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Veröffentlicht am 01.01.2017

Das Trauma von Kindesverschleppung und -missbrauch aufarbeitender Psychothriller

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
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Dies ist ein wirklich spannender Psychothriller, in dem nichts so ist, wie es anfänglich scheint.

Margot ist Lehrerin an einer Elite-Schule in Cambridge und gibt nebenbei als Amy in der Kolumne einer ...

Dies ist ein wirklich spannender Psychothriller, in dem nichts so ist, wie es anfänglich scheint.

Margot ist Lehrerin an einer Elite-Schule in Cambridge und gibt nebenbei als Amy in der Kolumne einer Tageszeitung Lebensratschläge an Ratsuchende. Sie ist sehr verständnisvoll und kann sich gut in Leute hineinversetzen, vielleicht, weil sie ihr eigenes Päckchen an Problemen mit sich herumträgt – Panikattacken, Scheidung, die eigene Vergangenheit. Als sie unter dem üblichen Stapel von Leseranfragen den Brief eines seit nahezu zwanzig Jahren vermissten und längst für tot gehaltenen Mädchens (Bethan Avery) mit der Bitte um Hilfe findet, stürzt sie sich verbissen in den Fall, zumal seit kurzem eine ihrer Schülerinnen (Katie Browne) unter ähnlichen Umständen verschwunden ist. Unterstützung erfährt sie von einem Kriminologen, der die Echtheit des Briefes beweist.

Eingestreut sind gelegentlich aus der Perspektive von Katie geschriebene Kapitel, die in demselben dunklen Keller gefangen gehalten wird wie einst Bethan, vom selben psychopathischen Entführer. Viele schlimme Dinge geschehen dort mit ihr. Aber sie gibt niemals die Hoffnung auf, gerettet zu werden. Ob sie den Wettlauf mit der Zeit gewinnt, ist eine der entscheidenden Fragen neben denen, warum Bethan so lange Jahre kein Zeichen von sich gegeben hat und warum sie gerade Amy als Adressatin ihrer Hilferufe aussucht. Man lechzt geradezu nach Antworten. Im Laufe der Geschichte lernen wir Margot immer besser kennen und erfahren, dass das Leben sie schwer gezeichnet hat. Sie hilft anderen, weil sie selbst Hilfe braucht. Das psychologische Phänomen, das dahinter steckt, ist höchst interessant. Von Anfang bis Ende gibt es gelungene Wendungen. Nicht so sehr die Aufklärung der Vermisstenfälle rückt in den Vordergrund, sondern die Charaktere der Romanfiguren. Sehr berührend sind die angerissenen Themen Traumata und deren Verarbeitung, Entführung und Missbrauch von Mädchen. Der Autorin gelingt es gut, den Horror, dem Bethan und Katie ausgesetzt waren, nur anzudeuten und nicht zu sehr ins Detail zu gehen. Und trotzdem lassen sich ihre Qualen und Alpträume nachempfinden.

Das Buch empfehle ich Lesern von Psychothrillern, die in die Tiefe gehen.

Veröffentlicht am 30.12.2016

Mathematische Partnersuche

Ausgerechnet wir
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Die Autorin ist bekannt geworden durch ihre dreibändige Reihe rund um „Die Dienstagsfrauen“, von denen mich nur der erste Band überzeugen konnte. Umso zufriedener lässt mich das vorliegende Buch zurück. ...

Die Autorin ist bekannt geworden durch ihre dreibändige Reihe rund um „Die Dienstagsfrauen“, von denen mich nur der erste Band überzeugen konnte. Umso zufriedener lässt mich das vorliegende Buch zurück.
Protagonist ist nunmehr ein Mann, der 29jährige, eigenbrötlerische, mäßig erfolgreiche Unternehmensberater Tom. Zahlen sind sein Ein und Alles. Sein Single-Dasein hofft er über eine auf mathematischen Formeln basierende Datingseite zu beenden. Und tatsächlich wird ihm Lisa vermittelt, die Tom aufgrund 94 %iger Übereinstimmung als perfekte Frau erscheint. Nur stand leider ihre Mutter als Kupplerin dahinter. Fast schon resignierend, beherzigt Tom den Rat seines frauenverstehenden Ex-Schwagers, 28 Tage lang andere mit Geschenken zu beglücken, damit das Leben dann auch ihm Geschenke machen kann. Leider wird Toms Leben damit zusehends chaotischer. Lisa selbst begegnet Tom dann in einer Großbäckerei, die beide in Konkurrenz zueinander auf Vordermann bringen sollen. Ob er jetzt Lisa davon überzeugen kann, die Liebe seines Lebens zu sein?

Für mich ist das Buch Frauenliteratur vom Besten. Es ist kein schnulziger Liebesroman und untersucht auf ungewöhnliche Weise, ob es Liebe nach mathematischen Regeln geben kann. Das Ganze geschieht recht humorvoll. Überraschend ist, dass die als trocken geltende Mathematik für so manchen Lacher sorgt. Die Beschreibung von Tom als Zahlennerd sowie die vielen Zahlenspiele und Bezugnahmen auf die Mathematik sind einfach nur amüsant und nebenbei recht wissenswert. Z.B. schätzt Tom die Größe des Zimmers seines Vaters im Altenheim auf 4,4 mal 3,8 und auf ein Volumen von 38.456 Kubibmetern bei einer Deckenhöhe von 2 Meter 30 oder beschreibt er seinen Vater als den Mann, der die Familie vor 277 Monaten und 25 Tagen verlassen hat oder liest er aus seiner gefalteten Badehosenaufschrift 128√e980 I LOVE YOU. Gelungen ist das Ende der Geschichte, das natürlich ganz anders ist als erwartet.


Veröffentlicht am 13.12.2016

Neues aus dem chaotischen Familienleben der Bundschuhs

Ihr seid natürlich eingeladen
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Dem auf dem Buchrücken abgedruckten Kommentar der Zeitschrift „Bunte“ über das Buch – „Urkomisch!“ – kann ich nur beipflichten. Das Buch reiht sich an seine beiden Vorgänger aus der Serie der vor allem ...

Dem auf dem Buchrücken abgedruckten Kommentar der Zeitschrift „Bunte“ über das Buch – „Urkomisch!“ – kann ich nur beipflichten. Das Buch reiht sich an seine beiden Vorgänger aus der Serie der vor allem als Fernsehschauspielerin bekannten Autorin – „Von Erholung war nie die Rede“ und „Tief durchatmen, die Familie kommt“ -, kann aber ohne weiteres allein gelesen werden. Wiederum findet bei der Berliner Familie Bundschuh ein Familientreffen mit Mutter, Schwiegermutter, Bruder und Schwägerin statt, zu denen sich anlässlich der Hochzeit des Ältesten noch einige Mitglieder seiner künftigen Familie aus Amerika gesellen. Wie es denn bei solchen Familientreffen nicht selten ist, geraten alle Verwandten in den verschiedensten Konstellationen aneinander und beim Hochzeitsfest geht so manches in den Stadien von Vorbereitung bis Durchführung schief, woran auch noch die Nachbarn und Haushunde ihren Anteil haben. Das alles ist so amüsant geschrieben, dass man sich ein Dauerschmunzeln nicht verkneifen kann. Sicherlich, einiges ist überzogen dargestellt. Aber nichts ist so, als dass es nicht im wirklichen Leben auch passieren könnte und so wird der eine oder andere vielleicht Parallelen in seinem eigenen Familienleben finden.

Ohne Wenn und Aber fünf Sterne.

Veröffentlicht am 20.11.2016

Spannender Kriminalfall, der erst spät gelöst wird

Gedenke mein
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Die Autorin ist bekannt für ihre Krimi-Reihe um Kommissar Dühnfort. Im vorliegenden Buch steht allerdings nicht er als polizeilicher Ermittler im Vordergrund, sondern seine Lebensgefährtin Gina Angelucci, ...

Die Autorin ist bekannt für ihre Krimi-Reihe um Kommissar Dühnfort. Im vorliegenden Buch steht allerdings nicht er als polizeilicher Ermittler im Vordergrund, sondern seine Lebensgefährtin Gina Angelucci, zu deren Aufgaben die Aufklärung von seit langen Jahren ungelösten Mordfällen gehört. Natürlich gibt es aber auch private und berufliche Verflechtungen mit Dühnfort.
Gina gibt dem Drängen der Mutter der vor zehn Jahren verschwundenen und niemals gefundenen kleinen Marie nach. Während die Mutter fest daran glaubt, das Mädchen lebt noch, will Gina nur ihre Leiche finden, damit die Mutter endlich trauern und mit dem Geschehen abschließen kann. Nachdem seinerzeit von Selbstmord des Vaters unter Mitnahme von Marie in den Tod ausgegangen wurde, tun sich jetzt für Gina völlig überraschende Spuren auf …
Die Geschichte ist äußerst spannend erzählt. Sowohl hinsichtlich des Geschehens vor zehn Jahren als auch hinsichtlich der Person des Täters bleibt der Leser lange im Unklaren, übrigens genauso die Polizei. Es kommen nach und nach furchtbare Wahrheiten ans Licht, die Ähnlichkeiten mit realen Fällen haben, die in jüngster Vergangenheit durch die Medien gingen.

Für Krimifans sehr zu empfehlen.

Veröffentlicht am 14.10.2016

Mit 80+ ist noch längst nicht Schluss

Eierlikörtage
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Ob es ihn wirklich gibt, den netten dreiundachtzigeinvierteljährigen Senior Hendrik Groen, der vom 1. Januar bis 31. Dezember 2013 fast täglich Tagebuchaufzeichnungen über sein Leben in einem Amsterdamer ...

Ob es ihn wirklich gibt, den netten dreiundachtzigeinvierteljährigen Senior Hendrik Groen, der vom 1. Januar bis 31. Dezember 2013 fast täglich Tagebuchaufzeichnungen über sein Leben in einem Amsterdamer Seniorenheim verfasst hat, die nun als Sammlung in Buchform vorliegen, oder wer sonst hinter dem Verfasser steht, lässt sich dem Buch nicht entnehmen. Auf jeden Fall klingt alles sehr authentisch und ist der Tagebuchschreiber ein wohl untypischer Seniorenheimbewohner. Er ist das ständige Gejammer seiner betagten Mitbewohner über alles und jeden überdrüssig und will sich an seinen letzten Lebenstagen – denn die Kürze der ihm verbleibenden Zeit ist ihm durchaus allgegenwärtig – noch einmal richtig erfreuen. Das gelingt ihm mit dem aus gleichgesinnten Freunden bestehenden Club Alt-aber-nicht-tot (kurz: Alanito), täglichen Ausfahrten mit seinem Elektromobil, dem Kümmern um seine gesundheitlich noch angeschlageneren Freunde und der Herausforderung des Schreibens eines Tagebuchs recht gut. Letzteres enthält Anekdötchen aus dem Heimleben, von Hendrik kommentierte Fakten der niederländischen Seniorenpolitik, seine Gedanken zur Rolle alter Leute in der Gesellschaft und eigene Ansichten zum Leben im Altersheim mit gebrechlichen, abgeschobenen, dem Tode nahen Bewohnern. Obwohl Krankheit und Tod immer wieder thematisiert werden, denn das Schicksal verschont auch Hendrik und seine Freunde nicht, liest sich alles locker und angenehm. Das ist vor allem dem wunderbaren Schreibstil Hendriks geschuldet, der an trockenem Humor und Ironie nicht spart. Am Ende wird Hendrik zu einem tollen Vorbild und es lässt sich das persönliche Fazit ziehen, dass ein Lebensabend im Altersheim nicht unbedingt das A und O ist, dort aber durchaus noch Lebensfreude zu finden ist.

Ein von mir uneingeschränkt empfohlener Roman für Leser aller Altersgruppen.