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Veröffentlicht am 23.01.2021

Ein großartiger Roman über eine fiktive Begegnung

Orangen für Dostojewskij
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Die Hauptfiguren dieses Buches sind Dostojewskij und Rossini.

Fjodor M. Dostojewskijs Romane haben mich lange sehr beschäftigt. Es tut gut ihn hier als Romanfigur wiederzutreffen.

Orangen für Dostojewski ...

Die Hauptfiguren dieses Buches sind Dostojewskij und Rossini.

Fjodor M. Dostojewskijs Romane haben mich lange sehr beschäftigt. Es tut gut ihn hier als Romanfigur wiederzutreffen.

Orangen für Dostojewski ist nicht der einzige Roman mit Dostojewskij als handelnde Figur. Das gab es schon in Ein Sommer in Baden Baden.
Aber bei Michael Dangl wirkt er sympathischer und nachdenklicher. Natürlich ist er ein grüblerischer Mensch.
1862 ist er auf Auslandsreise in Venedig. Seine Begegnung mit dem Komponisten Rossini ist fiktiv, aber ein guter Einfall. So wird der Roman auch mehr auf eine Episode begrenzt. Dostojewskijs ganzes Leben würde mehrere Romane füllen.

Die Begegnung der ungleichen Männer ist herzlich. Gioachino Rossini ist ein empathischer Mensch und schafft es in ihren Gesprächen den Schriftsteller aus der Reserve zu locken. Was ist Rossini für eine großartige Figur! Diese Passagen sind pure Lesefreude.
Aber nicht nur die Dialoge, auch die Beschreibungen Venedigs dieser Zeit sind sehr interessant.
Faszinierend auch die Idee einer Möglichkeit der Zusammenarbeit dieser beiden Größen. Dostojewskij hätte ein Libretto für eine komische Oper Rossinis schreiben können.
Das ist nicht zustande gekommen, Michael Dangls schöner Roman aber schon. Ein Roman, der sowohl die Literatur als auch die Musik feiert.

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Veröffentlicht am 14.01.2021

Das Rauschen des Wasserfalls

Bad Regina
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David Schalko ist nicht nur Schriftsteller sondern auch Regisseur für Film und Fernsehen. Vielleicht vermag es deswegen, seine Schauplatz, die aussterbende Stadt Bad Regina, so gut in Szene zu setzen. ...

David Schalko ist nicht nur Schriftsteller sondern auch Regisseur für Film und Fernsehen. Vielleicht vermag es deswegen, seine Schauplatz, die aussterbende Stadt Bad Regina, so gut in Szene zu setzen. Der Ort wird im Kopf des Lesers Gestalt annehmen.

Der Ort ist fast verlassen, praktisch eine Geisterstadt. Nur noch 46 Menschen leben hier. Die Infrastruktur ist nahezu zusammengebrochen. Die Einsamkeit von Bad Regina ist spürbar.
Aussterbende Dörfer sind nicht unbekannt, daher ist der Plot nicht unrealistisch.

Othmar ist der Antiheld, dem man als Leser folgt. Trotz fatalistischer Lebenshaltung versucht er sich dem ganzen entgegenzustemmen.
Auch die anderen Figuren werden durchgehend ambivalent gezeigt.

Der herbe Stil von David Schalko erinnert leicht an Oskar Roehler, der ebenfalls Autor wie Filmemacher ist. Zwar gibt es immer mal wieder übertriebene oder überkonstruierte Sätze, aber in der Summe ist der Stil effektiv.

Ich hatte bisher noch nichts von David Schalko gelesen, aber nach Bad Regina werde ich mich nach weiteren Büchern von ihm umsehen.

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Veröffentlicht am 14.01.2021

Die schöne Epoche

Der Mann im roten Rock
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Der englische Schriftsteller Julian Barnes hat mit Der Mann im roten Rock ein essayistisches Werk über eine Zeit der Jahrhundertwende in Frankreich vorgelegt, das sehr unterhaltsam ist. Im Mittelpunkt ...



Der englische Schriftsteller Julian Barnes hat mit Der Mann im roten Rock ein essayistisches Werk über eine Zeit der Jahrhundertwende in Frankreich vorgelegt, das sehr unterhaltsam ist. Im Mittelpunkt stellt er den Arzt Dr. Samuel Pozzi (1846–1918), der viele bekannte Persönlichkeiten kannte. Es ist ein scharfsinniges Buch und sehr interessant. Man folgt Barnes gerne, wenn er nicht nur Pozzis Leben folgt sondern auch immer wieder die Leben vieler andere einbezieht:
Oscar Wilde, Robert de Montequieu, Maupassant, Marcel Proust, Sarah Bernhardt und viele andere.
Die Geschichten dieser Persönlichkeiten sind vielfach miteinander verquickt. Julian Barnes schreibt detailreich, ohne sich darin zu verlieren. In der Summe entsteht ein Gesamtbild!
Ein opulentes, lesenswertes Buch!

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Veröffentlicht am 28.11.2020

1949 in Deutschland

Trümmerschatten
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Das reizvolle an diesem Roman ist zum einen der Zeitpunkt der Handlung, 1949 in Deutschland. Es ist eine Besatzungszeit, in der noch viel in Trümmern liegt. Intakte Häuser wechseln sich mit Trümmerbergen ...

Das reizvolle an diesem Roman ist zum einen der Zeitpunkt der Handlung, 1949 in Deutschland. Es ist eine Besatzungszeit, in der noch viel in Trümmern liegt. Intakte Häuser wechseln sich mit Trümmerbergen ab.

Zum anderen bringen der Icherzähler und viele deftige Dialoge viel Schwung hinein. Die Erzählform ist gut gewählt. Der Bonner Kommissar-Anwärter Eugen Kranzel ist auf dem Weg zum Inspektor, aber noch unerfahren. IN einer Nacht der Rufbereitschaft erhält er einen Anruf aus einem naheliegende Dorf. Ein Mann ist ermordet worden.

Der Zustand in den sich Kranzel befindet bestimmt die Handlung zum Teil mit. Schwer erkältet und liebeskrank nach der schwarzen US-Amerikanerin Lucy macht er sich auf den Weg ins Dorf, wobei einiges schief geht.

Gerald Orthen hat einen originellen Kriminalroman geschrieben, der mir gut gefallen hat. Er ist spannend, emotional und atmosphärisch.

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Veröffentlicht am 21.11.2020

Das Spiel hat begonnen

Frostgrab
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Der bei Harper Collins erschienene Thriller Frostgrab hat schöne atmosphärische Momente, da er die Umgebung der Alpen mit den Gletschern etc. einsetzt. Im Mittelpunkt steht die Snowboarderin Milla. Aus ...

Der bei Harper Collins erschienene Thriller Frostgrab hat schöne atmosphärische Momente, da er die Umgebung der Alpen mit den Gletschern etc. einsetzt. Im Mittelpunkt steht die Snowboarderin Milla. Aus ihrer Perspektive wird erzählt. Sie trifft sich mit alten Freunden: Curtis, Dale, Heather, Brent. Sie alle sind begeisterte Sportler.
Doch es gibt eine latente Gefahr. Ihre Handys und Laptops werden gestohlen, so haben sie keinen Kontakt mehr zur Außenwelt. Und natürlich gibt es noch ein Geheimnis aus der Vergangenheit um Saskia, die dämonische Figur des Buches.

Sehr gut gefallen mir die Passagen, die zehn Jahre zuvor in der Vergangenheit angesiedelt sind und die Milla beim Snowboarden zusammen mit ihrer Konkurrentin Saskia und deren Bruder Curtis zeigen. Die Beschreibungen der Freestyle-Snowboard-Aktivitäten halte ich für ausgezeichnet.

Das Setting einer in sich abgeschlossenen Gruppe in Gefahr ist nicht neu, funktioniert aber ein weiteres mal. Bald verdächtigen sie sich alle gegenseitig.
Und nicht jeder von ihnen wird überleben.

Es gibt einige feine Spannungsmomente, obwohl der Thriller kein hohes Tempo hat. Doch durch die ständigen Wechsel der Erzählzeiten gibt es eine ganze Reihe von kleinen, wirkungsvollen Cliffhangern.

Allie Reynolds hat überwiegend glaubhafte Figuren geschaffen. Das trägt dazu bei, das man von dem Roman gepackt bleibt.

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