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Veröffentlicht am 16.03.2023

Mann aus Amerika

Das Mädchen und der General
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Seine Ex-Freundin June sucht BKA-Kommissar Phil Gerber auf. Völlig aufgelöst, weil sie wohl verfolgt wird. Mit knapper Not können die Beiden entkommen. Doch noch aus einem anderen Grund hat June Philipp ...

Seine Ex-Freundin June sucht BKA-Kommissar Phil Gerber auf. Völlig aufgelöst, weil sie wohl verfolgt wird. Mit knapper Not können die Beiden entkommen. Doch noch aus einem anderen Grund hat June Philipp aufgesucht. Ihrem Vater dem General Hiram Anderson sind geheime Papiere abhanden gekommen. Wahrscheinlich ausgerechnet während eines Stelldicheins mit Rosemarie Nitribitt und die wurde in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Nicht nur, dass der General zu den Verdächtigen gezählt wird, auch seine berufliche Reputation steht wegen der verlorenen Dokumente auf dem Spiel. Hauptkommissar Gerber kehrt an seine alte Wirkungsstätte Frankfurt zurück, um seinem ehemaligen Vorgesetzten zu helfen.

Zum dritten Mal ermittelt Hauptkommissar Philipp Gerber in einem Kriminalfall, in dem historisch belegte Ereignisse durch die Phantasie des Autors eine andere Wendung nehmen. Vermutlich hätte Gerber nicht daran gedacht, dass er nochmal für seinen ehemaligen Chef General Anderson tätig sein würde. Mit Zustimmung seiner Vorgesetzten stellt er Nachforschungen an, die den Mord an der Nitribitt aufklären und dem General gleichzeitig aus der Patsche helfen sollen. Phils Freundin die Journalistin Eva Herden weilt zu einer Reportage in Paris. Dennoch ist Gerber nicht auf sich alleine gestellt. Als eine Art Verbindungsmann fungiert sein alter Freund Harald Warnke, der bei der Frankfurter Polizei tätig ist.

Der Fall Nitribitt ist auch heute noch von Mythen umrankt und nie richtig aufgeklärt worden. Sehr zielstrebig hat Rosemarie Nitribitt versucht sich als Prostituierte ein besseres Leben zu verschaffen. Doch irgendwann geriet sie an den Falschen und wurde umgebracht. Wie der Autor diese Ausgangslage genutzt hat, um den Fall mit Themen wie Politik oder Geheimdienstaktivitäten zu verquicken, ist wirklich spannend zu lesen. Hinzu kommen noch die persönlichen Lebensumstände von Eva Herden und Philipp Gerber, die einem über die vorherigen Bände schon ans Herz gewachsen sind. Auch die politische Lage in der noch jungen Bundesrepublik ist sehr realistisch dargestellt. Die Behäbigkeit, aber auch die Zielstrebigkeit, mit der die BRD nach Westen strebte, wie sie durchaus als Frontstaat zu verstehen war. Entwicklungen, die nicht in Vergessenheit geraten sollten. Ein intelligenter und interessanter zeitgeschichtlicher Krimi, der sich packend weg liest. Mögen dem Autor noch weitere Ideen kommen, um die Geschichte von Philipp Gerber und Eva Herden weiterzuerzählen. Ein zeitgeschichtlicher Rahmen findet sich bestimmt.

Veröffentlicht am 13.03.2023

Die Kuisls in Altötting

Die Henkerstochter und die Schwarze Madonna (Die Henkerstochter-Saga 9)
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Weil sein Enkel Paul mal aus Schongau rausmuss, fährt der nun schon um die 70jährige ehemalige Henker Jakob Kuisl mit nach München. Dort treffen sie seine Tochter Magdalena und ihren Mann Simon. Auch Sohn ...

Weil sein Enkel Paul mal aus Schongau rausmuss, fährt der nun schon um die 70jährige ehemalige Henker Jakob Kuisl mit nach München. Dort treffen sie seine Tochter Magdalena und ihren Mann Simon. Auch Sohn Peter reist an. Er kommt mit der Nachricht, der Kurfürst Max Emanuel habe ihn auf eine Wallfahrt nach Altötting befohlen. Und so macht sich die gesamte Familie Kuisl auf zu dem Wallfahrtsort mit der schwarzen Madonna. Mit dem Kaiser Leopold I von Österreich will der Kurfürst ein Bündnis gegen die Türken schmieden. Kaum jedoch sind die Kuisls in Altötting ein getroffen, wird Simon als Kurfürstlicher Leibarzt zu dem erkrankten Leibarzt der Kaiserin gerufen. Als dieser bald darauf stirbt, hat beginnen die Kuisls zu ermitteln.

In diesem neunten Band der Reihe um die Henkerstochter und ihre Familie gibt es viele Rätsel zu lösen. Das fängt mit einem einfachen Diebstahl an und geht über den Todesfall des Leibarztes zu verschiedenen Anschlägen. Alles scheint irgendwie zusammenzuhängen, doch nichts passt richtig zusammen. Magdalena ist in großer Sorge um Paul, der ein Händchen dafür hat, sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen. So ist es Jakob, der trotz seines fortgeschrittenen Alters, zu Hochform auflaufen muss. Gemeinsam mit seiner zehnjährigen Enkelin Sofia, die ihm mit ihrer pfiffigen Art durchaus das Wasser reichen kann.

Gekonnt und lebendig vorgetragen wird dieses spannende Hörbuch von Johannes Steck. Es ist eine Freude mal wieder von der Henkerstochter zu lesen bzw. zu hören. Diese Reihe historischer Kriminalromane, die einem die historischen Hintergründe näherbringen, ist immer zu empfehlen. Dabei muss man nicht jeden Band gelesen haben, man kommt immer wieder gut rein. Die Kusls sind sympathisch und ihre kleinen Streitereien, ihre Sorgen um einander, ihre Freude miteinander, das ist wie bei einer Familie aus dem echten Leben. Dazu kommen fesselnde Verwicklungen um das Treffen von Max Emanuel und Kaiser Leopold I. Man tappt im Dunkeln und hört gespannt, wie sich die Hinweise aneinander fügen und zu einer ganz anderen Lösung finden als man sich vorgestellt hat. Sehr gute Unterhaltung durch diesen historischen Kriminalroman ist gesichert.

Veröffentlicht am 12.03.2023

Aus Amerika

Zeitreisen für Anfänger
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Die Journalistin Rosie soll über ein neues Projekt für eine TV-Dokumentation berichten. Vorher streitet sie sich mit ihrem Freund Will und als sie vor Ort ankommt geht es ihr nicht so gut. Auf der Schwelle ...

Die Journalistin Rosie soll über ein neues Projekt für eine TV-Dokumentation berichten. Vorher streitet sie sich mit ihrem Freund Will und als sie vor Ort ankommt geht es ihr nicht so gut. Auf der Schwelle des fünfziger-Jahre-Hauses bricht Rosie zusammen. Als sie wieder zu sich kommt, ist alles anders. Statt im fünfziger-Jahre-Haus, scheint sie tatsächlich in den fünfziger Jahren gelandet zu sein. Auch in ihrer neuen Welt arbeitet sie als eine der ersten weiblichen Reporterinnen bei derselben Zeitung wie in der Gegenwart. Will, der ebenfalls dort arbeitet, wird nun allerdings Billy genannt, ist verheiratet und hat mehrere Kinder.

Was für eine Katastrophe. Aller Komfort aus der Gegenwart weg, Computer, Handys, Internet. Als Journalistin denke man nur an die Rechtschreibprüfung. Schreiben auf echten manuellen Schreibmaschinen ohne Autokorrektur dafür mit Durchschlägen und Kohlepapier. Das ist nicht leicht zu handhaben. Wenn dann noch vermeintlich Bekannte aus der Gegenwart auftauchen, die dann doch ganz anders sind. Und nicht zu vergessen, die kratzige Unterwäsche. Da kann es schon schwer fallen, die Situation anzunehmen. Nicht alles ist dabei negativ. Natürlich vermisst Rosie die Annehmlichkeiten, aber irgendwie wirkt das Leben der Fünfziger Jahre authentischer. Rosie fällt allerdings auf, weil sie zum Beispiel Frauenrechte als gegeben sieht, von denen damals noch niemand zu träumen wagte. Dann sagt sie, in Amerika, wo sie herkomme, sei das so.

Bei dem Titel, dem Cover und dem Klappentext erwartet man Zeitreisen, die auf witzige Art zu einer Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart führen und vielleicht, dass die Menschen beider Zeitebenen etwas voneinander lernen können. Und so knabbert man etwas, weil die Handlung im Buch sich anders entwickelt. Man muss sich halt von den Erwartungen lösen, dann hat man einen schönen Roman, in dem man die Fünfziger ohne rosarote Brille kennenlernen kann. Auch wenn damals die Erwachsenen das Sagen hatten, die Frauen hatten meistens nicht das Sagen. Weder im Beruf noch im Privaten. Diesen Teil der Zeit möchte man wirklich nicht wiederhaben. Vielleicht denkt man, die Vernunftehen von früher, waren nicht das Schlechteste, die pragmatische Herangehensweise an das Leben ebensowenig. Für Rosie erscheint der Ausflug in die Fünfziger wie eine Aufgabe, durch die sie ihr Leben und ihre Wünsche überdenkt. Und so bietet dieser Roman zwar nicht die Zeitreisen und den Witz, wie erhofft, aber doch eine charmante Heldin, die sich auch in einer anderen Welt zu behaupten weiß.

Veröffentlicht am 11.03.2023

Die 68er

Kinder des Aufbruchs
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Seit einigen Jahren leben die Zwillingsschwestern Alice und Emma nun schon in West-Berlin. Emma trauert nach einer Fehlgeburt sehr um ihr Kind, während ihr Mann Julius meint, das Leben müsse nach einem ...

Seit einigen Jahren leben die Zwillingsschwestern Alice und Emma nun schon in West-Berlin. Emma trauert nach einer Fehlgeburt sehr um ihr Kind, während ihr Mann Julius meint, das Leben müsse nach einem Jahr doch mal weitergehen. Alice dagegen lebt in ihrer Vernunftehe mit dem Anwalt Max recht glücklich. Als Journalistin ist sie eine der wenigen verheirateten Frauen, die arbeiten. Ihre Tochter Lisa findet das nicht immer gut, aber wenn Tante Ems kommt, ist viel vergeben. Nach einem Termin als Übersetzerin in einem Waisenhaus versteckt sich der 11jährige Luca in Emmas Auto. Und Alice beginnt eine Reportage über die Proteste gegen den Shah, was sie viel näher an die Studentenbewegung und die Demonstrationen bringt als eigentlich geplant.

Die Geschichte der beiden Schwestern, die nach der Flucht aus Ostpreußen zunächst getrennt in Ost- und West-Berlin lebten, geht weiter. Es ist etwas Zeit vergangen und die Proteste der 68er haben begonnen. Manchmal wird es gewalttätig wobei der Einsatz der Polizei nicht gerade deeskalierend wirkt. Aus verschiedenen Perspektiven blicken Emma und Alice auf das Geschehen. Und aus verschiedenen Richtungen werden sie in die Ereignisse hineingezogen. Bei Emma könnte die Sehnsucht nach einem eigenen Kind der Auslöser sein, während es bei Alice eher das schlechte Gewissen ist.

Deutsche Zeitgeschichte toll erzählt. Am Beginn vielleicht etwas weit ausgeholt entwickelt sich die Handlung doch wieder sehr fesselnd. Schön, wie sich die Schwestern nach der langen Trennung und ihrem unterschiedlichen Hintergrund zusammengefunden haben und sich gegenseitig eine Stütze sind. Aus unterschiedlichen Gründen werden sie in die Ereignisse um die Proteste und die beginnende 68er Bewegung verwickelt. Berlin als Schmelztiegel zwischen Ost und West wird zweifellos auch von sämtlichen Geheimdiensten für ihre Zwecke genutzt. Nicht immer kann man wissen, wem man trauen kenn. Vor dem detailliert recherchierten politischen Hintergrund entwickelt sich eine rasante Story um die beiden Schwestern und ihre Familien. Gerade in der heutigen Zeit ist diese Art der Geschichte wieder näher als man sich wünschen würde. Unsere schöne langweilige und friedliche Zeit ist leider erstmal vorbei. Und so erscheint es sehr sinnvoll, sich einige Dinge in Erinnerung zu rufen. Wenn man dann noch eine packende Erzählung dazu bekommt, kann man sich nicht mehr wünschen.

Veröffentlicht am 07.03.2023

Forss und Nyström

In stürmischer Nacht
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Nach einem Brand wird eine Leiche gefunden, die so verbrannt ist, dass sie nicht sofort identifiziert werden kann. Stina Forss und ihre Chefin Ingrid Nyström beginnen mit den Ermittlungen. Das Haus gehörte ...

Nach einem Brand wird eine Leiche gefunden, die so verbrannt ist, dass sie nicht sofort identifiziert werden kann. Stina Forss und ihre Chefin Ingrid Nyström beginnen mit den Ermittlungen. Das Haus gehörte Norwegischen Touristen, die zunächst nirgends erreicht werden können. Auch die Nachbarschaft wird befragt. Und so finden die Ermittler und Ermittlerinnen heraus, dass sich in der Gegend bereits zehn Jahre zuvor eine Tragödie ereignet hat. Während eines verheerenden Sturms ist der Bauer Niels Johansson durch einen Unfall zu Tode gekommen. Und nun ist auch seine Frau verstorben und seine Tochter Emma ist verschwunden.

In diesem vierten Band der Reihe müssen Ingrid Nyström und Stina Forss, die vorher bei der Kripo Berlin gearbeitet hat, die Hinweise aus der Vergangenheit lesen, um den Fall in der Gegenwart lösen zu können. Wie so häufig beginnen die Nachforschungen dabei mit Klinken putzen. Wer ist der Tote? Noch nicht einmal das Geschlecht kann mit Sicherheit bestimmt werden. Warum brannte das Anwesen? Wer profitiert? In ihrer ureigenen Art stürmt Stina Forss voran und hat manchmal auch Glück, aber auch die nötige Hartnäckigkeit, um etwas herauszufinden. Dagegen lebt Ingrid Nyström von ihrer großen Erfahrung und ihrer Fähigkeit, ein Team zu leiten.

In diesem spannenden Kriminalroman werden Vergangenheit und Gegenwart geschickt verknüpft. Der Leser erfährt von den Ereignissen, die zehn Jahre vorher stattfanden, womit der den Ermittlern teilweise etwas voraus ist. Dennoch bleibt die Story immer fesselnd. Als kleines Manko könnte man empfinden, dass einzelne der Beamten ein recht problembehaftetes Privatleben haben. Zwar werden sie als Personen nahbarer, aber ein normal langweiliges Leben ist durchaus auch interessant und kann eine Abwechslung darstellen. Packend sind dagegen die Verwicklungen unter den beteiligten Personen, die irgendwie alle etwas miteinander zu tun haben. Nach und nach erschließt sich was und wie. Und hier mitzuraten regt die grauen Zellen an. So ganz hinter die Dinge blickt man natürlich nicht.