Roman

Der Trafikant
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Inhalt: Als der Gönner von Franz Huchel und seiner Mutter stirbt, muss der siebzehnjährige Franz eigenes Geld verdienen. Dafür schickt in seine Mutter nach Wien, zum Trafikanten Otto Trsnjek. Dort angekommen ...

Inhalt: Als der Gönner von Franz Huchel und seiner Mutter stirbt, muss der siebzehnjährige Franz eigenes Geld verdienen. Dafür schickt in seine Mutter nach Wien, zum Trafikanten Otto Trsnjek. Dort angekommen übt sich Franz aber nicht nur in die Arbeit eines Trafikanten ein; er verliebt sich auch – in die rätselhafte Anezka. Außerdem lernt er den bekanntesten Kunden der Trafik näher kennen: Sigmund Freud. Allerdings: Nicht alles ist positiv in Wien; die Nationalsozialisten greifen langsam, aber sicher nach der Macht…

Persönliche Meinung: „Der Trafikant“ ist ein historischer Coming of Age-Roman von Robert Seethaler. Erzählt wird die Handlung von einem auktorialen Erzähler, der aber meist in die Perspektive von Franz Huchel schlüpft. Franz ist, gerade zu Beginn der Handlung, ein eher unbedarfter Jüngling, der lediglich den dörflichen Mikrokosmos kennt und von der Donaumetropole Wien überwältigt ist. Mit der Zeit – vor allem durch seine beiden „Ersatzväter“ Otto und Sigmund Freud – reift er heran, wächst über sich hinaus und lernt, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Ein kleines Highlight sind für mich dabei die Dialoge, die Franz mit Sigmund Freud führt. Freud tritt hier nicht als verknöcherter, ernster Professor auf, sondern gibt dem jungen Franz handfeste, praxisnahe Ratschläge für dessen Leben (Die Szenen mit Freud werden meist mit einem Augenzwinkern erzählt). Generell ist der Erzählstil von „Der Trafikant“ poetisch und leichtfüßig, sodass der Roman sich flüssig lesen lässt. Der historische Hintergrund, vor dem die Handlung erzählt wird, ist die Eingliederung Österreichs in das nationalsozialistische Deutsche Reich 1938. Diese Eingliederung, zu deren Fortgang mehrfach Querverweise im Roman gemacht werden, wird stimmig in die Handlung eingefügt. Hierzu nur so viel: Die Eingliederung – und damit einhergehend der offene Nationalsozialismus/der Antisemitismus in Wien – wird nicht ohne Konsequenzen für die Protagonisten von „Der Trafikant“ bleiben. Insgesamt ist „Der Trafikant“ ein kurzweiliger historischer Coming of Age-Roman, der zudem insbesondere durch seinen historischen Kontext eine große Tiefe besitzt.

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