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Veröffentlicht am 29.05.2025

Eine Stimme aus der Dunkelheit

Mein Name ist Estela
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Als ich Mein Name ist Estela von Alia Trabucco Zerán begann, wusste ich schnell, dass dies keine gewöhnliche Erzählung werden würde. Estela, die Ich-Erzählerin, spricht aus einer Zelle zu einem unsichtbaren ...

Als ich Mein Name ist Estela von Alia Trabucco Zerán begann, wusste ich schnell, dass dies keine gewöhnliche Erzählung werden würde. Estela, die Ich-Erzählerin, spricht aus einer Zelle zu einem unsichtbaren Publikum – zu uns. Ihre Stimme ist leise, roh und eindringlich, aber voller Kraft. Ich saß da, las und spürte, wie sie durch jede Zeile hindurch versuchte, gehört zu werden.

Ihre Geschichte ist keine Heldinnengeschichte im klassischen Sinn. Estela verlässt ihr ländliches Zuhause, um in der Stadt zu arbeiten – nicht aus Abenteuerlust, sondern aus Not. Sie wird Hausangestellte in einem Ort, der von kalter Kontrolle, und einem fast sterilen Desinteresse an ihrer Menschlichkeit geprägt ist. Alles in ihr wird bewertet: ihr Körper, ihr Auftreten, ihr Schweigen. Und doch ist es sie, die die meiste Fürsorge aufbringt – vor allem für das Kind.

Wie subtil Machtverhältnisse wirken, wenn man nicht einmal als Subjekt wahrgenommen wird. Ihre Sprache, so zurückhaltend sie anfangs scheint, wird zu einer Art Widerstand, zu einem letzten Akt des Sprechens, als sie schon längst verurteilt wurde – vielleicht juristisch, ganz sicher aber sozial.

Am Ende blieb ich zurück mit Wut und Mitgefühl. Estela ist erfunden, ja. Aber sie steht für viele, die nicht gehört werden.

Fazit:
Ein kompromissloses, kraftvolles Buch über Klassenverhältnisse, Schweigen, Schuld – und die Möglichkeit, trotz allem nicht zu verstummen.

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Veröffentlicht am 25.05.2025

Ein Schatz für Familien – natürlich, praxisnah und ermutigend

Was Kinder brauchen, um gesund groß zu werden
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Natalie Stadelmann hat mit „Was Kinder brauchen, um gesund groß zu werden“ ein bemerkenswertes Werk geschaffen, das weit mehr ist als ein klassisches Gesundheitsbuch. Es lädt dazu ein, die Verantwortung ...

Natalie Stadelmann hat mit „Was Kinder brauchen, um gesund groß zu werden“ ein bemerkenswertes Werk geschaffen, das weit mehr ist als ein klassisches Gesundheitsbuch. Es lädt dazu ein, die Verantwortung für das körperliche und seelische Wohlbefinden unserer Kinder bewusster und selbstwirksamer zu gestalten – ohne zu überfordern.

Was mir besonders gefallen hat: Die Autorin vermittelt nicht nur fundiertes Wissen, sondern ermutigt gleichzeitig zur Selbstreflexion. Gerade der bildhafte Vergleich mit dem Familiengefüge als ein sensibles „Mobile“, das leicht aus dem Gleichgewicht geraten kann, hat mich emotional sehr angesprochen. Dieser Gedanke, dass Ausgewogenheit ein dynamischer Prozess ist, wirkt nach und regt zum Umdenken an.

Viele der vorgestellten Hausmittel waren mir aus meiner Kindheit bekannt, doch hier werden sie in einem neuen Licht dargestellt – strukturiert, differenziert und nachvollziehbar. Insbesondere die Anwendungsmöglichkeiten von Wickeln und ätherischen Ölen werden anschaulich erläutert.

Was ich allerdings schade fand: Es wird auf Internetseite verwiesen, um weitere Informationen zu erhalten. Das hat mich neugierig gemacht, allerdings konnte ich die genannten Zusatzinhalte dort nicht finden. Ein direkter Link oder ein QR-Code im Buch hätte den Zugang deutlich erleichtert und wäre zeitgemäßer gewesen.

Alles in allem ist dieses Buch ein inspirierender Begleiter für Familien, die natürliche Heilmethoden entdecken oder vertiefen möchten – liebevoll, praxisorientiert und mit einem echten Blick fürs Ganze.

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Veröffentlicht am 15.05.2025

Ein verschwundenes Mädchen, zwei gebrochene Leben – und die Suche nach Wahrheit und Identität

Beeren pflücken
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Amanda Peters Beeren Pflücken ist ein zutiefst berührender Debütroman, der mich von der ersten Seite an nicht mehr losgelassen hat. Im Zentrum steht das plötzliche Verschwinden der kleinen Ruthie, das ...

Amanda Peters Beeren Pflücken ist ein zutiefst berührender Debütroman, der mich von der ersten Seite an nicht mehr losgelassen hat. Im Zentrum steht das plötzliche Verschwinden der kleinen Ruthie, das nicht nur ihre Familie erschüttert, sondern über Jahrzehnte hinweg nachwirkt – besonders bei ihrem Bruder Joe und einer Frau namens Norma, die Jahrzehnte später beginnt, ihre eigene Herkunft zu hinterfragen.

Erzählt wird die Geschichte aus zwei wechselnden Perspektiven: Joe, der als Kind seine Schwester zuletzt gesehen hat und seitdem von Schuld und Trauer verfolgt wird, und Norma, die in einer wohlhabenden Familie aufwächst, aber früh spürt, dass ihre Vergangenheit nicht der entspricht, was man ihr erzählt. Beide Lebenswege sind geprägt von Unsicherheit, Verlust und einer tiefen Sehnsucht nach Zugehörigkeit.

Was mich besonders beeindruckt hat, ist die feinfühlige Darstellung indigener Lebensrealitäten – ohne Klischees, dafür mit viel Tiefe und Respekt. Peters gelingt es, nicht nur individuelle Schicksale zu erzählen, sondern auch gesellschaftliche Missstände wie Rassismus, kulturelle Entwurzelung und das Wegsehen der Behörden gegenüber marginalisierten Gruppen aufzuzeigen. Das Buch behandelt dabei schwierige Themen wie Kindesentzug, Alkoholismus und Krankheit mit einer erstaunlichen Balance aus Zurückhaltung und emotionaler Wucht.

Der Roman lebt weniger von spannungsgeladenen Wendungen als von der inneren Entwicklung seiner Figuren. Trotz der dunklen Themen bleibt immer ein Hauch von Hoffnung spürbar. Peters’ Sprache ist klar, poetisch und voller Empathie – jede Zeile wirkt durchdacht, jede Emotion authentisch.

Beeren Pflücken ist nicht nur ein Familienroman, sondern auch eine leise, kraftvolle Auseinandersetzung mit der Frage, was es bedeutet, verloren zu gehen – und sich selbst vielleicht doch noch zu finden. Ein Buch, das bleibt.

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Veröffentlicht am 11.05.2025

Ein Mädchen spricht – und verändert alles

Something happened to Ally
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Diese Geschichte hat mich emotional tief getroffen – nicht nur wegen ihrer Thematik, sondern wegen der schonungslosen Ehrlichkeit, mit der sie erzählt wird. Es geht um Ali, ein junges Mädchen, das sich ...

Diese Geschichte hat mich emotional tief getroffen – nicht nur wegen ihrer Thematik, sondern wegen der schonungslosen Ehrlichkeit, mit der sie erzählt wird. Es geht um Ali, ein junges Mädchen, das sich in einen Jungen verguckt, der von allen bewundert wird. Was als harmloses Schwärmen beginnt, endet in einer Erfahrung, die ihr Leben für immer verändert.

Was hier passiert, ist keine missverstandene Romanze. Es ist eine Gewalttat. Und das Erschreckendste ist nicht nur der Übergriff selbst, sondern wie das Umfeld reagiert: Verharmlosung, Schuldumkehr, Schweigen. Die Stärke dieses Buches liegt in der Darstellung, wie schwer es ist, in einer Welt, die Täter schützt und Opfer isoliert, die eigene Wahrheit laut auszusprechen.

Die Autorin gibt Ali eine Stimme – eine, die zunächst zögert, ringt, zweifelt. Aber dann wächst. Die Entwicklung dieser Figur ist so authentisch, dass es weh tut. Besonders beeindruckt hat mich die Beziehung zwischen Ali und Blythe, die auf den ersten Blick unmöglich scheint, sich aber zu etwas viel Tieferem entwickelt: dem Mut, hinzusehen und Verantwortung zu übernehmen.

Dieses Buch ist kein leichter Stoff. Es ist unbequem, wühlt auf und verlangt einem einiges ab. Aber genau deshalb ist es so wichtig. Es spricht über Dinge, über die oft geschwiegen wird – und macht Mut, das Schweigen zu brechen. Kein reißerischer Sensationsroman, sondern ein feinfühlig erzähltes Stück Wirklichkeit, das lange nachhallt.

Fazit:
Ein aufrüttelnder Roman über Macht, Schweigen und Mut.

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Veröffentlicht am 04.05.2025

Eine Stimme, die Mut macht

Brüll, kleiner Löwe - Rugis, petit lion
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In “Brüll, kleiner Löwe – Rugis, petit Lion” erleben wir die berührende Geschichte eines kleinen Löwen, der mit seiner lauten, unmelodischen Stimme hadert. Während andere Tiere mit ihren wohlklingenden ...

In “Brüll, kleiner Löwe – Rugis, petit Lion” erleben wir die berührende Geschichte eines kleinen Löwen, der mit seiner lauten, unmelodischen Stimme hadert. Während andere Tiere mit ihren wohlklingenden Tönen glänzen, fühlt sich der kleine Löwe fehl am Platz – bis ein einschneidendes Ereignis ihm zeigt, dass auch seine Stimme gebraucht wird.

Die Geschichte entfaltet sich liebevoll und kindgerecht und wird durch die farbenfrohen Illustrationen von Liubka Prus wunderbar ergänzt.

Was das Buch besonders macht, ist sein zweisprachiger Aufbau. Jede Seite zeigt den Text sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch, wodurch es ideal für Familien ist, die Mehrsprachigkeit fördern möchten. Das Sprachenlernen geschieht hier nicht über Vokabellisten, sondern eingebettet in eine warmherzige Erzählung, die Werte wie Selbstakzeptanz, Mut und Freundschaft vermittelt.

Ein schönes Extra ist das mitgelieferte Lied, das über einen QR-Code abrufbar ist – ein echtes Highlight für Kinder, das die Geschichte auf musikalische Weise abrundet.

Ein rundum gelungenes Buch, das zeigt, wie wertvoll es ist, an sich selbst zu glauben.

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