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Veröffentlicht am 09.09.2020

Lange undurchsichtig mit einigen offenen Enden

Die Tote von Dresden
4

Julius Kron hat mit Frank Haberking und Anna-Maria Slakow zwei sehr interessante und spezielle (zudem recht verschiedene) Charaktere geschaffen. Beide sind Kriminalkommissare die, als sie knapp einer Suspendierung ...

Julius Kron hat mit Frank Haberking und Anna-Maria Slakow zwei sehr interessante und spezielle (zudem recht verschiedene) Charaktere geschaffen. Beide sind Kriminalkommissare die, als sie knapp einer Suspendierung entgehen, in einem tristen Kellerbüro aufeinandertreffen.

Ohne viel Hoffnung wird ihnen ein alter Fall aufs Auge gedrückt und bald überschlagen sich die Ereignisse. Das gute Tempo und die Spannung stimmen zu Beginn und bis rund zwei Drittel des Krimis gut, flachen gegen Ende leider etwas ab.

Die Idee zur Geschichte ist ebenso vielversprechend und verbindet Vergangenheit und Gegenwart der Opfer und Täter zu einer lange undurchsichtigen Ermittlung. Soweit so gut. Zwei große Probleme tun sich allerdings auf: Die Handlung, die immer wieder durch grobe und genauere Zeitangaben untermalt wird, passt nicht immer so ganz zu diesen Angaben, es ergeben sich daraus auch Logikfehler.

Zudem ist “undurchsichtig” immer so lange gut und spannend wie der Leser sich trotz vieler Fragen während der Lektüre ernstgenommen fühlt und eine Aufklärung aller wichtigen Facetten geliefert bekommt. Das kann offensichtlicher oder versteckter passieren. Hier allerdings bleiben am Ende doch ein paar Fragen zu viel offen.

Manches kann sich der geübte Krimifan selbst zusammenreimen, weil es zumindest minimal angedeutet wird. Da aber offensichtlich eine Fortsetzung geplant ist, bleibt auch vieles noch recht vage.

Wen das nicht stört und wer auch über kleine Logikfehler zugunsten der Spannung und des Verlaufs hinwegsehen kann, bekommt ein interessantes neues Krimi-Duo am Beginn einer gemeinsamen Reise präsentiert.

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  • Handlung
Veröffentlicht am 30.11.2020

Blut, Gewalt und Egozentrik

Der Spiegelmann
3

Ich mag Thriller. Ich mag auch Thriller mit Blut und Action. Ich mag skandinavische Thriller. Ich mag Joona Linna. Und ich mag große Teile der Reihe von Lars Kepler. Tolle Voraussetzungen also für den ...

Ich mag Thriller. Ich mag auch Thriller mit Blut und Action. Ich mag skandinavische Thriller. Ich mag Joona Linna. Und ich mag große Teile der Reihe von Lars Kepler. Tolle Voraussetzungen also für den “Spiegelmann” würde man meinen.

Und ja, es gibt vieles an diesem 620-Seiten-Machwerk, das ich mag und das ich gelungen fand. Und großteils unterhält der neue Thriller auch mit seiner Spannung, den undurchsichtigen Charakteren und den Plottwists.

Die Handlung ist nachvollziehbar und interessant aufgebaut, wenngleich es im Mittelteil etwas Länge und übertrieben Grausigkeiten gibt, die für die Krimigeschichte an sich so nicht nötig gewesen wären. Natürlich weiß man um die Ausrichtung dieser Reihe und man erwartet eine gewisse Menge Blut. Eine zu gute Vorstellungskraft könnte hier aber definitiv hinderlich sein.

Kurz zum Inhalt: Entführte Kinder sind Garant für Mitgefühl und furchtbare Verbrechen und beides trifft auch für dieses Buch zu. Bei Joona Linna folgt eine Jagd auf den oder die Täter von der er nicht eher lassen wird, bis jemand gefasst oder tot ist. Das trifft auf Verdächtige und auf Polizisten gleichermaßen zu. Leichen pflastern Joonas Ermittlungen, aber daran gewöhnt man sich.

“Der Spiegelmann” ist Band 8 mit und um den Stockholmer Kommissar mit finnischen Wurzeln und da ich einige der bisherigen 7 kenne, habe ich das Gefühl, dass sich das Muster über so viele Jahre nur mehr schwer steigern lässt. Den “alten” Joona zu Beginn (“Der Hypnotiseur” oder “Flammenkinder”) mochte ich, weil er unkonventionelle Ideen hatte, weil ihm Details auffielen die andere nicht sahen. Er war dennoch noch bescheiden und wog Risiken ab.

Mittlerweile nimmt die Gewalt immer mehr zu, mit der Joona konfrontiert wird und durch die Erfolge (denn er liegt letztlich so gut wie immer richtig) scheint er ein sehr selbstzentiertes, rechthaberisches Weltbild entwickelt zu haben. Er übersteht zudem auch viele brenzlige Situationen und überlebt schwerste Verwundungen. Das Image des “Unbesiegbaren” gepaart mit der unfehlbar-Attitüde schwächt meiner Meinung nach die Reihe zunehmend.

Tempo, Stil (Präsens) und Handlung alleine sind ein sehr guter Thriller, die Längen und die Charakterentwicklung und die damit einhergehenden unwahrscheinlichen Szenen schwächen den Gesamteindruck für mich etwas ab.

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Veröffentlicht am 03.07.2019

Es schließt sich nur ein halber Kreis

Die Frau aus Oslo
3

Der Großteil der Handlung dieses Skandinavien-Krimis, die vor allem in Oslo und Stockholm angesiedelt ist, spielt um 1942 und 1967. Wir begleiten mehrere Hauptpersonen in diesen Jahren, die nicht unterschiedlicher ...

Der Großteil der Handlung dieses Skandinavien-Krimis, die vor allem in Oslo und Stockholm angesiedelt ist, spielt um 1942 und 1967. Wir begleiten mehrere Hauptpersonen in diesen Jahren, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Ester, engagierte Widerstandskämpferin und Jüdin, flieht nach Schweden und verliert ihre Familie an die Nazis. Sie hilft weiterhin Flüchtenden und spioniert gegen Deutschland.

Zur selben Zeit geschieht ein Mord, Esters beste Freundin stirbt. 1942 haben nicht viele Personen Interesse daran, die Tat aufzuklären und so schleppt sie diesen Schatten immer noch mit sich herum, als sie 25 Jahre später wieder in einem freien und sicheren Oslo lebt. Auch unter ihren ehemaligen Mitstreitern gibt es noch welche, die die alten Zeiten nicht ruhen lassen können.

Die spannende und gut aufgebaute Idee des Romans (er zieht sich gewissermaßen bis 2015!) verläuft leider, je länger das Buch dauert, immer mehr in Ungenauigkeiten, offenen Fragen und zu vielen Andeutungen. Dieser “nebulöse” Stil passt noch zu Beginn des Krimis, aber über die Dauer der vielen Belauerungen, Geheimnisse und Lügen hätte man sich doch mehr Greifbares gewünscht. Ja, zwei große “Haupträtsel” werden erklärt, das eine besser, das andere schlechter.

Dennoch hat man das Gefühl, dass den mit Fingerspitzengefühl aufgebauten Charakteren plötzlich nicht mehr die Ehre zu Teil wird, die man erwartet hätte. Es bleibt auf der einen Seite viel Interpretationsspielraum (wobei nicht ersichtlich ist, warum eigentlich) und andererseits fehlen in den aufgeklärten Teilen der Geschichte wichtige Erläuterungen.

Unter diesen Aspekten, ist der Kreis, der sich am Ende schließen soll, bestenfalls ein halber.

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Veröffentlicht am 13.02.2023

Klassische Thriller-Unterhaltung á la Kepler

Spinnennetz
2

Dieses Buch ist Band 9 in der Reihe mit Joona Linna, dem finnischstämmigen Kommissar der Stockholmer Einsatzgruppe NOA. Ich kenne nicht alle, aber einige und kann sagen, dass für sich genommen alle grundsätzlich ...

Dieses Buch ist Band 9 in der Reihe mit Joona Linna, dem finnischstämmigen Kommissar der Stockholmer Einsatzgruppe NOA. Ich kenne nicht alle, aber einige und kann sagen, dass für sich genommen alle grundsätzlich immer spannend (und nicht zu 100 Prozent immer logisch) sind.

Es gibt eine Entwicklung der Figuren und einen Handlungsbogen über die Serie. “Spinnennetz” ist nun aber ein wenig anders. Joona und seine Kollegen haben es mit einem neuen Gegenspieler zu tun und dieser ist sogar so dreist, die Taten vorher anzukündigen.

Die Polizei verfängt sich gewissermaßen im Netz des Täters und wird zum Spielball. Der Tatort gibt keine Rückschlüsse auf den Täter oder die Täterin oder auch, ob es mehrere Personen sind. Nach und nach sammelt sich zwar einiges an Material an, aber niemand kann sich einen Reim darauf machen.

Eines steht fest: Die gesuchte Person scheint über alles Bescheid zu wissen und auch jeden Schritt der Ermittler vorherzusehen. Und - sie scheint hinter Joona persönlich her zu sein.

Nicht nur der Täter, auch die Autoren stricken hier ein Netz, bei dem man sich mit jeder neuen Seite wieder fragt, wie sie da wieder herauskommen werden. Das Tempo und die teilweise sehr genauen Details sind auch hier wieder klassisch “Kepler-like”.

Auch, wie erwähnt, nicht alles wird wissenschaftlich belegbar sein, was im Thriller passiert und es gibt ein paar sehr nervenaufreibende Momente. Bei Lars Kepler kann man sich also immer sicher sein, dass es packende Geschichten und viel Action gibt, allerdings abseits dieser Pfade kaum Überraschungen.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 05.10.2021

Spannend und lehrreich

Probe 12
2

Nach der Pandemie ist vor dem nächsten Problem. Und es könnte wieder ein wissenschaftliches sein. Das Autorenduo Kathrin Lange und Susanne Thiele verbindet ihre beiden Expertisen in “Probe 12” zu einem ...

Nach der Pandemie ist vor dem nächsten Problem. Und es könnte wieder ein wissenschaftliches sein. Das Autorenduo Kathrin Lange und Susanne Thiele verbindet ihre beiden Expertisen in “Probe 12” zu einem realistischen und packenden “Nach-Corona-Thriller”.

Einem georgischer Wissenschaftler und einer deutschen Forscherin gelingt der Durchbruch: Sie haben es geschafft, eine Behandlungsmethode gegen die gefährlichsten multiresistenten Keime unseres Planeten zu finden. Diese soll öffentlich bekannt und zugänglich gemacht werden. Für alle. Dass sich dann nichts damit verdienen lässt, geht anderen natürlich gegen den Strich.

Es entbrennt ein Wettkampf um Aufzeichnungen und Proben, der nach Berlin führt. Durch Zufall finden sich Foodhunter Tom Morell, Lobbyist Max Seifert und Wissenschaftsjournalistin Nina Falkenberg zusammen um gemeinsam zu verhindern, dass die Forschungsergebnisse in falsche Hände geraten.

Der oft sorglose Umgang mit Antibiotika ist allgemein bekannt, aber welche Folge das im Detail haben kann, wird schon weniger Menschen bewusst sein. Es ist wie beim Klimawandel: Ernst, aber wir können noch etwas tun.

Das war jetzt ein Stimmungskiller? Allzu lustig geht es in diesem Buch auch nicht zu. Dafür ist die fiktive Story großteils sicher zu nahe an der Realität, aber der Plot macht nachdenklich und ist definitiv lehrreich. Keine Angst, es gibt ein Glossar am Ende des Buches, aber man muss sich schon ein wenig auf die Thema Mikrobiologie und Biochemie einlassen.

Wer dazu einen persönlichen Bezug hat, wird sich natürlich leichter tun, aber auch ohne Vorwissen werden die Begriffe gut erklärt und wir alle sahen ja in den letzten Monaten via Medien genug Labors und Krankenhäuser von innen.

Die wichtigsten Zusammenhänge werden immer wieder leicht verständlich vermittelt und lenken somit nicht vom Spannungsbogen ab. Es sind nicht zu viele Charaktere beteiligt, auch da behält man den Überblick.

Die Lösung fügt sich gut zusammen und auch wenn nicht jedes Detail ganz genau aufgelöst wird, kommt das Buch doch ohne argen Cliffhanger aus. Wer Spannung und das Themengebiet (trotz Corona immer noch) mag, wird hier informiert und unterhalten gleichermaßen.