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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.06.2023

Gut zu wissen

Muskeln – die Gesundmacher
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Ingo Froböse ist Sportwissenschaftler und verdeutlicht in "Muskeln - die Gesundmacher", weshalb Muskeln unabdingbar sind und weshalb zu wenig Muskelmasse zu verbreiteten Erkrankungen wie Herzinfarkten, ...

Ingo Froböse ist Sportwissenschaftler und verdeutlicht in "Muskeln - die Gesundmacher", weshalb Muskeln unabdingbar sind und weshalb zu wenig Muskelmasse zu verbreiteten Erkrankungen wie Herzinfarkten, Diabetes oder Übergewicht führen kann. Dafür erläutert er im Detail die einzelnen Bestandteile und Funktionen der Muskelmasse im Körper. Froböse verwendet sehr viele Fachbegriffe, die nur teilweise definiert werden. Einige Begriffe und Funktionen waren mir aus dem Biounterricht noch im Gedächtnis, einige waren neu. Für die Bedeutung der Muskeln im Körper fand ich die Details und die Beschreibung der einzelnen Prozesse gelungen. Allerdings fehlte mir zwischendurch immer mal wieder die Einordnung in den Gesamtkontext oder eine Art Transfer in die Praxis. Als es dann um das Praktische ging, fehlte mir die Tiefe und die detailreiche Erläuterung, mit der Froböse im Theoriteil aufgetreten ist.

Deutlich wird in jedem Fall, das (leichtes) Muskeltraining unabdingbar und unbedingt zu empfehlen ist, um die Gesundheit zu erhalten und zu fördern. Dabei wird hier komplexes und fundiertes Wissen vermittelt, das ich eher für bereits Vertraute im Thema und Wissenschaftlerinnen empfehlen würde. Wer sich ein leicht verständliches Einsteigerinnenbuch wünscht, sollte vielleicht zunächst etwas anderes lesen.

Veröffentlicht am 30.06.2023

Berührend und überraschend

Mika im echten Leben
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Für Mika Suzuki läuft es im Leben nicht ganz so rund. Gerade erst ist ihre Beziehung geendet, sie hat ihren Job verloren und das Verhältnis zu ihren Eltern lässt sich am ehesten als zerrüttet bezeichnen. ...

Für Mika Suzuki läuft es im Leben nicht ganz so rund. Gerade erst ist ihre Beziehung geendet, sie hat ihren Job verloren und das Verhältnis zu ihren Eltern lässt sich am ehesten als zerrüttet bezeichnen. Als dann auch noch ihr Handy klingelt und Penny, ihre 16-jährige Tochter, die sie damals zur Adoption freigab, anruft, weil sie Mika kennenlernen möchte, ist das Chaos perfekt. Um Penny nicht ihre Chaos als 35-Jährige offenbaren zu müssen, erfindet Mika das Leben, das sie gern führen würde und verfängt sich in einem gewaltigen Netz aus Lügen. Als Penny ankündigt, vorbeizukommen, muss Mika eine Lösung finden. Emiko Jean gelang es, mir Mikas Leben, ihre eigene Aufgeschmissenheit, Unsicherheiten und dennoch die seichten Träumereien und Wünsche anschaulich und nahbar zu vermitteln. Selbstverständlich ist klar, dass Mikas Lügen ihr früher oder später um die Ohren fliegen und sich diese Lügen und das Kennenlernen mit Penny immer mehr auf eine gewaltige Katastrophe zusteuern, der Weg dorthin ist jedoch das Interessante. Der Schreibstil ist flüssig, ich konnte die Kapitel rasch hintereinander weg lesen und fühlte mich wie im Sog hineingezogen in die Geschichte der beiden. Während Penny neugierig, aufgeweckt und fröhlich wirkt, wird Mika in ihre Vergangenheit, ihre Beziehungen und die Zeit der Schwangerschaft, der Geburt und der Zeit danach zurückversetzt und muss sich mit sich selbst auseinandersetzen. Ich finde es wichtig, dass Adoption, Identität und Beziehungen thematisiert werden. Allerdings hätte ich mir hier an einigen Stellen mehr Aufklärung oder mehr Tiefe gewünscht. Davon abgesehen mochte ich die Figuren und die Entwicklungen gern und war stellenweise sehr berührt von der Lektüre.

Veröffentlicht am 29.06.2023

Wichtige und schockierende Einblicke

Ich, ein Sachse
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"Ich, ein Sachse" erzählt, wie Samuel Meffire der erste Schwarze Polizist in Ostdeutschland wurde. Eingestiegen wird in der frühen Kindheit, wie sich seine Eltern kennengelernt haben, welches Mindset die ...

"Ich, ein Sachse" erzählt, wie Samuel Meffire der erste Schwarze Polizist in Ostdeutschland wurde. Eingestiegen wird in der frühen Kindheit, wie sich seine Eltern kennengelernt haben, welches Mindset die Gesellschaft in der DDR geprägt hat und welchen Widrigkeiten sich die Familie entgegenstellen musste. Samuel, Afrodeutscher, Sohn einer weißen Mutter und eines Schwarzen Vaters, der jedoch am Tag von Samuels Geburt umgebracht wurde und den er nie kennengelernt hat, erlebt schon während seiner Kindheit Gewalt und Härte. Während Rassismus in der DDR zwar unterschwellig vorhanden war, aber hinter dem Mantel des Sozialismus recht gut verdeckt wurde, änderte sich die Situation für Samuel mit der Wende.
Plötzlich gab es Hetzjagden durch Nazis, Überforderung und fehlende Eingriffe der Polizei und verdammt viel Gewalt.
Samuel Meffire kommt selbst zur Polizei, rutscht dann ab in die Kriminalität und durchlebt insgesamt einen Alltag, der von Rassismus und Gewalt geprägt ist.

Erzählt wird ausschließlich in Form von Rückblicken, die nicht unbedingt chronologisch sind und mich tatsächlich des Öfteren total rausgebracht haben, weil ich die Zeit und das Setting nicht direkt einordnen konnte. Da hätte mir eine Chronologie den Lesefluss erleichtert. Andererseits erzählt Samuel Meffire von den verschiedensten Stationen seines Lebens, den entsprechenden Herausforderungen und die gesellschaftliche und politische Situation. Die Perspektive eines Schwarzen - aufgewachsen in Ostdeutschland, mit direktem Bezug zur DDR und dem erlebten Wandel im Zuge der Wiedervereinigung - auf die deutsch-deutsche Geschichte hat Samuel Meffire hier exemplarisch sehr eindrücklich und teilweise sehr schockierend dargestellt. Das sind Aspekte, die mehr Aufmerksamkeit und vor allem Aufarbeitung benötigen - und vor allem als Bestandteil der deutsch-deutschen Geschichte vermittelt werden sollte, gerade im Blick auf die aktuelle politisch-gesellschaftliche Lage.

Veröffentlicht am 21.06.2023

Kleinstadtdrama

Dunkelzeit
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In der Kleinstadt Gunthrum in Nebraska verschwindet das junge Mädchen Peggy im Jahr 1985 spurlos am ersten Wochenende der Jagdsaison. Hal, ein geistig behinderter Landarbeiter, der bei dem Ehepaar Alma ...

In der Kleinstadt Gunthrum in Nebraska verschwindet das junge Mädchen Peggy im Jahr 1985 spurlos am ersten Wochenende der Jagdsaison. Hal, ein geistig behinderter Landarbeiter, der bei dem Ehepaar Alma und Clyle arbeitet und den Status eines Pflegekindes innehat, war an diesem Wochenende mit Männern aus der Stadt jagen und benimmt sich danach merkwürdig. Außerdem weist sein Auto Unfallspuren und Blutspuren auf der Ladefläche auf. Dass er eine Hirschkuh geschossen hat, glaubt in Gunthrum niemand. Stattdessen wird er verdächtigt, für das Verschwinden von Peggy verantwortlich zu sein. Auch Alma und Clyle müssen sich die Frage stellen, wie gut sie Hal tatsächlich kennen und ob er tatsächlich unschuldig ist.

Wie ich es bei einem Kriminalroman, der in einer beschaulichen Kleinstadt spielt, erwartet habe, plätschert die Handlung eher dahin als dass actionreich und mit schnellen Wendungen und Überraschungen erzählt wird. Erin Flanagan beschreibt die einzelnen Figuren anschaulich und die oftmals beklemmende Kleinstadt-Atmosphäre sehr gut. Der Drang der Bewohner*innen, einen Schuldigen zu finden und die vermeintlich naheliegende Erklärung, dass nur Hal der Täter sein kann, wurde sehr deutlich.

Die Entwicklungen sind nachvollziehbar, die wichtigen Ermittlungsschritte werden größtenteils durch Milo, Peggys kleinen Bruder, erreicht und die Auflösung erscheint mir schlüssig - gerade für die Zeit.

Ein solider Kriminalroman mit sehr ländlichem Kleinstadt-Flair.

Veröffentlicht am 21.06.2023

Die erste große Liebe

Wo der Seewind flüstert. Die St.-Peter-Ording-Saga
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"Wo der Seewind flüstert" spielt im Jahr 1959: Sabine hat gerade die Frauenfachschule beendet und wird nach dem Sommer ihre Ausbildung beginnen. Nach all der Anstrengung möchte sie mit Freundin Rita, ihrem ...

"Wo der Seewind flüstert" spielt im Jahr 1959: Sabine hat gerade die Frauenfachschule beendet und wird nach dem Sommer ihre Ausbildung beginnen. Nach all der Anstrengung möchte sie mit Freundin Rita, ihrem Bruder und dessen besten Freund an den Gardasee fahren. Doch ihre Tante in Nordfriesland braucht Hilfe in St. Peter-Ording, weshalb Sabine ihren Sommer bei ihr statt in Italien verbringen und ihr dort aushelfen muss. Bereits nach den ersten Tagen genießt Sabine die Arbeit bei ihrer Tante und hilft zusätzlich noch im Strandcafé aus, was ihr große Freude bereitet. In St. Peter gefällt es ihr so gut, dass sie gar nicht in den Ruhrpott zurückmöchte. Zu gewissen Teilen liegt das auch an Tom, der sich um die Strandkörbe kümmert und ein Auge auf Sabine geworfen hat.

Tanja Janz hat mich vor allem mit ihrem sprachlichen Ausdruck und dem transportierten Zeitgeist überrascht, da ich sowohl die Atmosphäre im Buch, die beschriebenen Zustände als auch die Sprache sehr passend und authentisch für die späten 50er Jahre empfinde. Ich brauchte die ersten Kapitel, um mich einzufinden, um Sabine kennenzulernen und mir die Denkweisen und Werte aus der Zeit vor Augen zu führen, ab dann konnte ich abtauchen und an Sabines Seite den Sommer in St. Peter-Ording, die zarten Gefühle der ersten großen Liebe und die Rückkehr ins graue Duisburg erleben.
Ein schöner auftakt der Saga, ich bin gespannt auf den nächsten Teil und freue mich, dann mehr aus St. Peter-Ording zu lesen!