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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.04.2024

Poetisch und atmosphärisch, aber mit einem verworrenen Handlungsstrang – "Die Tage des Wals" hinterlässt gemischte Gefühle.

Die Tage des Wals
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"...ich habe das Meer gebeten, und das Meer hat euch mir geschenkt." - Buchzitat (S.54)
"All meine Entscheidungen kamen mir vor, als versuchte ich, einen Fisch zu fangen, den es nicht gab, bis ich ihn ...

"...ich habe das Meer gebeten, und das Meer hat euch mir geschenkt." - Buchzitat (S.54)
"All meine Entscheidungen kamen mir vor, als versuchte ich, einen Fisch zu fangen, den es nicht gab, bis ich ihn fing." - Buchzitat (S.29)

In "Die Tage des Wals" entführt uns Elizabeth O'Connor auf eine fiktive abgelegene Insel vor der walisischen Küste im Jahr 1938. Die Autorin, Elizabeth O'Connor, bekannt für ihre Prosa und Gedichte, präsentiert mit diesem Buch ihr beeindruckendes Debüt, das von einer jungen Frau und einem gestrandeten Wal erzählt.

Die Geschichte handelt von der achtzehnjährigen Manod, die von einem Leben auf dem Festland träumt. Als ein Wal strandet, bringt dies nicht nur Unheil über die Fischer der Insel, sondern auch zwei Forscher aus Oxford, Edward und Joan. Manod wird zu ihrer Übersetzerin und Gehilfin, doch was als Zweckgemeinschaft beginnt, entwickelt sich zu einer Freundschaft, die von Hoffnungen und Sehnsüchten geprägt ist.

Das Buch lässt mich ehrlicherweise mit gemischten Gefühlen zurück. Auf der einen Seite beeindruckte mich die poetische Sprache und die eindrückliche bildhafte Darstellung der Insel und ihrer Bewohner:innen. Die Atmosphäre, die O'Connor erschafft, ist fesselnd und lässt tief in die Insel-Gemeinschaft eintauchen. Besonders die familiäre Dynamik und die Beziehungen zwischen den Charakteren sind gut ausgearbeitet und tragen zur Tiefe der Geschichte bei. Manod als Protagonistin ist faszinierend, gleichzeitig erwachsen und kindlich, und ihr Streben nach einem Leben jenseits der traditionellen Geschlechterrollen ist besonders wenn man sich anschaut, wie die anderen Mädchen in ihrem Alter leben und denken. Auch die Themen, die das Buch anspricht – wie die Beziehung zwischen Mensch und Natur, die Bedeutung von Gemeinschaft und die Suche nach Identität – sind von zeitloser Relevanz und regen zum Nachdenken an.

Die kurzen "Kapitel" finde ich einerseits praktisch, andererseits wirkt es auf mich auch sehr unruhig wenn teilweise ein Kapitel nur ne halbe Seite hat, dann wiederum sich auf 4+ Seiten erstreckt. Irgendwie passt es aber zum Charakter vom Buch und ich stell mir vor, dass das vlt. das unruhige Meer charakterisiert?
Auch fühlte sich die Handlung für mich auch oft fragmentiert und unruhig an. Es gab Momente, in denen ich nicht wusste, was die Geschichte mir eigentlich sagen will. Einige Handlungsstränge blieben unklar oder wurden nicht zufriedenstellend aufgelöst, was mich am Ende ratlos zurückgelassen hat. Vor allem das Ende.

Insgesamt würde ich "Die Tage des Wals" als eine eher herausfordernde Lektüre beschreiben. Es ist ein Buch, das sowohl mit seiner Sprache als auch mit seiner Atmosphäre beeindruckt, aber gleichzeitig an einer klaren vor allem spannenden Handlung bzw. einer befriedigenden Auflösung der Handlung mangelt. Wer sich auf eine poetische Reise voller Schönheit und Rätsel einlassen möchte, wird sicherlich von diesem Debütroman begeistert sein. Mich konnte es trotz der poetischen Sprache und der atmosphärischen Beschreibungen nicht wirklich überzeugen. Daher vergebe ich 2 von 5 Sternen.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Das hat jedoch keinen Einfluss auf die Bewertung.

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Veröffentlicht am 21.04.2024

Kathleen Collins' Kurzgeschichten sind ein kraftvolles Zeugnis Schwarzer Frauen im Kampf für Gerechtigkeit.

Nur einmal
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In "Nur einmal" entführt uns Kathleen Collins in die aufgeladene Atmosphäre der Bürgerrechtsbewegung, wo junge schwarze Frauen in den Süden ziehen, um gegen die Segregation zu kämpfen und neue Freiheiten ...

In "Nur einmal" entführt uns Kathleen Collins in die aufgeladene Atmosphäre der Bürgerrechtsbewegung, wo junge schwarze Frauen in den Süden ziehen, um gegen die Segregation zu kämpfen und neue Freiheiten zu entdecken. Die Autorin, Kathleen Collins, geboren 1942 in New Jersey, war nicht nur politisch aktiv, sondern auch eine Pionierin des afroamerikanischen Films. Trotz ihrer Bedeutung erlebte sie erst posthum, 27 Jahre nach ihrem Tod, den verdienten Ruhm für ihre literarischen Werke.

Das Buch selbst präsentiert 16 Kurzgeschichten, die jeweils einen Einblick in das Leben und die Erfahrungen schwarzer Frauen während der Bürgerrechtsbewegung geben. Jede Geschichte wirft einen Blick auf die Vorurteile zwischen Schwarz und Weiß, während Collins die Stimmen ihrer Protagonistinnen einfühlsam zum Ausdruck bringt. Die Geschichten beginnen oft ohne Einordnung und enden abrupt, was das Lesen manchmal etwas erschwert oder mich auch mit Fragen zurückgelassen hat.

Das Buch habe ich, um ehrlich zu sein, vor allem aufgrund des wunderschönes Covers gekauft - wobei mich der Klappentext auch angesprochen hat. Überraschte war ich dann, dass es sich um Kurzgeschichten handelte, statt einem durchgehenden Roman. Normalerweise lese ich nämlich eher keine Kurzgeschichten - die Geschichten von Kathleen Collins haben mich aber trotzdem emotional sehr berührt. Besonders die Geschichte "Rettungsleinen". Die Geschichten sind nicht nur zeitlos, sondern auch hochaktuell. Obwohl sie in den 60ern spielen, spiegeln sie doch die Realitäten vieler Menschen heute wider. Das Buch wirft einen eindringlichen Blick auf die Vorurteile zwischen Schwarz und Weiß, ohne dabei in Klischees zu verfallen.
Jede Geschichte hat ihre eigene Atmosphäre, ihre eigene Stimme. Collins' Schreibstil ist poetisch und einfühlsam, und doch direkt und ungeschönt. Sie scheut sich nicht davor, die dunklen Seiten des Lebens zu beleuchten, aber gleichzeitig strahlen ihre Geschichten auch Hoffnung aus. Besonders beeindruckend fand ich, wie Collins den Doppelkampf schwarzer Frauen darstellt, die nicht nur mit Rassismus, sondern auch mit Sexismus konfrontiert sind. Ihre Protagonistinnen sind starke, komplexe Charaktere, die sich trotz aller Widrigkeiten behaupten.
Nicht jede Geschichte konnte mich gleichermaßen packen. Manche waren mir zu abstrakt bzw. zu weit weg von meiner Lebensrealität, zu schwer zugänglich. Auch fehlte mir manchmal etwas mehr Hintergrundinformation, um die Handlung besser einordnen zu können. Das Nachwort von Daniel Kampa und Cornelia Künne, das von der Entstehung der Geschichten erzählt und die Autorin in den historischen Kontext einbettet, hat mir extrem geholfen, historische Zusammenhänge besser zu verstehen und einige der Geschichten in den Kontext der Black American History einzuordnen. Außerdem erinnert es daran, dass Kathleen Collins zu Lebzeiten oft abgewiesen wurde und erst posthum die Anerkennung erfuhr, die sie verdient. Die Diskrepanz zwischen ihrem damaligen Misserfolg und ihrem heutigen Ruhm erinnert an ähnliche Schicksale anderer Künstlerinnen wie Lucia Berlin.

Zusammenfassend gebe ich "Nur einmal" verdiente 4 von 5 Sternen. Kathleen Collins hat mit "Nur einmal" ein Werk geschaffen, das nicht nur literarisch wertvoll ist, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte leistet. Die Vielfalt der Geschichten und der einfühlsame Schreibstil machen das Buch zu einer lohnenswerten Lektüre.

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Veröffentlicht am 20.04.2024

Themen top, Umsetzung (für mich) eher flop.

Wovon wir leben
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Das Buch "Wovon wir leben" von Birgit Birnbacher ist eine Geschichte über Julia, die nach einem lebensbedrohlichen Fehler in ihrem Beruf zurück ins Dorf ihrer Kindheit kehrt und sich dort mit den Herausforderungen ...

Das Buch "Wovon wir leben" von Birgit Birnbacher ist eine Geschichte über Julia, die nach einem lebensbedrohlichen Fehler in ihrem Beruf zurück ins Dorf ihrer Kindheit kehrt und sich dort mit den Herausforderungen ihres alten Lebens konfrontiert sieht. Die Autorin, Birgit Birnbacher, ist bekannt für ihre einfühlsamen und vielschichtigen Erzählungen über das Leben und die menschlichen Beziehungen. Es war mein erstes Buch von ihr, dass ich aufgrund der durchwegs positiven Rezensionen gelesen habe.

Inhaltlich geht es um Julia, die aus ihrem gewohnten Leben als Krankenschwester gerissen wird und sich mit den Veränderungen in ihrem Heimatdorf auseinandersetzen muss, wo die Fabrik geschlossen wurde und ihr Vater in einem bedenklichen Zustand ist. Als sie Oskar kennenlernt, der ein Grundeinkommen für ein Jahr gewonnen hat, beginnt sie, über ihre eigene Zukunft nachzudenken.

Die Vielzahl an Zufällen in der Handlung wirkte auf mich überladen und die Figuren blieben für mich zu blass, um mich emotional zu berühren. Obwohl das Buch gut geschrieben ist, konnte es mich letztendlich nicht packen und lässt mich mit einigen offenen Fragen zurück.

Das Cover von "Wovon wir leben" ist wirklich wunderschön gestaltet und hat mich direkt angesprochen. Es erzeugt eine gewisse Neugierde und gibt einen gelungenen Vorgeschmack auf die Geschichte. Wer das Buch gelesen hat, weiß dann auch, wie das Cover zum Inhalt passt ;) Tatsächlich werden im Buch viele wichtige und relevante Themen behandelt, angefangen bei den komplexen Dynamiken innerhalb von Familien bis hin zu gesellschaftlichen Fragestellungen wie dem Wert der Arbeit, patriarchalen Strukturen oder "Care-Arbeit". Auch existenzielle Themen wie Krankheit, Behinderung und die Suche nach Liebe und Erfüllung werden einfühlsam angesprochen. Ich hatte anfangs große Hoffnungen für diesen Roman, da ich immer gerne Bücher lese, die sich intensiv mit dem Leben und verschiedenen Weltanschauungen auseinandersetzen. Leider konnte das Buch diese hohen Erwartungen nicht erfüllen. Leider blieben die Personen, allen voran auf Distanz, und ich konnte keine emotionale Bindung zu den Figuren aufbauen, oder mich in sie hineinversetzen. Der distanzierte Schreibstil ist sicherlich gewollt, so sind die Figuren auch mit "der Vater, die Mutter, der Städtler" beschrieben. Die Vielzahl an Zufällen in der Handlung wirkte auf mich überladen (fast alle Hauptfiguren in irgendeiner Weise krank oder mit einer Behinderung). Auch die Atmosphäre ist die ganze zeit über so erdrückend. Und iwie stehen alle Figuren in der Schwebe - das löst sich auch gegen Schluss nicht auf. Im Gegenteil... ich hatte mich SO für die Mutter gefreut aber dann (will hier jetzt nicht spoilern).

Obwohl das Buch zweifellos gut geschrieben ist und eine gewisse literarische Qualität aufweist, konnte es mich letztendlich nicht überzeugen. Die Protagonisten blieben für mich zu blass und ihre Entwicklung zu oberflächlich. Die durchweg bedrückende Stimmung und die vielen unbeantworteten Fragen, die der Roman zurückließ, trugen ebenfalls zu meinem insgesamt eher enttäuschten Eindruck bei. Daher kann ich leider nur 2 von 5 Sterne vergeben.

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Veröffentlicht am 20.04.2024

Eine literarische Entdeckung, die zeigt, wie zeitlos und relevant die Themen von Rassismus und sozialer Gerechtigkeit sind.

Nachbarn
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"Nachbarn" von Diane Oliver ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, die sich mit den sozialen Umständen und rassistischen Herausforderungen in den Vereinigten Staaten befassen. Die Autorin, Diane Oliver, ...

"Nachbarn" von Diane Oliver ist eine Sammlung von Kurzgeschichten, die sich mit den sozialen Umständen und rassistischen Herausforderungen in den Vereinigten Staaten befassen. Die Autorin, Diane Oliver, wurde 1943 in Charlotte, North Carolina, geboren und hat posthum Anerkennung für ihre Werke erhalten, darunter die preisgekrönte Geschichte "Nachbarn", die mit dem O. Henry Award ausgezeichnet wurde. Sie verstarb bereits im Alter von 22 Jahren.

"Nachbarn" ist eine literarische Arbeit, die die gesellschaftlichen Veränderungen und rassistischen Spannungen in den USA der 60er Jahre einfängt. Die Geschichten erkunden Themen wie Rassismus, Familienbeziehungen und ethische Dilemmata. Beispielsweise, von der Entscheidung, Kinder in segregierten Schulen einzuschulen oder nicht, bis hin zu den Auswirkungen rassistischer Übergriffe auf das Leben eines Paares im Wald - jede Geschichte wirft ein Licht auf die komplexen Beziehungen zwischen Individuum und Gesellschaft.

Als Gewinnerin des Buches hatte ich keine konkreten Erwartungen, dachte aber, dass es sich um einen "normalen" Roman handeln würde, umso überraschter war ich, als ich feststellte, dass es sich um Kurzgeschichten handelte. Besonders beeindruckt war ich von der reflektierten Schreibweise der Autorin, die bereits in jungen Jahren sozialkritische Themen aufgriff. Meine persönlichen Favoriten waren "Die Kammer im obersten Stock", "Gefrorene Stimme" und "Unser Ausflug ins Naturkundemuseum". Die Vielfalt der behandeltet Themen - von Armut über Klassenzugehörigkeit, Liebe, mentale Gesundheit, "Race" und "gender" bis hin zu Rassismus - machte das Lesen zu einer fesselnden und lehrreichen Erfahrung. Das Nachwort half mir, historische Zusammenhänge besser zu verstehen und einige der Geschichten in den Kontext der Black American History einzuordnen. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 20.04.2024

Berührende Erzählung über Verlust, Freundschaft und Selbstfindung: "Auf Erden" von Anne Kanis.

Auf Erden
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"Ich war mir sicher, dass alle Eltern ihre Kinder trugen und schützten und stärkten, wie meine uns. Mein Blick veränderte sich erst, als ich erfuhr, dass es auch anderes geben konnte: sich schwächende, ...

"Ich war mir sicher, dass alle Eltern ihre Kinder trugen und schützten und stärkten, wie meine uns. Mein Blick veränderte sich erst, als ich erfuhr, dass es auch anderes geben konnte: sich schwächende, verletzende oder abgrundtief traurige Familien. Plötzlich sah ich sie. Im Park und in der U-Bahn. In der Kaufhalle und auf dem Gehweg. Im Schwimmbad. Überall." - Buchzitat (S. 51)

Anne Kanis' Roman "Auf Erden" entführt uns in die bewegende Geschichte von Sunny, deren Leben nach dem Tod ihres Vaters aus den Fugen gerät. Auf Erden ist der zweiter Roman der Autorin. Dabei stehen Themen wie Trauerbewältigung, Jugendjahre in Berlin und der Bedeutung von Familie und Freundschaft im Vordergrund.

Sunny, die Protagonistin, findet sich in einem Strudel aus Verlust, Erinnerungen und Neuanfängen wieder, nachdem ihr Vater verstorben ist. Zwischen Rückblicken auf ihre Jugend in den aufregenden Neunzigerjahren in Berlin und der Gegenwart, begleiten wir sie auf ihrem Weg der Trauerbewältigung und Selbstfindung. Anne Kanis berührt dabei Themen wie Liebe, Freundschaft, Gewalt, Erziehung und den Umgang mit Verlust auf eine besonders einfühlsame und mitreißende Art und Weise.

Ich muss sagen ich war total überrascht, wie gut mir "Auf Erden" gefallen hat. Die Geschichte wird aus der Perspektive der erwachsenen Sunny erzählt, während die Handlung zwischen ihren Teenagerjahren und der Gegenwart hin und her wechselt. Es hat mich überrascht, wie leicht es mir fiel, mich in die Gedanken- und Gefühlswelt von Sunny hineinzuversetzen. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, und die Stimmung des Romans wechselt zwischen bedrückend und lebensfroh - eine passende Mischung für die Themen, die angesprochen werden.

Apropos Themen: Das Buch spricht eine Vielzahl von Themen an: (neue) Liebe, Jugendzeit, Gewalt in unterschiedlichen Formen, Erziehung, Entfaltung, Berufswahl und den eigenen Weg gehen, Musik, Familie, Geschwister, (Jugend-)Freundschaft, Macht und vor allem den Umgang mit Trauer. Gerade das Thema Familie beschäftigt die Protagonistin sehr, die sich rückblickend immer mehr und mehr über das Glück bewusst wird, in eine glückliche und intakte Familie hineingeboren worden zu sein, die von Liebe, Wertschätzung und Geborgenheit geprägt ist. Ganz im Gegenteil zu den Lebensrealitäten ihrer drei Freundinnen. Anne Kanis erzählt mit viel Einfühlungsvermögen und Empathie von einem tiefen Trauer- und Erinnerungsprozess sowie von den Herausforderungen des Aufwachsens in einer aufgebrochenen Stadt.

Die Geschichte erstreckt sich von den 90er Jahren bis zur Gegenwart und präsentiert polarisierende Männerbilder: die Guten, die unterstützend, liebevoll und feinfühlig sind, und die Bösen, die sexistisch, übergriffig und depressiv sind. Besonders erschreckend, aber realistisch, fand ich die Darstellung von Sexismus und die damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen, denen junge Mädchen früh ausgesetzt sind:
"Ich hatte gedacht, dass die Zeit, dass Männer einem gefährlich werden können, irgendwann aufhört. Aber in diesem Moment wurde mir klar, dass sie niemals aufhört, dass man immer achtsam bleiben muss, immer und überall..."- Buchzitat (S. 178)

Im Kontrast zu Sunnys großartiger Vater-Beziehung erleben wir auch die Väter ihrer drei Freundinnen Katharina, Alma und Jessy, die aus verschiedenen Gründen ihren Töchtern Leid zufügen und deren Auswirkungen auf die Mädchen und ihre Weltsicht. Obwohl ich selbst keine Kinder habe und nicht sicher bin, ob ich welche haben möchte, hoffe ich, dass ich mir in Sachen Erziehung etwas von Sunnys Vater abschauen kann, der eine sehr ruhige Art hat und Sunny auf Augenhöhe begegnet.

Das Cover des Buches hat mich zugegebenermaßen anfangs irritiert, nach dem Lesen ist mir aber einiges klar geworden. Insgesamt ist "Auf Erden" von Anne Kanis ein beeindruckendes Buch, das durch seine Tiefe, Authentizität und Vielschichtigkeit überzeugt. Mit einer ausgewogenen Mischung aus Emotion, Spannung und Lebendigkeit ist dieses Buch eine klare Empfehlung. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

">Dürfen wir glücklich sein?<; >Natürlich dürfen wir glücklich sein.<; >Obwohl wir trauern?<; >Das muss sich vielleicht nicht ausschließen, oder?<; >Wie Winter und Sonne?<" - Buchzitat (S. 185)



Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hat die Meinung jedoch nicht beeinflusst.

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