Profilbild von testethar

testethar

Lesejury Star
offline

testethar ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit testethar über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2025

Mitten im Bürgerkrieg – und mitten im Leben

Der brennende Garten
0

Mit Der brennende Garten durfte ich an der Seite von Sashi heranwachsen, einer jungen Tamilin aus Jaffna, die eigentlich nur Ärztin werden möchte und sich schon bald in einem Albtraum wiederfindet, den ...

Mit Der brennende Garten durfte ich an der Seite von Sashi heranwachsen, einer jungen Tamilin aus Jaffna, die eigentlich nur Ärztin werden möchte und sich schon bald in einem Albtraum wiederfindet, den sie sich nie ausgesucht hat.

Ich habe mich von Beginn an eng mit ihr verbunden gefühlt. Sie ist neugierig, voller Hoffnung – und dann bricht die Gewalt in ihr Leben ein. Die politischen Spannungen im Sri Lanka der frühen 1980er eskalieren, und plötzlich verschwinden Träume hinter Angst, Trauer und dem Drang, diejenigen zu schützen, die man liebt. Sashi muss Entscheidungen treffen, die niemand treffen sollte, schon gar nicht ein Teenager. Plötzlich lernt sie nicht nur für die Uni, sondern wundversorgt Menschen, die im Untergrund gegen Unterdrückung kämpfen.

Was mich am stärksten getroffen hat, ist die moralische Ausweglosigkeit, in der sich alle befinden. Es gibt keine saubere Wahrheit, keine Seite, die frei von Schuld wäre. Während die Regierung Tamilinnen unterdrückt, verwandelt sich der Widerstand selbst zunehmend in etwas Gefährliches. Das Buch zeigt, wie schmal der Grat zwischen Verteidigung und Grausamkeit wird – und wie sehr Zivilistinnen darunter zerbrechen.

Ganeshananthan gelingt es, Geschichte greifbar zu machen, ohne sie zu belehren oder zu beschönigen. Ihre Sprache ist klar, fast nüchtern, und gerade deshalb so kraftvoll. Schmerz wird nicht ausgeschlachtet, sondern sichtbar gemacht. Ich hatte oft das Gefühl, in einem Erfahrungsbericht zu lesen und nicht in einem Roman.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.11.2025

Eine düstere Reise mit großem Potenzial

City of Storm and Thunder
0

City of Storm and Thunder hat mich sofort mit seinem eindrucksvollen Cover überzeugt, das perfekt die Stimmung der Geschichte einfängt – Sturm, Raben, Dunkelheit und die bedrohliche Stadt. Auch der Klappentext ...

City of Storm and Thunder hat mich sofort mit seinem eindrucksvollen Cover überzeugt, das perfekt die Stimmung der Geschichte einfängt – Sturm, Raben, Dunkelheit und die bedrohliche Stadt. Auch der Klappentext hat mich direkt gepackt, und ich wusste sofort, dass ich dieses Buch lesen muss.

Rain war für mich von Anfang an eine starke, sympathische Protagonistin. Sie ist entschlossen, kämpferisch und tut alles, um ihren Bruder Gale zu retten. Gleichzeitig wirkt sie durch ihre verletzlichen Momente authentisch und nicht überzeichnet. Auch Kite fand ich sehr spannend, wenn anfangs auch schwer einzuschätzen. Erst im Verlauf wird klar, welche Rolle er spielt, und seine Entwicklung hat mir gut gefallen. Die Nebenfiguren waren ebenfalls gut dargestellt, wenngleich ich mir hier manchmal etwas mehr Tiefe gewünscht hätte.

Der Einstieg in die Welt war zunächst etwas herausfordernd, da viele neue Begriffe und Konzepte schnell aufeinander folgten. Doch mit der Zeit wurde alles klarer, und besonders das Magiesystem fand ich einzigartig und faszinierend. Dennoch hätte ich gern mehr darüber erfahren, wie die Welt außerhalb von Ravenport aussieht, da sich vieles innerhalb eines recht begrenzten Bereichs abspielt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.11.2025

Ein ehrlicher Begleiter für Liebe, Lust und Elternsein

Orgasmic Parents
0

Als ich Orgasmic Parents in die Hand nahm, war mein erster Gedanke: Endlich ein Buch, das ausspricht, was so oft unausgesprochen bleibt. Schon nach den ersten Seiten hatte ich das Gefühl, einen sehr persönlichen ...

Als ich Orgasmic Parents in die Hand nahm, war mein erster Gedanke: Endlich ein Buch, das ausspricht, was so oft unausgesprochen bleibt. Schon nach den ersten Seiten hatte ich das Gefühl, einen sehr persönlichen Begleiter vor mir zu haben – keinen klassischen Ratgeber, der mir erklärt, wie ich etwas „richtig“ machen soll, sondern ein Buch, das mich einlädt, meine Beziehung und meine eigenen Bedürfnisse neu wahrzunehmen.

Besonders bewegt hat mich, wie offen und selbstverständlich die Autorinnen über Nähe, Intimität und Veränderung sprechen. Ich habe mich selten in einem Buch so gesehen gefühlt. Ihre Worte haben in mir den Eindruck geweckt, in einem vertrauten Gespräch zu sitzen, in dem alles gesagt werden darf. Gerade als Mutter kenne ich die Phasen, in denen der eigene Körper, die Lust und die Beziehung plötzlich fremd wirken – und genau dort setzt dieses Buch an, ohne Druck zu erzeugen.

Sehr beeindruckt hat mich auch die visuelle Gestaltung. Die Illustrationen sind mutig, natürlich und vielfältig. Sie zeigen Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit, ohne Klischees zu bedienen – etwas, das in Ratgebern viel zu selten vorkommt. Dadurch fühlt sich das gesamte Buch unglaublich wertschätzend an.

Die Struktur des Buches hat mir geholfen, meine eigene Reise vom Kinderwunsch über Schwangerschaft bis zum Familienalltag noch einmal anders zu betrachten. Viele Impulse haben bei mir direkt etwas in Bewegung gesetzt, sei es in Form kleiner Denkanstöße oder dadurch, dass sie Gespräche ausgelöst haben, die lange überfällig waren. Einige Vorschläge ließen sich erstaunlich leicht in meinen Alltag integrieren – und manche Erkenntnisse haben mir sofort Druck genommen, den ich mir selbst gemacht hatte.

Wenn ich an die Kapitel über das Leben mit Kindern denke, hätte ich mir ein wenig mehr Tiefe gewünscht. Gerade dieser Abschnitt hat so viel Potenzial, weil dort häufig die größten Unsicherheiten auftreten. Dennoch bleibt das Buch für mich ein wertvoller Begleiter, der nicht mit erhobenem Zeigefinger arbeitet, sondern mit Verständnis, Humor und einer großen Portion Wärme.

Orgasmic Parents ist für mich ein Buch, das Mut macht, hinzuschauen und darüber zu sprechen, was sonst oft verschwiegen wird. Es erinnert daran, dass Liebe und Lust nicht verschwinden, sobald man Eltern wird – sie verändern sich, und genau darin liegt ihre Schönheit. Ich würde dieses Buch jedem Paar ans Herz legen, das sich selbst und seine Verbindung im Trubel des Elternseins wiederfinden möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.11.2025

Zwischen Herkunft und Zukunft – eine Reise, die nachhallt

Issa
0

Als ich Issa gelesen habe, hatte ich das Gefühl, eine Tür zu öffnen, hinter der mehrere Leben gleichzeitig sprechen. Die Geschichte beginnt für mich mit einer scheinbar einfachen Entscheidung: eine junge ...

Als ich Issa gelesen habe, hatte ich das Gefühl, eine Tür zu öffnen, hinter der mehrere Leben gleichzeitig sprechen. Die Geschichte beginnt für mich mit einer scheinbar einfachen Entscheidung: eine junge Frau, schwanger und innerlich aufgewühlt, verlässt Deutschland, um in Kamerun ein paar Zeremonien über sich ergehen zu lassen, die ihr selbst fremd erscheinen. Was zunächst wie eine Ausweichbewegung wirkt, entpuppt sich schnell als Rückkehr zu etwas, das ihr näher steht, als sie geahnt hat.

Während ich Issa begleite, rücken mir nach und nach die Frauen ihrer Familie so nah, als säßen wir gemeinsam unter demselben Dach. Die Kapitel, die sich ihren Ahninnen widmen, haben mich besonders berührt. Sie öffnen Fenster in unterschiedliche Epochen, in denen Gewalt, koloniale Willkür und patriarchale Strukturen den Alltag prägten – und dennoch sind diese Frauen alles andere als gebrochen. Ihre Widerstandskraft, aber auch ihr Humor, ihre kleinen Fluchten, ihre Loyalität zueinander leuchten durch jede Seite.

Mich hat beeindruckt, wie geschickt Mirrianne Mahn Vergangenheit und Gegenwart ineinander verschränkt. Statt schwerfälliger Geschichtsstunden entstehen intime Porträts, die mir koloniale Verbrechen und ihre Nachwirkungen greifbarer gemacht haben, als es ein reiner Sachtext hätte tun können. Gleichzeitig ist da immer wieder Leichtigkeit: ein scherzender Kommentar, ein überraschend warmherziger Moment, ein Bild, das mir ein Lächeln entlockt hat.

Was mich am meisten festgehalten hat, war jedoch Issas innere Bewegung. Zwischen Verlustangst, Trotz, Wut, Zärtlichkeit und Orientierungslosigkeit tastet sie sich langsam heran an die Frage, wie sie selbst Mutter sein möchte – und welche Lasten sie nicht in die nächste Generation tragen will. Die Rituale, durch die sie geführt wird, sind weniger magisch als klärend; sie schenken ihr einen Blick auf die Linien, die sich durch ihre Familie ziehen, und vor allem die Möglichkeit, eine davon selbst weiterzuzeichnen.

Für mich ist Issa ein Roman, der sich anfühlt wie eine mündliche Erzählung am Feuer: intensiv, vielschichtig, voller Schmerz, aber getragen von Gemeinschaft. Mahn schafft den Spagat zwischen politischer Wucht und erzählerischer Wärme, zwischen Aufklärung und persönlichem Erleben.

Ich habe das Buch mit einem Gefühl der Dankbarkeit geschlossen – für diese starken literarischen Stimmen, für den Mut der Figuren und dafür, dass Geschichten wie diese endlich ihren Raum bekommen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.11.2025

Eine warmherzige Geschichte voller Humor, Herz und Sprachen

Der Bär hat heute Lust zu feiern – Today, The Bear Wants to Party
0

Beim Lesen dieses Bilderbuchs habe ich sofort gemerkt, wie liebevoll die Geschichte aufgebaut ist. Wir begleite den Bären und die anderen Waldtiere auf ihrer vermeintlichen Geburtstagsexpedition – und ...

Beim Lesen dieses Bilderbuchs habe ich sofort gemerkt, wie liebevoll die Geschichte aufgebaut ist. Wir begleite den Bären und die anderen Waldtiere auf ihrer vermeintlichen Geburtstagsexpedition – und obwohl schnell klar wird, dass der Hase nicht ganz die Wahrheit gesagt hat, entsteht daraus eine wirklich berührende Erzählung. Besonders gefällt mir, wie verständlich die Themen Ehrlichkeit, Verantwortung und Zusammenhalt vermittelt werden, ohne dass es moralisch wirkt.

Die zweisprachige Gestaltung macht das Buch für mich zu etwas Besonderem. Ich kann direkt zwischen den Sprachen wechseln und merke, wie leicht Kinder einzelne Wörter und Sätze aufnehmen. Die Illustrationen unterstützen das wunderbar: Die warmen Naturfarben, die ausdrucksvollen Tiergesichter und die ruhigen Szenen machen jede Seite zu einem kleinen Erlebnis.

Auch die zusätzlichen Elemente – die Fragen zum Verständnis und der QR-Code mit der Audiofassung – nutze ich gern. Sie helfen, Gespräche über das Gelesene anzustoßen und bieten eine tolle Möglichkeit, Sprache hörbar zu machen.

Für mich ist dieses Buch ein gelungenes Zusammenspiel aus Humor, Lernmomenten und wunderschönen Bildern. Ob im Kindergarten, in der Schule oder zu Hause: Es lädt dazu ein, gemeinsam zu lesen, zu lachen und ein bisschen mehr über Freundschaft und Ehrlichkeit zu lernen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere