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Veröffentlicht am 03.04.2021

Spannender Roman über die Trauer von Eltern

Unter Wasser Nacht
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Dem Roman ist deutlich anzumerken, dass seine Autorin eigentlich Kriminalromane schreibt (unter dem Namen Susanne Kliem). Denn genauso spannend erzählt sie diese tragische Familiengeschichte, die den Leser ...

Dem Roman ist deutlich anzumerken, dass seine Autorin eigentlich Kriminalromane schreibt (unter dem Namen Susanne Kliem). Denn genauso spannend erzählt sie diese tragische Familiengeschichte, die den Leser zunächst eher an ein Verbrechen denn ein Unglück glauben lässt, das 13 Monate zuvor zum Tod durch Ertrinken des 11jährigen Aaron in der Elbe im Wendland geführt hat. Seine Eltern sind unfähig, ihre Trauer gemeinsam zu bewältigen, ihre Beziehung ist von Misstrauen überschattet ebenso wie ihr Verhältnis zu dem eng befreundeten Nachbars-Ehepaar. Als eine Fremde in der Gegend auftaucht, kommt es zu neuen Verwicklungen und Geheimnistuereien.
Die Geschichte ist sehr atmosphärisch geschrieben und bringt die Traurigkeit des Geschehens gut zum Ausdruck. Sehr facettenreich ist es, wie die Beteiligten jeder für sich das furchtbare Erlebnis verarbeiten. Interessant ist, wie nach und nach die Wahrheit über das verstorbene Kind ans Tageslicht kommt, das so gar nicht der Norm entsprach und daher von den eigenen Eltern nur schwer geliebt werden konnte. Viel Mühe verwendet die Autorin auf die Schilderung der Anti-Atomkraft-Demonstrationen in Gorleben, die bei Lesern entsprechenden Alters Wiedererkennungswert hat.

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Veröffentlicht am 03.04.2021

Ein Jugendlicher auf der Schwelle zum Erwachsenen

Der große Sommer
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Nach „Alte Sorten“ ein weiteres, sehr beeindruckendes Buch des Autor.
Im Mittelpunkt steht zwar der sechzehnjährige Frieder mit seinen Freunden. Der Roman spricht aber Leser aller Altersstufen an.
Die ...

Nach „Alte Sorten“ ein weiteres, sehr beeindruckendes Buch des Autor.
Im Mittelpunkt steht zwar der sechzehnjährige Frieder mit seinen Freunden. Der Roman spricht aber Leser aller Altersstufen an.
Die Sommerferien beginnen für Frieder mit Grausen. Denn statt mit seiner Großfamilie in die Ferien zu fahren, steht für ihn vormittägliches Pauken beim strengen, Angst einflößenden Großvater an, um sich auf Nachprüfungen in Latein und Mathe vorzubereiten. Dann aber wird alles gar nicht so schlimm. Frieder lernt seine erste Liebe kennen und verbringt viel Zeit mit ihr, seinem besten Freund und seiner Lieblingsschwester. Den vermeintlich unnahbaren Großvater lernt er richtig kennen und erhält eine neue Sicht auf ihn, seine Beziehung zur Großmutter und auf die eigene Familie. Einige Krisen lassen Frieder reifen.
Die Geschichte ist im Jahr 1981 angelegt und weckt bei mir als einem Kind der 1960er Jahre schöne nostalgische Erinnerungen, z.B. daran, dass man seinerzeit noch keine Handys hatte, sondern zum Telefonieren mit zwei Groschen in die Telefonzelle ging. Die Themen Liebe und Freundschaft werden sehr feinfühlig und facettenreich angegangen. Das sommerliche Leben in der Stadt wird sehr gelungen dargestellt, die Schauplätze und die Atmosphäre sind sehr bildhaft. Auch in Frieder kann man sich hervorragend hineinversetzen. Obwohl er manchmal etwas aufmüpfig ist und sich auch den einen oder anderen Dumme-Jungen-Streich erlaubt, verliert er zu keinem Zeitpunkt an Sympathie. Es macht einfach Spaß, seine Entwicklung vom Jungen zum Erwachsenen in diesem einen Sommer zu verfolgen.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Aufarbeitung einer schweren Kindheit

Als wir uns die Welt versprachen
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Dieser Roman hat einen schönen historischen Wert. Die Autorin greift in ihm die Thematik der sog. Schwabenkinder auf. Das sind die Tausende von Kindern verarmter Bauern aus Norditalien, die über drei Jahrhunderte ...

Dieser Roman hat einen schönen historischen Wert. Die Autorin greift in ihm die Thematik der sog. Schwabenkinder auf. Das sind die Tausende von Kindern verarmter Bauern aus Norditalien, die über drei Jahrhunderte hinweg bis Mitte des 20. Jahrhunderts von ihren Eltern für wenig Geld an Großbauern in Oberschwaben verkauft wurden, sich zu Fuß über die Alpen machten und auf den Höfen wie Sklaven arbeiten mussten. Die Protagonistin Edna ist ein solches Schwabenkind. In den 1930er Jahren schuftete sie in Ravensburg und sah sich neben der Arbeit Gewalt und Missbrauch ausgesetzt. Vom ersten Tag an ist Jacob mit dessen Papagei Emil ihr Freund, mit dem sie die gemeinsame Flucht plant, letztlich aber nur ihr allein gelingt. Als Hochbetagte entdeckt sie in einer Zeitschrift ein Foto von Jacob. Um eine ihr zeitlebens zu schaffen machende Schuld wiedergutzumachen, begibt sie sich zu Fuß mit Emil auf den schweren Weg zurück zu Jacob. Unterwegs erinnert sie sich an ihre Kindheit und macht hilfreiche Bekanntschaften.
Diese Mischung zwischen fiktiver Geschichte und historischem Kern berührt sehr und lässt die heutigen Leser, für die eine Kindheit wie Edna sie hatte, mitleiden. Während der historische Teil sehr realitätsgetreu dargestellt ist, ist die in der Gegenwart spielende Reise Ednas eindeutig als fiktiv erkennbar. Denn eine über neunzigjährige alte Frau, der auch bereits eine Demenzerkrankung bescheinigt ist, kann kaum zu Fuß mit einem Papagei im Marschgepäck einen Marsch von mehreren hundert Kilometern bewältigen. Sehr schön geschildert sind viele Begegnungen mit urigen, hilfreichen Menschen, von denen Edna jeweils Neues lernt.
Das Buch wirkt für mich irgendwie märchenhaft und lässt sich von allen Altersklassen lesen.

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Veröffentlicht am 26.03.2021

Menschliche und tierische Schicksale

Das Geschenk eines Regentages
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Das Buch enthält vier zusammenhängende Erzählungen über vier Personen mit unterschiedlichen Schicksalen, zwischen denen parallele Verbindungen hergestellt werden, insbesondere über ihre Katzen. Das Buch ...

Das Buch enthält vier zusammenhängende Erzählungen über vier Personen mit unterschiedlichen Schicksalen, zwischen denen parallele Verbindungen hergestellt werden, insbesondere über ihre Katzen. Das Buch basiert auf dem ersten Anime-Kurzfilm des Autors („Kanojo to Kanojo no Neko“), der von der Beziehung einer Katze zu ihrer Besitzerin handelt. Die einzelnen Geschichten thematisieren Einsamkeit, Unglück und Depression und zeichnen ein gutes Bild von der mir so fremden und andersartigen Kultur Japans und seinen Bewohnern, vor allem der so ganz anderen Frauenrolle. Das Buch ist für mich typisch japanisch und entspricht in seiner Art anderen Büchern japanischer Autoren, die ich gelegentlich schon gelesen habe. Auf jeden Fall muss man sich auf es einlassen wollen und sollte sich nicht daran stören, dass die Tiere sprechen können. Im Gegenteil, sie geben so manche Weisheit von sich.

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Veröffentlicht am 24.03.2021

Gekünstelt wirkende Familiengeschichte vor juristisch interessantem Hintergrund

Enriettas Vermächtnis
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Anlässlich einer Erbeinsetzung durch die berühmte argentinische Schriftstellerin Enrietta finden sich der plastische Chirurg Emilio aus Buenos Aires und die Schauspielerin Jana aus Salzburg beim Notar ...

Anlässlich einer Erbeinsetzung durch die berühmte argentinische Schriftstellerin Enrietta finden sich der plastische Chirurg Emilio aus Buenos Aires und die Schauspielerin Jana aus Salzburg beim Notar Leuthard in Zürich wieder. Später wird dann noch Armando involviert, der gemeinsam mit Emilio im Haushalt von dessen Vater aufwuchs und nun seinen Pflichtteil begehrt. Juristisch ist allerlei zu regeln, weil Emilio sein Erbe ausschlagen und dem vermeintlich kriminellen Armando das Pflichtteil streitig machen will. Am Ende steht das Verhältnis zwischen Armando und seiner verstorbenen Mutter in einem völlig neuen Licht.
Trotz des interessanten juristischen Hintergrunds der Geschichte hat sie mich enttäuscht zurückgelassen. Als Romanfiguren spielen neben einigen allzu zuvorkommenden Hoteliers und Gastwirten nur die vier vorgenannten Personen eine Rolle. Diese ergehen sich untereinander in gekünstelte, unwirklich und zu formal scheinende Dialoge, obwohl die Handlung doch in der Gegenwart angesiedelt ist. Als unpassend habe ich es empfunden, dass recht schnell verschiedene Liebesbeziehungen entstanden sind und am Ende alle vier Personen ihr bisheriges Leben auf den Kopf gestellt haben. Kritisch sehe ich schließlich, wie Emilio und Armando völlig dem Klischee argentinischer Machos und Frauenhelden entsprechend dargestellt werden.
Alles in allem ein Roman, den man nicht unbedingt gelesen haben muss.

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