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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mischung aus Romanze und Thriller

Wenn du mich siehst
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Ein ganz untypischer Roman des Autors, vermischt er doch die Genres Liebesgeschichte und Thriller. Bereits im Prolog wird eine namenlose männliche Person eingeführt, die sich an der Protagonistin rächen ...

Ein ganz untypischer Roman des Autors, vermischt er doch die Genres Liebesgeschichte und Thriller. Bereits im Prolog wird eine namenlose männliche Person eingeführt, die sich an der Protagonistin rächen will. Sodann werden die beiden Hauptfiguren vorgestellt. Colin Hancock ist in der Vergangenheit wegen zahlloser Kneipenschlägereien mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Im Bemühen, sich zu ändern, konzentriert er sich ganz auf sein Ziel, Lehrer zu werden, und den Käfigkampf, um Aggressionen abzubauen. Eines Nachts trifft er auf die mit einer Reifenpanne liegen gebliebene Maria Sanchez, die Anwältin ist. Angesichts des Autors wenig überraschend, entwickelt sich zwischen beiden eine Liebesbeziehung, die durch einen Maria wegen eines ihrer früheren Fälle gnadenlos verfolgenden Stalker gestört wird. Colin setzt alles daran, den Stalker zu fassen …

Die Kapitel sind abwechselnd Colin und Maria gewidmet und werden erzählt von einem beobachtenden Erzähler. Es ist sehr viel Dialog enthalten. Das sprachliche Niveau ist eher einfach gehalten und erinnert mit vielen Aufzählungen der Handlungsabfolge („erst …“, „danach …“, „dann …“) an Grundschulaufsätze. Colin ist aufgrund seiner Vergangenheit nicht gerade ein Sympathieträger. Seine Standardantwort „okay“ auf alle möglichen Fragen, sein Hang zur absoluten Ehrlichkeit und der Umstand, den Stalker im Alleingang wie ein Detektiv zu erwischen, sind etwas befremdlich. An Maria stört mich, dass sie als erfolgreiche junge Rechtsanwältin eingeführt wird, sich dann aber als schwach und ängstlich entpuppt. Die Auflösung des Geschehens um den Stalker fesselt bis zum Schluss.

Alles in allem ein sich im durchschnittlichen Rahmen bewegender Roman.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Es gibt immer ein Gestern

Als die Liebe endlich war
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Wer an dem Schicksal der Juden während des Nationalsozialismus interessiert ist, dem sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt.
Der Halbjude Carl flüchtet im Alter von 12 Jahren im Frühjahr 1938 mit Mutter ...


Wer an dem Schicksal der Juden während des Nationalsozialismus interessiert ist, dem sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt.
Der Halbjude Carl flüchtet im Alter von 12 Jahren im Frühjahr 1938 mit Mutter und Schwester aus seiner Heimat Regensburg nach Shanghai. Nach Kriegsende wandert er nach New York aus und heiratet die ebenfalls aus Deutschland stammende Emmi. Über 60 Jahre hindurch spielt ihre Vergangenheit für beide keine Rolle. Erst als eine Nachbarin Carl bittet, Unterlagen aus dem Nachlass ihres jüdischen Mannes zu übersetzen, stößt er auf eine Verbindung zwischen Emmi und dem KZ Dachau, die ihn vor die Frage stellt, wer Emmi eigentlich ist.

Formal ist dieser Roman in drei Abschnitte unterteilt. Der erste widmet sich Carls Flucht und Ankunft in Shanghai, der zweite schildert eine scheinbar ohne Zusammenhang hierzu stehende Geschichte über die junge Erna, die unmittelbar vor und während des Krieges bei ihrer Tante in München wohnt und arbeitet, der dritte handelt von den ersten Jahren Carls in Shanghai. Jedem Abschnitt ist dann ein im Jahr 2010 in einem New Yorker Vorort spielender Teil angehängt, in dem es um den nunmehr 84jährigen Carl und seine Ehefrau Emmi geht. Welche Verbindungen es zwischen dem mittleren Teil und dem Rest gibt, erschließt sich erst spät, was das Lesen umso spannender macht. Wenn auch das Schicksal von Carl und seiner Familie im Nationalsozialismus dem vieler anderer Juden ähnelt und schon Thema vieler anderer Romane war, so ist es dennoch sehr individuell und berührt sehr. Ich fand vor allem die Schilderung des Exil-Lebens in Shanghai sehr informativ, da mir nicht bewusst war, dass auch in China viele Juden Zuflucht gesucht haben. Neben all dem vermittelten historischen Wissen kommt auch die Unterhaltung nicht zu kurz. Vor allem der im Alter zum Grantler gewordene Carl verleitet so manches Mal zum Schmunzeln.

Dieses Buch kann ich uneingeschränkt empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Auf den Spuren der Vergangenheit

Das Haus der verlorenen Kinder
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Dieser Roman schlägt ein düsteres, den meisten wie mir bis dato sicherlich unbekanntes Kapitel deutscher Geschichte auf und führt uns nach Norwegen in die Zeit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. ...

Dieser Roman schlägt ein düsteres, den meisten wie mir bis dato sicherlich unbekanntes Kapitel deutscher Geschichte auf und führt uns nach Norwegen in die Zeit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Dort gab es von der SS gegründete sog. Lebensbornvereine, die aus rassen- und bevölkerungspolitischen Gründen norwegische Frauen unterstützten, welche von deutschen Soldaten geschwängert wurden. Entweder wurden finanzielle Hilfen geleistet oder die Kinder in Heimen bzw. Adoptionsfamilien in Deutschland untergebracht. Die Norwegerinnen waren bei ihren Landsleuten als Deutschenmädchen gebrandmarkt, selbst noch geraume Zeit nach Kriegsende. Zwei von ihnen sind die Freundinnen Lisbeth und Oda, aus deren Liebesbeziehungen zu deutschen Soldaten ihre beiden Töchter hervorgehen. Während Odas Siri nach dem tragischen Tod ihrer Mutter, in den Lisbeth involviert ist, in ein Kinderheim verbracht wird, nimmt man Lisbeth ihre Lieselotte als Strafe für deren Bemühen um Siris Schutz weg und gibt sie in ein Kinderheim in Deutschland, wo nach späterer Umwidmung zum Altersheim Lisbeth im Alter wohnt, ohne jemals ihre Tochter wiedergesehen zu haben. In der Gegenwart im Jahr 2005 suchen die Enkel von Lisbeth und Oda nach ihren Wurzeln und treffen aufeinander.

Wie schon angedeutet, zeichnet sich der Roman durch fundierte historische Kenntnisvermittlung aus. Die Autorin hat sehr gut recherchiert. Auch wird ersichtlich, dass sie sich zu diesem Zweck nach Norwegen begeben hat. Über Land und Leute sind viele interessante Informationen zu erhalten. Die Darstellung der historischen Zusammenhänge erfolgt dabei keineswegs trocken, sondern eingebettet in eine fesselnde, unterhaltende und berührende Liebesgeschichte, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg als verpönt galt. Dass die Geschichte abwechselnd in zwei Zeitsträngen spielt, die am Ende zusammengeführt werden, hält die Spannung gut aufrecht.

Ein Buch, das ich unbedingt empfehlen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Rätselhaft selbst für erfahrene Krimileser

Beim Leben meiner Tochter
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Eine Familie aus Frankreich macht Urlaub auf La Réunion. Die Mutter Liane begibt sich vom Pool ins Hotelzimmer. Eine Stunde später folgt ihr der Vater Martial. Aus dem Zimmer sind sämtliche von Lianes ...

Eine Familie aus Frankreich macht Urlaub auf La Réunion. Die Mutter Liane begibt sich vom Pool ins Hotelzimmer. Eine Stunde später folgt ihr der Vater Martial. Aus dem Zimmer sind sämtliche von Lianes Sachen verschwunden, es selbst ist voller Blutspuren. Martial meldet seine Frau als vermisst. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf und kommt bald zu dem Schluss, Martial muss Liane getötet haben. Es gibt noch weitere Leichen. Seiner Verhaftung entkommt Martial durch Flucht mit der sechsjährigen Tochter Josapha. Mit ihr begibt er sich ans andere Ende der Insel, wo sie ihre Mutter wiedersehen soll. Was ist im Hotelzimmer passiert? Ist Liane wirklich tot und hat Martial sie umgebracht?


Diese Frage treibt mich während der 400 Seiten dieses spannenden Thrillers um und lässt ihn mich nur ungern aus der Hand legen. Im Laufe der Geschichte gibt es viele überraschende Wendungen und Erkenntnisse zur Person Martials. Der Autor gönnt uns keine Atempause beim Miträtseln, wie die Lösung des Falles aussehen könnte. Das Ende ist genial und schlüssig gelöst. Interessant sind die vielen Aspekte, die über Land und Leute des französischen Départements La Réunion zu erfahren sind. Allerdings wird der Lesefluss zuweilen dadurch behindert, dass allerlei mir unbekannte Eigennamen/-begriffe wie z.B. Cafrine, Kreolen, Zoreilles verwendet werden, deren Bedeutung obendrein in einem angehängten Glossar nicht vollständig erklärt ist.

Ein spannender Thriller, den ich wärmstens empfehlen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ungewöhnliche Abrechnung mit dem Ehemann

Anatomie einer Absicht
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Schon die Eingangssätze „Ich beschloss meinen Mann umzubringen. Ja. Zu liquidieren. Von der Erdoberfläche zu entfernen.“ deuten auf einen ungewöhnlichen Roman hin. Diesen nüchternen, sachlichen, emotionslosen ...

Schon die Eingangssätze „Ich beschloss meinen Mann umzubringen. Ja. Zu liquidieren. Von der Erdoberfläche zu entfernen.“ deuten auf einen ungewöhnlichen Roman hin. Diesen nüchternen, sachlichen, emotionslosen Stil beibehaltend, legt die vierzigjährige, aus armen Verhältnissen stammende Protagonistin Lidia im Folgenden in einer Art inneren Monologs akribisch dar, weshalb der von ihr absichtlich herbeigeführte Tod ihres zwanzig Jahre älteren erfolgreichen Ehemannes anstelle einer Scheidung die einzige Möglichkeit der Beendigung ihrer einst als große Liebe begonnenen langjährigen Ehe ist. Ihre Ausführungen erinnern an eine Obduktion, genau übrigens wie die Zeichnung des Herzmuskels auf dem farblich auffälligen Cover. Lidia zerlegt und analysiert ihre gesamte Ehe; heraus kommen durch den Ehemann erlittene Demütigungen und Beleidigungen. Diesem Kapitel folgen noch vier weitere unterschiedlicher Länge, in denen zumeist andere Personen aus Lidias Umfeld zu Wort kommen. Auch in ihnen wird sich des Themas Gewalt angenommen. Geht es im Falle von Lidia eher um seelische Grausamkeiten in der Ehe, folgen jetzt Schilderungen körperlicher Gewalt (zum Nachteil von Lidias Putzfrau durch deren Ehemann, Helmuts gewaltsamer Tod bei einem Autounfall). Das Ende ist überraschend und auf eigene Weise furchtbar.
Das Buch erhält von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung.