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Veröffentlicht am 04.09.2020

Sätze wie Fragmente der Welt

Aus der Zuckerfabrik
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Dorothee Elmigers ungewöhnliches und reichhaltiges Buch ist schon eine Herausforderung an den Leser. Die Schweizer Autorin selbst nennt Aus der Zuckerfabrik ein Recherchetagebuch. Themen sind ausgehend ...

Dorothee Elmigers ungewöhnliches und reichhaltiges Buch ist schon eine Herausforderung an den Leser. Die Schweizer Autorin selbst nennt Aus der Zuckerfabrik ein Recherchetagebuch. Themen sind ausgehend von dem Siebzigerjahre Lottogewinner Werner Bruni u.a. Reichtum, Gier und Ausbeutung sowie Literatur.
Es gibt eine Spurensuche, der man nicht leicht folgen kann und es gibt viele literarische, biografische wie autobiografische oder Film- bzw. kunsthistorische Bezüge. Diese kann ich genießen, wenn ich einen eigenen Bezug dazu habe, zum Beispiel mit Marie Louise Kaschnitz, James Joyce, Kleist, D.H.Lawrence oder Deborah Levy, die Elmiger zitiert. Diese Zitate können manchmal auch im Original, also in Englisch oder Französisch sein.
Weniger begeistert haben mich die Abschnitte mit Das Kapital von Karl Marx, aber ich verstehe, das selbst das einbezogen werden musste.
Ich persönliche habe aber die Abschnitte, in der Literatur eine Rolle spielt, am meisten gemocht, z.B. das Kapitel Montauk. Da geht es um Max Frisch. Für mich ein Höhepunkt des Buches.

Es sind immer wieder Abschnitte mit ausgezeichneten Formulierungen dabei.

Am Ende hat Dorothee Elmiger es tatsächlich geschafft, für den Lottokönig zu interessieren.

Was die Autorin anmerkt oder zitiert ist in der Regel nicht das offensichtliche, deshalb muss man sich auf den Text einlassen und man wird nicht alles sofort verstehen. Eine zweite Lektüre des Buches habe ich mir schon vorgenommen.

Veröffentlicht am 04.09.2020

Außer Kontrolle

Dunkler Raum
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Dunkler Raum von Peter Robert ist ein komplexer Gesellschaftsroman mit Mystery und Horror-Anteil, der durch einen geradlinigen Stil und kraftvoller Sprache auffällt.

Das Paar Lutz und Marion bekommen ...

Dunkler Raum von Peter Robert ist ein komplexer Gesellschaftsroman mit Mystery und Horror-Anteil, der durch einen geradlinigen Stil und kraftvoller Sprache auffällt.

Das Paar Lutz und Marion bekommen Arbeitsstellen an einem Eliteinternat , wo sie mit ihren Kindern hinziehen können.
Eine weitere wichtige Figur ist Regina, die in einem Problemviertel wohnt.
Die meiste Zeit der Handlung folgt man aber Lutz, der die zentrale Hauptfigur ist.

Die Stimmung in der Gesellschaft ist schon latent aggressiv, doch dann gerät alles außer Kontrolle. Die Jugendlichen werden kollektiv auf brutalste Weise aggressiv und gewalttätig und schrecken auch vor Totschlag nicht mehr zurück. Es ist wie ein Virus, der sie zu Killerkindern macht.
Die Handlung entwickelt sich zu einer drastischen Horrorstory im Geiste von Stephen King und vergleichbaren Autoren. Das verwundert nicht, da der Autor Peter Robert auch Übersetzer von Science Fiction und Horror-Romanen ist.
Und er hat viel in seinen düsteren Plot gelegt, der daher auch stellenweise ein wenig überfrachtet wirkt.

Als Gleichnis auf aktuelle gesellschaftliche Zustände funktioniert der Roman für mich nur bedingt. Als Spannungsroman, der zeigt, wie und wohin sich eine Gesellschaft verändern kann und was das zur Folge hat, schon eher.

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Veröffentlicht am 03.09.2020

sprachgewaltig

Die Infantin trägt den Scheitel links
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Die bildgewaltige Sprache dieses unkonventionellen Romans ist fantasievoll und erschlägt den Leser am Anfang nahezu.
Die Handlung ist im bäurischen Österreich angesiedelt und erzählt von einer Mehrgenerationen-Familie, ...

Die bildgewaltige Sprache dieses unkonventionellen Romans ist fantasievoll und erschlägt den Leser am Anfang nahezu.
Die Handlung ist im bäurischen Österreich angesiedelt und erzählt von einer Mehrgenerationen-Familie, deren Oberhaupt das Urgroßvater und Urgroßmutter-Paar sind, die dann sterben und die Familie führungslos zurücklassen. Geschildert wird die Situation aus der wütenden Perspektive eines Kindes. Für sie ist der Vater ein Grizzly, die Mutter ein Greifvogel mit Frauenkopf. Man merkt schon, was für große Sprachbilder die Autorin Helene Adler entstehen lässt.

Der Roman wird ein Coming of age im Anti-Heimat-Milieu. Zentral ist der Kampf der Infantin gegen ihre garstigen Schwestern und für einen Weg in die Kultur.

Ich liebe es, wenn Autoren mit Sprache wirklich arbeiten, dazu auch noch Sprachwitz beweisen und Helene Adlers Debüt erreichte schon eine Nominierung für sowohl den deutschen als auch den österreichischen Buchpreis.

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Veröffentlicht am 03.09.2020

Ferrante´s Neapel

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
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Elena Ferrante ist eine der wenigen Superstars der zeitgenössischen europäischen Literatur.
Wer Ferrantes Neapel-Saga liebte, kann wahrscheinlich auch mit ihrem neuen Roman etwas anfangen, da die Stimmung ...

Elena Ferrante ist eine der wenigen Superstars der zeitgenössischen europäischen Literatur.
Wer Ferrantes Neapel-Saga liebte, kann wahrscheinlich auch mit ihrem neuen Roman etwas anfangen, da die Stimmung in eine vergleichbare Richtung geht. Auch hier ist die Handlung in Neapel angesiedelt.

Die Erzählerin Giovanna ist ein 13jähriges sensibles Kind. Eine einzige Bemerkung ihres Vaters, die sie heimlich mit anhört, bewegt eine große Irritation bei ihr. Das wird ein Riss in ihrem Leben.
Ihr Vater sagte, das Giovanna ganz nach ihrer Tante Vittoria kommt. Aber wer ist diese Tante, mit denen die Familie keinen Kontakt hat und die so hässlich und böse sein soll?

Giovana Bild von sich selbst ändert sich und sie beschließt unbedingt ihre Tante kennen zu lernen. Die Begegnung mit dieser beeindruckenden Frau verändert ihr Leben. Über den Zeitraum von ein paar Jahren wird Giovannas Entwicklung gezeigt.

Elena Ferrante hat die Fähigkeit von der Verlusterfahrung des Mädchens so intensiv zu erzählen, weil sie aus deren Perspektive erzählt und den Leser dicht an die Hauptfigur heranzieht.

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Veröffentlicht am 02.09.2020

Die Wünsche der Toten

Das Gewissen der Toten
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Die englische Krimiautorin Joy Ellis hat schon einige Teile der Reihe geschrieben zu der „Das Gewissen der Toten“ gehört und so ist die Charakterisierung des Ermittlerteams Rowan Jackman und Marie Evans ...

Die englische Krimiautorin Joy Ellis hat schon einige Teile der Reihe geschrieben zu der „Das Gewissen der Toten“ gehört und so ist die Charakterisierung des Ermittlerteams Rowan Jackman und Marie Evans anscheinend schon in früheren Teilen erfolgt. Auf mich wirken sie anfangs ein wenig profillos. Später mochte ich sie aber schon, besonders weil sie warmherzige Charaktere sind. Das trifft zum Teil auch auf Carter McLean zu, der in diesem Teil im Mittelpunkt steht, den ich aber mehr mag als die anderen. Er ist von dem Flugzeugabsturz, den nur er überlebte, traumatisiert. Dieser Absturz und die Folgen sind im Prolog übrigens effektvoll geschildert.
Danach gibt es ein wenig Mystery, da Carter die Verstorbenen immer noch sieht und mit den Toten spricht.
Insgesamt gesehen finde ich die Abschnitte mit Carter die besten Szenen im Buch.
Zum Team gehören noch weitere Ermittler, die eher kleine, aber feine Rollen einnehmen.

Carter hat das Gefühl, er muss für die Toten das ganze zu einem Ende zu bringen.
Der Sprecher des Hörbuchs ist Uwe Teschner. Er liest routiniert, aber auch ein wenig monoton und mit zu wenig Emotionen, für meinen Geschmack. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber an seinen Tonfall.
Das Hörbuch ist nicht schlecht, wirkt aber auch wie eine Videopremiere, wenn man es mit Filmen vergleicht. Also mehr ein B-Movie!
Aber langweilig ist das Buch nicht!

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